Vom Wochenendalkoholiker zur Nüchternheit

  • Guten Tag werte Forenteilnehmer,

    um einige Sichtweisen, die sicherlich Verwunderung auslösen würden, gleich zu Beginn in eine realistische und nüchterne Richtung zu leiten, muss ich zwei Dinge vorab ausführen. Dies betrifft seltene (<1 %) Systemeigenschaften, die der Neurobiologie angehören und mir bei der Geburt ohne meinen Einfluss auf den Lebensweg mitgegeben wurden.

    Der erste Punkt ist die Hochsensivität, die hauptsächlich auf akustischer und visueller Ebene in Erscheinung tritt. Kurzum nerven bestimmte Geräusche und visuelle Reize deutlich energischer, als dies bei anderen Menschen der Fall ist. Reizbarkeit ist gewöhnlich, allerdings erregen einige Reize mein Nervensystem in einem Maße, dass sich eine schwer beschreibbare Wut erhebt und dann - dem Ersticken ähnlich - unverzüglich zur Entladung gebracht werden muss. So gestaltete ich mein Umfeld - in meiner Kindheit noch unbewusst - dementsprechend reizarm, bin aber dennoch kein sozialempfindlicher Mensch und befand mich sonach stets in einer Zwickmühle aus energieraubenden Reizen und Isolation. In Sachen Reizbekämpfung leistete dann der Alkohol seine ersten Dienste und blendete die Störfaktoren großflächig aus. Mit der Hochsensivität ergab sich eine überdurchschnittlich hoch ausgeprägte Auffassungsgabe sowie eine Art Röntgenblick, der Stimmungen und Charakterzüge der Mitmenschen einfängt, automatisch konvertiert sowie ein ausgeprägtes Gedächtnis, das (zu) viele Kleinigkeiten einer Situation über Jahre abspeichert. Erlebnisse werden folglich intensiver wahrgenommen und ständig, sogar im Schlaf selbständig in alle Teile aufgespaltet. Dies ergibt scharfe Sachverhalte zu trivialen Themen, die andere Menschen nur Müde zur Kenntnis nehmen.

    Der zweite Punkt ist eine diagnostizierte dissoziale Persönlichkeitsstörung (Psychopathie) und auch diese ist unbehandelbar. Hieraus ergeben sich niedrige Neurotizismuswerte sowie veränderte Dopamin- und Serotoninspiegel. Kurzum empfinde ich Angst, Reue, Verantwortung und Mitleid nicht wie "normale" Menschen, sondern nur spezifisch oder situationsabhängig in schwacher Ausprägung. Dies bringt eine relative Emotionslosigkeit mit sich - hier besteht übrigens kein Widerspruch zu den obigen oberflächlichen Wutanfällen. Auch erfreue ich mich an einer Abwesenheit von allgemeinen Lebensängsten oder Depressionen. Auf der für meine Mitmenschen verheerenden Schattenseite verursacht dies eine gewisse Monotonie, der ein schwer zu bändigendes Verlangen innewohnt, in sozialen Interaktionen alles auf die Spitze zu treiben. So ist z. B. alles, was für "normale" Menschen bereits grenzwertig ist, für mich noch kaum der Rede wert und eher ein Ansporn, um übertrumpft zu werden. Dies geschieht - wie gerne angenommen - nicht aus Arroganz oder Narzissmus, sondern aus Emotionslos- und Rastlosigkeit, welche unter Alkoholeinfluss an Ausprägung gewinnen. Aufgrund dieser - für das rücksichtslose Berufsleben - geeigneten Umstände ergab sich früh finanzielle Unabhängigkeit. Dies erwähne ich der Vollständigkeit und vorrangig deshalb, da ich mich aufgrund meines Alkoholmissbrauchs in keiner finanziellen Notsituation befinde und die Pflicht zum Alkoholausstieg meinem eigenen Willen folgt, nicht aus einem Zwang oder Herbeiführung Dritter. Zudem spüre ich aber natürlich auch die Gefahr der groben Fahrlässigkeit, die sich bei den Kontrollverlusten ergibt, hierauf komme ich später.


    Alkoholkarriere:
    Mit acht Jahren trank ich eines Nachts heimlich einige kleine Fläschchen Sekt, die nach einer Familienfeier frei herumstanden. Die Wirkung war angenehm, allerdings maß ich diesem Ereignis kaum Bedeutung bei oder ich vergaß es schlichtweg, um meiner allgemeinen Unterforderung und Langeweile dann allerdings im Jugendalter die ersehnte Abwechslung desto extremer beizufügen. Schnell tranken wir an jedem Wochenende bis zur Besinnungslosigkeit, es ergab sich klassische Jugendkriminalität, die für einige Bierbankgenossen im Jugendknast ihre Fortsetzung und schließlich ihren Niedergang fand. Ich kam in allen Bemühungen stets mit blauen Augen davon, dennoch wusste ich mit 18 Jahren, dass es sich hierbei um Alkoholismus handeln musste, doch dies ließ mich kalt, es war nur ein Wort, dem ich in gewohnter Emotionslosigkeit einen bestimmten Sinn zuordnete.

    Mitte zwanzig ergaben sich berufliche Chancen und so spielte ich unter der Woche eine Rolle, schuf finanzielle Unabhängigkeit und soff an den Wochenenden zumeist 8 - 10 halbe Bier pro Abend, die meine gern gesehenen Unterhaltungskünste zu Höchstleistungen führten. Am Montag war mir dieses Verhalten stets fremd, meist machte ich am Abend unter der Woche noch Ausgleichssport, spielte Tennis, fuhr Rennrad oder fuhr mit meinen Sportgenossen zu irgendwelchen Veranstaltungen, die nichtmal im Ansatz mit Alkohol in Verbindung gebracht werden konnten. Ein klassisches Doppel- bzw. Dreifach- oder Mehrleben war (und ist) mein Normalzustand.

    Mit Ende Zwanzig trank ich eher 10 - 15 halbe Bier und stellte "nüchtern" fest, dass die Eskalationen in wirklich lebensbedrohliche und vor allen Dingen von mir nicht mehr beeinflussbare Situationen führten; Autounfälle, Massenschlägereien, Hausverbote und ähnliches waren nicht ungewöhnlich. Auch stürzte ich den Alkohol mittlerweile nur noch hinunter, gerade an einem Freitag (die Exzesse wurden weniger, dafür intensiver) war nach mehrwöchiger Pause ein kaum zu bändigender Eskalationsdruck verspürbar, die Gier wurde mit jedem Schluck in stärkerem Maße entfacht. Oft stürzten wir die ersten fünf halbe Bier in einer Stunde hinunter, um dann natürlich im Verlaufe des Abends nur noch etwas hinterherzurennen, das niemand zu defnieren wusste. Ein Ende gab es nur, wenn nichts mehr getrunken werden konnte oder man mit einem Filmriss am nächsten Morgen - teilweise bei fremden Personen oder sonstwo in der eigenen Wohnung - aufwachte. Wie erwähnt bescherte mir dies aber noch lange keinen Leidensdruck, ich sah, dass einige Bierbankgenossen ein schlechtes Gewissen oder Depressionen bekamen, dies blieb mir vergönnt.

    Mit dreißig Jahren legte sich der Schalter dann langsam um, der Sonntag war oft kaum mehr genießbar, auch am Montag hingen die Alkoholstrapazen tief in den Knochen, leichtes Zittern machte sich bemerkbar und körperliche Untauglichkeit schränkte meine Sportaktivitäten ein. Warum ich niemals in einem Krankenhaus landete, begründet sich darin, dass ich tatsächlich nur in Gesellschaft trank und dies "nur" an Wochenenden. Es fand sich wohl auch meist eine Person in unseren Reihen, die noch nicht vollumfänglich einem Suizidkommando gleichend, die Übersicht behielt. Der Gedanke, alleine oder in den eigenen vier Wänden zu trinken, kam mir nie. Der Preis der erkauften Glückseligkeit erhöhte sich dennoch mit jedem Jahr. Aufgrund des Katers fing ich an, die Exzesse mit jedem Jahr zu dezimieren. An Intensität änderte sich bislang nichts, eher stieg diese an. Dies ist aber auch eine meiner mir derzeit möglichen Wege, dem Alkohol einen endgültigen Abschied zu bereiten. Die Möglichkeit, aufgrund Fahrlässigkeit im Gefängnis zu landen oder aufgrund eines Unfalls unter körperlichen Einschränkungen das Leben zu entwerten, scheint mir doch nicht zu fern und in jedem Falle für nicht erstrebenswert, als dass es ein Rausch, der im Grunde nur die Monotonie auf stumpfe Weise unterbricht, wert wäre.

    Das letzte Weihnachten sowie Silvester erlebte ich seit einer gefühlten Unendlichkeit nüchtern, ansonsten gab es im Jahre 2017 zwei Exzesse. Gäbe es geeignete Sozialkontakte, die mich in der Nüchternheit keiner Langeweile aussetzten, wäre die Entscheidung keine Entscheidung, sondern längst unverrückbare Tatsache.

    Mich interessieren übrigens auch Erfahrungen von ähnlichen Wochenendalkoholikern.

    In diesem Sinne wünsche ich eine trockene Zeit, gerne beteilige ich mich an einer von mir ausdrücklich gewollten Diskussion, stelle mich gegenüber Fragen zur Verfügung und scheue mich nicht vor - wenn nötig - harten Worten
    Hull

  • Hallo Hull,

    Zitat

    Gäbe es geeignete Sozialkontakte, die mich in der Nüchternheit keiner Langeweile aussetzten, wäre die Entscheidung keine Entscheidung, sondern längst unverrückbare Tatsache.

    ein trockenes Leben wird uns nicht geschenkt, daran müssen wir arbeiten wenn wir Erfolg haben wollen.

    Wie sieht das bei dir aus, hast du Hobbys die auch ohne Alkohol Spaß machen ?

    An was hast du Spaß gehabt bevor du getrunken hast, kannst du daran anknüpfen ?

    LG Martin

  • Hallo Martin,

    die Hobbys (hauptsächlich Sport) sind natürlich ein Grund, für den in den letzten Jahren stärker in Erscheinung tretenden Willen, dem Alkohol endgültig den Rücken zuzukehren.

    Gerade unter der Woche sehe ich Alkoholmissbrauch als verachtenswert. Im Prinzip verachte ich in der Nüchternheit nahezu alles am Alkohol: ich verachte den Charakter alkoholisierter Menschen, ihre scheinbare Selbstsicherheit, die nur durch ihre Stumpfsinnigkeit möglich wird, ich verachte die dumpfen Gespräche, den Geruch, die Schwäche, die sich den alkoholisierten Personen bei allmählichen Vorwürfen offenbart, ihre Überraschung beim Zusammenfall des Kartenhauses und eben genau dies ist auch der Grund, weshalb ich von Zeit zu Zeit in diese stumpfe, aber für einige Stunden unschuldige Welt flüchte. Es ist, als flüchte man bei einem Wochenendbesäufnis in einen Traum, den man euphorisiert für einige Stunden in die gewünschten Richtungen lenken kann. Ich trank vollumfänglich wissend, dass dies ein gefährlicher Weg ist.

  • Hallo Hull,

    Zitat

    Im Prinzip verachte ich in der Nüchternheit nahezu alles am Alkohol

    das ist bei mir anders, der Alkohol hat mich ja nicht gezwungen ihn zu trinken.

    Ich habe selbst damit begonnen und als ich dann trinken musste lag es an der Sucht.

    Mir ist es auch egal wenn andere Menschen Alkohol trinken, viele Menschen können das und hören rechtzeitig auf.

    Ich konnte nicht aufhören und hatte immer mein Level, 24 Stunden/Tag, 365 Tage/Jahr.

    Jetzt bin ich 13 Jahre trocken, dadurch sehe ich manches anders wie Leute die am Anfang stehen.

    LG Martin

  • Wenn ich es richtig einschätze, handelt es sich bei den meisten hier beitragenden Forenbenutzern um Spiegeltrinker, auf mich trifft eher der Quartals- oder Eventalkoholiker zu, dies zieht sich allerdings seit nunmehr 20 Jahren wie ein roter Faden durch das Leben.

    Bitte beschreibe deine Einschätzung näher, die deinen genannten "Anfang" betreffen. Man muss sich mir gegenüber nicht zurückhalten, eine im schlechtesten Falle falsche Einschätzung ist besser als keine Einschätzung.

  • Hallo Hull,

    mein Anfang war wie der von fast allen Alkoholikerrn.

    Mal ein Bier zum Essen, 1-2 auf einer Feier, immer mit Tagen oder Wochen ohne Alkohol.

    Je älter ich wurde desto kürzer wurden die Abstände, die Menge erstmal noch gleich.

    Ab ca. 18 Jahren habe ich dann täglich und auch mehr getrunken, irgendetwas gab es immer zu feiern :roll:

    Ab wann genau ich trinken musste weiss ich nicht mehr, mit 20 oder 21 Jahren :?:

    Ich hab dann 20 Jahre täglich gesoffen, erst 6,7 oder 8 Bier und zum Schluss auch noch Schnaps dazu.

    LG Martin

  • Was war bei dir der Auslöser zum Aufhören und mit welchem Hauptgedanken erhältst du die Nüchternheit bei? Ich bin mir bewusst, dass ich einen Gedanken finden muss, der es mir ganz einfach verbietet, Alkohol trinken zu "wollen".

    Im Moment ist es zusätzlich die Befürchtung, betrunken unkontrollierte Handlungen vorzunehmen, die strafrechtlich verfolgt werden. Zudem hält mich der Kater und die für mindestens zwei Tage andauernde körperliche Unbrauchbarkeit zurück, diese Eskalationen öfter als alle paar Wochen oder Monate vorzunehmen.

    Ab und an ein Glas Wein zu trinken oder am Montag weiterzumachen, kam mir deshalb in den letzten 20 Jahren nie ernsthaft in den Sinn.

    Grüße

  • Hallo Hull,

    die 20 Jahre hatten ihre Spuren hinterlassen, ich habe gesoffen, geschlafen, wurde wach und habe wieder gesoffen.......

    Wieso genau ich dann zum Doc bin um mir eine Einweisung zu holen weiss ich nicht mehr, auch da war ich besoffen :oops:

    Meine "Entgiftung" war nicht so gelaufen wie geplant, deshalb fällt es mir leicht trocken zu bleiben.

    Ich "verbiete" mir nicht Alkohol zu trinken, Alkohol hat heute keine Bedeutung mehr für mich.

    LG Martin

  • Hallo Hull,

    willkommen. Und danke für deine ausführliche Vorstellung.

    Eine - wenn auch leicht andere - Ausprägung von Hochsensitivität habe ich auch. Auch ich habe einen Zusammenhang mit meinem Trinken hergestellt. Ich war allerdings Spiegeltrinkerin und kann dir daher leider nicht mit eigenen Erfahrungen eines "Wochenendalkoholikers" dienen, weiß aber von anderen trockenen Alkoholikern, dass es da spezifische andere Schwierigkeiten gibt, eine dauerhaft stabile Trockenheit zu erreichen.

    Auch mit deiner Persönlichkeitsstörung habe keine eigene Erfahrung. Bist du deshalb in die irgendeiner Form von Therapie?
    Ich könnte mir vorstellen, dass es wichtig und hilfreich für dich sein könnte, deinen Alkoholismus im Zusammenhang mit deiner Persönlichkeitsstörung professionell behandeln zu lassen. Eventuell greifen bei dir andere Dinge als bei Alkoholikern ohne die Psychopathie.

    Du schreibst, du bist offen für Fragen und beteiligst dich gern an einer Diskussion.

    Was würdest du denn gerne diskutieren?

    Und würdest du sagen, dass das Vermeiden von Langeweile eine deiner Hauptmotivationen darstellt?

    Grüße,
    Thalia

  • Dass nach der Entgiftung nichts mehr getrunken werden kann, ist mir verständlich, natürlich möchte ich soetwas nicht erleben, aber dennoch "fehlt" ein vergleichbares Erlebnis in meiner Entwicklung, um den Alkohol endgültig aus dem Leben zu werfen. Es ist schon ein seichter Vorwand.



    Hallo Thalia,

    von welcher Art Hochsensitivität wirst du geleitet und worin besteht die Verbindung zum Alkohol bei dir?

    Eine Therapie ist eher zwecklos, da ich keinen Leidensdruck verspüre. Nur die Gedanken rasen, dies ist speziell bei sozialen Anlässen grotesk.

    Eine Diskussion kann in alle Richtungen gehen, ich habe kein konkretes Ziel, mir ist alles recht und ich habe keine Tabus. Erfreulich muss festgestellt werden, dass die Reflexion meine Sicht schärft, erst bei der genauen Ausformulierung wurden mir nun einige Details wirklich bewusst und sie können jetzt festgehalten werden, ohne wie vorher unbestimmt in meinem Unterbewusstsein auf- und abzutauchen.

    Der letzte Punkt ist sicherlich die Hauptmotivation. Dagegen unternehme ich vieles, vielmehr ist die Bekämpfung der Langeweile mein Lebensinhalt.

  • Guten Abend,

    das Wochenende habe ich nüchtern und in lockerer Atmosphäre verbracht, sodass ich mir auch einige Gedanken für meine Zukunft machen konnte.

    Was brachte mich eigentlich immer dazu, zu denken, Alkohol trinken zu müssen?
    Ich sah Alkohol als Dopingmittel an, der mich zu Beginn aktiv, charmant und gesellig machte, aber mit den Jahren langsam alles ins Gegenteil verkehrte. Meine letzten Besäufnisse endeten allesamt in Eskalationen, die für einen normalen Mensch schon mehr als besorgniserregend sein müssten. Die Frage ist also nur noch die, wann es soweit ist, dass es auch für mich besorgniserregend ist. Aber wozu muss ich denn noch unbedingt einen Beweis dafür erbringen? Oder habe ich ihn nicht schon erbracht, nur mit einer grotesken Gleichgültigkeit, die die bisherigen Schäden nicht als Beweis ansieht?

    Dies beschäftigte mich vor allem in den letzten Tagen und wie ich mir zu Beginn noch in meinen Formulierungen ein Schlupfloch offen ließ, muss ich erkennen, dass ich doch gar kein Schlupfloch benötige, wenn ich nüchtern sein will. Alkohol kann kein Verzicht sein, dies klingt wie eine Einschränkung.

    Viele Grüße

  • Hallo Hull,

    meiner Meinung nach besteht unsere Gesellschaft zu mind. 80% aus Menschen die zuviel Alkohol trinken. Ich wurde schon von Kindesbeinen an von anderen Trinkern dazu konditioniert auch zu trinken (mal Nippen hier, mal Nippen da usw usw).

    Dann kommt der Fußballverein oder anderes und überall Trinker Trinker Trinker...ich finde schon dass man selbst schuld ist, aber auch die Gesellschaft im Allgemeinen, die halt größtenteils aus Trinkern besteht.

    Ich bin letztes Mal mehr oder weniger selbst verschuldet zwischen trinkender Menschenansammlung gelandet und habe mir das "charmante" und "gesellige" Geplauder mal näher angehört ;).

    Es ist nur eine Illusion, im Endeffekt war das alles nur stumpfsinniges Gelaber und jeder Trinker erfindet meiner Meinung nach Ausreden um "gesellschaftlich" zu sein. Man konsumiert seinen Stoff halt in geselliger Runde um kein schlechtes Gewissen zu haben.

    Wenn es endlich mal Regulierungen gäbe wie höhere Preise, Ausschank nur zu gewissen Zeiten und genauere Kontrolle von Ausweisen in Supermärkten wäre die Drogensucht "Alkohol" wohl nicht so weit verbreitet.

    Aber da sind wohl die Wirtschaftsinteressen einfach zu groß, für welche sich auch gerne Politiker einspannen lassen und dann auf der "Wies'n" vorbildlich und volksnah den Hammer schwingen.

    LG

  • Guten Abend Chris,

    da gebe ich dir recht. Die Gesellschaft - oder genauer - der Mensch ist für Alkoholmissbrauch gemacht und wohl nicht nur für das. Gerade deine Anspielung an die Politik nehme ich tiefgründig wahr.

    In Sachen Alkoholmissbrauch ist bei mir der Punkt sicherlich erreicht, ich fühle mich wie auf einer Grenze wankend, die - sobald ich sie überschreite - den Niedergang einleitet. Es sind keine neuen Gedanken, aber dieses Jahr fühlt es sich schwer und endgültig an.

    Ich habe die meisten meiner Alkoholbekanntschaften schon vor Monaten aus dem Telefonbuch entfernt. Täglich von selbst stattfindene Selbstgespräche, in denen Vor- und Nachteile ausgelotet werden, finden langsam ein Ende. Als erkenne man zum ersten Mal die Widerwärtigkeit seines selbst geschaffenen Hamsterrades.

    Wünsche dir eine trockene Zeit.

    Grüße

  • Wieder ein langes Wochenende nüchtern, aber es ist kaum der Rede wert. Saufdruck verspüre ich nicht, im Gegenteil, es widert micht regelrecht an.

    Da das Alltagsgeschäft keine besondere Dokumentation abverlangt und das Forum nicht so aktiv ist, wie ich es einschätzte, werde ich in diesem Thema von nun an nur noch in Abständen von wenigen Wochen eine Aktualisierung vornehmen. Dies beinhaltet dann natürlich den hoffentlich beibehaltenen Status der Nüchternheit.

    Grüße

  • Zitat von Hull


    Da das Alltagsgeschäft keine besondere Dokumentation abverlangt und das Forum nicht so aktiv ist, wie ich es einschätzte, werde ich in diesem Thema von nun an nur noch in Abständen von wenigen Wochen eine Aktualisierung vornehmen.

    Hallo Hull!

    Einerseits hast Du zutreffend beobachtet, dass die Aktivität des Forums momentan als "sehr ruhig" zu bezeichnen ist. Als ich hier vor 2 Jahren anfing zu lesen, war deutlich mehr los.

    Andererseits hättest Du dich ja etwas stärker einbringen können, um so zu einer Belebung beizutragen. Allerdings weiß ich aus eigener Erfahrung, dass insoweit die nötige Motivation umso geringer ausgeprägt ist, je ruhiger es im Forum ist. Es ist irgendwie eine zweischneidige Angelegenheit.

    Weiterhin alles Gute wünscht
    Carl Friedrich

  • Zitat von Carl Friedrich

    Hallo Hull!

    Einerseits hast Du zutreffend beobachtet, dass die Aktivität des Forums momentan als "sehr ruhig" zu bezeichnen ist. Als ich hier vor 2 Jahren anfing zu lesen, war deutlich mehr los.

    Andererseits hättest Du dich ja etwas stärker einbringen können, um so zu einer Belebung beizutragen. Allerdings weiß ich aus eigener Erfahrung, dass insoweit die nötige Motivation umso geringer ausgeprägt ist, je ruhiger es im Forum ist. Es ist irgendwie eine zweischneidige Angelegenheit.

    Weiterhin alles Gute wünscht
    Carl Friedrich

    Grüezi,

    ich habe einige Themen anderer Forenteilnehmer gelesen, aber bislang habe ich keinen Forenteilnehmer entdeckt, der Alkohol ausschließlich am Wochenende missbrauchte (in meinem Falle ca. 20 Jahre).

    Sonach verstehe ich die Bemühungen eines Spiegeltrinkers nicht im Ansatz. Kenne auch keine wirklichen körperlichen Entzugserscheinungen und habe keine praktischen Erfahrungen mit Depressionen oder Liebesschmerz.

    An der Motivation scheitert es sicherlich nicht, ich lasse mich auf jedes Gespräch ein, solange ich das notwendige Bewusstsein dafür verspüre.

  • ... vieleicht hier zu persönlich, sorry. Ich stelle mir dein Alter aus deinen Beiträgen vor.

    Gegen Langeweile im Leben gibt es grandiose Wirkungsfelder die bewegen (z.B. das ZPS, die Gründung dieses Forums, Max Goldt erfreut und inspiriert mit seinen Texten, ...). Ich habe nicht den Mut, noch sind Was-Ist-Wenn- Fragen und Hab-Acht-Stellung präsent. Es wird besser, was mich sehr erfreut.
    Dinge zu bewegen im Rahmen des Möglichen erfüllt mich sehr, wobei mein Angstpegel mich noch bremst. Ich arbeite daran.

    Gaben schlummern manchmal vor sich hin und wollen geweckt werden.

    Ein schönes Wochenende,
    la vie

  • Hallo La Vie,

    das Alter lässt sich den Beiträgen entnehmen und ist kein Geheimnis. Ich bin Ende 30 und nun seit bald 1,5 Jahren nüchtern.

    Natürlich hat sich ein wenig verändert, seitdem ich den Eröffnungsbeitrag geschrieben habe. Die Langeweile bzw. die flachen Gefühle bleiben aber für immer. Es spielt im Prinzip auch keine Rolle, wie hoch meine gesetzten Ziele gesteckt sind; sobald ich ihnen näher komme, sehe ich die Erreichbarkeit und verliere die Lust daran, da die restliche Erledigung Formsache ist. Meine nächsten Ziele dürfen auch nicht mehr "normaler" Natur sein, es müssen Ziele sein, die nicht mehr so einfach definiert werden können oder zumindest kaum zu erreichen sein.

    Der Unterschied zum Eröffungsbeitrag ist allerdings nun, dass der Alkohol dabei als stumpfsinniger Zeitvertreib ausgeschieden ist.

  • Hallo Hull,
    ich gratuliere dir zu 1,5 nüchternen Jahren, Chapeau!!
    So hatte ich mir dein Alter vorgestellt. Anfang 40. ist aber auch egal. Ich habe nur gedacht, wieviel Zeit und Raum dieser Hull doch bei seiner Gabe für die Forschung hätte. Und wenn er noch nicht sehr alt ist, sogar sehr lange (ohne Unfug zu forschen).
    Aufdecken, Lösungen anbieten, wenn es geht bezahlbar.
    Wenn die Forschungsarbeit in einem Bereich langweilig wird, dann erforscht du eben etwas Neues, in anderen Bereichen.
    Und dazu wirst du noch laut mit Kunst, wie es das „Zentrum für politische Schönheit“ macht.
    Vieleicht fühlst du dich dann länger erfüllt und glücklich.

    Beste Grüße.

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