Am Ende der Straße: Rechts oder links abbiegen?

  • Mein Lieber,

    (kann ich das nach der Vereinsaussage noch schreiben??),

    es ist auch schade mit dem Nachbarn. Ich interessiere mich seit locker 45 Jahren für Fußball und bin damit aufgewachsen, genau wie mein Nachbar, der in meinem Alter ist. Mit solchen Leuten, die bei allen Unterschieden BMG/BVB Ahnung von der Thematik haben, macht es einfach Spaß zu reden.

    Mit dem Alk sind wir beide aber auch aufgewachsen. Ich kann mich noch erinnern, dass ich mit meinem Vater und seinem Kumpel beim hiesigen Wuppertaler SV beim Zweitligaspiel war, ich war so etwa 7 oder 8 Jahre alt. Beide haben vor, während und nach dem Spiel getankt, was das Zeug hielt...
    Total normal...

    Und auch heute gibt es noch eine irre starke Verknüpfung zwischen Bier und Fußball... Sponsoring für Bier überall...

  • Warum heißt die Arena auf Schalke, wie sie heißt? Wieso heißt die Doppelpass-Diskussionsrunde auf Sport 1 so?

    Und wieso spielt keiner in der Crystal Meths Kampfbahn und warum wird nicht (meinetwegen dann auch hektisch-angeregt) im Fernsehen der Spieltag im Nachgang im ARD-Ecstasy-Rückblick entsprechend reflektiert?

  • Hallo Thomas,
    ich komme mal hiermit in Deinen Thread, damit Aliengirl`s Thread ihrer bleibt :wink:

    Zitat

    Sunshine, ob das hier eine echte oder unechte oder halbechte SHG ist, soll mir egal sein.


    Ist auch egal. Wenn einem was hilft, dann ist es gut und fertig. Ist dann auch egal, was für ein Name drauf steht. :wink:

    Zitat

    Mir jedenfalls hilft das hier, auch wenn es am Anfang nicht so aussah... Eure Erfahrungen sind mir sehr hilfreich und bringen mich dazu, mich selber zu reflektieren...


    Tatsächlich ? :shock: :lol:
    Nun, nachdem Du hier ja ne ziemliche Arsc*bombe rein gemacht hast, hast Du nun ja wohl doch erkannt, um was es uns hier wirklich geht.
    Nämlich um einen lebendigen und gerne auch hilfreichen Austausch über unsere Krankheit mit Mit-Betroffenen.
    Und ich persönlich hasse übrigens Sekten wie die Pest, das nur nochmal so am Rande.

    Zitat

    Die persönlichen SHG (wann man sie mal so nennen will) sind nix für mich und bringen mich nicht weiter. Einige aus der Dienstagsrunde sind beim BK oder sonstwo, treffen sich und reden. Dies findet aber im Gegensatz zu unserer Dienstagsrunde ohne Psychologen statt. Außerdem treffen sich manche dann noch zusätzlich Sonntags zum Billiard spielen oder was auch immer. Die Treffen sind stellenweise haarsträubend... Der eine meint, er könne beim Billiard 1-2 Bier trinken, der andere kommt direkt besoffen, der Dritte kommt gar nicht, hat sich auch nicht abgemeldet... Taucht dann aber wieder 2-3 Wochen später auf, da ihn eine Grippe dahingerafft hatte, nu ist aber wieder alles OK.... Ach so...

    Naja, in meiner realen Gruppe waren die Treffen nicht so wie oben beschrieben.
    Es war eine wirklich gute Gruppe, in der ich auch einiges gelernt habe.
    Die Gruppe war auch keiner der bekannten SHG wie AA und Blaues Kreuz angeschlossen, sondern eine freie Gruppe,
    die sich größtenteils selbst finanzierte, der Rest kam von der Stadt, die die Gruppe auch finanziell unterstützte.

    Aaaaaber....

    Zitat

    Der Vorteil hier ganz konkret für mich ist, dass ich hier terminlich ungeplant schreiben kann, wann ich will. Ich habe halt immer viele Termine und muss hier nicht morgen um 10:30 schreiben, aber ich kann... Der Aufwand hier ist sehr gering, der Nutzen jedoch hoch...

    Das war auch bei mir letztendlich der Grund, da wieder auszusteigen. Ich arbeitete damals noch Vollzeit in einem anspruchsvollen Beruf, und mußte zu der Zeit auch viel Überstunden machen aufgrund der Arbeitsplatzsituation.
    Danach mußte ich schon beinahe in die Gruppe eilen und kam da abgehetzt an.
    Da wir alles selbst organisierten, kamen dazu die "Putztage", d.h. wir mußten auch die zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten sauber halten.
    Dann gab es auch immer wieder Veranstaltungen, die ihre Vorbereitungen forderten.
    Und dazu die Treffen außer der Reihe, beispielsweise Frauentreffen, Radtouren, Basteln zu Feiertagen etc.
    (ich bastel keine Weihnachts-oder Osterdeko :evil: können andere ja gern machen, ich gehöre aber definitiv nicht dazu!)
    Dann gab es noch Skatabende und wer-weiß-was. Und mir wurde auch mit der Zeit klar, das einige Menschen einen großen, wenn nicht sogar größten Teil iher Freizeit in der SHG verrbachten.
    DAS war allerdings NIE mein Ziel, ich habe nämlich auch noch ein Leben neben meiner Krankheit.

    Denn ich habe schließlich auch noch Familie, die mich mal sehen will und ich sie.
    Und Freunde, die ich treffen will, die nix mit meiner Krankheit zu tun haben. Dazu kommt noch ein zeitaufwändiges Hobby.
    Nö, mir wurde das einfach alles zu viel, was ich allerdings auch mehrmals so äußerte.
    Ich wurde aber immer wieder gefragt, ob ich da und dort mitmache. Da isses mir zu blöd geworden.
    Ich kann das auch nicht so, ich brauche zwischendurch auch Zeit für mich selbst und bin auch gern mal allein.
    Nichts gegen die Leute dort, aber für mich war es dort dann nix mehr.

    Hier dagegen kann ich schreiben, wann ich möchte und vor allem, wenn ich auch Zeit habe. Das mit der realen Gruppe wurde mir einfach zu stressig, und das kanns ja dann auch wieder nicht sein. :roll:
    Und das sehe ich halt auch als großen Vorteil hier.
    Nachteil ist, das man sich nicht gegenüber sitzt im Gespräch, und so auch die Mimik und Gestik des Gegenüber nicht hat. So kommt es manchmal sicher auch zu Mißverständnissen.
    Ich denke, das passiert mir hier auch öfters. Hier mag ich manchmal wohl etwas hart rüber kommen, aber manches schreibe ich auch mit einem Augenzwinkern sozusagen.
    Und sowas kommt hier dann halt nicht rüber und so vielleicht auch zu Fehleinschätzungen meiner Person.
    Aber nun ja, man kann nicht immer alles haben :wink:

    LG Sunshine

  • Liebe Sunshine,

    finde ich gut, dass wir das hier weiterführen.

    Gut an Dir und Hartmut ist eben, dass Ihr nicht aus Zucker seid, bin ich auch nicht... Und selbst, wenn man sich dann anfangs mal an den Köppen hatte, kann man danach noch immer vernünftig miteinander reden.

    Mit der Mimik und Gestik hast Du Recht, diese ist aber in unserer Dienstagsrunde nicht immer erstrebenswert, denn leider merke ich, wer in der Woche danach nicht mehr kommt, meisten habe ich Recht.

    Ich merke auf oft, wer nen Rückfall hatte, leider teilen dies nicht alle mit und besch.. sich wieder mal selber, ich frage mich dann immer, wieso die dann dahin kommen.... gibt sicher anderes, was man Dienstags 17 Uhr machen kann (für mich nicht, aber wenn man die ganze Sache eh mit halbem A... macht....). Soll auch kein Negativurteil über diese Leute sein, eher im Gegenteil.... Aber es gibt nun mal Leute, die werden es NIEMALS schaffen, vom Alk wegzukommen.

    Glaubst Du, dass es jeder schaffen kann? Oder dass es eine maximale Anzahl von RF gibt, ab denen der Ofen aus ist, wobei man die sicher nicht beziffern kann... Gemeint ist, dass einer mit 15 RF noch ne Chance hat, ab dem 16. ist alles vorbei.... Die Zahlen kann jeder beliebig austauschen...

    Würde mich mal interessieren...

    Ich bin (wie im Vorfeld jedes Dienstages) gespannt, wer denn morgen wieder das gemeinsame Schiff verlassen hat, nicht kommt, nen Rückfall hatte, was die SHG BK am Sonntag gemacht hat und wie viele denn beim Billiard waren etc.

    Ich finde die RF von anderen aus meiner Gruppe immer sehr traurig, denn man lernt sich ja kennen, geht (wenn auch nur Dienstags) eine gewisse Strecke zusammen und auf einmal ist er oder sie dann weg...

    Wäre hier aber nicht anders, auch hier würde mich jeder RF von jemandem, mit dem ich mich ausgetauscht habe, traurig machen.

  • Zitat

    Glaubst Du, dass es jeder schaffen kann?
    Oder dass es eine maximale Anzahl von RF gibt, ab denen der Ofen aus ist, wobei man die sicher nicht beziffern kann...
    Gemeint ist, dass einer mit 15 RF noch ne Chance hat, ab dem 16. ist alles vorbei.... Die Zahlen kann jeder beliebig austauschen...

    Ich bin einerseits eine Hobby-Optimistin, andererseits aber auch ne ziemliche Realistin, denke ich :wink:
    Von daher würde ich gern daran glauben, das es jeder schaffen kann, aber die Realität sieht wohl anders aus.
    Ich denke, es ist auch nicht an der Anzahl der Rückfälle auszumachen, ob es jemand schaffen kann.
    Es geht darum, ob es jemand WIRKLICH will und bereit ist, das zur Prio 1 in seinem Leben zu machen. Und es muss das gewisse "klick" machen.
    Und soweit ist man wohl in bestimmten Lebensphasen noch nicht?
    Und manche werden es wohl auch niemals sein...
    Schau, es sterben jedes Jahr immer noch so viele Menschen an der Alkoholkrankheit, es schaffen also definitiv nicht alle.

    Ja, und dann sehe ich auch noch die extremen "Härtefälle", beispielsweise jahrelange Obdachlose, die doch meist schon ziemlich ohne jegliche Perspektive sind, körperlich auch oft schon am Ende.
    Wo soll da denn noch die Kraft herkommen, wenn man jeden Tag ums nackte Überleben kämpfen muss?
    Und für was sollte man denn aufhören, wenn nichts mehr da ist?
    Diese Menschen haben doch ganz schlechte Karten, da nochmal raus zu kommen.
    Ich halte von daher auch nichts davon, jeden um jeden Preis trockenlegen zu wollen, funzt erstmal so sowieso nicht und es fehlt halt manchmal auch wirklich die Kraft dazu, das ist meine persönliche Meinung.
    Ich würde mir nur wünschen, das diese Menschen trotz allem zumindest eine gute medizinische Versorgung bekommen könnten
    und im schlimmsten Fall auch eine würdige Begleitung und Pflege.
    Denn Verachtung ist das allerletzte, was diese Menschen verdient haben.
    Auch wenn sie weiter trinken.

    Zitat

    Ich finde die RF von anderen aus meiner Gruppe immer sehr traurig, denn man lernt sich ja kennen, geht (wenn auch nur Dienstags) eine gewisse Strecke zusammen und auf einmal ist er oder sie dann weg...

    Ja verstehe ich, ist ja auch traurig.

    Zitat

    Wäre hier aber nicht anders, auch hier würde mich jeder RF von jemandem, mit dem ich mich ausgetauscht habe, traurig machen.

    Ja, mich macht das natürlich auch immer wieder traurig, wenn jemand rückfällig wird.
    Wir raten darum hier ja auch dazu, das sich nicht nur frisch Abstinente untereinander austauschen, denn dann kann ein Rückfall auch im blödesten Fall noch einen anderen mit reinreissen.
    Ich denke, am besten, weil hilfreichsten, ist ein bunter Austausch zwischen frisch Abstinenten untereinander und ebenso der Austausch mit LZT.
    Denn zu den Leuten, mit denen man hier herkam und sozusagen "anfing", empfindet man ja meist eine Art Verbundenheit, das finde ich auch völlig normal.
    Aber das kann halt auch Gefahren bergen. Und die muss man auch kennen.

    Es läuft, wie so oft, immer wieder aufs gleiche hinaus:
    Jeder kann nur für sich selbst trocken sein und auch bleiben. Und hat auch nur dafür die eigene Verantwortung.

    LG Sunshine

  • Hallo Sunshine,

    wie immer viel Text von Dir, aber gut so...

    a) Ein Obdachloser ist ein ganz kompliziertes Thema in dem Kontext, habe in der Entgiftung auch 2 kennengelernt (wenn ich drüber nachdenke, habe ich da so ziemlich alles kennengelernt, was es so gibt). Die waren "regelmäßig" da, haben die Akkus eine Woche aufgeladen und sind dann wieder on the road. Die wollten nie aufhören zu saufen und haben die Entgiftung nur als temporäres Dach über dem Kopf gesehen. Wenn einer obdachlos sein will und saufen will, ist das seine freie Entscheidung. In unserem System muss keiner obdachlos sein. Wenn man die Angebote, die vorhanden sind, nutzt, bekommt man auch eine Wohnung etc. Dies erfordert aber ein Mindestmaß an Mitarbeit und Eigenleistung, dies können und wollen Leute, die jahrelang auf der Straße leben, jedoch nicht mehr leisten. Lösung? Hab ich keine... Die Frage für die ist eben: Wofür der ganze Sch...???

    2) Bei der Einrichtung, in der ich entgiftet habe, war es so, dass JEDER, aber wirklich JEDER, 24/7 dort auflaufen konnte und medizinisch versorgt wurde. Es gab drei Mahlzeiten etc. Umgekehrt konnte JEDER aber auch wieder abhauen, wann immer er wollte, es sei denn, er war auf der geschlossenen Abteilung. Da kam man aber nur temporär hin, wenn Selbst- oder Fremdgefährdung vorlag. Ansonsten war man frei wie ein Vögelchen, es gab zwar Regeln, aber wenn man gegen diese verstoßen hat, gab es eine Ansage, aber mehr nicht. Manche waren alle zwei Tage voll, ohne das etwas passierte, ohne, dass die rausgeflogen sind oder oder oder. Lösung, wie man das besser regeln könnte? Hab wieder keine....
    Die Freiheit des Einzelnen ist aus gutem Grunde ein sehr hohes Gut, in diese einzugreifen, will wohl überlegt sein und muss hohe Hürden haben. Gilt auch für die Freiheit von Alkoholikern...

    3) Am Ende der Entgiftung bekam jeder einen lustigen bunten Zettel in die Hand, auf dem verschiedenste Möglichkeiten standen, wie es denn nun weitergeht. 101% dieser Möglichkeiten standen im wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Träger der Einrichtung. Es wird aber sicher auch noch andere gute Einrichtungen geben, die nicht in wirtschaftlicher Verbindung mit der Einrichtung stehen, diese wurden aber nur in einem Nebensatz mündlich erwähnt.

    In jedem Fall (und hier lag der Hase im Pfeffer) war von jedem irre Eigeninitiative gefragt. Für mich kein Problem, Gehirn war ja wieder im An-Modus und da oder dort und dann auch noch hier anrufen konnte ich, zur Not hätte ich ja auch noch meine Freundin gehabt. Viele andere haben aber niemanden und sind entweder intellektuell noch nie in der Lage gewesen, sich um eine solche Sache selber zu kümmern oder aber der jahrelange Alkohol hat dafür gesorgt, dass diese Sache nicht zu bewältigen war. Diese Leute stranden dann oder nehmen die erstbeste Gelegenheit ohne zu prüfen, ob das denn etwas für sie ist. Lösung? Hier hätte ich eine: Jeder Alki müsste nach der Entgiftung eine Art Bewährungshelfer kriegen, der sich die erste Zeit um ihn kümmert und ihm hilft, die richtigen Angebote zu finden. Bezahlt nur leider keiner... 182 Entgiftungen pro Person werden aber bezahlt,,,

    4) Der "Bewährungshelfer" würde dann auch bei einem einziehen. Wenn die Bude verwahrlost war oder ist, wird sie eben vorher auf Staatskosten sauber gemacht, meine ich ernst! Dann wohnen B-helfer und Alki einen Monat zusammen und der B-helfer zeigt dem Alki, wie er seinen Alltag meistert, wie er Krisensituationen ohne Alk hinbekommt. Er geht mit dem Aki zu den Ämtern, falls dies erforderlich ist, geht mit ihm einkaufen. Zahlt wieder keiner. Aber 10 Langzeittherapien, davon 5 an der Nordsee und 5 in den Alpen, jede 10 Wochen lang, werden bezahlt... Bis dann das heimatliche Ruhrgebiet und dessen Alltag einen wieder haben...

    Bin vielleicht ein wenig abgedriftet, aber wenn ein System warum auch immer so miese Erfolgsquoten vorweisen kann wie die Suchttherapie, muss man sich zwangsläufig mal etwas anderes überlegen und neue Wege gehen. Wie das gesamte Gesundheitssystem ist auch die Suchttherapie ineffizient, unübersichtlich und es wird das Versagen verwaltet, auch hier machen sich wieder Leute die Taschen voll...

  • Hallo Vollwaise!
    Habe gerade deinen Post bei Rowi gelesen. Deine Freundin ist echt toll,
    und dir eine richtige Hilfe. Ich war es damals nicht.
    Mann, war ich krank!!! :shock:
    Ich wünsche euch beiden alles Gute!!! LG

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo Thomas,

    das schriebst Du bei rowi:

    Code
    Diese absolute Offenheit, die seit nunmehr 1 1/2 Monaten zwischen uns herrscht, ist essentiell für den Fortbestand oder besser für die Erneuerung unserer Beziehung.

    Erstmal auch von meiner Seite ein ganz dickes Lob an Deine Freundin, sie hat alles richtig gemacht. Kann ich jedenfalls nicht anders sagen.

    Zum oben zitierten: Du hast das richtig erkannt. Die Beziehung wird sich verändern.
    Und manche Beziehung hält es auch nicht aus, wenn der Alkoholiker trocken wird. Gründe lasse ich grad mal außen vor.
    Es gibt aber auch die Chance zur "Erneuerung", wie Du es so schön nennst.
    Und diese Erneuerung kann doch klasse sein, wenn man sich auch selbst und gegenseitig die Chance zur Erneuerung gibt.
    Man darf den Partner nochmal ganz neu erleben, von einer anderen Seite.
    Denn die Alkoholkrankheit verändert nun mal immer mehr das Wesen.
    Es gibt aber auch Menschen, die Angst vor Veränderungen haben.
    Und die werden dann wohl nicht das Glück haben, eine Beziehungserneuerung zu erleben, weil sie die eigene Angst einschränkt.

    Zum anderen:

    Zitat


    Wenn man die Angebote, die vorhanden sind, nutzt, bekommt man auch eine Wohnung etc. Dies erfordert aber ein Mindestmaß an Mitarbeit und Eigenleistung, dies können und wollen Leute, die jahrelang auf der Straße leben, jedoch nicht mehr leisten. Lösung? Hab ich keine... Die Frage für die ist eben: Wofür der ganze Sch...???


    Ich sehe diese Problematik auch so... das meinte ich, das oft auch keine Kraft mehr da ist.
    Ich weiß für vieles auch keine Lösung. Und für einiges gibt es vielleicht auch gar keine, ich weiß es nicht.


    Zitat

    In jedem Fall (und hier lag der Hase im Pfeffer) war von jedem irre Eigeninitiative gefragt. Für mich kein Problem, Gehirn war ja wieder im An-Modus und da oder dort und dann auch noch hier anrufen konnte ich, zur Not hätte ich ja auch noch meine Freundin gehabt. Viele andere haben aber niemanden und sind entweder intellektuell noch nie in der Lage gewesen, sich um eine solche Sache selber zu kümmern oder aber der jahrelange Alkohol hat dafür gesorgt, dass diese Sache nicht zu bewältigen war.

    Ja, es gibt Menschen, die denken, das sie in eine Entgiftung oder Therapie gehen, und dort werden sie wieder "heile gemacht".
    Auch hier lese ich manchmal "ich hatte eine Therapie aber sie hat nichts geholfen"
    Tja, automatisch wird das auch nix, ohne Eigeninitiative läuft bei unserer Krankheit gar nix.
    Und ohne Veränderungen ebenfalls nicht.

    Ja, und wenn dann der Alk schon richtig oben im Oberstübchen gewütet hat, dann verliert man auch die Fähigkeit, sich um sich selbst zu kümmern.
    Und nennen wir es dochmal beim Namen, man kann sich regelrecht blöd saufen, die Birne wegsaufen, die Gehirnzellen zerballern,
    Alkohol ist nun mal ein Zellgift, was sehr viel Unheil anrichten kann.

    Zitat

    4) Der "Bewährungshelfer" würde dann auch bei einem einziehen. Wenn die Bude verwahrlost war oder ist, wird sie eben vorher auf Staatskosten sauber gemacht, meine ich ernst! Dann wohnen B-helfer und Alki einen Monat zusammen und der B-helfer zeigt dem Alki, wie er seinen Alltag meistert, wie er Krisensituationen ohne Alk hinbekommt. Er geht mit dem Aki zu den Ämtern, falls dies erforderlich ist, geht mit ihm einkaufen. Zahlt wieder keiner. Aber 10 Langzeittherapien, davon 5 an der Nordsee und 5 in den Alpen, jede 10 Wochen lang, werden bezahlt...

    Oh, es gibt derartige Hilfe, aber der "Bewährungshelfer" nennt sich Therapeut :P:lol:
    Hier bei uns gibt es beispielsweise eine Tagesklinik für Burn-Out und Depressive Patienten, die genau diese Art Hilfe in der Therapie anbieten.
    Zwar wohnt der Therapeut nicht mit bei einem Zuhause, aber man lernt in der Klinik wieder Tagesstrukturen.
    Und auf Gängen zu Ämtern wird man auf Wunsch begleitet, oder es wird einem geholfen, Formulare auszufüllen etc.pp.
    Es ist sozusagen eine Wiedereingliederung in einen "normalen" Alltag.
    Es gibt auch Rollenspiele, wo Krisensituationen bewältigt werden sollen.

    Ich persönlich halte das für eine sehr gute Sache, denn das Wegsperren unter ner Käseglocke bereitet ja evtl. nicht gerade gut auf das Leben "da draussen" vor.
    Aber ich kenne mich damit nicht so wirklich aus, ich hatte keine Therapie. Muss von daher mit meinem normalen Menschenverstand arbeiten :lol:

    Ich finde, oben beschriebenes Angebot der Tagesklinik könnte auch, angepasst auf die Alkoholkrankheit, für "uns" ne gute Sache sein.
    Da müssten wir alle laut schreien, das wir das AUCH HABEN WOLLEN !
    (Ich meine nicht nur dieses Angebot, sondern überhaupt sollten auch trockene Alkoholiker als Ratgeber herbeigezogen werden,
    wenn es um die Ausgestaltung von Therapieangeboten geht.
    Denn wir sind auch Fachleute für unsere Krankheit ! Wir haben sie ja selbst erlebt und uns nicht nur Wissen angelesen)
    Tja, aber da wir ja an einer "Schmuddelkrankheit leiden" :roll: , zu der viele nicht mal stehen wollen,
    gibt es auch nur wenige, die dann auch noch in der Öffentlichkeit den Mund aufmachen wollen.
    Das liest man ja auch hier im Forum öfters, das versucht wird, die Krankheit geheim zu halten, manche wollen sogar "heimlich und unbemerkt" von anderen trocken werden.
    Da kommen dann die Sachen wie "ich habe für mein Leben schon genug gesoffen" und blabla als Erklärung für die neue
    Abstinenz...um ja nur nicht das Wort Alkoholiker/Alkoholikerin in den Mund zu nehmen.
    Aber dann bitte auch nicht jammern, wenn weiterhin fette Vorurteile in der Gesellschaft herrschen.
    Dazu trägt man dann mit seinem Verhalten auch noch selbst zu bei.

    So, damit habe ich mich nun hier wieder bei einigen in die Nesseln gesetzt :wink: , ist aber nun mal meine Meinung !

    LG Sunshine

  • Zitat

    Das liest man ja auch hier im Forum öfters, das versucht wird, die Krankheit geheim zu halten, manche wollen sogar "heimlich und unbemerkt" von anderen trocken werden.
    Da kommen dann die Sachen wie "ich habe für mein Leben schon genug gesoffen" und blabla als Erklärung für die neue
    Abstinenz...um ja nur nicht das Wort Alkoholiker/Alkoholikerin in den Mund zu nehmen.

    Da werden wir zwei uns nie einig, liebe Sunshine. Wenn Du mit Deinen Krankheiten hausierst, so ist das Deine Angelegenheit. Ich erzähle meine Krankheiten nicht dem Hinz und Kunz. Und ich bin lieber ein "blabla " als jedem von meiner Sucht bzw. Krankheit zu erzählen. Oder meinst Du, dass andere (Sucht-)kranke wie z.B. Kleptomanen, Pyromanen, Junkies etc, welche versuchen ihre Krankheit zu besiegen, in der Gesellschaft besser wegkommen, wenn sie darob sprechen?

    Nichts desto trotz: ich lese Dich gleichwohl gerne.

    Ernest, der Schweiger

  • Naja, Ernest, ist das nicht etwas zu schwarz-weiss? Ich mein... diejenigen, mit denen ich regelmässig Kontakt habe, und die mir nahe stehen, also mein direktes Umfeld, sollte das schon wissen... nicht aber Hinz und Kunz, da wäre ich ja auch einig mit Dir.

    Ich denke, man darf das nicht verallgemeinern. Ich würde zum Beispiel NIE jemanden am Arbeitsplatz darüber informieren... obschon ich mit denen oft zu tun habe...habe da auch schlechte Erfahrungen gemacht.

    Aber mein Freundeskreis und meine Familie? Auf jeden Fall sollen die das wissen.

    Flüchtige Bekanntschaften: nö...wieso auch... das sind eh diejenigen, denen ich jetzt aus dem Weg gehe..

  • Hallo

    ihr glaubt doch nicht das ein jahrelanges Saufen verborgen geblieben ist? Wenn dann noch das Umfeld mit bekommt, das gar nichts mehr gesoffen wird dann zählen die schon 1 + 1 zusammen. Bevor ich in Erklärungsnot komme, sage ich lieber gleich was los ist. Selbst wenn ich es nur ausgewählte Menschen sage geht das rum wie die Feuerwehr. Diese Naivität hatte ich in der nassen Zeit, als ich noch glaubte alles im Griff zu haben.

    Nur mal so aus meiner Sicht

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Zitat

    Da werden wir zwei uns nie einig, liebe Sunshine. Wenn Du mit Deinen Krankheiten hausierst, so ist das Deine Angelegenheit.

    Warum wird denn ein offener Umgang mit der Krankheit immer mit "hausieren gehen" gleich gesetzt? :roll:
    Dieser Spruch geht mir langsam aber sicher auf den Zeiger, sorry
    (kam ja schon öfters hier, natürlich ausschließlich von denen, die keinen offenen Umgang anstreben)
    Ich gehe mit meiner Krankheit nicht hausieren, ich drücke doch niemanden meine Geschichte auf.
    Aber ich werde auf Fragen ehrlich antworten.
    Ich sehe darin kein "hausieren gehen".
    Ich habe genug für den Alk gelogen, und ich habe darunter sehr gelitten.
    Das reicht, ich wollte keine weiteren Lügen mehr.
    Also halte ich es besser mit der Wahrheit.

    Zitat


    Ich erzähle meine Krankheiten nicht dem Hinz und Kunz. Und ich bin lieber ein "blabla " als jedem von meiner Sucht bzw. Krankheit zu erzählen.

    Wenn das Deine Entscheidung ist, dann musst Du das wohl so machen.
    Nur bedenke dabei, das viele sowieso mitbekommen haben, das Du gesoffen hast.
    Wie Hartmut schon schreibt, das bleibt nicht unbemerkt.
    Dabei müssen das andere nicht mal gesehen haben, man riecht es.
    Ich kann Dir genau sagen, wer Alkohol getrunken hat, und zwar wenn derjenige am Vorabend getrunken hat!
    Das kann ich sofort riechen, und wenn ich das kann, können das ganz sicher andere auch. :wink:
    Die Kollegen, die Freunde haben doch oft nur einfach nix gesagt, gewußt haben sie es meist.
    Und nun trinkt man nicht mehr, und auf eine eventuelle Nachfrage laviere ich dann rum mit irgendwelchen merkwürdigen Aussagen?
    Wie kommt das wohl beim anderen an?
    Die denken sich dabei dann doch auch ihren Teil... und fühlen sich evtl. sogar belogen, zumindest aber leicht verarsc*ht.
    Nein, das wäre nicht mein Weg gewesen, sowas möchte ich nicht.

    @Florian

    Zitat

    Ich denke, man darf das nicht verallgemeinern. Ich würde zum Beispiel NIE jemanden am Arbeitsplatz darüber informieren...
    obschon ich mit denen oft zu tun habe...habe da auch schlechte Erfahrungen gemacht.

    Die Kollegen am Arbeitsplatz haben auch Nasen und wissen nasses Verhalten zu deuten.
    Die wissen auch so Bescheid, was gelaufen ist. :wink:
    Man möchte das nur selbst ungern wahrhaben, aus Schamgefühl.

    Ich möchte hier ja niemanden seine hübschen Illusionen rauben, aber andere Menschen sind auch nicht blöd.
    In der BRD ist jeder 11.te von der Alkoholkrankheit betroffen, so stand es mal auf einem Plakat in meiner ehemaligen realen SHG.
    Nun weiß ich nicht, ob damit auch Angehörige gemeint waren.
    Wie auch immer, man kann somit sagen, das es in JEDER Familie, die aus mehr als 11 Personen besteht, Erfahrungen mit der Alkoholkrankheit gibt.
    Die wissen nasses Verhalten, Alkoholausdünstungen etc.pp. schon richtig zu deuten, wenn sie die Augen aufmachen... so isses ja nich.
    Dazu müssen die einen nicht jeden Tag hackedicht gesehen haben...

    LG Sunshine

  • Hallo!

    Das Thema, wen man einweiht, wird hier schon seit langem kontrovers gesehen und diskutiert.

    Die einen gehen sehr offen damit um und haben damit gute Erfahrungen gemacht.

    Die anderen ziehen den Kreis deutlich enger und sind damit erfolgreich und zufrieden.

    Das muss ein jeder mit sich selbst ausmachen. Eine für alle verbindliche und glückselig machende Empfehlung vermag ich nicht zu erkennen.

    Der von mir informierte Kreis ist sehr überschaubar gehalten und ich finde meine Vorgehensweise für mich angemessen und richtig. Es sind nur Herrschaften in Kenntnis gesetzt worden, die ich auch über andere schlimme und lebensbedrohliche Erkrankungen informieren würde. Meinen Kurs habe ich mit meinem ehemaligen Therapeuten abgesprochen und er hat mich ausdrücklich bestärkt.

    Relevant ist nur, dass wir schön abstinent bleiben.

    Gruß
    Carl Friedrich

  • Hallo,

    lieber erzähle ich auf Nachfrage die Wahrheit als irgendein Märchen.

    Ich bin ja nicht doof, aber sich zu merken wem ich was erzählt habe ist mir zu ansträngend :lol:

    Erzähle ich immer eine andere Geschichte mache ich mich unglaubwürdig :!:

    LG Martin

  • Zitat

    Der von mir informierte Kreis ist sehr überschaubar gehalten und ich finde meine Vorgehensweise für mich angemessen und richtig.

    Das ist bei mir gar nicht mal sooo viel anders, C.F.
    Wie gesagt, ich gehe überhaupt nicht damit "hausieren".
    Der Kreis der Informierten ist auch bei mir noch überschaubar, wenn wohl auch etwas größer als bei Dir.
    Ich habe ja keine Plakate geklebt und trage auch kein Schild um den Hals. :lol:
    Aber bei mir bekommt eben jeder eine ehrliche Antwort, der danach fragt.
    Nun fragt mich ja auch nicht "jeder", der mir irgendwo übern Weg läuft.
    Und ich spreche auch niemanden an mit den Worten "ich weiß nicht, ob Sie es schon wußten...." :lol:

    Letztendlich muss es jeder für sich selbst entscheiden.
    Mir ist das ja egal, wie andere das nun letztendlich handhaben.

    Und richtig, wir haben das hier schon so oft diskutiert, und es wird immer so sein, das es unterschiedlich gehandhabt wird und unterschiedliche Meinungen dazu gibt.
    Deshalb müssen hier keine Fronten aufgemacht werden.
    Aber man darf ja auch mal seine Beweggründe nennen, warum man sich so entschieden hat, ohne gleich als "Hausierer" bezeichnet zu werden.

    Zitat

    Ich bin ja nicht doof, aber sich zu merken wem ich was erzählt habe ist mir zu ansträngend :lol:

    So isses :lol: mir wäre es auch zu anstrengend gewesen, mir zu merken, was ich nun wem erzählt habe.

    LG Sunshine

  • Hallo

    ob und wie es andere machen und dabei zufrieden sind kann ich nicht beurteilen. Wer wen davon in Kenntnis setzt ist für mich auch nur am Rande von Bedeutung. Der Sinn ist ja nicht mich zur Schau zu stellen oder was Andere davon denken.

    Es geht um Eigenschutz und gehört zu einem alkoholfreien Umfeld dazu. Im alltäglichen Leben komme ich gewollt, ungewollt, durch mich, durch Andere in Berührung mit Alkohol. Wenn der Gegenüber nicht weiß, das ich Alkoholiker bin dann wird es immer wieder zu Situationen kommen mir Alkohol anzubieten. Sei es beim Essen, essen gehen, im Essen, in Gesellschaft , in der Arbeit, beim Arzt, im Sportverein.

    Das (vorgeschobene) Argument „Ich erzähle ja auch nicht von anderen schweren Krankheiten" ist für mich ein Eingestehen das Alkoholiker etwas anrüchiges , stigmatisierendes oder etwas mit Schwäche zu tun hat. Und ich selbst es nicht als Krankheit anerkenne.

    Zudem ich sehr viele Menschen kenne, die schwere Krankheiten haben und es bewusst mitteilen. Gerade Menschen die Krankheiten haben und sich durch äußere Stoffe (Allergien, Lebensmittel, Laktose, Asthma ) gefährden.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo zusammen,

    ich kann hier ja nur meine Sichtweise der Dinge mitteilen und sehe eine Parallele zwischen der Saufzeit und dem Umgang heute mit dem Thema anderen Leuten gegenüber.

    Während meiner Saufzeit hatte ich immer das Problem, dass ich Kunden x oder y nicht besuchen konnte, da Mischung aus Rest- und Neualk knapp über 0,5 Promille lag, habe mich wohl konstant über 2-2,5 gehalten... Autofahren unmöglich, dies habe ich dann zum Glück sein gelassen, obwohl ich ab und an, wenn es gar nicht mehr zu vermeiden war, doch noch mit kräftig Restalk gefahren bin.

    Ich hatte eine Liste mit Dingen, die ich den Kunden erzählt habe, weil ich heute oder Mittwoch oder wann auch immer nicht kommen konnte. Auto kaputt, Auto wurde nachts aufgebrochen, Reifen wurden zerstochen. Ich Grippe, Erkältung, was weiß ich...

    Ich habe meine Lügen schriftlich festgehalten, Herrn Schmitz hatte ich das erzählt, Herrn Müller das und Herrn Meier eben das.... Unerträgliches, jeden Tag wachsendes Lügengerüst, der Ballon wurde jeden Tag dicker und das hat mich alles sehr belastet und sicher auch dazu beigetragen, dass ich noch mehr gesoffen habe.

    Heute gehe ich offen mit dem Thema um, wer hier von "Hausieren" spricht, sollte mal nachschlagen, was denn das Wort bedeutet. Ich renne nicht mit einem Shirt durch die Gegend, auf dem steht, dass ich Alkoholiker bin. Ich habe aber jedem offen erzählt, dass ich eine Entgiftung gemacht habe und trockener Alkoholiker bin. Nicht offensiv, aber wenn es die Situation erfordert hat.

    Meine beiden Kompagnons (davon einer Moslem, hat mit Alk null am Hut) waren erschüttert über die Tiefe meines Falls, haben aber den Hut davor gezogen, dass ich trocken bin. Der Alltag hat uns komplett wieder und oftmals bekomme ich ein Lob dafür, dass ich wieder "voll" :) an Bord bin. Keiner der beiden trägt mir die Sache nach, beide bewundern mich für meine Trockenheit, denn beide kennen aus ihrem Umfeld auch andere Beispiele...

    Ich habe meiner Freundin klar gesagt, dass sie in unserem Bekanntenkreis auch klar kommunizieren soll, wieso wir derzeit nicht zusammen wohnen, dass ich eine Entgiftung gemacht habe etc. und wir wieder zueinander gefunden haben. Die Reaktionen sind überwiegend positiv, die negativen Reaktionen liegen primär daran, dass ich den Entzug hinter mir hab, derjenige, der mich dann verurteilt oder als Asi abstempeln will, seinen hingegen noch vor sich hat. Sind genau die Leute, mit denen ich mir immer einen Saufwettbewerb geliefert hatte... Da fällt der Kontaktverzicht nicht schwer.

    Jeder, der nicht offen mit seinem Alkoholismus umgeht, sollte sich fragen, warum. Der einzige Bereich, den ich hier ausklammern würde, wäre der Arbeitsplatz. Als Angestellter lebt man heutzutage ohnehin im Löwenkäfig, da würde das gerade noch fehlen. Hartmut hat aber auch Recht, dass das Umfeld und die Kollegen leider nicht so blöde sind, wie man sie seinerzeit gerne gehabt hätte. Die müssen mitbekommen haben, dass man mit Fahne etc. arbeiten war. Beim Arbeitsplatz muss das jeder selber entscheiden...

    In allen restlichen Bereichen sehe ich die Gefahr, dass eine Kaschierung des eigenen Alkoholismus im Extremfall eine Gefahr für die bleibende Trockenheit ist. Wenn ich anderen nicht eingestehen kann, dass ich Alkoholiker bin und aber auch massiv und unter Schmerzen etwas dagegen getan habe, weiter zu saufen (was ich als echte Leitung sehe!) stellt sich die Frage, ob ich es mir denn selber eingestanden habe und verinnerlicht habe, dass ich nun mal Alkoholiker bin, was meiner Meinung nach die absolute Basis für die dauerhafte Trockenheit ist.

    Ich WEIß, dass ich null Alkohol trinken darf, ich WEIß, dass ich Alkoholiker bin. Dann können es auch alle anderen wissen. Die mangelnde Offenheit kann meiner Meinung nach darin enden, dass man das Thema vor sich selber bagatellisiert und/oder wieder in die Schamspirale kommt, die einen deprimiert. Beides ist eine Steilvorlage für den Rückfall....

    Am Dienstag in der Gruppe waren 5 neue Leute. 4 kamen frisch aus der Entgiftung, ein älterer Mann war auf Anraten seines Hausarztes da. Er trinkt laut eigener Angabe Zitat "drei bis vier Likörchen" in der Woche.... Dies hat er in der Runde, die ja nur aus Alkoholikern besteht, so gesagt und ich habe ihn dann gefragt, wieso er dann in der Runde ist. Seine Antwort war, dass er manchmal auch mehr trinkt.

    Nachfrage: Wie viel mehr? Antwort Manchmal auch 3 am Abend.... Ich bin dann ausgestiegen und habe nix mehr gesagt.

    Die anderen, gerade die Frischlinge, sind dann aber richtig steil gegangen (auch hier habe ich wieder was gelernt: Muss wohl die übliche Anfangsagressivität sein, die ich ja hier im Forum auch hatte) und haben dann jedes einzelne Getränk aus dem Kollegen rausgekitzelt. Ende vom Lied war eine Pulle Likör pro Abend sowie was eben sonst noch so da ist... Also ein ganz normaler Alkoholiker wie wir alle in der Runde, der leider derzeit chancenlos ist, da er noch nicht mal die Selbsterkenntnis hat, dass er einer ist und sich selbst im Kreise von Hardcore-Alkis schämt, dies zuzugeben. Seine Frau hat im gesagt, er soll mal zum Arzt, der Arzt hat ihm gesagt, er soll mal in die Dienstagsrunde. Er hat fordergründig das Gefühl, dass etwas nicht stimmt, weiß aber in seinem Innersten, dass er Alkoholiker ist.

    Das Verheimlichen/Kaschieren und Runterspielen ist ein essentielles Kennzeichen der Sauferei....

    Und das eben in jeder Phase, man muss dem, wenn man trocken ist, entschieden entgegentreten. Hier wird viel von den Grundbausteinen erzählt, die man befolgen soll, um trocken zu bleiben.

    Meiner Meinung nach gibt es auch Grundbausteine, um wieder mit der Sauferei anzufangen. Eine davon ist eben Bagatellisierung und falsche Scham...

    Vielleicht zu s/w gedacht, aber bei mir konkret ist das so.

  • Karsten, genauso ist es....

    Um es mal mit Gröni zu sagen:
    "Der Mensch heißt Mensch, weil er vergisst, weil er verdrängt"

    Ist ja in manchen Bereichen auch nicht verkehrt. Ich bin mal mit Anfang 20 als Beifahrer mit 80 KM/h auf ein anderes Auto geknallt, außer Schleudertrauma ist nix passiert... Von dem Unfall hatte ich ein Jahr was, hatte Angst vorm Autofahren... Hat sich dann mit der Zeit aber gegeben... Vergesse und verdrängt...

    Beim Thema Alkohol allerdings ist dies sehr verhängnisvoll

  • Zitat

    Der einzige Bereich, den ich hier ausklammern würde, wäre der Arbeitsplatz.
    Als Angestellter lebt man heutzutage ohnehin im Löwenkäfig, da würde das gerade noch fehlen.
    Hartmut hat aber auch Recht, dass das Umfeld und die Kollegen leider nicht so blöde sind, wie man sie seinerzeit gerne gehabt hätte.
    Die müssen mitbekommen haben, dass man mit Fahne etc. arbeiten war. Beim Arbeitsplatz muss das jeder selber entscheiden...

    Bei mir war es so, das ich durch meine lange Abwesenheit wegen meiner Erkrankung (Intensiv-Station, normale Station, danach lange Krankschreibung)
    keine andere Möglichkeit mehr hatte, als die Wahrheit zu sagen.
    Außerdem hatten mich auch Kollegen im KH besucht.
    Da erzähle ich dann hinterher doch keinen Müll, da blieb ja nur noch die Wahrheit. :wink:
    Auch hatte mein Mann mich krankmelden müssen, weil ich das ja nicht konnte.
    Mein Chef wußte also ebenso Bescheid.
    Ich hätte es aber auch ohne diese Vorgeschichte irgendwann bestimmten Kollegen erzählt, denn es gab auch private Freundschaften untereinander.
    Und ich hätte dann auch niemanden zum Schweigen verdonnert.
    So war es nun mal bei mir, und so wußten die Kollegen auch Bescheid.

    Ich habe nie Nachteile dadurch erfahren, sondern viel eher Mit-Freude und Mutmachen von den Kollegen.
    Die glauben ganz fest an mich, das ich das schaffe.
    Und es dauerte auch nicht lange, und ich bekam ein eigens Sachgebiet und eine Gehaltserhöhung,
    weil ich meinen Job sehr viel besser als zu Saufzeiten machen konnte.
    Das hätte ich nass kaum erreichen können.
    Tja, und es gab auch mehrere Gespräche mit meinem Chef, desser Bruder selbst nasser Alkoholiker mit vielen Entzügen zu dem Zeitpunkt war.
    Mein Chef kannte also die Materie genauestens, war als enger Angehöriger selbst betroffen von dem ganzen Drama.
    Er freute sich einfach nur wahnsinnig, wenn es jemand schaffte, den Teufelskreis zu durchbrechen.
    Und er wünschte sich sehr, das es sein Bruder vielleicht auch noch schafft.

    Wenn man von seiner Krankheit erzählt, bekommt man sehr oft Geschichten erzählt, wie zerstörerisch der Alkohol ist.
    Und die gehen leider nur selten gut aus.
    Manchmal suchen die Angehörigen auch gar keinen speziellen Rat, sondern wollen nur mal ihre Geschichte erzählen.
    Manchmal suchen sie allerdings auch Rat. Und dann bin ich auch gern Ansprechpartner und verweise auf Hilfsangebote.

    Als ich später in eine andere Firma wechselte, habe ich mich dort nicht sofort geoutet.
    Als aber eine spezielle Situation eintrat, die mich psychisch belastete, sprach ich doch mit meinem Chef drüber.
    Der hat nicht mal gezuckt, auch er hatte Erfahrung mit Alkoholkranken Kollegen.
    Die aber leider nicht trocken werden wollten.
    Letztendlich mußte er ihnen kündigen, weil sie ihre Arbeit nicht wirklich erledigen konnten aufgrund der Krankheit.
    Er hat sich damit sehr schwer getan, wie er mir erzählte,hat mehrmals mit den Kolleen geredet und Hilfangebote genannt,
    über die er sich schon selbst informiert hatte.
    Aber man kann eben niemanden zwingen.

    Somit gefährdet man sehr wohl als nasser Alkoholiker seinen Arbeitsplatz, als trockener aber wohl eher kaum.
    Hier spielt die eigene Fantasie einem wohl auch Streiche, indem man sich Sachen ausdenkt, was passieren könnte.
    Ich kann nur das erzählen, was mir passiert ist. Und ICH habe eben keine Nachteile durch ein Outing erleben müssen.

    Zitat

    Meine beiden Kompagnons (davon einer Moslem, hat mit Alk null am Hut) waren erschüttert über die Tiefe meines Falls, haben aber den Hut davor gezogen, dass ich trocken bin. Der Alltag hat uns komplett wieder und oftmals bekomme ich ein Lob dafür, dass ich wieder "voll" Smilie an Bord bin. Keiner der beiden trägt mir die Sache nach, beide bewundern mich für meine Trockenheit, denn beide kennen aus ihrem Umfeld auch andere Beispiele...

    Ähnlich habe ich es auch erlebt, Thomas.
    Ich bekam sehr viel Mit-Freude zu spüren, weil ich aus der Sauferei ausgestiegen bin.
    Und mitunter auch Bewunderung und auch Lob.
    Aber das möchte ich gar nicht.
    Ich definiere mich doch nicht über meine Krankheit, ich bin auch noch ein "ganz normaler Mensch", aber halt mit einer chronischen Krankheit.
    Sowas haben viele, ich lobe ja auch keinen Diabetiker, wenn er sich regelmäßig Insulin spritzt :wink:
    Wenn man mich loben möchte, dann bitte für andere Leistungen.
    Aber mitfreuen darf man sich allemale :)

    Das mal so aus dem Sunshine-Nähkästchen :wink:
    LG

  • Das Sunshine-Nähkästchen gefällt mir sehr gut, auch wenn mich die Sache mit der Intensivstation erschrocken hat.

    Fast jeder Nicht-Alki hat in seinem Umfeld einen, der auch säuft, sei es in der Verwandschaft, im Freundeskreis oder am Arbeitsplatz. Die allermeisten kommen aber aus diesem Kreis nicht raus und deswegen ziehen die meisten vor uns den Hut, weil wir zumindest versuchen, von dem Zeug loszukommen

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