Mattie60 - Abstinent bleiben

  • Hallo

    Wut, Unruhe schnell aufgebracht sein ect. kenne ich aus meiner Anfangs Phase der Abstinenz nur zu gut.Mit Alkohol haben wir uns und unsere Emotionen ertragen l ertränkt. Jetzt sind sie wieder da mit voller Wucht. Leibe, Hass beides Emotionen die eine Positive die andere Negativ. Aber beides Emotionen. Ich habe für mich gelernt die Kraft der Negativen Emotionen umzulenken und ihre Kraft und Wucht zu nutzen auch etwas in meinem Leben zu ândern. Alles was aufgeschoben war und einer Veränderung nötig hatte. Die Wut kam bei mir, weil ich so vieles liegen gelassen habe. Alkohol war ein " guter" Berater. Nichts tun Rausch ausschlafen. ... Es wird besser und gibt vergessene Kraft zurück.

    Einen Berg besteigt man mit dem ersten Schritt.

  • Hi Mattie,

    ich hatte in den ersten Monaten auch manchmal krasse Stimmungsschwankungen. Und da ich in meinem Leben einige schwere Depressionen bewältigt habe, will das schon etwas heißen, dass ich Stimmungsschwankungen als krass empfinde. Der Grund dafür ist schon genannt worden. Der "Stimmungsregulierer" Alkohol ist weggefallen. Dazu kommt, dass das Gehirn mit Abstand das empfindlichste Organ ist. Und dort finden jetzt viele Prozesse statt, um wieder auf ein "normale" Regulation zu kommen. Und dabei schießen manche Prozesse manchmal über. Das ist sehr unangenehm manchmal. Aber das wird wieder besser,

    Liebe Grüße Kazik

    ------------------------------

    abstinent seit 10.12.2024 / Heute trinke ich nicht.

  • Naja, Spaß war es für mich nicht unbedingt. Die einzige Hoffnung die ich allen machen kann, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Es wird besser. Bei mir war es das kleinste " Übel " da kommen noch ganz andere " Hallo Erlebnisse " auf einen zu. Am Ende sind wir ein bisschen gespaltene Persönlichkeiten. Eine die Abstinent sein will und eine die saufen will. Man muss nur der einen verklickern, dass Saufen auch für sie nicht gut ist ( ein bisschen Zynisch) aber ich habe gemerkt die will mich oft nicht verstehen und bohrt immer wieder im selben Loch. Ich glaube ein friedliches miteinander gibt es da nicht. Wenn sie wieder anfängt einfach nicht auf sie hören und mit Missachtung strafen. Alkohol ist schon eine heftige Droge.

  • Ich habe für mich gelernt die Kraft der Negativen Emotionen umzulenken und ihre Kraft und Wucht zu nutzen auch etwas in meinem Leben zu ândern.

    Das hört sich sehr sinnvoll und effektiv an.

    Ich bin mir nicht ganz sicher, ob meine Stimmungsschwankungen auf den Alkoholentzug zurückzuführen sind. Ich glaube eher, ich hatte das auch schon mit Alkohol, dass meine Laune manchmal aus scheinbar unerfindlichen Gründen hinauf- oder hinunter ging. Das kennen wohl die meisten, schätze ich. Unter Alkohol habe ich das nur nicht so hinterfragt oder mitbekommen, es lief einfach im Hintergrund. Unter Alkohol war ich viel unreflektierter als jetzt, da ich ständig in mich hineinhorche und die Zeichen zu deuten versuche.

    Ich lese fast jede Nacht in den älteren Fäden in diesem Forum und bin erstaunt, dass manche Aspekte meiner Trinkerei gar nicht so selten sind, wie ich das angenommen habe. Zum Beispiel: eine Userin schrieb, dass sie sich bei gesellschaftlichen Anlässen zusammenreißen konnte, aber auf dem Rückweg von dem Fest gleich an der Tanke vorbeiging, um sich Wein zu besorgen und sich die benötigte Restmenge zu Hause einzuflößen. Gut, ich war da vorausschauender und habe mir von vornherein meinen Vorrat zu Hause gehortet ... Aber ansonsten dachte ich, nur ich hätte mich so verhalten. Das Forum hilft mir enorm, mich in dem breit gefächerten Alkoholiker-Spektrum einzuordnen. Wir alle haben unterschiedliche Wege hinter uns, aber unsere Suchthirne ähneln sich..

    Ich habe auch den langen Faden über Suchtverlagerung gelesen, hätte da gerne noch etwas beigetragen, aber der ist schon viele Jahre alt. Einen neuen mag ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht eröffnen, aber ich will kurz erzählen, wie sich bei mir die Suchtverlagerung beim Nikotin gezeigt hat: Ich habe bis vor achtzehn Jahren sehr viel geraucht (klar, immer maßlos bei solchen Dingen), zwei Packungen am Tag, dann erst mit Nikotinpflaster aufgehört, und dann sah ich jemanden Nikotinkaugummis kauen und habe das versucht ... Mit dem Zeug hatte ich daraufhin die nächsten zehn Jahre das Vergnügen, ich kam nicht los von den Nikotinkaugummis (schweineteuer, übrigens!), und mein Umfeld fand das überaus eigenartig. Erst nach vielen Jahren schaffte ich es, auf normale Kaugummis umzusteigen, und die habe ich heute noch immer dabei.

    Mit der Alkoholabstinenz kommt natürlich das Verlangen nach Süßem bei mir. Ich bin jetzt einen Monat abstinent und noch lasse ich das zu, nehme mir alle Leckereien, die mir helfen, die Finger vom Wein zu lassen. Aber irgendwann muss sich das auch wieder einpendeln. Vielleicht schaffe ich ja mal einen gesunden Move und verlagere dann die Sucht auf Sport, wie ich es bei einigen anderen hier mit Bewunderung lese. Triathlon wird es wohl eher nicht mehr, aber Aquagym und Walking habe ich schon mal begonnen.

    Viele Grüße

    Mattie

  • Hallo zusammen,

    ich merke, wie sich nach vier Wochen Abstinenz mein Geschmackssinn verändert. Wow, wie lecker ist eine reife Nektarine, wie köstlich ein Mango-Sahnejoghurt ... Solche Genüsse habe ich mir während der Trinkzeit praktisch gar nicht gegönnt. Der Alk war immer wichtiger als diese kleinen Momente, in denen man sich etwas so Feines im Munde zergehen lässt.

    Mein Mann und ich kochen jetzt immer gemeinsam. Das ist sozusagen der Höhepunkt unseres Tages, nicht mehr der Moment, in dem die Weinflasche aufploppt. Ich habe schon immer gern gekocht, aber eher schnell und pragmatisch. Jetzt suchen wir uns aus diversen Kochbüchern einmal in der Woche komplizierte Mahlzeiten heraus, die wir dann zusammen nach einem Wochenplan auf den Tisch bringen. Samstag gehen wir dafür nun immer auf dem Markt einkaufen. Das macht Spaß und bedeutet eine große Veränderung zum Guten für uns beide.

    In anderen Fäden kam die Frage auf, warum es zu einem Rückfall kam. Ich kann das für mich ziemlich genau beantworten: Ich habe meine Abstinenz nie ernst genug genommen, ich habe zuvor niemals innerlich kapituliert. Ich habe stets gedacht, so, jetzt hast du deinem Körper lange genug Zeit zum Genesen gegeben, jetzt darfst du wieder. Allerdings habe ich nie angenommen, dass ich ab dem Zeitpunkt weniger trinke als zuvor. Wenn ich dem Suchtdruck nachgegeben habe, dann bin ich gleich los und hab die benötigte Menge an Bier und Wein (tägliche Dosis: 2 Fl Bier, 1 Fl Wein) besorgt, ohne mir noch lange vorzumachen, ich käme dieses Mal mit weniger aus.

    Mir geht es gerade gut. Ich finde mein Leben aktuell reicher und bunter, lasse mich von kurzfristigen Stimmungsschwankungen nicht aus dem Konzept bringen und blicke voller Optimismus in die Zukunft. Ich bin noch nicht ganz so antriebsstark, wie ich es mir wünschen würde. Die Arbeit zieht sich eher schleppend, ich muss mich immer zwingen und viel Disziplin aufbringen. Am liebsten lese ich in meiner Freizeit Sachbücher, Romane, Essays, Zeitungen in meinem Relaxsessel, dabei bin ich hundertpro entspannt. Allerdings wäre viel aufzuräumen und im Garten zu regeln. Aber ich warte einfach ab, bis mich ein Energieschub packt. Vielleicht heile ich ja noch, vielleicht passt sich mein Körper der neuen Gesundheit erst noch an. Die Zeit nehme ich mir. Die Arbeit läuft mir ja nicht weg :)

    Bloß nicht in den Stressmodus fallen.

    In diesem Sinne viele Grüße

    Mattie

  • Mir geht es gerade gut. Ich finde mein Leben aktuell reicher und bunter, lasse mich von kurzfristigen Stimmungsschwankungen nicht aus dem Konzept bringen und blicke voller Optimismus in die Zukunft.

    Das hört sich richtig gut und überaus positiv an. Stimmungsschwankungen hatte ich auch und finde sie normal. Schließlich musste ich mich dran gewöhnen mein Leben nüchtern zu leben. Mein Leben hat sich nicht besonders verändert, aber plötzlich war die Benebelung vom Alk weg. Es hieß mit allen Gefühlen und Gedanken nüchtern umzugehen. Klar waren da Stimmungsschwankungen vorprogrammiert. Wichtig war mir auch etwas anderes als Belohnung zu finden. Auch für die Zeit, in der ich getrunken hatte, brauchte ich was anderes.

    Mit der Zeit wurden Stimmungsschwankungen aber besser und weniger.

  • Viels ist im Leben durch den Alk liegen geblieben oder wir könnten es nicht ändern oder angehen hier hat uns der Alk die Kraft und Sicht genommen. Es war bei mir so, dass der Geist erstmal mit der Nüchternheit zurecht kommen muss. Ich selbst musste mit der neuen Realität zurecht kommen. Aber Hoffnung es wird immer besser. Was wir über Jahre vernichtet haben kann nicht in Tagen, Wochen wieder Gut und in Ordnung kommen aber es wird!

  • Dies stellt in meinen Augen auch einen Knackpunkt bei Therapien dar. Hier bist du in einer geschützten Umgebung hast aber nicht die Möglichkeit dein Umfeld umzubauen. Innerlich ja aber die ganze simplen praktischen Dinge? Auch hast du in einer Therapie Gemeinschaft wie schaut das danach aus? Oft ist man dann alleine und der Rückfall ist da, da man noch nicht gefestigt ist. Deshalb sind SHG so wichtig zumindest bis du dich und dein Umfeld geordnet und an dein neues Leben gewöhnt hast. Ist gar nicht so einfach.

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!