Beiträge von Micha

    Hallo liebe Leute,

    ich denke, dass bei mir immer beides gleichzeitig ablief/abläuft seit ich trocken werde.

    Anfänglich neu war für mich der kollektive Austausch. Einzeln für mich hatte ich mir schon sehr viel länger Gedanken gemacht, diese aber nicht in der Gruppe reflektiert. Das war ein ganz entscheidender Schritt für mich auf dem Weg zur Trockenheit. Alleine stieß ich immer an die selben Grenzen, die mich jeweils zur Beendigung meiner Trinkpausen führten.

    Mein Anschluss an unser Forum (an die Gruppe) entstand/steht ganz eindeutig unter dem Wunsch, etwas von euch dazuzulernen, was mir bis dahin zum Führen eines Lebens ohne Betäubung fehlte. Ich würde sagen, dass ich durch die Erfahrung von bereits Trockenen zunächst mal gelernt habe, dass mir ein Leben wie ich es mir erträumte nicht in den Schoß fallen würde, es aber möglich ist, es sich zu erarbeiten.

    Genauso wichtig war mir besonders in der ersten Zeit die Begleitung von Gleichbetroffenen, die gerade in der gleichen frühen Phase wie ich auch ähnliche Fragestellungen bearbeiteten wie ich.
    Ich konnte/kann da sehr viel aus der Gruppe "saugen" (und hoffentlich zurückgeben) und erhielt so das Handwerkszeug, mit dem ich mir dann selbst und letztlich individuell meinen eigenen trockenen Weg zurecht zimmerte.

    Verändert hat sich meine Trockenheit so, dass sie im Laufe von 2 Jahren zunehmend alltagstauglich geworden ist und meine Trockenheitsarbeit sich nicht mehr so ausschließlich in der Gruppe abspielt, sondern sich auf immer mehr alltägliche Lebenbereiche ausgeweitet hat und sich somit immer mehr verinnerlicht.

    Denkbar wäre beispielsweise eine Gespräch mit Leuten, die ich beim Spazierengehen mit meinen Hunden kennenlerne, in dem es um Abhängigkeiten im Allgemeinen oder Stoffsucht im Besonderen geht. Ich habe durch die Auseinandersetzung mit meiner eigenen Suchtbiografie ein anhaltendes Interesse an solchen Themen entwickelt und bleibe dadurch täglich daran erinnert wie wichtig es ist, dass ich mich weiter damit auseinandersetze.

    Besonders wichtig ist mir eine Anzahl naher gleichbetroffener Personen mit denen ich mich sehr persönlich austauschen kann und dies auch regelmäßig mache.

    Meine Ausflüge von der Gruppe weg werden also zwar häufiger, aber ich werde den Kontakt auf eine sich weiterentwickelnde Art und Weise immer pflegen. Denn meine Trockenheit hat zwei Elternteile: mich selbst UND die Gruppe. Und Trockenheit gedeiht am besten mit beiden Eltern.


    .Micha

    Hallo Moni,

    ein guter Schritt in die richtige Richtung im Umgang mit deiner Alkoholkrankheit wäre, die günstige Gelegenheit deines morgigen Arztbesuches zu ergreifen und dort von der Problematik deines Alkoholkonsums zu erzählen. Alkoholismus ist eine Krankheit und dein Arzt eine gute Anlaufstelle für das Abklären deiner Entgiftung.

    Wirst du ihn in Kenntnis setzen?


    .Micha

    Hallo und herzlich willkommen Moni,

    solange für dich nicht am wichtigsten ist, ein trockenes Leben zu beginnen, können wir dir hier in einem Alkoholikerforum nicht helfen. Ich habe den Eindruck, dass dein Liebeskummer deine Einsicht in die Notwendigkeit für ein trockenes Leben überwiegt.

    Aber vielleicht täusche ich mich. Schreib' doch mal etwas mehr über deine Trinkgewohnheiten und wie du auf die Idee gekommen bist, dass der Alkohol etwas an deinem Beziehungsleid verbessern würde.

    Hast du den Arzttermin wegen deines Alkoholmissbrauchs?


    .Micha

    Hallo Oliver,

    bei mir ging/geht das Zug um Zug.
    Der erste Zug besteht aus dem ersten Schritt weg vom Alkohol. Er resultiert aus der tiefgehenden Erkenntnis, dass es so nicht lebend weitergeht (persönlicher Tiefpunkt). Diesen Schritt hast du bereits getan. Damit schaffst du dir einen ersten Abstand zum Alkohol.

    Jetzt meldet sich dein Bewusstsein und stellt irritiert Fragen.
    "Was war da eigentlich los all' die Jahre?"
    "Wie konnte das passieren?"
    "Wer bin ich?"

    Ich frage mich das heute noch und speziell die letzte Frage zu beantworten ist eine Lebensaufgabe, aber für mich übergeordnet steht immer:
    "Wie bleibe ich heute trocken"
    "Habe ich alles getan, um mit meiner Trockenheit auf der sicheren Seite zu stehen?"
    "Wie richte ich mein Leben so ein, dass es nicht nach Betäubung schreit?"

    Dies zielt zunächst auf meine momentane physische Nüchternheit ab, nicht auf das philosophische oder pychologische Element meines neuen Weges. Und je länger und sicherer ich meine tagtägliche Nüchternheit gewährleisten kann, umso mehr kommen Antworten auf Fragen bezüglich meiner tiefen seelischen Verunsicherung "von allein".

    Und umgekehrt kannst du über manche Frgae grübeln bist du schwarz wirst und kannst nicht drauf kommen, solange du noch nicht mehr Abstand zum Alkohol hast. Da hilft einfach ab einem gewissen Punkt nur die Zeit. Deine nüchterne Zeit.

    Ich habe gelernt, da in größeren Zeitkategorien zu denken. Als ich hier im Forum aufschlug war ich 6 Wochen nüchtern und erfuhr, ich solle mal ein Jahr trocken sein und dann weiter schauen. In solchen Zeiträumen hatte ich bisher nicht gedacht, wollte auch alles zu schnell. Erst während dieses Jahres habe ich begriffen, wie übereilt ich immer alles wollte und dass ich genau daran immer gescheitert war bei meinen Trinkpausen und letztlich an allem in meinem Leben.

    Was kann ich erwarten in kürzerer Zeit nach 25 Jahren Saufens? Nach einem Vierteljahrhundert Betäubung.

    Ich hatte auch nicht die geringste Ahnung was TROCKEN eigentlich heißt. Das ist eben auch schwer zu vermitteln. Etwa so, wie einem Blinden die Farbe zu erklären. Man kann sich dabei Mühe geben und er wird eine Ahnung davon bekommen, aber nie die ERFAHRUNG des eigenen Sehens.

    Die gute Nachricht für den frisch nüchternen Alkoholiker ist, dass wir das Sehen wieder lernen können. Mit Geduld und Spucke ...


    .Micha

    Hallo Oliver,

    ich bin auch Alkoholiker und seit 2 Jahren trocken.

    Ich habe das mit dem WARUM so gehandhabt, dass ich diese Frage immer erst an zweiter Stelle mit mir getragen habe. An erster Stelle kam immer die gegenwärtige Trockenheit und ganz viel darüber zu lernen, wie es geht, HEUTE trocken zu sein.

    Ich habe bei meinem Prozess des Trockenwerdens erfolgreich "auf Zeit gesetzt". Seit ich nichts mehr trinke habe ich das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, dass die Zeit auf meiner Seite ist. Die Vergangenheit läuft nicht davon und ist auch nicht mehr zu ändern.

    Aber wenn du daraus lernen möchtest ist es besser, dies nicht zu überstürzen, weil du vieles erst mit zunehmendem Abstand begreifen kannst, was da in deiner alkoholisierten Biografie alles passiert ist. Das kann ein professioneller Ratgeber auch nicht beschleunigen, höchstens begleiten, denn es hängt ganz entscheidend von deinem Bewusstseinszustand ab, wieviel du überhaupt erfassen kannst von dem was zurückliegt.

    Wir haben uns ja im wahrsten Sinne des Wortes BEWUSSTLOS gesoffen und es braucht eine lange lange Zeit, bis sich dieses Bewusstsein erholt, bzw. überhaupt erstmalig ausbildet. Ich verändere mich in dieser Hinsicht in der Tat so, dass die Formulierung "Ich werde ein neuer Mensch" schon fast Sinn macht. Je mehr ich das werde, umso leichter fällt es mir auf meine Vergangenheit zu schauen, ohne zu verzweifeln.

    Deswegen war am Anfang für mich der wichtigste Hinweis der, dass ich ich viel GEDULD brauche. Und die hatte ich, was mir sehr zugute kam.

    Weiterhin alles Gute wünscht

    Micha

    Zitat

    Micha wie hältst du durch ohne Alk zu leben?

    Hallo Simone,

    das ist eine Frage, die ich mir komischerweise noch nie gestellt habe. Seit ich meine Entgiftung hinter mir habe frage ich mich eher, wie ich vorher 20 Jahre lang MIT dem Alkohol leben konnte. Oder ich müsste sogar sagen: "... TROTZ Alkohols leben konnte."

    Ich hatte zunächst gar keinen Plan. Ich wusste nur, dass sich Alkohol mit einem weiteren Leben für mich nicht vereinbaren lassen würde und habe hier im Forum Menschen vorgefunden, die hier als lebende Beweise ihre Erfahrungen weitergaben, wie es für einen Alkoholiker möglich ist, zufrieden trocken zu leben.

    Ich schaute zuerst nur darauf, DASS es überhaupt möglich ist.
    Dann wollte ich das auch und schaute dann, WIE die verschiedenen Leute das machten. Den einen verstand ich dabei besser, den anderen schlechter und so schaute ich, was die meisten übereinstimmend über ihre Vorgehensweise aussagten.

    Ich hatte mir ja in den vergangenen versoffenen Jahren selbst bereits bewiesen, dass meine Methoden immer versagt hatten und dafür sorgten, dass ich früher oder später rückfällig wurde. Also machte ich das, was mir erfahrene trockene Alkoholiker sagten, wie sie es gemacht hatten. Sie sind für mich die wahren Fachleute auf diesem Gebiet, deren Rat zu befolgen in meiner Situation richtig war. Im Grunde fiel mir das nicht schwer, weil ich ja gar keine Alternative hatte, denn Saufen wollte ich nicht mehr.

    So begann ich langsam mein altes Leben abzubauen und bin nach wie vor dabei, mir ein neues aufzubauen. Eines in dem Alkohol keine praktische Rolle mehr spielt.


    .Micha

    Hallo Simone,

    ich kann verstehen, dass du scheu bist. Ich weiß aber auch, dass es deswegen gerade wichtig wäre, wenn du genau an dieser Stelle deiner Persönlichkeit mit deiner Veränderung ansetzt. Du kannst ja das Tempo dabei selbst bestimmen.

    Wir verstehen uns hier auch als Selbsthilfegruppe und du hast den ersten Schritt hierher ja bereits unternommen. Ich bin hier trocken geworden indem ich mich in den letzten 2 Jahren über viele, viele hundert Stunden hier aufgehalten habe, gelesen habe, über mich geschrieben habe.

    So lernte ich sehr viel über mich und meine Krankheit, lernte wie wichtig der Austausch mit Gleichbetroffenen ist und wie wichtig es ist, sich den Erfahrungen von Anderen zu öffnen und mich täglich mit meiner Krankheit zu beschäftigen.

    Was mir von Beginn an am meisten geholfen hat, war Geduld zu üben und mir Zeit zu geben. Und je länger ich ohne Alkohol lebe, umso mehr zeichnet sich der Weg ab, den ich für den Meinen erkenne. Das braucht Zeit und bedeutet viel Arbeit. In welcher Form für dich die Arbeit an dir selbst am effektivsten ist, wirst du noch herausfinden wenn du dir gegenüber ehrlich bleibst und nicht aufhörst, an dich und dein Leben ohne Alkohol zu glauben.

    Du kannst es schaffen.


    .Micha

    Zitat

    26.08.2008, 22:28

    Natürlich hat der ein oder andere ein Radler in der Hand, aber da ich kein Bier mag - nur Wein - macht mir das gar nichts und die meisten anderen trinken wie ich einen Sportlerdrink oder Apfelschorle.

    Zitat

    02.09.2008, 10:23

    ... hatte ich auf einmal Lust auf ein Alkoholfreies Bier... Das ist um so erstaunlicher, weil ich sonst kein Biertrinker bin aber irgendwie hatte ich das Bedürfniss mal was anderes als Limo, Cola oder Wasser zu trinken...

    Hallo ErikL,

    damit hast du bereits eine einschlägige Erfahrung gemacht, zu welcher Art von "mentalen Kurzschlüssen" dein Suchtgedächtnis fähig ist. Und das es bei einem Alkoholkranken nicht um die Darreichungsform geht, sondern einzig und allein um die Substanz ALKOHOL, die sich auf vielen "erstaunlichen" Wegen von hinten durch die kalte Küche anschleicht. In dem Wissen darüber liegen die Warnungen von "alten Hasen" zur Vorsicht begründet.

    Hast du das Bier getrunken oder ist es bei der Lust geblieben?


    .Micha

    Hallo liebe Leute [Blockierte Grafik: https://beispiel.rocks/beispiel.rocks/www.cosgan.de/images/smilie/froehlich/a010.gif] ,

    44 Jahre war ich alt als ich mich vor über 2 Jahren entschloss, meinem Leben eine ganz entscheidende Wende zu geben.
    Ich konnte diese Entschlossenheit in Trockenheit umsetzen und bin heute 46 Jahre jung.

    Ich wusste damals, dass es so mit mir nicht weitergehen konnte und ich wusste, dass mein Leben nur noch eine Zukunft hatte wenn ich es schaffen würde mich getrennt vom Alkohol weiterzuentwickeln. Ich hatte jedoch keine Vorstellung wie das gehen würde und wie ich mich zu verhalten haben würde um dies zu erreichen.

    In Unkenntnis der Gefahren eines kalten Entzuges entgiftete ich allein zu Hause. Ich hatte das anlässlich meiner ungezählten Trinkpausen schon vielfach durchgemacht, ohne mir Gedanken darüber zu machen, dass dies eine Entgiftung ist, die unter fachliche Aufsicht gehört. In meinem damaligen Bekanntenkreis war es NORMAL, dass MAN nach dem Wochenende schwitzt und mehr oder weniger starkes Nervenflattern und scheußliche Träume hatte.
    (Ich möchte jedem, der dies liest und auch mit dem Gedanken spielt etwas ähnliches zu machen, ganz dringend davon abraten!)

    Ich war einer jener Trinker die nach außen und in den überwiegenden sozialen Kontakten noch FUNKTIONIEREN. Aber es fiel mir zunehmend schwer, diese Fassade aufrechtzuerhalten. Die seelischen Nöte in die ich durch dieses Versteckspiel geriet, wurden immer schlimmer und förderten eine ständig wachsende Sozialphobie. Am Ende trank ich am liebsten alleine. Ich war nicht mehr an Treffen und Partys wo alles einmal begonnen hatte interessiert. Mir ging es ausschließlich um einerseits die Betäubung und andererseits die Fassade. Zwei Faktoren die miteinander zu vereinbaren zunehmend schwieriger wurde. Die Gefahr, dass ich während des Trinkens in Gesellschaft auffallen könnte wuchs plötzlich sehr schnell an.

    So zog ich mich zurück und dadurch brauchte ich mir nicht mal mehr Gründe für's Trinken zurechzulegen. Mir für mich alleine war sowieso klar, dass ich ein Wirkungstrinker war und das mir mit Alkohol versetzte Getränke weder schmeckten noch sonst irgendeine Art von sinnlichem Genuss bescherten. Nur die Wirkung auf mein Bewusstsein hat mich gereizt. Schon von Beginn an.

    Schon mit 15 Jahren als ich mit einem Schulfreund zusammen die Kellerbar seiner Mutter plünderte. Mein Jugendzimmerschlüssel passte zufällig für das Türschloss - wie günstig. Wir tranken alles durcheinander damit es nicht so auffiel, dass etwas aus den Flaschen fehlte - wie schlau. Und wir hielten uns die Nasen beim Trinken zu, um den Geschmack nicht so deutlich spüren zu müssen - wie widerwärtig.


    Vor etwas über 2 Jahren entdeckte ich hier unser Forum und checkte sofort ein. Ich war gerade 6 Wochen ohne Alkohol und ohne Plan, wie es weitergehen sollte. Seitdem bin ich quasi täglich hier und habe mich am Erfahrungsaustausch beteiligt und versucht mich im Forum zu engagieren. Vor allem aber habe ich hier viel - vermutlich das Entscheidende - über meine Krankheit und einen gesunden Umgang mit ihr gelernt. Ich verbrachte sehr viel Zeit in unserer "Geschlossenen" für die man den erweiterten Forenzugang benötigt. Hier fand ich Selbsthilfegruppe und Langzeittherapie gleichzeitig.

    Es gibt geteilte Auffassungen darüber, ob eine virtuelle Selbsthilfegruppe zum Trockenwerden bzw. Trockenbleiben eine gleichwertige Alternative zu einer realen Gruppe darstellt. Jeder muss das für sich austesten und entscheiden. Ich persönlich bin überzeugt davon, dass ich ohne dies Forum wieder nur eine Trinkpause gemacht hätte, denn ich wäre in meiner Unwissenheit nicht mal auf die Idee gekommen, dass ich Hilfe in Form von Erfahrungsaustausch mit Gleichbetroffenen brauche. Ich habe also hier zunächst die Information und das Wissen darüber erhalten und gleichzeitig den Austausch selbst. Für mich war und ist dies die ideale Form, weil der Pool an Erfahrungen und Wissen hier quasi unerschöpflich groß und jederzeit zugänglich ist.

    Ohne den Zuspruch unserer "alten Hasen" hier hätte ich mich vermutlich nicht gewagt, die für meine dauerhafte Trockenheit notwendigen Veränderungen so konsequent durchzuziehen, wie ich das letztlich tat. Von der Distanzierung meines alten Bekanntenkreises bis hin zum Wechsel meines Wohnortes habe ich all' das getan, von dem ich überzeugt war, dass es meiner unabhängigen Weiterentwicklung in Klarheit dienlich sein würde.

    Ich fühle mich in vielerlei Hinsicht immer noch als Küken was das Trockensein anbelangt weil ich mich ganz neu kennenlerne. Oder richtiger: nicht 'neu kennenlerne' sondern überhaupt das erste Mal kennelerne. Ich beginne so langsam Mensch zu werden ...


    .Micha


    Das Schönste kommt noch

    Hey Joe,

    deine Einstellung zu diesem Jubiläum halte ich für sehr gesund. Nicht Wenige können der Versuchung nicht widerstehen, nach Ablauf eines vollen Jahres das Thema "Alkohol" und dessen Auswirkungen auf den Alkoholiker für endgültig abgehakt einzustufen.

    Ich bin jetzt gute 2 Jahre dabei trocken zu werden und begreife langsam welcher Qualität die Früchte sein werden, die durch das Studieren und Beackern meiner Alkoholkrankheit und also durch das Umsetzen der daraus gewonnenen Erkenntnisse in mir wachsen.

    Meinen herzlichen Glückwunsch zu deinem gelungenen Auftakt in ein unabhängiges Leben.

    .Micha

    Das Schönste kommt noch ...

    Hallo Brit,

    ich denke dieses "Grenzeaustesten" ist allgemein eine menschliche Eigenschaft. Ach was sag' ich menschlich: auch meine Hunde tun dies.

    Die Frage ist eben auf welchen Gebieten man dies tut und ob du verstanden hast, wo deine Grenze in Bezug auf Alkohol liegt. Seit ich verstanden habe, dass meine Grenze bei 0,0 o/oo (Promille) liegt und sich dies auch nicht mehr ändern wird, brauche ich an dieser Grenze nichts mehr zu testen. Sie steht fest.
    Das erleichtert mein Leben enorm.

    Zitat

    Gehe ich an all diese Sachen zu unbedarft dran, dass ich mich nicht richtig mit dem Thema Sucht auseinandersetze?


    Du grübelst viel über das "Warum" deiner Sucht, wie es dazu kommen konnte und was persönlich in dir liegt, dass es DIR passiert ist.

    Nun, mir ist es auch passiert und ich bin in der ersten Zeit meiner Abstinenz gut damit beraten gewesen, weniger die Sucht im intellektuellen oder psychologischen Sinne erfassen zu wollen, sondern mich mit meiner ganz alltäglichen Eingliederung einer trockenen Lebenweise zu befassen.

    Das heißt umzusetzen und beizubehalten, was ich bereits weiß. Damit habe ich allermeist zu tun und der Rest kommt im Laufe einer sich einstellenden Trockenheit von "allein", bzw. du kannst es nicht durch Grübeln forcieren, sondern nur durch dein Handeln festigen.

    Das sind im Grunde ganz kleine alltägliche Dinge. Wenn du z.B. bereits erkannt hast, dass du dich mit Alkohol "belohnt" hast, nun zu schauen, wie du dir stattdessen etwas WIRKLICH GUTES antun kannst. Also statt Feierabendbier in die warme Badewanne zum Entspannen.

    Mir ist zu Beginn immer viel Geduld nahegelegt worden und die ist mir bis heute auch eine der Säulen auf der meine Trockenheit entsteht.


    .Micha

    Hallo liebe Leute,

    ab und zu hole ich mir ganz gerne meinen offenen Brief an den Alkohol ins Bewusstsein zurück. Ich muss schmunzeln darüber, aber ich freue mich auch im Nachhinein noch mal den fast naiven aber wirklich engagierten Enthusiasmus nachzuvollziehen, mit dem ich damals an das Trockenwerden herangegangen bin. Ich war seinerzeit etwa 3,5 Monate ohne Alkohol. Heute bin ich es genau 2 Jahre.


    Die Grundlage für meine bisherige und lebenlang angestrebte Trockenheit war und ist mein Entschluss, die Wirkung des Alkohols nicht länger als eine Antwort oder Option in meinem Leben zuzulassen und diese Entscheidung nie mehr in Frage zu stellen. Natürlich könnte ich jederzeit theoretisch wie praktisch wieder trinken, aber dies zu tun rangiert bei mir auf einer Stufe mit VonDerBrückeSpringen. Die Idee, damit jemals nochmal einen Gewinn jedweder Art zu erzielen, habe ich kategorisch entzaubert. Würde es dennoch passieren, was für den gesamten Rest meines Lebens einfach auszuschließen vermessen wäre, wüsste ich, dass ich auf einem bisher noch nicht erreichten Niveau weitertrinken würde und innerhalb kürzester Zeit einen ungeahnten seelischen Druck auszuhalten hätte, der dem in jeder anderen Suizidsituation gleichkäme.

    Hier brechen meine WasWäreWenn-Gedanken stets bewusst ab, denn mehr brauch' ich darüber nicht zu wissen. Es geht an dieser Stelle bereits um leben oder sterben. Weitaus interessanter und konstruktiver erscheint mir, meine Aktivität und Initiative auf Gedankengänge und Verhaltensweisen zu lenken, die mir ermöglichen ein Leben auf- und auszubauen, in dem ich meine Sinneswahrnehmungen so klar schätze und liebgewinne, dass ich jegliche Form von künstlichem Rauschzustand nicht nur nicht vermisse, sondern als Beschränkung empfinden würde. Das gibt mir die glasklare Motivation dafür, nichts zu unterlassen was ich für notwendig empfinde, um meine Trockenheit stabil zu halten und zu vertiefen. Was dies im einzelnen ist, finde ich immer besser heraus, was mir eine klitzekleine Souveränität im Umgang mit meinem Alkoholismus verleiht, die mich wiederum beruhigt und selbstbewusster macht.

    Ich habe mir im Anbetracht dieser (auf der einen Seite natürlich sehr angenehmen) Beruhigung vorgenommen, mich immer weiter mit mir und meiner Krankheit auseinanderzusetzen, weil ich von sehr vielen Erfahrungsberichten Kenntnis bekommen habe, die dem Wissen über Alkoholismus eine recht kurze Halbwertszeit bescheinigen, wenn man es nicht pflegt. Die üblichen Pflegestationen für Erfahrungswissen über Alkoholismus sind Selbsthilfegruppen. Meine SHG ist hier unser forum-alkoholiker.de.

    Meine Trockenheit ist ein echtes "Kind" dieses Forums (und mir natürlich, da es ja immer zwei Eltern braucht :wink: ). Ich begann heute vor genau 2 Jahren nachhaltig den Entschluss umzusetzen, mich vom Alkohol zu lösen. Diese Nachhaltigkeit bekam allerdings erst eine reelle Chance, als ich nach 6 Wochen junger Nüchternheit anfing im Internet nach Informationen über A wie Alkohol zu suchen und hier aufschlug. Seitdem bin ich praktisch täglich hier gewesen. Mehr oder weniger lange, in verschiedener Eigenschaft und je nach Phase wechselndem Interesse. Aber sehr kontinuierlich. Ich hatte mir geschworen, "diesmal" am Ball zu bleiben und aus dem diesmaligen Ansatz eine ernsthafte Trockenheit zu schaffen und nicht eine weitere von ungezählten Trinkpausen.

    Ich bin aufgebrochen ohne zu wissen, was das überhaupt heißt: Trocken. Aus heutiger Sicht glaube ich, dass ich nur nüchtern werden wollte, weil ich meinte dann wieder besser vertuschen zu können, dass ich mein Leben nicht im Griff habe. Erst jetzt im Laufe der trockenen Zeit merke ich langsam, dass es mir möglich sein könnte, es WIRKLICH im Griff zu HABEN. Das ist nach so langer Zeit des früheren Umherirrens ein enormes Gefühl des Aufbruchs und des Nachhausekommens zugleich. Obwohl ich mein Leben wirklich in einem Umfang umgekrempelt habe, den ich niemals für möglich gehalten hätte und der mir vermutlich am Anfang sogar Angst gemacht hätte, habe ich immer wieder in jeder neuen Phase das Gefühl, ich stünde noch ganz am Anfang. Ich meine das im positiven Sinne so, dass ich hinter meiner damaligen Entscheidung immer wieder und täglich neu stehe, ohne Zweifel und unabgestumpft ihrer wunderbaren Richtigkeit gegenüber.

    Und ich weiß heute: egal was es ist, alles lohnt sich zu tun für ein selbstbestimmtes Leben in Unabhängigkeit vom Alkohol. Alkohol ist keine Alternative und die Antwort auf nur eine einzige Frage: "Womit möchte ich mich umbringen."
    Mein Sendungsbewusstsein ist trotz toller Erfahrungen nicht sehr stark ausgeprägt und ich weiß wirklich nicht, ob es irgendwem nutzt, aber ich möchte doch hier die Gelegenheit wahrnehmen, jedem Mut zu machen, der vielleicht noch im Zweifel ist und ganz am Anfang steht.

    Mir hat es geholfen - und das tut es noch -, hier aus dem großen Pool von Erfahrungen zu fischen und täglich bestätigt zu bekommen: Jeder kann es schaffen!


    .Micha

    Das Schönste kommt noch

    Hallo liebe Leute,

    ich stecke nicht in jeder gedanklichen Motivation eines Schreibers drin, aber ich persönlich gehe einfach nicht davon aus, dass sich hier jemand die Mühe macht und es jemandem Freude bereitet, andere aus dem Forum zu graulen. Und selbst wenn, wäre das eine so absurde Handlungsweise, dass ich nur empfehlen kann, nicht darauf einzugehen. Man muss sich ja wirklich nicht jeden Schuh anziehen, der einem auf den Weg gestellt wird.

    Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, mir aus der Summe der Meinungen eine eigene zu bilden und mich nicht auf persönliche Auseinandersetzungen, die nicht meiner Trockenheit förderlich sind, einzulassen. Diese gewisse "Artenvielfalt" hier im Forum ist aus meiner Sicht, was uns reich macht. Es ist nirgends festgeschrieben, wie ein Thread abzulaufen hat, sondern entwickelt sich halt wie in einem Livegespräch ganz abhängig von den jeweiligen Gesprächsspartnern. Niemand sollte sich da nervös machen lassen.

    Mich einer Auseinandersetzung fluchtartig zu entziehen, ist für mich seit meiner nassen Zeit jedenfalls keine Option mehr. Da findet sich immer eine bessere Lösung duch Standfestigkeit und Kommunikation.


    .Micha

    Hallo Blizzard,

    aufbauend mitzulesen, wie deine Sinnsuche unmittelbar in die Loslösung vom Alkohol mündet.

    Meinen herzlichen Glückwunsch dazu und ... schön, dass du hier bist :P .


    .Micha

    Hallo Jamie,

    ich kann deiner Argumentation folgen, aber gerade wenn du selbst Moderatorin bist, kannst du dir vorstellen, dass uns Einzelfallentscheidungen bei über 9000 registrierten Mitgliedern einfach überfordern würden. Deswegen wollen und können wir diese Verantwortung grundsätzlich nicht übernehmen, dass wir hier Menschen zusammenbringen, die dann unter Umständen versuchen, sich am selben Strohhalm festzuklammern. Und bei unerfahrenen, neuen Mitgliedern passiert sowas nicht selten. Auch in realen Shg wir nicht von ungefähr davor gewarnt.
    Und darüberhinaus haben wir durchaus die Erfahrung gemacht, dass private Kontakte häufig auf Kosten der Forumspräsenz gehen. Und das kann wirklich nicht im Sinne des Erfinders sein.

    Wir haben uns also bewusst dazu entschieden, hier im offenen Bereich keine Börse für private Kontakte zu sein und leiten PN mit solchem Inhalt auch nicht weiter.


    Ich hoffe, ihr habt Verständnis dafür und wünsch' noch einen schönen Sonntagnachmittag :lol: .


    .Micha

    Hallo Almi und Jamie,

    ich bin einer dieser "ganz strengen Mods" :wink:

    Zu dem Anbahnen von privaten Kontakten möchte ich sagen, dass dies einfach nicht unserem Anliegen entspricht, da wir hier bewusst einen breiteren Austausch anstreben damit viele Menschen in ähnlichen Lebenssituationen etwas davon haben und daran teilnehmen können.

    Und unter "vier Augen" ist die Gefahr sich schnell einig zu sein und den eigenen Problemen gegenüber betriebsblind zu werden sehr viel größer, als vor einer ganzen Gruppe.


    .Micha

    Hallo Urmmel,

    das ist ein oft beobachtetes Phänomen diese Suchtverlagerung. Das dein Körper und/oder Geist etwas sucht ist offensichtlich.

    Ich persönlich würde aber gar nicht erst davon ausgehen, dass es immer eine Droge oder ein Betäubungsmittel sein muss, sondern mal in Betracht ziehen, diese alten Suchtstrukturen nach und nach mit etwas anderem zu besetzen.

    Körperliche Aktivität beispielsweise. Wenn du einen "undefinierbaren Hieper" bekommst, zieh' die Jacke an und geh' eine Stunde spazieren.
    Sollte das nicht dein Ding sein, sind der Phantasie natürlich keine Grenzen gesetzt. Hauptsache es ist etwas, was dir wirklich gut tut und dir das nicht bloß wieder vorgaukelt, so wie einst der Alkohol.


    .Micha

    Hey Joe,

    ich habe mir ganz abgewöhnt anderer Menschen Konsumverhalten zu bewerten, es sei denn ich werde explizit dazu befragt. Es gibt sowieso von außen keine befriedigenden oder allgemeingültigen Antworten. Was sagen Vokabeln wie 'legitim' oder 'normal' schon aus, wenn jemand abends zwei Drinks nimmt.

    Suchtdruck kenne ich auch nicht. Aber das Wort ist wohl auch unmöglich wirklich objektiv zu fassen. Bei mir gibt es für Sekundenbruchteile so kleine Gedankenblitze, die mein Suchtgedächtnis entfachen wollen (beispielsweise durch Gerüche), die dann aber ohne sich zu verselbstständigen wieder verlöschen. Etwa so wie der erste Dominostein in einer aufgestellten Reihe gegen den nächsten fällt, ohne diesen aber umzustoßen und damit Kettenreaktion auszulösen.

    Für mich heißt Trockenwerden, nicht nur ohne Betäubung entspannen zu lernen, sondern meine Lebensrealität so attraktiv zu gestalten, dass ich eine Betäubung nicht als Belohnung sondern als Verlust empfinden würde.


    .Micha

    Hey Joe,


    ich gratulier' dir zu deinem gelungenen Start in ein trockenes Leben, wünsch' dir weiterhin alles Gute und drück' dir die Daumen, dass deine Klüngel-Maschinerie besser funktioniert als deine Lichtmaschine :wink:


    Gruss .Micha