Der Anfang vom Ende?

  • Hallo hier!
    Ich nehme an, dass ich mit einem Alkoholiker verheiratet bin und das macht mich zunehmend fertig. Mein Mann hat noch nie wenig getrunken, aber seit einigen Wochen ist er maximal 2 Abende in der Woche nüchtern; er trinkt ausschließlich Bier und kommt dann so auf bis zu 4 oder 5 Litern am Abend, nie weniger als 2 Liter. Ich möchte den Mann um mich haben, in den ich mich verliebt habe, aber den gibt es immer seltener, denn sein Wesen hat sich auch geändert. Ich begreife aber langsam, schmerzlich, dass ich ihn nicht ändern kann...es hilft kein diskutieren, drohen, betteln oder weinen. Er sieht es ein, legt einen Tag Pause ein und macht dann weiter. Ich kann nicht mehr neben ihm schlafen, wenn er betrunken ist – er wirft sich dann im Bett herum, als gäbe es mich gar nicht - , und habe vor ihn an den Abenden, wenn ich absehen kann, dass er sich betrinkt, aus dem Schlafzimmer auszusperren. Angedroht habe ich das schon, aber nicht den Mut bisher, es auch durchzuziehen. Ich ziehe mich aus dem Wohnzimmer in ein winziges Gästezimmer zurück, wenn ich ihn nicht ertrage. Manchmal fühle ich mich gar nicht zu Hause, mit ihm und denke an Trennung. Aber ich will mich nicht trennen. Ich liebe und hasse ihn, und begreife langsam, dass ich mich ändern muss...etwas für mich tun muss um nicht kaputtzugehen. Abgrenzung ist wohl das Ziel, aber muss ich dafür nicht auch ein Stück weit meine Liebe zu ihm töten!? Wir leben erst seit ein paar Jahren in unserem eigenen Haus und ich brauche meinen Garten. Ich habe bereits eine Scheidung hinter mir und fühle mich auch nicht mehr jung genug, nochmal von vorne anzufangen. Das und auch der Gedanke an die finanziellen Probleme, machen mir die Aussicht auf Trennung unglaublich schwer. Ich hoffe, dass mir der Austausch mit den Betroffenen hier hilft.

    If you can`t hold me now, you will never hold me again!

  • Liebe Trinkula,

    ich habe gleich einen Termin und leider nicht viel Zeit.
    Aber ich möchte dir erst mal wenigstens "guten Tag" hier sagen!
    Der Austausch hier mit anderen Mitbetroffenen kann sehr hilfreich sein. Ich hoffe, du kannst dir viel davon mitnehmen.

    Bis später
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Liebe Trinkula,

    herzlich willkommen hier im Forum.

    Es ist gut, dass Du hierher gefunden hast und ich weiß wie schwierig es ist, wenn man denkt dass man alles "aufgeben" muss und wieder seinen "Lebensplan" ändern soll. Aber bleibe bei Dir, sehe nach Dir und deinen Gefühlen.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch.

    Liebe Grüße
    cielo

  • Hallo Trinkula,

    Auch von mir willkommen im Forum. Ich bin ls Alkoholiker hier also quasi die "andere" Seite.

    In deinem Text lese ich noch ganz viel von IHM, ganz ehrlich: ER muss sich selbst helfen, so hart es klingt: du wirst ihn nicht wirklich ändern können wenn er das nicht will wird er immer wege und Mittel finden dich ab zu stoßen, an zu ziehen eine Abhängigkeit von dir zu ihm zu erzeugen um ungestört weiter trinken zu können. vielleicht nicht bewusst oder absichtlich aber dennoch sehr verletzend.

    Du solltest dich darauf konzentrieren was DU machen kannst, wie du DEIN Leben ändern kannst. Wie DU Mut und Unabhängigkeit bewahren kannst.

    Die Grundbausteine für Co. kennst du schon?

    https://beispiel.rocks/beispiel.rocks…bhaenigkeit.php

    Mir hat das Pendant für Alkoholiker sehr geholfen mich mit mir auseinander zu setzen.

    Ich wünsche dir ganz viel Kraft die nächste Zeit durch zu stehen!

    Grüße

    Barthell

    Train to survive

    survive to train

  • Hallo Trinkula,

    Zitat

    Angedroht habe ich das schon, aber nicht den Mut bisher, es auch durchzuziehen.

    Wenn du ihm Dinge androhst dann nur solche, die du dann auch konsequent durchziehen kannst! Denn sonst kommst du in das nächste Dilemma - er wird dich nicht mehr ernst nehmen. Wenn du also nicht den Mut hast, ihn aus dem Schlafzimmer zu werfen, dann sag da weiter nichts sondern nimm eben einfach das andere Zimmer. So, wie du es auch machst.

    Du liebst und du hasst ihn, das verstehe ich sehr gut. Mein Fädchen hier im offenen Bereich heißt sogar so. Weil ich damals zuerst auch gar nicht wusste, was nun eigentlich meine Gefühle sind. Ich habe dann festgestellt, dass ich schon längst keine Liebe mehr für meinen Ex hatte. Das, was ich als Liebe bezeichnete war einfach Gewohnheit.

    Wenn du nun nicht sofort eine Trennung schaffst, dann belaste dich doch damit nicht noch zusätzlich. Wichtig ist zuerst einmal, dass du für dich Dinge sortierst und klar machst. Und vor allem, dass du ehrlich zu dir bist und genau hinsiehst, was du willst und was nicht. Dass du lernst zu erkennen, was und wo deine Grenzen sind. Und dass du dir überlegst, wie deine Zukunft aussehen soll. Dass du auf dich schaust und nicht auf ihn.

    Es hilft auch sehr, sich da rechtliche Informationen einzuholen. Denn ihr habt auch ein Haus zum Beispiel. Und du kannst deine Finanzen klären.

    Ich kann das so sagen, denn so hat mein Weg auch angefangen, damals. Ich hab mich nicht von jetzt auf gleich trennen können. Ich habe Schritt für Schritt begonnen.

    Zitat

    und begreife langsam, dass ich mich ändern muss...etwas für mich tun muss um nicht kaputtzugehen.

    Damit hast du schon einen wichtigen Schritt gemacht!

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Zitat von Barthell

    ...wird er immer wege und Mittel finden dich ab zu stoßen, an zu ziehen eine Abhängigkeit von dir zu ihm zu erzeugen um ungestört weiter trinken zu können. vielleicht nicht bewusst oder absichtlich aber dennoch sehr verletzend.

    Du solltest dich darauf konzentrieren was DU machen kannst, wie du DEIN Leben ändern kannst. Wie DU Mut und Unabhängigkeit bewahren kanns

    Barthell

    Das unglaubliche ist, dass dieses Spiel mit dem "Abstoßen" und "Anziehen" auch schon ständiges Thema war, bevor er anfing zu trinken, und das alleine hat mich schon enorm viel Kraft gekostet. Er hat eine mehr oder weniger ausgeprägte Borderline-Symptomatik ( war auch schon in Thera) und der Alkohol scheint sein "neues" selbstschädigendes Verhalten zu sein. ABER ich frage nicht mehr nach dem WARUM! Ich möchte mich schützen und gut zu mir sein. Mut und Unabhängigkeit muss ich mir wieder erarbeiten, denn diese Eigenschaften habe ich verloren.
    Ich habe mir die Grundbausteine durchgelesen, Barthell. Es trifft so manches auf mich zu; aber ich fühle mich wirklich nicht verantwortlich für sein Leben und sein Wohlbefinden. Wenn ich etwas für ihn tue, dann meistens, weil ich "Angst" vor seinen Launen habe. Vermutlich wäre eine Therapie für mich auch sinnvoll, denn ich war immer ein sehr selbstreflektierter Mensch und im Moment erkenne ich mich selbst nicht mehr. :(

    If you can`t hold me now, you will never hold me again!

  • Zitat von Aurora

    Wenn du nun nicht sofort eine Trennung schaffst, dann belaste dich doch damit nicht noch zusätzlich.

    Aurora

    Ja, eine Trennung innerhalb der nächsten 3 Jahre wäre für mich aus unterschiedlichen Gründen, ein finanzielles Fiasko. Das Haus gehört noch der Bank. Ich muss nicht nur für mich sorgen, sondern auch meine beiden Kinder aus erster Ehe unterstützen. Also versuch ich mal nicht darüber nachzudenken. Diese ersten Schritte, die Du empfiehlst, ...die in dieser Situation den Angehörigen offensichtlich immer empfohlen werden..die sind im Grunde soetwas, wie die ersten Schritte in eine Trennung. Eine emotionale Abnabelung, Stück für Stück, die mit der notwendigen räumlichen Abgrenzung - die bei mir Not tut - einhergehen wird. Ich sehe nicht ein, klaglos das Schlafzimmer zu räumen, vagabundieren zu müssen, nur weil er keine Rücksicht nehmen kann und nicht freiwillig woanders schläft. Das Gästezimmer wird auch 3-5 mal im Monat von einem unserer Kinder beschlafen; es gibt tatsächlich im ganzen Haus kein Zimmer, dass ich für mich alleine belegen könnte (seine und meine Kinder ) Irgendeinen Weg muss ich finden...es erschreckt mich aber. Denn am Ende dieses Weges wird wahrscheinlich eine soweit fortgeschrittene Abgrenzung stehen, dass die vollständige Trennung der letzte konsequente Schritt dieser Entwicklung ist. Und das macht mich sehr hoffnungslos!

    If you can`t hold me now, you will never hold me again!

  • Hallo Trinkula,

    auch ich hab mir jahrelang Gründe geschaffen, warum ich mich nicht trennen kann, Kind zu klein, Hausbelastung zu hoch, zu wenig eigenes Einkommen .... Dann kam der Tag, an dem es mir alles egal war. Ich hab es einfach nicht mehr ausgehalten und bin meine ersten Schritte gegangen. Ob die Trennung nur vorübergehend oder für immer war, war mir völlig Banane, darüber hab ich mir keine Gedanken mehr gemacht. Ich hab es zu Hause nicht mehr ausgehalten. Ich musste weg oder ich wär vor die Hunde gegangen. Zum Glück hat meine Geschichte ein Happy End, aber das hat sie nur, weil uns unsere Beziehung wichtig war und weil sich jeder selbst auf eine Reise zu sich gemacht hat. Den Alkoholikern wird hier geraten, immer nur die nächsten 24 Stunden trocken zu bleiben. Ich glaube, ähnlich ging es mir auch. Immer nur in kleinen Abschnitten denken und kleine Schritte tun auf meinem Weg.

    Ich wünsche Dir viel Kraft und Geduld
    sonnige Grüße
    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Ich habe Deine Geschichte gelesen, Lütte und musste mehrmals schlucken. Meine eigene Wahrnehmung meiner Situation ist ziemlich verschoben; wenn ich vor 10 Jahren schlagartig mit diesen Verhältnissen konfrontiert worden wäre, ich wäre gerannt bis zum Nordpol. Aber so bin ich wie der Frosch, der im Topf sitzt und gekocht wird, weil das Wasser nur langsam heiß wird und er nicht den Impuls bekommt herauszuspringen.
    In dem, was Du geschrieben hast, habe ich gelesen, wie ich mich fühle. Das schlimmste ist tatsächlich das Gefühl der Unsicherheit. Wie verbringe ich meinen Abend, werde ich terrorisiert werden, wird er nüchtern sein und deshalb schlechte Laune haben, die er an mir ausläßt, wird er mich wecken, wenn er ins Bett kommt und wieder durchs Haus geistern, wird er in die Ecke pi...statt es ins Bad zu schaffen, WIRD er, wird ER...ich bin das so leid. Es interessiert mich gar nicht, was ER macht...ich will es nicht erleben müssen! Ich werde mir einen Plan machen, wie ich meine Leben wieder lebenswert machen kann. UND ich muss mit meiner Tochter reden (ist nicht seine Tochter!). Sie macht sich Gedanken, grenzt sich bereits ab, wenn Sie da ist. Vor einem Jahr sagte sie zu mir, "Er braucht Dich auf, Mama!" Mir kommen die Tränen, wenn ich daran denke. Sie hat nicht verdient, so wenig Energie von mir zu bekommen, weil ich sie in IHN stecke! Sorry, das macht mich gerade zornig. Ich hör jetzt auf zu schreiben, ...es tut gut hier zu lesen, Feedback zu bekommen. Und es ist sehr anstrengend, das alles zu verarbeiten.

    If you can`t hold me now, you will never hold me again!

  • Hallo Trinkula,

    ich hab ja auch keinen Alkoholiker geheiratet. Es hat sich alles nach und nach entwickelt und fühlte sich normal an. Mein Kind hat mir die Augen geöffnet. Ich kenne das auch, dass ich bei ihr um Verständnis für den Papa gebeten habe. Heute kann ich nur noch den Kopf darüber schütteln, damals war es in Ordnung. Es ist vieles aus heutiger Sicht falsch gelaufen. Ich kann es nicht ändern. Ich hab mit unserem Kind (heute erwachsen) viel darüber gesprochen. Heute ist sie stolz auf uns, wie wir das gemeistert haben. Wie gesagt, denke ich, dass jeder sich wieder finden muss, seine Wünsche und Bedürfnisse erkunden, seinen Plan vom Leben haben. Dann kann man schauen ob es noch passt. Bei den meisten hier funktioniert es ja nicht, aber wenn das Ergebnis der Trennung ein zufriedenes Leben ist, ist das doch viel wert.

    Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Wenn Du Dich für Dich änderst, dann wird sich auch für Dich was ändern.

    sonnige Grüße
    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • ..wenn man es denn so nennen kann. Ich hatte mir versprochen, dass ich nie wieder mit ihm abends ausgehe, wenn er vorher schon getrunken hat. Gestern mittag habe ich ihn für abends zum Essen eingeladen, als Dankeschön für seine Hilfe am Sonntag vormittag. Als ich heimkam von der Arbeit, hatte er schon 2 Bier drin und stierte mich an. Er hat sich belohnt für Papierkram, den er für "uns" erledigt hat. "Nimmst Du mich jetzt nicht mit?" Ich hätte "Nein" sagen sollen, habe ich aber nicht. Es war grauenvoll...ungeduscht, mit schmutzigem, kaum zugeknöpftem Hemd, rülpsend und mich beschimpfend...ok, ich brauche sicher nichts mehr dazu zu schreiben. Ich verachte mich dafür, dass ich das getan habe. Morgens habe ich noch darüber nachgedacht, wie ich mich sinnvoll abgrenze. In meinem Kopf führe ich ständig Gespräche mit ihm und gebe mir dabei selbst seine Antworten...ich bin doch ziemlich tief drin in der Co-Abhängigkeit fürchte ich. :(
    Heute morgen habe ich nach Wohnungen geguckt ...natürlich wäre es möglich; ich bräuchte nicht zu hungern. Aber mein Garten, aber meine Katze, aber, aber...
    Ich gehe es jetzt konzentriert an; kleine Schritte. Soll ich ihm mitteilen, dass ich vorhabe mich in eine anderes Zimmer zurückzuziehen, wenn er trinkt? Soll ich mit ihm darüber reden, oder es einfach, auf mich konzentriert, versuchen durchzuziehen ohne ihm zu sagen, was passieren wird?

    If you can`t hold me now, you will never hold me again!

  • Hallo Trinkula,

    ich glaube, es ist für uns Co's ganz wichtig, dass wir nur das androhen, was wir auch wirklich konsequent umsetzen. Ansonsten werden wir unglaubwürdig und der Partner nimmt unsere Ansagen nicht mehr ernst. Ich würde vielleicht nicht großartig reden, sondern eine knappe Ansage machen "Wenn Du trinkst, ziehe ich mich in ein anderes Zimmer zurück" Fertig. Das dann natürlich auch umsetzen. Ich konnte immer nicht mit meinem Mann reden. Ich war viel zu tief verstrickt, ich konnte seine Argumente so gut nachvollziehen und ihn verstehen. Das war echt gruselig. Deshalb bin ich weg, als er auf Montage war und hab einen Brief da gelassen. Ich wusste, dass ich anders keine Chance habe.

    Vielleicht gibt es in eine neue Wohnung mit kleinem Garten.

    Sonnige Grüße
    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Hallo Trinkula,

    ich kann das, was Lütte dir schreibt, nur bestätigen. Wenn du Dinge androhst und dann nicht auch umsetzt, wird er dich nicht mehr ernst nehmen. Als ich damals zu meinem Ex sagte, "ich ziehe aus", hat er bloß so fett gelacht und zu unserem Sohn gesagt:" Das macht die ja doch nicht, das hat sie schon so oft gesagt".

    Es hat auch keinen Sinn mit einem betrunkenen Menschen zu reden. Wenn du mit deinem Mann reden möchtest dann sieh zu, dass er so weit nüchtern ist. Das ist einfach so.

    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

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