Hallo,
es ist mal wieder Sonntag, eine neue Woche fängt an und diesmal auch noch ein neues Jahr. Wie es so ist und anscheinend auch vielen anderen so ergeht, blicke ich zurück auf das Jahr. Es gab schon viele Ereignisse in meinem Leben, die vieles für mich verändert haben. Was aber in diesem Jahr mit mir passierte bzw. was ich für mich getan habe, hat mein Leben grundlegend geändert!
Vor einem Jahr saß ich da, voller Hoffnung, dass alles besser wird, mein Mann hat gerade eine Trinkpause gemacht bzw. versucht, seinen Konsum zu beschränken. Ich dachte (mal wieder) ganz optimistisch, er hat es gepackt! Das ging aber leider nur bis Ende Februar gut, und dann legte er wieder los, schlimmer als je zuvor! Aber diesmal hatte es bei mir „klick“ gemacht, ich war nicht mehr gewillt, in meiner Rolle als Opfer und Helferlein zu verharren, zu groß waren die Verletzungen und der Schmerz. Ich wusste, es ist nun an der Zeit, dass ich für mich aktiv werden muss, wenn ich leben will! Ich hatte mich ja in den letzten beiden Jahren schon ein wenig informiert über die Krankheit Alkoholismus, über Co-Abhängigkeit wusste ich ein bisschen, und nun begann ich, mit Trippelschritten und zitterndem Herzen, mit viel Angst aber trotzdem purer Entschlossenheit mein Leben umzukrempeln, Verantwortung für mich und mein Leben zu übernehmen. Ich bin dann auf dieses Forum gestoßen und fühlte mich zum ersten Mal verstanden! Ich habe hier gelesen und alle Infos aufgesogen wie ein Schwamm. Das gilt für die Co-Ecke genauso wie für die Alk-Ecke!
Ich wusste, so kann es nicht mehr weitergehen, diesmal eier ich nicht mehr herum, mein Tiefpunkt ist erreicht. Ich habe meinem Mann ein Ultimatum gestellt, mich von meiner Schwiegerfamilie getrennt und mir eine Wohnung gesucht! Natürlich, das hört sich nun sehr einfach an, aber es hat weh getan, es hat mich oft zurückgeworfen, ich habe gezaudert und gezagt, aber ich habe mein Ziel nie aus den Augen verloren: ich will leben! Ich habe dann auch eine Wohnung gefunden, fast gleichzeitig hat mein Mann auch seinen Tiefpunkt erreicht, er war bereit, zur Entgiftung und Therapie zu gehen! Er trinkt seit einem halben Jahr nicht mehr.
Ich lebe seit Mitte Juli in meiner eigenen Wohnung. Ich arbeite sehr viel an mir, habe über vieles nachgedacht und habe sehr viele Erkenntnisse über mich und mein Verhalten erlangt. Ich bin dabei mit einer schonungslosen Offenheit mir gegenüber vorgegangen, habe mit großer Ehrlichkeit reflektiert. Und ich schreibe und lese hier überwiegend im geschlossenen Bereich, hier habe ich so viel Anstöße, Unterstützung und Gedankenstützen erhalten! Und jeden Tag mehr erreiche ich einen Teil einer Lebensfreude, Kompetenz, mein Leben zu meistern, wie es für mich gut ist! Es gibt natürlich auch Zeiten, da fühle ich mich schlecht, heule hier rum, aber auch das gehört dazu, finde ich. Diese Zeiten werden aber immer weniger, wenn ich überlege, es ist tatsächlich schon eine Weile her, dass ich so einen Hänger hatte!
Zu meinem Mann habe ich einen sehr guten Kontakt! Aber ich muss auch aufpassen, ab und an rutsche ich in mein altes Co-Verhalten zurück. Das ist nicht so gut, weder für mich noch für ihn. Aber wir reden sehr viel miteinander, können vieles gemeinsam aufarbeiten. Tief in mir drinnen lauert auch noch immer das große Misstrauen, ob er nicht doch wieder anfängt zu trinken…das werde ich wohl auch so bald nicht abstellen können. Trotzdem schließe ich es nicht mehr aus, dass wir wieder als Ehepaar zusammen kommen können! Aber meine eigene Wohnung gebe ich so schnell nicht mehr auf! Ich baue mir weiterhin mein eigenes „ich“ auf, werde weiterhin an mir arbeiten, mich selbst wichtig nehmen! Vielleicht werde ich eine Therapie für mich beginnen, das lass ich aber noch offen, wenn der Zeitpunkt für mich da ist, werde ich es merken.
Tja, alles in allem war es ein sehr ereignisreiches Jahr! Und das kommende wird wieder sehr spannend werden! Auch diesmal blicke ich optimistisch ins neue Jahr, aber diesmal auch mit ehrlicher Berechtigung! Ich will und werde niemals wieder so leben wie in den letzten Jahren meiner Ehe! Ich habe gelernt, ich kann mich tagtäglich mehr annehmen wie ich bin. Und ich weiß, es kam alles so, weil ich mich endlich ändern konnte, aus meiner Starre ausbrechen konnte! Und mein Mann konnte auch nur aufhören zu trinken, weil er es so wollte, auch er hatte seinen Tiefpunkt erreicht.
Und nun hat er gerade angerufen, weil er Schwierigkeiten mit der Waschmaschine hat, seufz, Männer und Technik ...
Ich wünsch allen hier ein gutes neues Jahr!
Aurora