Hallo,
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll... seit Jahren schon lese ich hier im Forum unangemeldet mit. Gestern habe ich mich doch dazu durchgerungen und mich hier angemeldet.
Mein Freund ist (vermutlich) Alkoholiker. Wir sind seit 5 Jahren zusammen, als wir uns kennengelernt haben, war ich 16, er 15 Jahre älter als ich. Wir kommen beide aus Familien, in denen Alkohol ein Problem war. Er trinkt nicht jeden Tag, aber regelmäßig, manchmal jeden Tag und manchmal auch ein paar Tage nicht... je nach "Problemlage", sobald ihn etwas belastet, trinkt er. Oft sie die Gründe aber auch einfach nur erfunden. Manchmal trinkt er "nur" 3-4 Bier aber er hat auch öfter Abstürze bei denen er trinkt, bis sein Vorrat leer ist oder er beim trinken einschläft. Jetzt trinkt er seit 4 Tagen nichts (außer gestern ein Bier, das angeblich mal wieder das letzte gewesen sein soll). Solche abstinenten Phasen hatte er schon öfter, wenn er gemerkt hat, dass sein Absturz besonders schlimm war, sein Konsum hat sich bis jetzt aber nach spätestens 2-3 Wochen wieder gesteigert. Bei seinem letzten Absturz hat er einen Platzverweis von der Polizei in der nächstgelegenen Kleinstadt bekommen, ich weiß nicht, was dort vorgefallen ist, und er wurde von der Polizei nachhause gebracht (war auch nicht das erste mal). Dort trinkt er auch mit Leuten die noch "fertiger" sind als er, z.B. mit Obdachlosen im Park.
Wir wohnen mit 2 Freunden von ihm zusammen, die sein Alter haben und teilweise noch mehr trinken als er und das täglich. Wir haben aber getrennte Zimmer.
Nun zu mir. Ich halte das nicht mehr aus und befürchte, dass ich Co-Abhängig bin, sonst wäre ich schon längst ausgezogen. Wenn er betrunken auf seinem Sofa umkippt, mache ich seine Kerze aus, die er warum auch immer, im Suff immer an macht und kümmere mich um seinen Hund, der irgendwie schon mehr mein Hund ist. Wegen dem Hund möchte ich auch nicht ausziehen, da sie schon 15 ist und er seit ca. einem Jahr Vollzeit arbeitet. Ich habe meine Stunden auf 21h/Woche reduziert, um mich um den Hund kümmern zu können. Habe auch schon Flaschen kontrolliert, versteckt, ausgekippt, ihn irgendwo abgeholt, wenn er wieder auf sauftour war usw...
Aber ich möchte mich von ihm trennen, verstehe aber nicht, warum ein Teil von mir nicht loslassen kann. Rein kognitiv weiß ich, dass diese Beziehung keinen Sinn mehr macht. Die Verletzungen seiner Lügen, versetzt werden, verbaler Aggression im Suff und leerer Versprechungen sitzen zu tief. Er sieht sieht nicht ein, dass er zum Aufhören professionelle braucht. Er spricht auch nicht besonders viel und erst recht nicht über seine Gefühle. Die vielen Male, die ich mit ihm gesprochen habe, hat er jedes Mal traurig zu Boden geschaut und sich einsichtig gezeigt, hat aber nie nachhaltig etwas verändert. Wir schlafen nun seit 2 Monaten in getrennten Betten und haben uns auch nicht mehr geküsst oder ähnliches. Im Bett läuft seit einigen Monaten nicht mehr. Eigentlich fehlt nur das längst überfällige Abschlussgespräch.
Dazu habe ich mich vor ein paar Wochen neu verliebt in einen ziemlich tollen Mann, der nicht trinkt und super lieb und selbstreflektiert ist. Eigentlich wäre er ja die perfekte Motivation zur Trennung. Ich bin sauer auf mich, dass dieser Schritt mir so große Angst macht und wünschte ich hätte es schon längst hinter mich gebracht.
Ich wünsche mir eine Partnerschaft in der Alkohol keine Rolle spielt und in der man über Kinderwunsch sprechen und Zukunftspläne machen kann. Eine Beziehung aus beidseitiger Liebe statt Abhängigkeit von einander. Es klingt gemein aber es fühlt sich an, als hätte ich meine Jugend an ihn verschwendet. Bei mir ist es schon so weit, dass es bei mir Migräne und Erbrechen auszulösen scheint, wenn er getrunken hat. Oder Panikattacken. Bin bereits deshalb in ambulanter Therapie.
Andererseits habe ich ein schlechtes gewissen beim Gedanken ihn "fallen zu lassen", da er auch relativ depressiv ist und nüchtern wirklich total liebevoll sein kann und wir auch schöne Zeiten miteinander hatten. Ich habe Angst, dass er komplett untergeht und noch viel mehr trinkt, wenn ich mich trenne. Und ich möchte ihn einfach nicht traurig machen, da es mit paradoxerweise auch schlecht geht, wenn er traurig ist.
Sorry für den Roman...
Wie habt ihr den Absprung geschafft? Hattet ihr einen bestimmten Auslöser? Gibt es einen "guten Zeitpunkt" für Trennungen? Könnt ihr mir irgendetwas raten?
Ich freue mich sehr auf eure Antworten!
Liebe Grüße
SasiHasi