Hallo,
mein Partner ist Alkoholiker und das vermutlich schon sehr viele Jahre. Wir leben nicht zusammen, aber nah beieinander. Als wir uns kennengelernt haben, befand er sich in Psychotherapie und war die meiste Zeit abstinent. Nach Therapieende war er noch eine Weile abstinent, wurde dann rückfällig, belog mich (und andere) diesbezüglich über ca. 2 Jahre und stand irgendwann betrunken vor meiner Tür. Nach diesem Vorfall versicherte er mir, nicht mehr trinken zu wollen, machte erneut eine Kurzzeittherapie, war wieder abstinent, trank irgendwann wieder, belog mich. Nach erneuten ca. 2,5 Jahren hat er sich dann im betrunkenen Zustand offenbart. Anders als beim ersten Mal war ich nicht nur enttäuscht, sondern auch resigniert. Er hat daraufhin eine Selbsthilfegruppe aufgesucht, wir haben versucht an unserer Kommunikation zu arbeiten und offener miteinander zu sein beziehungsweise er mit mir. Das war vor 2 Monaten. Nun war er erneut betrunken und es stellte sich heraus, dass er schon wieder seit einigen Wochen trinkt und lügt. Ich bin wütend, enttäuscht, traurig und zunehmend resigniert. Er trinkt wohl 2 bis 3 Mal die Woche 1 bis 2 Flaschen Wein, manchmal auch eine Woche nicht. Trinken scheint vor allem die Funktion zu haben Anspannung zu verringern und schwierige Gefühle zu vermeiden. Da es ihm insgesamt schwer fällt, sich anderen zu öffnen, ist er mit vielem allein und da scheint es der Alkohol aushaltbarer zu machen. Wenn ich ihn betrunken erlebe, ist er sehr unangenehm - gereizt, verbal aggressiv und provokativ. Vermutlich Ärger, den er sonst hinunterschluckt, aber vielleicht auch Scham über das Trinken.
Ich habe den Eindruck, dass das Trinken zunehmend eskaliert was die Menge betrifft, da er es nicht mehr so gut vor mir geheim hält. Ich habe mein Vertrauen in seine Worte verloren und weiß nicht, wie ich jemandem vertrauen kann, wenn er so abgebrüht lügt. Unter Alkohol ist er auch unzufriedener und oft erschöpft, was sich auf die gemeinsame Zeit auswirkt. Insgesamt verstehen wir uns jedoch gut und ich bin mit Ausnahme des Trinkens eigentlich zufrieden mit der Partnerschaft, wobei das vermutlich an sich schon eine schwierige Aussage ist, da das Miteinander nicht wirklich echt ist.
Ich habe verstanden, dass ich nichts tun kann, damit er aufhört zu trinken. Ich habe ihm gesagt, dass es seine Entscheidung ist und er die Verantwortung dafür trägt und dass Worte keinen Wert mehr für mich haben. Er sagt, dass die Sucht eine Krankheit ist und er nicht einfach eine Entscheidung treffen kann. Er will nicht mehr trinken, aber die Sucht macht es ihm schwer, dabei zu bleiben. Das klingt für mich nicht wirklich danach als würde er Verantwortung übernehmen. Was ist der eigene Wille, das eigene Entscheiden und was ist die Krankheit? Woran merke ich, dass es ihm ernst ist? Ich kann mir eine gemeinsame Zukunft so nicht vorstellen und habe es ihm auch gesagt. Wo und wie kann ich ihn unterstützen und wo sollte ich mich raushalten? Sollte ich mit ihm über seine Sucht reden oder sollte ich das Thema bei ihm lassen? Ich merke, dass ich unsere Beziehung so nicht ohne Weiteres fortsetzen kann. Ich habe ihn gebeten, sich Gedanken darüber zu machen, wie er sich unsere Zukunft vorstellt und wie es miteinander gehen soll.
Noch eine banale Frage: Ich selbst würde sagen, dass ich einen unproblematischen Alkoholkonsum habe (ab und zu 1 - 2 Gläser Wein). Würde ich zukünftig in seiner Gegenwart darauf verzichten? Das wäre grundsätzlich möglich, nur irgendwie frustrierend, da ich das Problem nicht habe und ich seine Abhängigkeit nicht zu meiner machen möchte. Bisher hat er immer gesagt, es würde ihn nicht stören, aber er trinkt ja auch heimlich, also ist es vermutlich keine gute Idee.
Vielen Dank.