Mili. Angehörige eines Alkoholikers

  • Liebe Mili,

    oh je, soooo viel Scham...

    Das, was ich dir geschrieben habe, war jetzt nicht dazu da, dich zusätzlich zu beschämen. Es sind ja erst mal nur Fakten, was da aber an Emotionen auch bei mir hinter standen, welche Ängste, Scham und Schuld und was weiß ich noch alles ich da hatte, das steht da auf einem anderen Blatt. Und das ist bei allen Cos so. Ich kenne keinen Coabhängigen, der aus lauter Lust und Freude aushält. Das hat immer andere Gründe. Die tief in der Persönlichkeit liegen.

    Darum brauchst du dich hier überhaupt nicht zu schämen! Hau alles raus, was dich belastet, das tut gut und hilft beim Sortieren.

    Scham und Schuld sind zwei der Hauptpunkte in der Coabhängigkeit. Glaube ich. Ich habe mich tausende Male fremdgeschämt. für meinen Mann. Und ich habe mich geschämt weil ich in solcher Beziehung festhing, weil ich auf "so einen" reingefallen war, weil ich wohl nichts besseres verdient hatte. Als ich das erste Mal vor einem Fremden, meinem damaligen Chef, zugegeben hatte, dass mein Mann die ganze Woche durchgehend gesoffen hatte, war ich fast ohnmächtig, so peinlich war mir das. Wenn mein Exmann auf Familienfeiern vollgesoffen zur Musik wie ein Bekloppter rumtanzte und sich andere über ihn lustig machten, das war mir sowas von peinlich, oh man...

    Ich hatte damals mit meinem ersten Mann eine Eigentumswohnung gekauft. Diese Wohnung liegt eine Etage unter der meiner Eltern bzw lebt inzwischen ja nur meine alte, demenzkranke Mama noch dort. Ich habe diese Wohnung damals besorgt, ich habe sie mit so viel Liebe eingerichtet, mein Ex hatte für sowas kein Händchen. Hat aber immer groß angegeben, wenn Leute meinte, wie schön wir es hätten, was ER da alles gemacht hätte. Ich habe meine beiden Kinder dort großgezogen, es war mal mein Rückzugsort und ich dachte, mit meinem Ex dort alt zu werden.

    Außerdem hat mein Exmann immer sehr gut verdient und es ging uns finanziell sehr gut. Ich hatte alles, was ich wollte. Außer Liebe, Anerkennung, Unterstützung, Zufriedenheit, Sicherheit emotionaler Art...

    Ich wollte das alles niemals aufgeben. Mein Herz hing daran, alles an mir hing daran. Irgendwann war die Situation mit meinem ersten Mann aber so schlimm, dass ich einfach nicht mehr konnte. Er war nicht bereit zu gehen also bin ich gegangen. Um zu überleben.

    Es gibt viele Facetten, weshalb Coabhängige alles in Kauf nehmen, was mit ihnen geschieht. Das kann man garnicht in wenigen Worten beschreiben, was da alles mitspielt. Ich verstehe deine Beweggründe zu bleiben mehr als gut! Aber du merkst ja selbst, in welchen Gedanken-, Scham- und Schuldstrudeln du hängst. Wie hilflos du dich vielleicht fühlst. Wie sehr du dir wünschst, er würde endlich "zur Vernunft" kommen.

    Es ist gut, dass du hier bist! Und wie schon geschrieben, deine Gefühle sind alle völlig normal. Sie entstehen aus der gesamten Situation. Hier hast du die Gelegenheit, ganz in Ruhe zu sortieren und Klarheit zu bekommen. Denkanstöße. Erkenntnisse. Lese mal in den vielen Threads hier die Geschichten und du wirst staunen wie oft du denken wirst, "das könnte ja ich sein" oder "ja, genau so ist das auch bei mir"!

    Puh, jetzt habe ich ja was hiergelassen. Ich hoffe, es ist dir nicht zu viel. 🙈

    Liebe Grüße

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Scham ist immer ein ganz großes Thema, auch wenn man kein sozusagen ‚aktiver‘ Part wie in einer Partnerschaft ist (aktiv meint, man könnte sie ja beenden und gehen, als Kind hast du die Möglichkeit nicht).

    Wie oft hab ich mich für meine Eltern wegen ihrer Sauferei und ihrer unzähligen peinlichen Auftritte geschämt. Jetzt schäme ich mich, weil es ein Part bereits geschafft hat, sich totzusaufen, der andere arbeitet fleißig daran. Ich weiß es besser, denn Alkoholismus ist in allen Gesellschaftsschichten stark vertreten, aber ich muss doch zugeben, dass ich Suff bis zum Exitus bisher mit den Hardcore-Fällen verbunden habe, die sich am Bahnhof rumtreiben. Und nicht mit meinen Eltern.

    Dieser Makel haftet mir für immer an. Ich kann mir noch so oft sagen, ich sei unbeteiligt und trage weder Schuld noch Verantwortung. Dennoch klebt die Scham über die elterlichen Zustände derart hartnäckig an mir und sorgt dafür, dass ich mir klein und minderwertig vorkomme. Da könnte ich noch 5 weitere Studienabschlüsse haben und noch so gescheit daherreden. Unter anderen Akademikern fühle ich mich immer, als hätte ich mich verkleidet und gehörte niemals dazu. Eben weil ich aus diesem ‚asozialen Elternhaus‘ stamme (keine Pauschalmeinung, geht nur im mein persönliches Gefühl mich/uns betreffend). Denn asozial verhalten sie sich oft genug. Mein Vater schlägt sich regelmäßig im Suff die Zähne aus (kommt super, im Kundenkontakt) und meine Mutter wurde immer ganz peinlich und eklig zu Servicepersonal <X

    Ich hasse es. Scham und Wut gehen eben auch Hand in Hand.

    Löwenzahnkinder kämpfen sich durch.
    Sie halten den gegebenen Umständen stand und überleben tapfer -

    ganz gleich ob zwischen Beton oder in der tiefsten Wildnis, ob bei Sturm, Regen oder Sonnenschein.

  • Hallo Loewenzahnkind

    Danke für deine Worte. Mein Vater war auch dem Alkohol zugeneigt. Allerdings haben sich meine Eltern scheiden lassen, da war ich vier Jahre alt. Ich habe das also nicht so mit bekommen. Ich kann mich bloß an einen Vorfall erinnern, da ging spät abends im Flur bei einem Streit eine kleine Stehlampe zu Bruch und ich weinte, als ich es mitbekam, weil ich nicht wusste was passiert war. Sowas hab es sonst nicht. Mein Vater kam dann rein an mein Bett und hat mich beruhigt. Allerdings fand ich, dass er mich dabei die ganze Zeit so merkwürdig angesehen hat (betrunken eben, und seltsamerweise wußte ich das auch, obwohl ich mit vier Jahren noch nichts von Alkohol und seiner Wirkung wusste). Das war das erste Mal das ich ihn stark angetrunken und so überlieb erlebt hatte. Dieses unwohle Gefühl habe ich auch heute zutage bei meinem Mann, wenn er in diesem für mich unerreichbaren Zustand ist. Dieses blöde Alkohollächeln und diese übertrieben "liebe" (einschmeichelnde) Stimme dabei. In diesen Momenten muß ich dann auch mit Respektlosigkeit, Beleidigungen und verbalen Verletzungen rechnen. Eins zwei fiese Unterstellungen und dann kommt er wieder, als ob nichts gewesen wäre. Da wird mir immer gleich schlecht dabei, in mir zieht sich alles zusammen und mir werden die Kniee total weich. Ich verstehe bis heute nicht, warum ich darauf so reagiere, und es ist in dem Moment eine echte Qual. Ich fühle mich dem Betrunkenen dann total ausgeliefert, bis er wieder in den Zustand kommt, wo er wieder so etwas wie zugänglich wird.

    Natürlich bin ich auch sauer deswegen auf mich, daß meine Gefühle und somit mein Wohlbefinden so von einem Besoffenen zu beeinflussen sind. Anfangs habe ich geweint und ihn gebeten er soll nicht sowas zu mir sagen. Heute reagiere ich äußerlich kaum noch darauf (innerlich aber nach wie vor wie oben beschrieben) und warte, bis seine Stimmung wieder umschlägt. Was dann etwa meist so nach einer halben Stunde ungefähr auch wieder geschieht. Weh tut es mir dann aber noch tags darauf.

    LG Mili

  • Liebe Mili,

    das ist komplett nachvollziehbar und du hast keinen Grund, sauer auf dich zu sein! Lenk in dem

    Moment deine Wut auf ihr, denn er ist derjenige, der das Fehlverhalten an den Tag legt. Das, was du beschreibst, kenne ich 1:1 von meinem Vater. Ich könnte kot*en, wenn ich nur dran denke!!

    Leichter Pegel: Wunderschönste, tollste Tochter der Welt, stolz wie Bolle. Mittlerer Pegel - abwertend: „Du warst der beste Spritzer meines Lebens!“ (wie oft hab ich den Spruch ertragen müssen!!!)

    Hardcore-Pegel Marke ‚Ich-schlage-mir-die-Zähne-aus-und-stürze-darum: „F**k dich doch, du bist genauso ein arrogantes/linkes/überhebliches Ar***loch wie deine Mutter, verpi** dich.“ Am nächsten Tag wieder heile Welt, schlechtes Gewissen. Beim nächsten Suff das gleiche Spiel.

    Ich hab’s so satt. Ich bin gerade dabei, mich endgültig zu lösen. Es dauert halt, weil es schwer ist zu akzeptieren, dass ich dann wirklich ohne jegliche Familie dastehe. Ich bin leidensfähig, momentan ertrage ich lieber schlechte Familie, als keine. Aber das hört sich jetzt auf. Ich muss mir mehr wert sein.

    Wir alle! 💪🏻

    Löwenzahnkinder kämpfen sich durch.
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    ganz gleich ob zwischen Beton oder in der tiefsten Wildnis, ob bei Sturm, Regen oder Sonnenschein.

  • Liebe Aurora

    Nein, das war überhaupt nicht zuviel, was du geschrieben hast. Ich selber werde meist auch lang und viel hier beim Schreiben - es kommt dann einfach so viel hoch, wenn ich Mal anfange. Ich habe mich die ganze Zeit niemandem anvertraut, weil ich immer noch nicht die Hoffnung für ihn aufgegeben habe und nicht will, daß er vielleicht untendurch sein könnte, wenn meine Familie wüßte, wie er so ist, wenn er gesoffen hat. Für meine Familie (die 700 km von mir entfernt wohnt)

    ist Alkoholismus auch keine Krankheit, sondern eine Sucht, die man überwinden muß (zur Not eben durch Entzug im Krankenhaus). Sie hatten selber Alkoholprobleme, aber eben wie ich, ohne körperliche Abhängigkeit. Mehr so als "Charakterschwäche".

    So empfand ich es übrigens auch damals bei mir. Ich habe immer sehr aufgepasst, ja nicht körperlich abhängig zu werden, habe aber dennoch viele Probleme durch mein regelmäßiges Wochenendefeiern gehabt (zweimal Führerscheinsentzug, keine wirklichen Partnerschaften, eine zwar,aber der hat selber getrunken und natürlich chronisch pleite und schließlich sogar verschuldet, was ich heute zum Glück nicht mehr bin).

    Ich selber muß mir auch immer wieder klarmachen, daß mein Mann inzwischen krank und nicht mehr einfach nur willenschwach ist. Das gelingt mir nicht immer, vor allem dann fällt es mir gerade besonders schwer, wenn er sich blöd (lächerlich, peinlich bis hin zu gemein d.h. verbal gemein, hämisch etc.) verhält. Zum Glück sind das dann "nur" ein paar Sätze und die sind meist so bekloppt, dass ich nicht mehr jedes Mal darauf reinfalle und mich mit ihm rum streite, was er zweifelsohne in dem Moment wohl einfach will. Doch nachklingen tun sie dennoch am nächsten Morgen in mir. In der Zwischenzeit habe ich allerdings schon besser gelernt, mich dann auf etwas anderes zu konzentrieren. Das ärgert mich auch, der ganze Kraftaufwand nur um einigermaßen "normal" Leben zu können, mit seiner Alkoholsucht. Aber noch schaffe ich es, irgendwie. Hier zu sein, hilft mir sehr dabei.

    Siehst du, jetzt bin ich auch schon wieder lang und viel geworden.

    LG Mili

  • ist Alkoholismus auch keine Krankheit, sondern eine Sucht, die man überwinden muß (zur Not eben durch Entzug im Krankenhaus). Sie hatten selber Alkoholprobleme, aber eben wie ich, ohne körperliche Abhängigkeit. Mehr so als "Charakterschwäche".

    Interessant… genauso hadere ich auch damit. Ich werfe ihnen seit Jahren vor, dass sie das selber in der Hand haben, mit entsprechender Hilfe natürlich. Als der Trauerredner bei uns daheim war und großartige Nettigkeiten über meine Mutter von mir hören wollte, ist mir der Kragen geplatzt. Da habe ich mich mit Vater und Stiefvater echt in die Wolle gekriegt, weil sie es immer noch lapidar als Krankheit abtun. Trunksucht, nennen sie es. Ich für meinen Teil denke, es ist eine Mischung aus beidem. Sie hat sich aufgegeben, losgelassen. Es war einfach nichts mehr wichtig - auch mein Sohn und ich waren es offenbar nicht. Charakterschwäche verleitet einen, es sich leicht zu machen, sich das Leben schön zu saufen und irgendwann ist der Körper durch den Konsum krank und die Psyche hängt dazwischen. Ich kriege es doch auch hin, mich dagegen zu entscheiden. Mich zusammenzureißen. So meine Denke die letzten Monate, vielleicht kannst du mir ungefähr folgen. Ich will hier auch niemandem auf den Schlips treten oder falsche Pauschalrundschläge austeilen, ich berichte nur von meinen inneren Dämonen.

    Ich hab nur Angst, dass mir irgendwann alles so egal ist, wie meiner Mutter. Ich einfach aufgebe - wie sie. Ich will nicht, dass mein Sohn mich jemals so sehen muss :cry: :oops:

    Löwenzahnkinder kämpfen sich durch.
    Sie halten den gegebenen Umständen stand und überleben tapfer -

    ganz gleich ob zwischen Beton oder in der tiefsten Wildnis, ob bei Sturm, Regen oder Sonnenschein.

  • wenn er sich blöd (lächerlich, peinlich bis hin zu gemein d.h. verbal gemein, hämisch etc.) verhält. Zum Glück sind das dann "nur" ein paar Sätze und die sind meist so bekloppt, dass ich nicht mehr jedes Mal darauf reinfalle und mich mit ihm rum streite, was er zweifelsohne in dem Moment wohl einfach will. Doch nachklingen tun sie dennoch am nächsten Morgen in mir.

    So fing es bei meiner mutter auch an. Und endete damit, dass sie komplett unmöglich wurde. Die Frau konnte man niemandem mehr zumuten, egal, ob Pegel oder nicht: Sie war nur noch verletzend und abwertend. Schlicht ekelhaft.

    Es wird schlimmer. Niemals besser. Zumindest nicht MIT Alkohol!

    Löwenzahnkinder kämpfen sich durch.
    Sie halten den gegebenen Umständen stand und überleben tapfer -

    ganz gleich ob zwischen Beton oder in der tiefsten Wildnis, ob bei Sturm, Regen oder Sonnenschein.

  • Liebe Mili,

    wenn ich hier bei dir so still mit lese, dann bleibe ich an zwei Passagen ganz besonders hängen.

    Ich schäme mich irgendwie, das jetzt so zu schreiben, aber es geht mir auch um mein Zuhause und meine beiden großen Hunde. Ich hänge an ihnen und an unserem Haus und dem großen Garten. Ich bin nicht bereit das alles zu verlieren wegen seiner Sauferei. Ich fühle mich hier nämlich total zuhause und angekommen und sehe nicht ein, mir das kapputt machen zu lassen.

    Auroa hat ja schon viel und sehr treffend über die zahlreichen Facetten der Scham geschrieben. Den grundsätzlichen Gedanken, dass du dir dein Zuhause nicht weg nehmen lassen willst kennen auch ganz viele Betroffene hier. Und der ist absolut Berechtigt und es gibt keine Grund sich oberflächlich oder materialistisch zu fühlen deshalb. Du bist erwachsen und es gibt keine Kinder die hilflos ausgeliefert sind. Es geht also ganz allein darum, was du dir selbst zumuten möchtest. Ich lehne mich mal aus dem Fenster und behaupte, es kann auch sehr befreiend sein alles hinter sich zu lassen. Aber in deinem Fall spricht auch nichts dagegen Haus und Hof zu verteidigen, vielleicht gelingt es dir ja sogar deinen Mann raus zu setzen 🤔

    Wieviel eigenes Seelenheil du für diese kleine Chance noch investieren willst, kannst du dir ja dann selbst beantworten.

    An diese Stelle bin ich dann aber gewaltig zusammen gezuckt und mein Bauchgefühl hat aufgeschrien.

    Da wird mir immer gleich schlecht dabei, in mir zieht sich alles zusammen und mir werden die Kniee total weich. Ich verstehe bis heute nicht, warum ich darauf so reagiere, und es ist in dem Moment eine echte Qual. Ich fühle mich dem Betrunkenen dann total ausgeliefert, bis er wieder in den Zustand kommt, wo er wieder so etwas wie zugänglich wird.

    Die Art und Weise wie du schreibst, deine Wortwahl, alles gibt mir das Gefühl… das hier ist nicht erst in dieser Beziehung entstanden. Da greift etwas ganz Altes, von tief in dir drin. Es ist bedrohlich und eine Qual für dich… Das willst du wirklich weiter erleiden, nur um an Haus und Garten fest zu halten???

    Respekt vor deiner Leidensfähigkeit 😔

    Du schreibst auch, deine Eltern und auch du einen eher exzessiven/ problematischen Umgang mit Alkohol hatten. Kann deine Qual und das Gefühl ausgeliefert zu sein vielleicht schon früher entstanden sein. Und wieviel Gefahr bedeutet das, im täglichen Umgang mit deinem Mann. Könntest du dich in einer konkreten Gefahrensituation in Sicherheit bringen. Bist du in der Lage rechtzeitig zu reagieren.

    Mich beschleicht da ein ganz ungutes Gefühl und wollte dir das wenigsten gesagt haben.

    Viel Kraft und Weitsicht wünsche ich dir!

    Lea

  • Hallo Mili!

    Ich selber muß mir auch immer wieder klarmachen, daß mein Mann inzwischen krank und nicht mehr einfach nur willenschwach ist.

    Ja es ist eine Krankheit aber nicht unheilbar der Betreffende könnte ein ganz normales Leben leben eben ohne Alkohol. Ich bin auch der Meinung wenn jemand nichts tut um seine Krankheit in den Griff zu bekommen ist es sein Problem mit all den Konsequenzen die er aber dann alleine tragen sollte. Leider fehlt dem alkoholkranken Partner oft jegliche Einsicht daß er krank ist.

    ...... vor allem dann fällt es mir gerade besonders schwer, wenn er sich blöd (lächerlich, peinlich bis hin zu gemein d.h. verbal gemein, hämisch etc.) verhält. Zum Glück sind das dann "nur" ein paar Sätze und die sind meist so bekloppt, dass ich nicht mehr jedes Mal darauf reinfalle und mich mit ihm rum streite....

    Auf Dauer leidet die Psyche auch wenn man nicht ernstnehmen kann was er im Suff so von sich gibt und das eigene Heim wird irgendwann zum Horror. Mein Mann hat sich am nächsten Tag öfters entschuldigt um dann ein paar Tage später wieder ausfallend zu werden. Was nützt es wenn man ein schönes Haus mit Garten hat wenn man es nicht mehr geniessen kann? Ich habe alles hinter mir gelassen und neu angefangen das war nach 32 Jahren Ehe. Bereut habe ich es nie sondern ich war erleichtert da raus zu sein.

    Deswegen rate ich jede der in dieser Situation ist möglichst schnell zu handeln. Die Jahre verstreichen und der Leidensdruck nimmt immer mehr zu. Ich hatte das Gefühl mit leeren Händen dazustehen und ich habe mich lange Zeit geärgert nicht früher gehandelt zu haben.

    Mein Leben ist wieder schön obwohl meine Seele Schaden genommen hat, damit habe ich gelernt zu leben. Es nützt ja auch nichts immer in der Vergangenheit zu kramen und alles hochkochen zu lassen.

    LG Marie

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

    Einmal editiert, zuletzt von Speranza (6. Oktober 2021 um 18:44)

  • Liebe Lea

    Danke für deine Antwort. Mein Mann ist zum Glück nicht gewalttätig und beschimpfen tut er mich auch nicht. Er fängt dann halt manchmal ab einem gewissen Pegel einfach das nerven an. Und manchmal hört er dann auf mit seiner Leier, wenn ich ihn wütend anfahre und manchmal (wenn der Pegel schon noch etwas höher ist,) geht ihm das völlig am A**** vorbei und es kommt noch schnell ein richtig fieser Spruch und er verzieht sich beleidigt wieder.

    Bei Gewalt wäre auch bei sofort Schluß!

    LG Mili

  • Liebe Mili,

    mein erster Impuls war okay… sie will oder kann es vielleicht noch nicht sehen. Aber ich kann heute nicht aus meiner Haut ☺️

    Also hier noch einmal mit deinen eigenen Worten:

    In diesen Momenten muß ich dann auch mit Respektlosigkeit, Beleidigungen und verbalen Verletzungen rechnen. Eins zwei fiese Unterstellungen und dann kommt er wieder, als ob nichts gewesen wäre. Da wird mir immer gleich schlecht dabei, in mir zieht sich alles zusammen und mir werden die Kniee total weich. Ich verstehe bis heute nicht, warum ich darauf so reagiere, und es ist in dem Moment eine echte Qual. Ich fühle mich dem Betrunkenen dann total ausgeliefert, bis er wieder in den Zustand kommt, wo er wieder so etwas wie zugänglich wird.

    Du beschreibst hier selbst sehr anschaulich, wie dein gewalttätig dein Mann dir gegenüber bereits ist. So leid es mir tut und auch wenn du es dir ungern eingestehen willst. Dein Mann ist massiv gewalttätig dir gegenüber. Um ein Opfer von Gewalt zu sein muss man nicht zwingend körperlich angegriffen werden. Und auch der psychische Schade, den du aus einer derart gewalttätigen Beziehung davon trägst kann schlimmstenfalls völlig identische dauerhafte psychische Schäden mit sich bringen.

    Es ist schwer das an sich ran zu lassen, dieser Wahrheit ins Auge zu blicken, das ändert aber nichts an der Realität.

    😔 Lea

  • Liebe Lea

    Doch, das mit der psychischen Gewalt sehe ich genauso. Aber da er wirklich vor der Entgiftung mit anschließender Reha steht, ist es für mich einfach nicht der Zeitpunkt zu gehen oder ihm sonst Druck zu machen.

    Psychische Gewalt kenne ich auch aus meiner Kindheit (lieblose Mutter und Schulheim) und das habe ich auch therapeutisch verarbeitet. Ja, Narben hat das freilich hinterlassen, aber das passiert auch wenn ich mit jemanden ungewollt plötzlich in Streit gerate. Das kriege ich auch nicht mehr weg, aber ich lerne damit umzugehen. Ich könnte ihn also verlassen und käme dennoch immer wieder innerlich in solche Situationen. Was ja auch immer der Fall war bei mir. Sei es in der Familie, am Arbeitsplatz oder bei Freundschaften welche alle nie gehalten haben. Das kann ja also nicht einfach nur an allen anderen liegen. Sobald ich mit jemandem in Konflikt gerade, löst es das in mir aus. Wie gesagt, therapiert bin ich über Jahre, aber heilend verschwinden wird es nie. Ich lebe auch schon viel besser damit, weil ich auch in diesen schlecht aushaltbaren Momenten, Stunden, selten auch Tagen inzwischen WEISS, dass dieser das dieser unangenehme Zustand wieder weggeht, und jetzt nicht einfach für immer bleibt. Diese Denkstrategie konnte ich aus der Therapie mitnehmen, und für mich ist sie äußerst hilfreich.

    Ich bagatelisiere damit überhaupt nicht das Suffverhalten meines Mannes, aber das Problem habe ich auch mit Nichtsüchtigen. Da müsste ich schon alleine mit Hund in einer Almhütte leben, um dem ganz zu entgehen. Aber für immer wäre das wahrscheinlich auch nichts für mich.

    Deshalb warte ich jetzt mal seine Entgiftung und Reha ab. Allerdings bin ich schon sehr wachsam währenddessen wie es mir geht. Grundsätzlich ausgeliefert bin ich ihm nicht, nur FÜHLE ich mich so, wenn sein Pegel hoch genug ist. Aber auch da sind es bloß noch ein paar Momente und dann kann ich mich wieder etwas davon distanzieren. Wie gesagt, ich will hier nichts herunterspielen, aber es handelt sich um Situationen und nicht um Dauerzustände. Und in denen bin ich inzwischen sehr wachsam, denn ich erkenne sie meist sofort und kann sie für mich auch gleich zuordnen. Natürlich sind deshalb nicht angehnem, aber Angst machen sie mir immer weniger. Und diese Fortschritt stärkt mich dann auch wieder innerlich.

    Vielleicht klingt das allgemein nach sich etwas vormachen, aber ich bin der Meinung, dass ich durchaus genau hinschaue was da gerade mit uns abläuft. Und halt erstmal abwarte und dann entscheide, wenn ich wieder entspannt bin. Früher wurde ich panisch (allgm. bei jedem Konflikt und egal mit wem). Ausmachen tut es mir noch immer was, aber ich renne nicht mehr gleich hin und will verzweifelt alles klären. Ich lasse es ruhig einmal einfach beim anderem liegen. Muss mir schließlich nicht jeden Schuh anziehen.

    LG Mili

  • Hallo Speranza

    Lieben Dank für deine Worte!

    Ich kann eigentlich nur wiederholen was ich Lea oben schon geschrieben habe. Ich sehe schon auch was durch seinen Suff da läuft und schaue auch auf mich, aber ich möchte einfach mal seine Entgiftung und Reha abwarten und sehen wie er dann ist.

    Denn ich kenne auch die andere schönere Seite von ihm, wenn er nicht angetrunken war. Als es ihm auch gesundheitlich noch besser ging. Ich möchte einfach wissen, ob und wieviel von diesem meinem Mann noch existiert. Ich sehe mich noch als seine Frau, auch wenn der ver*******

    Alkohol gerade im Mittelpunkt unseres Ehelebens steht. Diese Gewissheit muss ich erst haben. Alles andere ist mir einfach zu früh, das weiß ich inzwischen für mich.

    LG Mili

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