Hallo Jules,
ich hab volles Verständnis dafür, dass du unsicher bist. Und es ist auch völlig im Moment, noch nicht zu wissen, was du für dich tun kannst.
Dafür hast du ja den ersten Schritt gemacht und dir hier Hilfe gesucht.
Zu deiner letzten Frage: Das ist eine knifflige Situation und ich kenne sie selbst gut.
Typisch für Alkoholikerfamilien ist, dass sie den Alkoholiker decken und somit letztlich bei der Aufrechterhaltung seiner Sucht ungewollt unterstützen.
Insofern wäre also der Rat, ihn nicht mehr zu decken, um seine Krankheit nicht länger zu unterstützen.
Auf der anderen Seite denkt und fühlt ein Alkoholiker, der eben nicht abstinent ist, anders und ist irgendwie fürchterlich empfindlich und leicht erregbar. Ich hab das auch bei mir selbst so erlebt, als ich noch regelmäßig getrunken habe. Seit ich abstinent bin, denke ich anders, sehr ich irgendwie klarer. Du selbst hast diesen merkwürdigen Zustand bei deinem Mann erlebt, der dich dann sogar in Gegenwart deiner Kinder beleidigt.
Ich frage mal zurück: Könnte es DICH unterstützen, mit der restlichen Familie darüber zu sprechen? Wie sind die so drauf? Schlagen die sich eher auf seine Seite und suchen womöglich noch die Schuld bei dir oder sind das mögliche Ressourcen für dich/ Unterstützer?
Dich beschäftigt der Gedanke, ob du das gute Verhältnis zwischen deiner Großen und ihrem Vater zerstören könntest. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Einsicht in das Krankheitsbild eines Alkoholikers das gute Verhältnis zwischen Tochter und Vater ernsthaft gefährden könnte. Ich denke, dass es eher helfen kann, ein gewisses Verhalten des Vaters besser einschätzen zu können. Alkoholismus ist eine ziemlich vielschichtige Krankheit. Diesbezüglich könnte es sehr hilfreich sein, wenn du dich mehr in die Thematik einliest. Und auch in die Problematik „Co-Abhängigkeit“.
„Schubsen“ musst du deinen Mann nicht, die Erkenntnis, dass er was tun muss, muss aus ihm kommen. Man hört in diesem Zusammenhang häufig von „persönlichem Tiefpunkt“. Meiner kam, als mir mehr und mehr klar wurde, dass ich die Kontrolle über meinen Konsum verlor. Da meldete ich mich in einem Alkoholiker-Forum an und das, was ich dort zu hören bzw. zu lesen bekam, führte mir vor Augen, worauf ich zusteuere. Da ich mich schon länger selbst beobachtet hatte, wurde mir klar, dass „kontrolliertes Trinken“ bei mir nicht funktioniert und dass es für mich keine Alternative zur dauerhaften Abstinenz gibt.
Und nun die Frage, was du für dich tun kannst: Fang erstmal gar nicht mit was Großem an, wenn du darüber nachdenkst, sondern beginne mit etwas Kleinem. So habe ich auch mal angefangen (ich leide an Depressionen und an MS). Was tut DIR gut?
Kleiner Tipp: Als ich angefangen habe, kam auch erstmal gar nichts und dann bei einem Spaziergang kam mir die erste Idee. Abgesehen von dem Spaziergang war das ein warmes Körnerkissen.
Das klingt erstmal wenig, aber es geht dabei um das Bewusstsein, in sich hineinzuhorchen und zu fühlen. Weiteres ergibt sich meiner Erfahrung nach nach und nach von selbst.
Liebe Grüße
AufderSuche