Paula_R - Meine Mutter trinkt (wieder?)

  • Hallo liebes Forum.

    Ich suche bei euch Rat. Mein Name ist Paula, ich habe eine kleine Tochter (2,5 Jahre) sowie ein Baby im Bauch was jeden Moment auf die Welt kommen kann (ich bin im 9ten Monat (40ste Woche) schwanger)

    Meine Kindheit war geprägt von negativ-Erlebnissen durch Alkohol/Drogen. Meine leiblicher Vater war alkoholabhängig und außerdem des öfteren auch auf anderen Drogen unterwegs (Heroin und Cannabis hauptsächlich). Er war sehr gewalttätig mir und meiner Mutter gegenüber. Ich bin ins Kinderschutzhaus gekommen, dann zu einer Pflege- und später Adoptivfamilie. Ich war zu dem Zeitpunkt 6 Jahre alt.

    Als meine Adotiv-Eltern sich haben scheiden lassen, war ich dann knapp 11 Jahre alt. Meiner Mutter ging es zu der Zeit sehr schlecht (meinem Vater auch, aber das spielt jetzt nicht so eine große Rolle). Sie hatte immer schon viel getrunken aber zu dieser Zeit wurde es unerträglich. Ich war alleine mit ihr (mein Vater war schon ausgezogen, ich habe keine Geschwister), und sie hatte sich oft nicht im Griff, weinte viel wenn sie getrunken hatte und torkelte durch die Wohnung. Durch die Erlebnisse mit meinem Vater in der frühen Kindheit hatte ich große Angst vor ihr in diesem Zustand und auch generell vor dem Geruch nach Alkohol. Ich muss allerdings dazu sagen, dass sie zu keiner Zeit handgreiflich wurde und sich auch eigentlich noch um vieles ganz gut kümmern konnte (die Wohnung sah immer tiptop aus, sie ging regelmäßig einkaufen und konnte ganz normal arbeiten gehen). Sie trank vor allem Abends, dann aber sehr viel. Ich musste aber fast nie etwas vor Freund:innen/Nachbar:innen kaschieren oder so, was ich rückblickend als sehr gut empfinde.

    Ich bin dann relativ früh (mit 16) im Streit mit ihr ausgezogen, habe mich nach einigen Jahren mit ihr aber wieder angenähert und habe mitlerweile eine sehr gutes Verhältnis zu ihr. Ehrlich gesagt dachte ich bisher einfach, dass diese Zeit damals vor allem eine Phase war, wegen der Scheidung von meinem Adoptivvater. Sie trinkt zwar seitdem immer noch relativ regelmäßig (etwa jeden 2ten Abend eine halbe bis eine Flasche Wein), aber selten mehr (soweit ich das beurteilen kann, wir leben etwa eine Stunde mit dem Auto voneinander entfernt). Nur auf Feiern ist es leider immer noch so, dass sie viel zu viel trinkt und ihr Verhalten mir dann sehr unangenehm ist (zum Beispiel auf der Geburtstagsfeier des Vaters meines Mannes, wo sie am Ende kaum noch zurechnungsfähig war) :rolleyes:

    Jetzt aber endlich zum eigentlichen Punkt: Seit einigen Monaten finde ich sie nur schwer erträglich. Sie ist in meiner Wahrnehmung total aufgekratzt und streitsüchtig, besserwisserisch und vorlaut. Ich komme mit ihr einfach nicht mehr gut klar. Ich habe das zuerst auf die Schwangerschaft geschoben und auf meinen Stress (schwanger mit Kleinkind und Job, mein Mann arbeitet außerdem im Schichtdienst). Außerdem hat sie große private Probleme. Ich habe mir nichts weiter dabei gedacht und war einfach nur genervt von ihr.

    Heute saß ich dann aber längere Zeit neben ihr in der Bahn und leider hatte sie eine starke Alkoholfahne. Es war 12:00 Uhr. Ich war total geschockt. Sie ist regelmäßig mit meiner Tochter am See (auch im Wasser) und macht auch andere Ausflüge alleine mit ihr, Und natürlich war auch der Plan, dass sie auf das Neugeborene aufpassen soll/darf. Ich bin jetzt total verunsichert.

    Ich habe eine Riesenangst das Thema mit ihr anzusprechen weil sie alles abstreiten wird. Sie kann auch echt gemein werden und unter der Gürtellinie austeilen. Sie weiß auch genau, dass ich eine sehr niedrige Toleranzschwelle mit Alkohol und dem Ungang mit meiner Tochter habe. Es kommt einfach zu viel hoch wenn ich betrunkene Leute im Umgang mit meiner Tochter erlebe. Ich schätze aber, dass sie deshalb noch weniger "zugeben" wird, wenn sie wirklich morgens schon trinken sollte, weil sie Angst hat, dass ich ihr dann den Umgang mit meiner Tochter einschränke.

    Danke fürs Lesen, entschuldigt, es ist etwas länger geworden. Hat irgendjemand vielleicht eine Idee oder Gedanken dazu, wie ich aus dieser Situation herauskomme? Nächste Woche ist mein Stichtag, ich habe eigentlich wirklich gerade andere Sorgen und würde mich gerne nicht mit so einem Mist beschäftigen. Aber es blockiert gerade alle anderen Gedanken und Gefühle. So will ich nicht in das Leben des neuen Babys starten :cry:

    Ganz liebe Grüße, Paula

  • Liebe Paula, erst einmal herzlich Willkommen hier im Forum, schön dass du hier her gefunden hast!

    Was für eine furchtbare Situation und dann noch so kurz vor der Geburt, wo du doch nur noch mit Vorfreude und Nestbau beschäftigt sein solltest 😔

    Du wirst hier auf Menschen treffen, die ähnliche Geschichten teile und die deine Sorgen und Ängste verstehen können. Das ist manchmal schon sehr viel Wert, weil man sich weniger alleine fühlt.

    Ich selbst bin EKA (erwachsenes Kind von Alkoholiker) aufgewachsene mit einem abwesenden mehrfach süchtigen Vater und einer süchtigen Alleinerziehenden Mutter. Wenn ich zurück schaue, dann denke ich auch oft, na so schlimm war vieles ja gar nicht, es hätte auch deutlich schlimmer sein können. Aber reicht das wirklich, um meine eigenen Kinder einer ähnlichen Situation aus zu setzen?

    Mein Kontakt zu meiner Mutter war, sagen wir mal brauchbar, bis ich selbst Kinder bekam. Ab da habe ich angefangen alles mit ganz anderen Augen zu betrachten, völlig neue Maßstäbe zu setzen. Es hat noch Jahre gebraucht, was mir heute im Herzen weh tut, aber inzwischen habe ich den Kontakt zu meiner Mutter erst einschlafen lassen und inzwischen ganz abgebrochen. Für mich war die Vorstellung unerträglich, dass meine Kinder auch nur ansatzweise erleben müssen, was ich erlebt habe.

    Meine heutigen „Regeln“ sind sehr streng, ich halte sie allerdings für notwendig, wenn ich meinem Herzen folgen und meinen Kindern gerecht werden möchte. Auch mit anderen Familienmitgliedern, bei denen ich sogar nur den Verdacht hege sie könnten auch tagsüber trinken, kommt für mich Kontakt alleine ohne mich nicht in Frage.

    Es ist schrecklich traurig, aber du musst für dich selbst raus finden wo deine persönlichen Grenzen liegen und natürlich genauso ab wann deine Kinder sogar einer ernsthaften Gefahr ausgesetzt wären. Wir können dich hier ein Stück auf diesem Weg begleiten und haben immer ein offenes Ohr.

    Für den Moment wünsche ich alles Liebe, Lea

  • https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Hallo Paula,

    guten Abend und Willkommen hier bei uns in der Gruppe.

    Damit wir dich fürs Forum freischalten können, klicke bitte den Link hier an und fülle nur ganz kurz das Feld aus. Danach wirst du zeitnah freigeschaltet.

    Ich wünsche dir von Herzen einen guten Austausch.

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Danke für deine Nachricht liebe Lea.

    Ja, für mich kam auch vieles einfach wieder an die Oberfläche als ich selbst Mutter wurde. Ich reagiere sehr stark auf betrunkene Menschen im Umfeld meiner Tochter. Mein Mann trinkt zum Glück so gut wie nie, und vor Allem respektiert er absolut meine Grenzen im Umgang mit unserer Tochter. Bis heute dachte ich das eben von meiner Mutter auch :( Sie weiß ja um meine frühe Kindheit, sie hat sich dafür entschieden ein Kind aus einer Drogen/Alkoholikerfamilie zu adoptieren. Ich bin deswegen irgendwie auch so sauer auf sie, sie weiß ja ganz genau was bei mir für Ängste hochkommen können, ich bin dann wie in Schockstarre und fühle mich wieder wie 3 Jahre alt... Gleichzeitig tut sie mir auch leid. Ich kann mir vorstellen, dass es für dich total schwer gewesen sein muss die Entscheidung zu treffen den Kontakt abzubrechen. Ich weiß nicht ob ich das schaffen würde. Ich bin ja gerade nicht mal sicher ob ich es schaffe sie darauf anzusprechen.

  • Jeder geht mit so einer Situation anders um und der Kontaktabbruch war wirklich meine aller letztes Lösung für eine glücklichere Zukunft.

    Ich weiß ja nicht wie viel Kontakt ihr normal so habt und wie die Zeit unmittelbar nach der Geburt geplant war. Aber wenn es nicht ganz dringend aus dir raus muss, vielleicht kannst du ja auch sowas wie eine Besuchspause bis nach einem zeitlich großzügig bemessenen Wochenbett vereinbaren. Mein erster Gedanke und das einfach aus einem Bedürfnis heraus, was ich selbst rund um die Geburten hatte, wäre es erst einmal ein Maximum an Ruhe und Kraft für den Start mit dem Baby zu sammeln.

    Hast du den Bewerbungslink in der Nachricht von Linde schon gesehen?

  • Elly 18. September 2022 um 21:02

    Hat den Titel des Themas von „Meine Mutter trinkt (wieder?)“ zu „Paula_R - Meine Mutter trinkt (wieder?)“ geändert.
  • Hallo Paula,

    willkommen in unserer Selbsthilfegruppe.

    Du bist jetzt freigeschaltet und hier geht es weiter.

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Da habe ich auch schon drüber nachgedacht. Ich glaube ich kann die Zeit nach der Geburt erstmal so überbrücken. Zur Not schicke ich meinen Mann vor, und der soll ihr sagen, dass ich Ruhe brauche. Sie kann ja auch mal vorbeikommen und hallo sagen.

    Wahrscheinlich ist es so wie du sagst, so kurz vor der Geburt dieses Fass aufzumachen (bei mir im Kopf und auch in meiner Beziehung zu ihr), ist einfach so kräfteraubend. Und ich brauche die Energie eigentlich für die Geburt...

    Ja den Link habe ich gesehen, ich weiß aber nicht genau was jetzt passiert. Soll ich diesen Beitrag irgendwie verschieben oder ist es okay sich weiter im Vorstellungsforum auszutauschen?

    EDIT: Ah, ich sehe gerade, der Beitrag wurde schon von Elly verschoben, vielen Dank!

  • Dein Beitrag ist schon verschoben in den Bereich Erste Schritte für EKA, Paula.

    Du brauchst nichts weiter zu tun. Einfach hier weiter schreiben. Oder bei anderen

    im offenen Bereich. Ganz wie Du möchtest!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Jetzt bist du schon offiziell hier angekommen, so schnell geht das 😊

    Ich selbst habe, rund um eine Geburt, einen relativ kleinen Konflikt mit meiner Mutter ausgetragen. Da hat aber innerlich so viel mehr mit rein gespielt, als ich oberflächlich sehen wollte. Das hat mir einen Milchstau, Fieber, höllische Schmerzen und zahlreiche durchgeheulte Nächte eingebracht. Aber null Klarheit mit meiner Mutter.

    Du kannst nur selbst beantworten, was dich mehr belasten wird. Es zu verschieben und damit eventuell die ganze Zeit im Hinterkopf zu haben oder ein offenes Gespräch, mit anschließenden Konsequenzen oder aber Lügen und noch weniger Klarheit als vorher. Ein Brief kann manchmal auch eine Möglichkeit sein. Bestimmt wird dein Herz dir sagen, wie du am besten auf dich selbst achten kannst in dieser Besonderen Zeit.

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