Verlorene Zeit als Co-Abhängige?

  • Hallo,

    ich war 17 Jahre mit einem Alkoholiker zusammen und habe drei Kinder mit ihm (6 Jahre und Zwillinge 1,5 Jahre).Wegen der Kinder (nicht meinetwegen!) habe ich es endlich geschafft, mich zu trennen. Nach anfänglichem Schockzustand ght es mir erstaunlich gut.
    Er ist weg und damit ein gesammelter Rattenschwanz von Problemen auch. Aber mich beschäftigt ein Problem: Wie erkenne ich meine co-abhängigen Strukturen und lerne, mich besser abzugrenzen? Wie vermeide ich z. B. Rückfälle bei einer neuen Partnersuche? Am wichtigsten wäre mir Verlässlichkeit. Manchal bin ich unheimlich wütend. Ich erhoffe mir, dass er sich irgendwann mal entschuldigt.

    Wieviel "Mitschuld" trifft mich? Es gehören ja immer zwei dazu. (Wie konnte ich das so lange Zeit "verdrängen", es ist mir wirklich schlagartig erst Anfang des Jahres klargeworden (Pegeltrinker erkennt man nicht so gut als Alkoholiker)). Wie macht ihr es, Eure Ansprüche klarer zu formulieren?
    Und wie erkläre ich es meiner großen Tochter?. Am liebsten würde ich ihr die Wahrheit sagen, will aber vermeiden, dass sie dadurch Schaden hat, wenn sie in der Schule erzählt "mein Papa trinkt zuviel"...

    Im Moment wuppe ich das hier alleine, er zahlt null Unterhalt und drückt sich wo er kann, hat keine Krankenversicherung mehr etc., arbeitet schwarz.
    Ich bin selbstständig und habe die drei Kinder.
    Ich denke immer "später wird er Dir mal dankbar sein", blöd oder, das würde ja voraussetzen, dass er irgendetwas begreift... Therapie geht auch nicht, weil er keine KV hat, alles ganz schön heftig. Ich wollte immer eine perfekte Familie, tja jetzt bin ich dann doch alleinerziehend.

    Grüße für heute


    LG Cyan

  • Liebe cyan,

    Willkommen! Ich kann Dir keine guten Antworten geben, dafür bin ich weder lange genug hier noch weit genug "fortgeschritten", aber ich kann Dir versichern, dass Du hier erstklassige Antworten und viel Hilfe bekommst und dass es sehr gut tut, hier zu lesen und zu schreiben!

    Ein Punkt Deines Beitrags hat allerdings auch mich als "Anfänger" hier etwas stutzig gemacht. Du fragst, wie Du es Deiner Tochter erklären sollst und dass Du ihr am liebsten die Wahrheit sagen würdest. - Was hast Du ihr denn bisher erzählt??? Meinst Du, sie hat gar nicht mitbekommen, dass mit ihrem Papa was nicht ganz stimmt? Und meinst Du nicht, dass sie noch grösseren Schaden nehmen kann, wenn Du ihr was vormachst und sie das später rauskriegt? Ich weiss ja nicht, aber ich glaube, die Wahrheit ist meistens das einzig wahre, nicht wahr? ;)

    Aber was ich Dir auf jeden Fall sagen kann ist: bravo, dass Du für Dich und Deine Kinder diese wichtige Entscheidung getroffen hast! Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg!

    Herzliche Grüsse,

    c.

  • Oh je, schwere Frage: wie erkenne ich co-abhängige Strukturen.

    Ich für mich bin gerade dabei, das auf ein ganz anderes Level zu setzen. Denn fraglich ist für mich nicht was coabhängig ist sondern was schädlich ist für mich und den Umgang mit meinen Mitmenschen.

    Schon als Teenager habe ich mich damit beschäftigt, was ich unbewußt mache, habe aber nicht alles hinterfragt. Für meine Zukunft werde ich versuchen bewußter darauf zu achten, wann Automatismen ablaufen.

    Denn diese Automatismen sind immer nicht ideal weil man/frau stagniert - dabei ist eigentlich egal ob als Co, als Alkoholiker oder als "Gesunder". Das Leben muss sich bewegen, entwickeln und verändern können. Jeder Mechanismus der starr wird behindert das eigene Weiterkommen.

    Ich für mich akzeptiere meine Co-Anteile weil sie da sind. Aber wichtig ist für mich, dass ich ein zufriedenes Leben führen kann und wirklich aus meinen eigenen Gefühlen leben kann. Somit würde mir persönlich eigentlich schon genügen mein Bauchgefühl zuzulassen um dann meine eigenen Handlungen zu hinterfragen.

    Erkennen oder nicht erkennen - spüren gilt für mich. Wenn ich ehrlich bin, so hatte ich schon zu Beginn der Beziehung ein Gefühl in diese Richtung, habe dieses Gefühl aber wieder weg geschickt. Ich denke alles liegt in uns und wir sollten uns vielleicht weniger kopfmässig versuchen zu orientieren sondern im Gefühl. Bei mir persönlich waren die Gefühle immer richtig, wurden aber durch die Vernunft weg geschickt.

    Ich denke auch, wir sollten uns nicht so sehr an unserem Thema Co aufhängen. Die Zukunft kommt für uns und wir bleiben Co. Aber wenn wir immer daran denken, was wir in dieser traurigen Co-Beziehung gemacht haben, so ist auch immer der entsprechende Partner in unseren Gedanken. Ich befürchte, das tut uns nicht gut und verhindert das letzte loslassen.

    Ich weiß nicht, ob mein Weg richtig ist oder überhaupt nachvollziehbar, aber für mich die Beste Lösung.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Zitat von dagmar007

    Ich denke auch, wir sollten uns nicht so sehr an unserem Thema Co aufhängen. Die Zukunft kommt für uns und wir bleiben Co. Aber wenn wir immer daran denken, was wir in dieser traurigen Co-Beziehung gemacht haben, so ist auch immer der entsprechende Partner in unseren Gedanken. Ich befürchte, das tut uns nicht gut und verhindert das letzte loslassen.

    Ich weiß nicht, ob mein Weg richtig ist oder überhaupt nachvollziehbar, aber für mich die Beste Lösung.

    Guten Morgen,

    Dagmar : Wenn das für dich die beste Lösung ist, so soll es so sein. Was jedoch deine Meinung über unsere Co-Abhängigkeit betrifft, muss ich dir massiv widersprechen. Du hast recht, wir bleiben Co und müssen deshalb immer achtsam mit uns sein. Wir waren aber auch schon Co bevor wir uns mit trinkenden Partnern eingelassen haben. Da war es uns aber noch schwerer, unsere Defizite zu sehen, die uns abhängig von Beziehungen sein lassen. Wenn du dich am Thema Co nicht so sehr aufhängen willst, ist das deine ureigenste Entscheidung. Und der sicherste Weg, in die nächste Co-Beziehung zu schliddern. Nicht der trinkende Partner hat uns co-abhängig gemacht, sondern wir haben diese Strukturen in uns und durch eine solche Beziehung kommen sie zum Vorschein. Ich sehe inzwischen meine Beziehung zu „meinem Alki“ nicht mehr als traurig an. Ganz im Gegenteil, sie hat mich wachgerüttelt, um an mir selbst zu arbeiten und meinen Selbstwert zu entwickeln. Ohne diese Beziehung hätte ich weiter mit meiner Abhängigkeit gelebt und mich gewundert – gewundert warum ich selbst in scheinbar tollen Beziehungen nie zufrieden war, weil ich immer das Gefühl hatte, dass etwas fehlt. Und es hat auch immer etwas gefehlt – nämlich die Liebe zu mir selbst und die Akzeptanz für mich. Ich musste ständig die Bestätigung haben, dass der Andere mich liebt, weil ich dieses Gefühl für mich und aus mir selbst nicht hatte.

    Wenn ich aus der Beziehung mit einem Alkoholiker für mich selbst nichts lerne, dann ist die Zeit verloren. Ansonsten ist es einfach eine große Chance für meine eigene Weiterentwicklung.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hallo cyan,

    wie kannst du dich davor schützen, wieder in eine co-geprägte Beziehung zu kommen? Na ja, ich sehe das so, ich bin co-abhängig aus verschiedenen Gründen, aus Prägungen, die ich erhalten habe. Aus dem Bild, das ich über mich selbst habe.

    Nun bin ich dabei, die Beziehung zu mir selbst zu verändern! Ich beginne, mich selbst zu mögen, zu lieben, mich zu akzeptieren, wie ich bin. Und ich beginne, Forderungen zu stellen, was ich vom Leben verlange mir auch einzufordern. Nicht mich für alle und jeden zu verbiegen, meine Wünsche als unwürdig zu sehen. Ich will nicht mehr nur funktionieren, der Fels in der Brandung sein, die Dame, die alles meistert mit einem (unecht)lachenden Gesicht. Ich erlaube mir zu weinen, echt zu weinen, schwach zu sein, ich erlaube mir, wütend zu sein aber auch so fröhlich und ausgelassen wie ein Kind.

    Und ich sehe mich nicht mehr als schuldig dafür, was alles passiert ist! Ich war niemals schuldig daran, dass mein Mann getrunken hat! Ich bin nicht daran schuld, dass er abhängig wurde! Ich habe 26 Jahre in einer Beziehung verharrt, in der ich überwiegend die Gebende war. Ich habe mir nie mit vollem Herzen etwas eingefordert, niemals darauf bestanden, immer nachgegeben. Immer habe ich mich verbogen, immer "Ja" gesagt...immer waren die Bedürfnisse meines Mannes an erster Stelle, natürlich auch die meiner Kinder, dann die der Eltern, Schwiegereltern, Schwager und so weiter und so fort...wo war ich die ganze Zeit?

    Nun, es war mein Bild, was ich von mir hatte, all die Jahre. Und ich fand mich cool, wie ich alles geregelt und gemanagt bekam. Immer bereit, mich zu opfern...immer für die Anderen bereit...Es war mir nicht anders möglich, als so zu leben, ich wusste es nicht besser. Ich hatte Ängste, etwas zu verändern, Ängste vor soooo vielen Dingen. Ich habe mir nicht vertraut, dass ich es schaffen kann! Es musste perfekt und kontrolliert nach außen erscheinen, innen war es egal. Ich fand mich nicht wertvoll genug, um für mein eigenes Wohl zu sorgen. Nun bin ich dabei zu lernen, mir selbst zu verzeihen! Denn es war alles so, weil es zu meinem Leben und mir dazu gehörte. Weil ich es nicht anders wusste. Welchen Sinn hätte es, jetzt nach Schuldigen zu suchen? Was würde es nützen, wem würde es nützen? Für mich ich nun wichtig, dass ich mit mir selbst im Reinen sein kann, mich so nehmen und sehen kann, mich an erster Stelle in meinem Leben sehe! Dass ich mein Selbstvertrauen aufbaue und immer größer wachsen lasse! Dass ich Schuldgefühle loslassen kann, die Vergangenheit annehmen kann als das, was war. Das ich es mir einfach wert bin...

    Und dann werde ich bei Beziehungen nicht mehr in die Co-Falle gehen können. Denn ich bin anders geworden, meine Augen blicken anders auf mich und meine Bedürfnisse!

    Das ist meine Sicht der Dinge.
    Liebe Grüße
    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Eben genauso sehe ich es auch. Die eigene Betrachtungsweise und das finden des "ich" sorgt schon in sich dafür, dass wir auf uns achten und auf das, was eine neue Beziehung in uns bewirkt.

    Mir ist es zu einfach, falsche Verhaltensweisen nur mit dem Begriff Co zu verbinden. Ich für mich halte es für wichtig die Dinge, die ICH tue und MEINE Gedanken und Gefühle für mich auf "GUT" zu stellen. Nicht mehr und nicht weniger....

    Opferbereitschaft, Verteidigungsmechanismen für den Kranken, Annahme von Schuldzuweisen und ähnliches hielt sich bei mir sehr in Grenzen ;) da hat mein Ex also keine gute Wahl getroffen, aber was ich mit Aurora gleich habe ist die Veränderung bzw. die Probleme damit. Aber das, was wir jetzt im Rahmen von Trennung erfahren ist ja wohl die absolute Veränderung, was wir uns immer vor Augen halten können .... wenn wir uns dauerhaft verändern wollen ....

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Vielen Dank für Eure Antworten. Wahrscheinlich habt Ihr Recht. Was Alkohol anbelangt, bin ich jetzt wirklich "feinfühlig" geworden.
    Im Moment fremdele ich noch mit meinem neuen Selbstbld und es kommt mir vor, als ecke ich bei jedem an, weil ich versuche meine Grenzen besser abzustecken, dass ist ganz schön antrengend und wenn man sowieso angeschlagen ist, nicht so einfach...

    ICH HABE EINE UNHEIMLICHE WUT mit der ich manchmal nicht weiss, wohin, am liebsten würde ich ihn verprügeln ;)

    crevette : Meine Tochter ist sechs und ich habe ihr erzählt, dass ich und ihr Papa uns nicht mehr lieben, dass er Probleme hat und krank ist. Natürlich bin ich für offenen Umgang mit dem Thema. Die Zeit des sich Schämens ist vorbei. Aber sie ist erst sechs und wie ich sie kenne, würde sie es JEDEM erzählen, einfach weil das momentan so ist und sie gerne alles erzählt und da bin ich mir nicht sicher, ob sie noch zu klein ist. Er ist ein kontrollierter Trinker und kann das unheimlich gut kaschieren. ICH GLAUBE ABER, DASS SIE SEHRWOHL SPÜRT, DASS ETWAS NICHT STIMMT.
    Ich will schon dass sie weiss, was Sache ist, will sie aber ein wenig vor dem Umfeld schützen (Schule etc. weil die Vorurteile weit verbreitet sind...)

    LG für heute
    Cyan

    P.S. Ist das OK, dass man immer bei einem Thread bleibt, auch wenn die Themen nicht mehr zur Überschrift passen?

  • Hallo Ette,

    Zitat

    Was jedoch deine Meinung über unsere Co-Abhängigkeit betrifft, muss ich dir massiv widersprechen. Du hast recht, wir bleiben Co und müssen deshalb immer achtsam mit uns sein. Wir waren aber auch schon Co bevor wir uns mit trinkenden Partnern eingelassen haben.

    Diese Aussage weckt aber nun meinen Widerspruch !

    Nein, in meiner Kindheit wurde ganz sicher keine Co-Abhängigkeit angelegt oder entwickelt.
    Bei uns zu Hause gab es keine Kästen Bier und keine Bar in der sich Alkohol für Gäste befand. Sie gaben sich auch nicht als Weinkenner aus - Alkohol spielte in meiner Kindheit keine Rolle. Ich bin auch kein Scheidungskind und es gab auch nie Krisen, die vermuten ließen, dass meine Eltern sich scheiden lassen wollen.

    Wo bitte soll da der Grundstein für die Co-Abhängigkeit gelegt worden sein ? Ich hatte 4 Geschwister und wir hatten eine glückliche Kindheit. Okay, ich habe meine beiden Brüder im Laufe der Jahre verloren, das waren schmerzvolle Erfahrungen - vor allem wenn man Kind ist, aber auch diese Schicksalsschläge haben meine Eltern mit uns gemeinsam verkraftet.

    Meine Laufbahn der Co-Abhängigkeit hat sich erst im Laufe der Jahre durch meinen trinkenden Partner entwickelt. Vollkommen klassisch nach Lehrbuch haben wir alle Stationen von Streit, über "nur.am.Wochenende.trinken", heimlich trinken, Lügen bis hin zur extremen Trinkerei mit Wegbleiben alles durchexistiert. In dem Sinne bin ich nur an ihm "gereift".

    Und ich glaube nicht, das ich dieses klassische Muster nochmal brav mitmachen würde bei einem anderen Partner. In den Anfängen könnte man mich vielleicht noch täuschen - aber nicht lange.

    Ich muss mich auch nicht an meinem jetzigen Alki gesunden lassen, indem ich seine Muster erkenne, Gelassen darauf reagiere und jedesmal den "Rückzug" einläute, wenn es wieder Überhand nimmt. Das nenne ich weiterhin abhängig bleiben - denn man toleriert sein Verhalten - wenn auch mit einer großen Palette an festen Regeln. Werden die Regeln nicht eingehalten, dann wird der Alki eben "bestraft" und man fühlt sich gut, weil man konsequent geblieben ist. Für gesund, unabhängig und eigenständig halte ich dies aber auch nicht. Und da ist es egal, ob man noch zusammen lebt oder getrennte Wohnungen hat.

    Grüßle
    Diandra

    Mögen alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm dabei machen.

    Überwältigend was geschehen kann,
    wenn sich die Fingerspitzen zweier Menschen
    ganz leicht berühren,
    am richtigen Ort
    und zur rechten Zeit!

  • Zitat

    Nein, in meiner Kindheit wurde ganz sicher keine Co-Abhängigkeit angelegt oder entwickelt.
    Bei uns zu Hause gab es keine Kästen Bier und keine Bar in der sich Alkohol für Gäste befand. Sie gaben sich auch nicht als Weinkenner aus - Alkohol spielte in meiner Kindheit keine Rolle. Ich bin auch kein Scheidungskind und es gab auch nie Krisen, die vermuten ließen, dass meine Eltern sich scheiden lassen wollen.


    Co-Abhängigkeit gibt es doch nicht nur in Bezug auf Alkohol...

  • Hallo Ihr Lieben,
    auch ich bin mir nicht sicher, ob die Veranlagungen zur co-abhängigkeit nicht bei mir doch - wenn auch ohne alkohol - in der Familie liegen.

    Der Vater arbeitete bei der Zeitung, war also selten da und verstarb früh. Die Mutter war ausgesprochen dominant und negativ eingestellt. Mein Ex-Partner verfügt über eben diese Dominanz und auch rechthaberische Tendenzen.

    Ich habe persönlich das starke Gefühl, weil ich bei meiner Mutter nie deren Gefühle erreichen konnte und im Gegensatz zum Bruder immer als doof hingestellt wurde mir deshalb einen ebenso strukturierten Partner suchte wie die Mutter war.

    Nur - auch meine Mutter hat als Nachkriegskind auf Muster ihrer Eltern reagiert. Die mangelnden Gefühle mir gegenüber und die nicht vorhandene Unterstützung hat auch sie nicht erfahren. Daß sie meinen Bruder voran stellte und mich als doof bezeichnete, das hat sie dann vor Jahren selber erkannt, dass das unfair und falsch war.

    Auch sie war in Mustern gefangen und könnte diese an mich weitergegeben haben.

    Lieben Gruß von Dagmar

  • Zitat von Ayki79


    Co-Abhängigkeit gibt es doch nicht nur in Bezug auf Alkohol...

    Das ist mir bewusst Ayki - ich habe auch kein Helfersyndrom bei anderen Menschen - sei es Familie, Freunde oder Bekannte.

    Und meinen Partner habe ich mir wohl ausgesucht, weil er Ähnlichkeiten in Bezug auf meinen Vater aufwies. Handwerklich sehr begabt, ein Allround-Talent. Seine Einrichtungsideen waren auch immer der Zeit voraus, so dass wir immer eine topmoderne Wohnung hatten.

    Ich kann ja auch nur für mich sprechen - meine co-abhängigkeit bezieht sich definitiv nur auf meinen Partner. Meine "Hilfen" habe ich auch anders gesehen - nämlich als Geben und Nehmen. Er konnte meine Schwächen ausgleichen - ich seine. Ich bleibe dabei, man darf nicht alles und jedes in die Co-Abhängigkeit packen ! Es zählen beim Menschen auch die Charaktereigenschaften, das Umfeld in dem man "groß" geworden ist und viele andere Faktoren.

    Grüßle
    Diandra

    Mögen alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm dabei machen.

    Überwältigend was geschehen kann,
    wenn sich die Fingerspitzen zweier Menschen
    ganz leicht berühren,
    am richtigen Ort
    und zur rechten Zeit!

  • auch ich kann rückblickend nicht erkennen, dass bei mir in der kindheit eine co-abhängigkeit angelegt worden wäre. alkohol war bei uns zuhause kein thema.

    ich hatte, bevor ich meinen mann kennenlernte, schon mal eine beziehung mit einem alkoholiker, die ich, als mir das problem klar wurde, beendet habe.

    irgendwo habe ich mal gelesen, co-abhängigkeit kann sich auch in einer beziehung entwickeln.

    danke für all eure beiträge. ich sauge sie auf wie ein schwamm.

  • Zitat

    Es zählen beim Menschen auch die Charaktereigenschaften, das Umfeld in dem man "groß" geworden ist und viele andere Faktoren.


    Klar, gerade darauf kommt es doch bei der Co-Abhängigkeit an. Ich denke schon, dass eine gewisse Art und Weise der Co-Abhängigkeit schon in der Kindheit geprägt wurde. Evtl. hat jemand anderes Aufgaben für einen übernommen, weil einem nichts zugetraut wurde, man wurde daduch unselbstständig o. ä. und hat diese vorgelebten Muster in bestimmte Beziehungen mit übernommen... so war es bei mir. Ich habe diese Rolle übernommen und wurde bei meinem Ex genauso - unterbewusst - weil ich ihm nichts zutraute... das ist auch eine Art der Co-Abhängigkeit. Auch das Leiden und Ertragen der Dinge... es einfach hinnehmen, sich bemitleiden aber nichts unternehmen... schimpfen, aber keine Eigeninitiative entwickeln... Das hab ich mir alles zwar auf eine andere Art und Weise - aber trotzdem - von meinen Eltern abgeguckt. Sie haben es mir vorgelebt!

    LG, Ayki.

  • Zitat von Ayki79


    Klar, gerade darauf kommt es doch bei der Co-Abhängigkeit an. Ich denke schon, dass eine gewisse Art und Weise der Co-Abhängigkeit schon in der Kindheit geprägt wurde. Evtl. hat jemand anderes Aufgaben für einen übernommen, weil einem nichts zugetraut wurde, man wurde daduch unselbstständig o. ä. und hat diese vorgelebten Muster in bestimmte Beziehungen mit übernommen... so war es bei mir. Ich habe diese Rolle übernommen und wurde bei meinem Ex genauso - unterbewusst - weil ich ihm nichts zutraute... das ist auch eine Art der Co-Abhängigkeit. Auch das Leiden und Ertragen der Dinge... es einfach hinnehmen, sich bemitleiden aber nichts unternehmen... schimpfen, aber keine Eigeninitiative entwickeln... Das hab ich mir alles zwar auf eine andere Art und Weise - aber trotzdem - von meinen Eltern abgeguckt. Sie haben es mir vorgelebt!

    LG, Ayki.

    Ayki,

    auch das trifft nicht auf mich zu :wink: Im Gegenteil, meine Eltern haben vehement darauf hingearbeitet, dass ich eigenständig leben kann ! Wenn man ein Kind hat, welches im Rollstuhl sitzt, dann neigt man ja eigentlich dazu ihm alles und jedes abzunehmen. Das haben sie nie gemacht - sie hatten immer Angst, was aus mir werden würde, wenn ich nicht selbstständig bin und sie nicht mehr für mich dasein können. Wie Du siehst habe ich einen Ganztagsjob, ich habe es mir zugetraut Kinder zu bekommen, habe eine eigene Wohnung. Und ich kann es auch mit mir allein aushalten :wink:

    Grüßle
    Dia

    Mögen alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm dabei machen.

    Überwältigend was geschehen kann,
    wenn sich die Fingerspitzen zweier Menschen
    ganz leicht berühren,
    am richtigen Ort
    und zur rechten Zeit!

  • Zitat

    Ayki,

    auch das trifft nicht auf mich zu. Im Gegenteil, meine Eltern haben vehement darauf hingearbeitet, dass ich eigenständig leben kann ! Wenn man ein Kind hat, welches im Rollstuhl sitzt, dann neigt man ja eigentlich dazu ihm alles und jedes abzunehmen. Das haben sie nie gemacht - sie hatten immer Angst, was aus mir werden würde, wenn ich nicht selbstständig bin und sie nicht mehr für mich dasein können. Wie Du siehst habe ich einen Ganztagsjob, ich habe es mir zugetraut Kinder zu bekommen, habe eine eigene Wohnung. Und ich kann es auch mit mir allein aushalten

    @Dia
    OK, deine Argumente sind gut! Und du kannst mit Sicherheit über diese ganzen Dinge, die du erreicht hast, sehr stolz sein!!! :lol:
    Trotz allem denke ich wirklich, dass der Grundstein für die Co-Abhängigkeit in der Kindheit gelegt wird! Vielleicht trifft es auf dich nicht zu, aber bei vielen anderen ist das der Fall! Egal, in welchem Zusammenhang, ob mit Alkoholsucht, Arbeitssucht, Drogen, Helfersyndrom oder was es sonst noch so alles gibt. Viele Co-Abhängige bekommen solch ein Leben vorgelebt und leben es später nach. Evtl. auf eine andere Art und Weise, aber im Grunde genommen mit ähnlichen Verhaltensweisen...

    @Alle
    Und, um noch mal auf die eigentliche Frage dieses Threads zurückzukommen... „Verlorene Zeit als Co-Abhängige?“ Das sehe ich absolut nicht so. Und von Mitschuld sollte man nicht reden. Es gibt immer einen Abhängigen und einen Co-Abhängigen – ohne diese zwei platzt die Seifenblase. Einer steigt aus, der andere evtl. auch oder er sucht sich einen weiteren (Co-)Abhängigen usw. Man ist IMMER für sich selbst verantwortlich, und du solltest froh darüber sein, jetzt erkannt zu haben, dass du das alles nicht mehr willst und ab nun an deinen eigenen Weg mit deinen Kindern gehen willst!

    „Verlorene Zeit als Co-Abhängige?“ OK, es hätten bei mir jetzt nicht unbedingt 10 Jahre sein müssen, bis zur Erkenntnis, dass es so wirklich nicht weitergehen kann. Aber ich habe daraus gelernt und aus dieser Zeit sehr viel für mich rausgeholt und über mich selbst erfahren. Mich mit mir auseinandergesetzt und in mich hineingehorcht. Was tut mir gut, was nicht, wo will ich hin usw... und darüber bin ich sehr dankbar!

    Ich bemerke auch jetzt noch – zwei Jahre nach der Trennung von meinem Ex – meine co-abhängige Denkweise... in manchen Dingen muss ich mich selbst stoppen, um nicht wieder in die Falle zu tappen und abzudriften (in Bezug auf Gespräche z. B., mich nicht in andere Dinge reinhängen, nicht über andere urteilen, helfen, Ratschläge geben usw.), aber das hab ich ganz gut im Griff. Und es fällt mir mit jedem Tag leichter, mich auf mich selbst und mein eigenes Leben mit meinen Kindern zu konzentrieren, und mich richtig gut dabei zu fühlen!!!

    Und eins ist sicher: Mir wird so etwas nicht noch einmal passieren! Das weiß ich 150%ig! Denn ich bin mir mehr wert, als noch einmal so ein Leben zu führen!

    LG, Ayki.

  • Hallo @ all,

    also die Sache mit der Co-Abhängigkeit, Mädels, da wäre es vielleicht sinnvoll, mal bei Wikipedia zu gucken. Das, was ich in weiterführender Literatur gefunden habe, ist da kurz und prägnant beschrieben. Und zwar auf eine Art und Weise, dass jede/r gut für sich noch einmal darüber nachdenken kann, woher vielleicht seine Veranlagung zur Selbstaufgabe kommt. Die gibt es seltsamerweise auch dort, wo Menschen davon überzeugt sind, eine ausgesprochen glückliche Kindheit gehabt zu haben. Kindliche Seelen haben nun mal die Eigenschaft, Dinge ganz tief ins Unterbewusstsein wegzupacken, weil es u.U. der bessere Weg zum Überleben ist. Aber das ist nur meine Erfahrungen, die ich an mir selbst und an den Menschen, mit denen ich in der Selbsthilfe zu tun habe, machen konnte.

    Ich wünsch euch Mut und Kraft zum Selbstentdecken... und Diandra : für mich ist die Tatsache, dass ich mit "meinem Alki" zusammenkam noch immer der Auslöser dafür, mich mit meiner eigenen Weiterentwicklung zu befassen. Zumal ich unsere Verstrickung nicht nur an SEINER Abhängigkeit festmache.

    LG
    Ette

    Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute.
    ("Handbuch des Kriegers des Lichts" v. P.Coelho)

  • Hi,

    @Ayki ....


    Zitat

    OK, deine Argumente sind gut! Und du kannst mit Sicherheit über diese ganzen Dinge, die du erreicht hast, sehr stolz sein!!! Lachen
    Trotz allem denke ich wirklich, dass der Grundstein für die Co-Abhängigkeit in der Kindheit gelegt wird! Vielleicht trifft es auf dich nicht zu, aber bei vielen anderen ist das der Fall! Egal, in welchem Zusammenhang, ob mit Alkoholsucht, Arbeitssucht, Drogen, Helfersyndrom oder was es sonst noch so alles gibt. Viele Co-Abhängige bekommen solch ein Leben vorgelebt und leben es später nach. Evtl. auf eine andere Art und Weise, aber im Grunde genommen mit ähnlichen Verhaltensweisen...

    Das habe ich auch gar nicht in Frage gestellt. Aber es muss nicht auf jeden zutreffen und das wurde hier ja gerade erörtert.

    Ette ....

    Zitat

    Diandra: für mich ist die Tatsache, dass ich mit "meinem Alki" zusammenkam noch immer der Auslöser dafür, mich mit meiner eigenen Weiterentwicklung zu befassen. Zumal ich unsere Verstrickung nicht nur an SEINER Abhängigkeit festmache.

    Stelle ich auch nicht in Frage - jeder sollte das tun, was gut tut und was hilfreich ist. Da sind wir ja alle irgendwie individuell und das ist auch gut so :)

    ... und jetzt geh ich bei wiki lesen :wink:

    Diandra

    Mögen alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm dabei machen.

    Überwältigend was geschehen kann,
    wenn sich die Fingerspitzen zweier Menschen
    ganz leicht berühren,
    am richtigen Ort
    und zur rechten Zeit!

  • Wahrscheinlich habt Ihr Recht und es ist ganz unterschiedlich... Ich hatte einen strengen Vater und fand es immer gut, dass mein Partner ein eher "weicherer" Typ war und nicht so dominiert. Wir hatten Vertrauen zueinander und ich hatte das Gefühl, ich bin gleichberechtigt. Ich habe am Anfang der Beziehung auch von ihm gelernt. Ganz profane Dinge wie gutes Autofahren, Sex :oops:, eine gewisse Lässigkeit, die in Maßen ja auch sehr anziehend sein kann. Später ist das dann immer mehr gekippt und ich konnte tun und lassen, was ich wollte, er war eh mit anderen Dingen beschäftigt (Spielen und Saufen und Kumpels). Ich denke darüber nach, ob ich das "brauchte", bzw. ob ich mit einem "normalen" Mann überhaupt noch zurechtkomme und mich auseinandersetzen kann. Er war eher immer wie ein Kind mit kindischen Gehabe und kindischen Argumenten... Es kam nie ein Ball zurück, der von mir in den Wald geworfen wurde...

    Ich hatte mit 14 Jahren Magersucht, das ist ja auch so eine Krankheit, die eher angepasste Typen bekommen, die funktionieren, dem Idealbild entsprechen wollen und anders nicht aufmucken. Vielleicht passten unsere Süchte gut zusammen (obwohl ich lange geheilt bin, aber wie beim Alkohol bleiben ja bestimmte Tendenzen vorhanden). Später sind meine Eltern und meine kleine Schwester kurz hintereinander an Krebs gestorben und ich habe immer weitergemacht und funktioniert...
    Ich habe Probleme damit "nicht zu funktionieren" bzw. Schwächen zuzugeben, das, was ich fühle, auch zu äußern. Ich tue es jetzt häufiger und habe dann immer das Gefühl im Unrecht zu sein, aber mein Bauchgefühl kann mich nicht trügen. Gerade gestern hatte ich einen Riesenstreit mit meiner Ex-SchwieMu, die meinte, wir müssten dass "zusammen durchstehen". Das habe ich 17 Jahre gemacht und für sie ist er immer noch der Junge, dem sie alles abnimmt. Seine Eltern schweigen das Thema tot, obwohl er schon getrunken hat, als ich ihn kennelernt habe. Ich war halt naiv.
    Jetzt wollen sie mir weißmachen, sie hätten nichts gewusst...
    Und ich bin sauer auf alles und jeden, ansonsten geh es mir erstaunlich gut ;) Das liegt an meinen tollen Kindern, das beste, und schönste, was ich von ihm bekommen habe.
    Er sieht das nicht so und vor allem die Zwillinge überfordern ihn total.

    Ich weiss nicht, ob ich ihn überhaupt noch mit den Kindern alleine lassen kann. Er trinkt dann nichts, aber ist total gestresst und überfordert. Alles wird ihm zuviel. Jedes Weinen wird mit einem genervten Stöhnen quittiert. Er mag sie wohl, aber sie sind ihm leicht zu anstrengend.
    Wie handelt ihr das? Die Kinder sollen den Papa ja auch nicht total aus de Augen verlieren.

    LG Cyan

    sorry, etwas wirr, die Gedanken am Abend ;)

  • Zitat von cyan


    Er sieht das nicht so und vor allem die Zwillinge überfordern ihn total.

    Ich weiss nicht, ob ich ihn überhaupt noch mit den Kindern alleine lassen kann. Er trinkt dann nichts, aber ist total gestresst und überfordert. Alles wird ihm zuviel. Jedes Weinen wird mit einem genervten Stöhnen quittiert. Er mag sie wohl, aber sie sind ihm leicht zu anstrengend.
    Wie handelt ihr das? Die Kinder sollen den Papa ja auch nicht total aus de Augen verlieren.

    LG Cyan

    sorry, etwas wirr, die Gedanken am Abend ;)

    Hi Cyan,

    na so wirr waren die Gedanken doch gar nicht :wink:

    Das er nüchtern ist wenn die Kinder da sind ist ja schon mal positiv.

    Liebt er seine Kinder ? Möchte er sie regelmässig sehen ? Manche Männer zeigen sich ja gern mal überfordert, weil sie keine Lust haben das dann allein händeln zu müssen.
    Es ist schwierig Dir da zu raten was besser ist. Gehen Deine Kinder denn gerne zu ihrem Papa ? Vielleicht kannst Du darüber abschätzen, ob ihnen das gut tut oder eher schadet.

    Grüßle
    Diandra

    Mögen alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm dabei machen.

    Überwältigend was geschehen kann,
    wenn sich die Fingerspitzen zweier Menschen
    ganz leicht berühren,
    am richtigen Ort
    und zur rechten Zeit!

  • nur eins noch Ette :)


    Zitat

    die gibt es seltsamerweise auch dort, wo Menschen davon überzeugt sind, eine ausgesprochen glückliche Kindheit gehabt zu haben. Kindliche Seelen haben nun mal die Eigenschaft, Dinge ganz tief ins Unterbewusstsein wegzupacken, weil es u.U. der bessere Weg zum Überleben ist.

    Solche Aussagen machen mich immer sehr misstrauisch. Wenn man nix rausfindet und etwas ratlos ist, wird schnell auf die "Kindheit" zurückgegriffen. Irgendetwas findet sich immer - und wenn es nur eine Ohrfeige war.

    Ich will damit nicht in Abrede stellen, dass es viele Menschen gibt, die tatsächlich eine furchtbare Kindheit erlitten haben ! Die gibt es unbestritten und in furchtbar großer Anzahl.

    Den Wiki-Text kannte ich - dort habe ich ganz zu Anfang natürlich auch nachgelesen.

    U. a. steht da aber auch ..... bis zu einem bestimmten Punkt sind gewisse Verhaltensweisen bedingt durch Familie, Umfeld völligst normal.

    Krankhaft wird es dann, wenn es zu einem Zwang wird ! Vergleichbar mit der Alkoholsucht.

    LG
    Diandra

    Mögen alle meine Fehler sich auf ihre Plätze begeben und möglichst wenig Lärm dabei machen.

    Überwältigend was geschehen kann,
    wenn sich die Fingerspitzen zweier Menschen
    ganz leicht berühren,
    am richtigen Ort
    und zur rechten Zeit!

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!