Ist es nicht...erbärmlich ??

  • Hallo Dorothea und Riona,

    erstmal danke für eure Antworten.

    Ich komme bei euch aber einfach nicht über den Eindruck hinweg, dass ihr euch doch sehr an diesem Wort "Hass" aufhängt. "Hass" ist natürlich ein großes Wort, aber dass ist es nun mal, was ich und vielleicht andere hier dafür empfinden. Ich kann ja verstehen, dass ihr für die Mütter und Väter die alkoholkrank sind eine Lanze brechen wollt, aber ich glaube nicht, dass ich hier die gleichen Reaktionen bekommen hätte, wenn ich geschrieben hätte, dass ich total am verzweifeln bin und nur noch weine. Dieses Verhalten würde mich ja im Grunde auch nicht weiterbringen, oder? Ob ich nun wütend, traurig, verzweifelt etc. bin, darauf dürfte es doch nicht ankommen. Alles resultiert aus der Alkoholsucht von Mutter und/oder Vater, sonst würde man hier ja nicht im Forum schreiben. Und was ist so verkehrt an einer erhofften Entschuldigung? So funktioniert jede Gesellschaft. Man macht etwas, was den anderen verletzt und entschuldigt sich dafür. Es gibt extra Organisationen, die sich für den Opfer-Täter-Ausgleich engagieren und da ist von den Opfern immer zu hören, dass es ihnen viel geholfen hat, dass sich der Täter entschuldigt und begriffen hat, was er angerichtet hat.
    Ganze Religionen basieren auf Buse tun und um Vergebung (ich bin nicht religiös).
    Ich weiß auch nicht, ob es mir helfen würde, wenn sich meine Mutter entschuldigen würde, weil es meine Kindheit nicht zurück bringt. Aber einfach davon auszugehen, dass jede Mutter ihr Kind liebt, finde ich sehr idealistisch. So ist es bestimmt nicht immer.
    Ich kann immer eine Erklärung für das Verhalten von anderen oder von mir finden, aber dass heißt nicht, dass es alles entschuldigt.

    Und Krebs und Alkoholsucht sind für mich einfach eine andere Qualität von Krankheit. Sonst wären die Folgen für die Kinder und Angehörigen doch gleich, oder? Ich trage als Mutter/Vater die Verantwortung für ein anderes Leben, für ein Kind und wenn das kein Grund ist, aufzuhören, dann sollte einem das zumindest leid tun. Ausgesprochen oder gezeigt.
    Und Krebs hol ich mir schließlich nicht jeden Tag im Supermarkt, in der Kneipe bzw. versteck ihn nicht an den unmöglichsten Stellen, oder blamiere damit Familienangehörige vor anderen bis auf die Knochen.
    Sorry, aber ich kann den Vergleich einfach nicht nachvollziehen. Damit tue ich jedem Unrecht, den ich kenne bzw. kannte und Krebs hat bzw. hatte.

    Schönen Abend noch

    ex-unbeschwert

  • Hallo ex-unbeschwert,

    ent-schuld-igen, heißt für mein Verständnis sich von einer Schuld befreien. Es setzt das Bewusstsein für ein schuldhaftes Verhalten voraus. Alkohol ist eine bewusstseinverändernde Droge, wie auch Heroin oder Kokain, nur mit dem Unterschied er ist legal. Des weiteren verändert er mit zunehmender Menge und Dauer des Konsums die Persönlichkeit und die Hirnfunktionen nachhaltig und teilweise auch irreversibel. Solange der Konsum anhält, ist das Bewusstsein für ein schuldhaftes Verhalten sehr gestört, die Sicht der Dinge buchstäblich vernebelt und bei einigen Alkoholikern sogar nur noch rudimentär vorhanden. Das wichtigste für einen Süchtigen ist seine Droge, Punkt. Die Beschaffung und der Erhalt rechtfertigt alles. Das die Liebe zum eigenen Kind ausreichen sollte um trocken zu werden sind zwar hehre Ansichten, aber realitätsfremd.

    Ich will hier keine Lanze brechen für Alkoholiker, dass liegt mir fern. Ich weiß was es heißt, alkoholabhängige Eltern zu haben. Günstigstenfalls erzieht man sich weitestgehend selbst mit den entsprechenden Problemen die daraus resultieren. Von einem Alkoholiker ein „normales“ Verhalten zu verlangen ist jedoch ein Kampf gegen Windmühlen, verschwendete Energie.

    Viele der hier geforderten Dinge haben sicherlich ihre Berechtigung unter „normalen“ Bedingungen, wobei sie unter „normalen“ Bedingungen eher selten vorkommen. Doch das sind Dinge die ein nasser Alkoholiker nicht leisten kann, das gehört zum Krankheitsbild. Sogar manch trockener kann es nicht. Das sind Ansprüche an einen kranken Menschen die nicht der Realität entsprechen.

    Was ich hier lese ist für mich eine logische Herangehensweise an das „Problem“. Sucht und Logik sind jedoch zwei Dinge die nicht zur gleichen Zeit am gleichen Ort existieren können. Das eine schließt das andere aus. Süchtig wird und ist man nicht in vollem Bewusstsein und mit Absicht. Wenn ich Deine Worte lese werde ich das Gefühl nicht los, dass Du Deiner Mutter unterstellst mit Absicht zu saufen.

    Du scheinst, so wie ich Deine Worte verstehe, davon auszugehen, dass der süchtige Mensch und der nicht süchtige Mensch gleich empfinden, handeln und denken. Wenn dem so wäre, hätte Sucht nicht diese Macht, dann würde niemand süchtig werden. Ein Süchtiger hat eine verzerrte Wahrnehmung der Realität. Nur mal ein paar Tage etwas nicht zu trinken ändert nichts daran. Der Körper ist dann nüchtern, aber der Geist nicht.

    Solange Deine Mutter säuft verschwendest Du Energie indem Du versuchst etwas von ihr zu bekommen. Egal ob das jetzt eine Entschuldigung oder ehrlich empfundene Gefühle sind. Du wartest auf etwas unmögliches, ganz „einfach“ weil sie süchtig ist. Solange Du darauf wartest, bewegst Du Dich nicht weiter, bleibst Du da wo Du bist und nicht mehr sein willst. Du machst Deine Zufriedenheit davon abhängig dass Deine Mutter aufhört zu trinken und anfängt trocken zu werden, denn das ist der Zeitpunkt an dem Du frühestens ein fruchtbares Gespräch mit ihr führen kannst.

    Du kannst Deiner Mutter gegenüber jedes Gefühl haben, dass Du möchtest. Das ist Dein gutes Recht, dass wird Dir sicherlich auch niemand absprechen. Ich frage mich jedoch und letztlich auch Dich, was ist mit Deinen Gefühlen für Dich? Wo bleibst Du während Du mit Deiner Mutter beschäftigt bist?

    Bist Du eigentlich auch wütend auf Deinen Vater, weil er Dich bei Deiner saufenden Mutter gelassen hat? Er hätte schließlich auch handeln können.

    Gruß
    Skye

  • hi ex-unbeschwert,

    ich persönlich störe mich gar nicht an den ausdrücken oder dem wort "hass", auch nicht daran, dass jemand so empfindet. das ist doch ok, das kann jeder halten, wie er es möchte.

    ich sehe dieses forum jedoch nicht als blosse "jammerplattform" (das muss auch sein, sollte aber nicht der selbstzweck sein), sondern als selbsthilfemöglichkeit. als selbsthilfemöglichkeit in der es anderen forenteilnehmern ermöglicht wird, nicht jede erfahrung selbst machen zu müssen, sondern auch mal auf die bereits gemachten erfahrungen anderer zurückgreifen zu können und das für ihn/sie brauchbare rausnehmen zu können.

    dabei fiel mir halt auf, dass sich die wut/der hass als bestimmendes element in diesem thread manifestierte. da ich (und viele andere auch) die erfahrung gemacht haben, dass wut/hass etc nur ein kleiner (aber sehr hinderlicher, weil belastender) zwischenschritt in der entwicklung ist, möchte ich einfach den fokus auf etwas anderes als diese wut/diesen hass legen um perspektiven für die zukunft aufzuzeigen.

    es ist einfach so: diese wut und dieser hass bringt uns kinder nicht weiter (ich bezweifle, ob es überhaupt jemand dauerhaft weiter bringt. als anstoss/auslöser o.k., aber für mehr...????). es ist auch keine befriedigung, auf lange sicht darin gefangen zu bleiben, dass ich auf etwas warte (z.b. eine entschuldigung), was keinerlei veränderung der situation bewirken kann (die zeit wird ja nicht ungeschehen dadurch).

    umso wichtiger finde ich es, aufzuzeigen, dass diese entwicklungsstufen nur vorübergehender natur sind, kein dauerzustand bleiben müssen, und am ende des tunnels durchaus licht ist. licht, das wir umso eher erreichen, je eher wir uns vom alten ballast trennen und in unserer entwicklung auf uns und unsere aktuellen lebensbedürfnisse konzentrieren.

    und zum trennen von ballast gehört halt auch, dass diese wut/dieser hass keine macht mehr über uns hat.

    wir haben es in der hand, wie und in welchem tempo wir uns weiter entwickeln - und vor allem: wohin.

    anyway, irgend jemand hat es hier geschrieben: jede(r) entwickelt sich in seinem/ihrem tempo. passt für mich, kann ich so stehen lassen.

    cu,
    MrHardcore

  • Hallo zusammen,
    ich kann die Wut von ex-unbeschwert gut nachvollziehen. Wenn ich das richtig verstanden habe, willst du eigentlich "nur", dass deine Mutter einsieht das sie einen Fehler gemacht hat, oder?
    Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Mutter das Ganze eingesehen hat und sich entschuldigt, aber ehrlich gesagt, bringt mich das nicht weiter. Es ist natürlich schön zu sehen und zu hören, aber ich wusste ja die ganze Zeit, dass ich im Recht bin.
    Ich weiß nicht, wie es wäre, wenn meine Mutter es nach wie vor nicht einsehen würde, aber ich denke ich würde den Kontakt abbrechen.
    Es ist, so finde ich, ein sehr interessantes Thema und man sieht ja an den Reaktionen, dass es viele Meinungen dazu gibt. Am Anfang als ich deinen Beitrag zum ersten Mal gelesen habe, war ich geschockt, aber inzwischen kann ich gut nachvollziehen, was dich so bewegt.
    Wenn ich das richtig verstehe, ist es genau an dem Punkt loszulassen und nicht mehr dein Befinden von dem Verhalten deiner Mutter abhängig zu machen. Es sollte dir egal sein, ob sie ihre Fehler einsieht, denn wie schon einmal hier geschrieben wurde, setzt dies vorraus, dass deine Mutter ihre Sucht einsieht und dazu kann man sie nicht zwingen, dass kann sie nur selbst erkennen. Es ist ihr Problem und nicht mehr deins.
    Wie dorothea es schön beschrieben hat, dass denken und handeln eines süchtigen Menschen kann man nicht nachvollziehen, aber es ist keine böse Absicht. Du sagst das man die Liebe einer Mutter gegenüber ihrem Kind nicht vorraussetzen kann, mag sein, aber du musst dir denken, selbst wenn sie dich nicht lieben würde, liegt dies nicht an dir persönlich, sie würde jedes andere Kind (egal wer das ist) auch nicht lieben können.
    Wir alle haben die Möglichkeit, uns das zu holen, was wir vermisst haben, es kann nichts ungeschehen werden, aber wir können uns selber besser behandeln.
    Alles Liebe Tinka

  • hallo ihr

    ich möchte hier keine lanze für die alkis brechen, und ich will hier auch nichts schön reden. skye hat das wunderbar geschreiben. ein nasser alki tickt nicht richtig, und es dauert lange bis sich das wieder einspielt wenn man anfängt abstinent zu leben. ich will versuchen euch klar zu machen das hinter der sucht keine bösartigkeit sondern hilflosigkeit steckt. wenn ihr verstehen könnt, das auch eure saufenden eltern letztendlich selbst nur opfer sind fällt euch das loslassen evtl leichter.

    logisch muß erst mal alles raus was sich da an wut und verzweiflung angesammelt hat, aber wenn ihr dann umsetzen könnt, das sucht eben nichts mit dem willen oder vernunft oder eben auch logik zu tun hat, dann könnt ihr vielleicht abschließen und euch darauf konzentrieren wie es euch gut geht. solange die gedanken um den süchtigen elternteil kreisen, solange ist kein platz für gedanken die euer leben verschönern. ich weiß auch das das alles viel einfacher gesagt als getan ist, aber es ist der einzige weg. ich als alki muß lernen alles auf alkohol zu kontrollieren was ich zu mir nehme und ihr müßt lernen eure gedanken zu kontrolliern. das braucht zeit und ist am anfang sehr anstrengend, aber es wird mit jedem tag ein stück leichter.

    und noch eins, sicher gibt es mütter, die auch ohne sucht keine mütter sind, die ihre kinder nicht lieben, aber das ist doch eher die ausnahme. die aller meisten mütter reißen sich für ihre kinder doch eher ein bein aus als sie leiden zu sehen. süchtige mütter sehen das aber nicht, sucht macht blind.


    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • Zitat von ex-unbeschwert

    Hallo Dorothea und Riona,

    erstmal danke für eure Antworten.

    Ich komme bei euch aber einfach nicht über den Eindruck hinweg, dass ihr euch doch sehr an diesem Wort "Hass" aufhängt. "Hass" ist natürlich ein großes Wort, aber dass ist es nun mal, was ich und vielleicht andere hier dafür empfinden.

    Hass ist aber nicht nur ein großes Wort, sondern auch ein großes Gefühl. Und wie Mr. Hardcore eben auch schreibt, kann dieses Gefühl zwar zu einer Entwicklung dazu gehören, aber einen selbst auch behindern weiterzukommen.
    Und so wie du reagierst, hab ich das Gefühl, du bestehst auf deinen Hass und bist gar nicht bereit, davon abzulassen. Das ist natürlich dein gutes Recht - die Frage ist nur, was bringt es dir?
    Ich bin noch nicht lange hier, aber ich habe gelernt, dass für EKAs wichtig ist, sich von den trinkenden Eltern zu lösen. Wieder auf sich selbst zu achten, sich um sich kümmern und nicht zusammen mit dem Alkoholiker unterzugehen.
    Und ich glaube einfach nicht, dass du das schaffen kannst, solange du jemanden hasst, weil der Hass dich an die Person bindet.

    Zitat von ex-unbeschwert

    Ich kann ja verstehen, dass ihr für die Mütter und Väter die alkoholkrank sind eine Lanze brechen wollt, aber ich glaube nicht, dass ich hier die gleichen Reaktionen bekommen hätte, wenn ich geschrieben hätte, dass ich total am verzweifeln bin und nur noch weine. Dieses Verhalten würde mich ja im Grunde auch nicht weiterbringen, oder?

    Ich will keine Lanze für Alkoholiker brechen. Aber Fakt ist doch nun mal, wie Mr. Hardcore auch schreibt, dass Alkohol das Bewusstsein verändert. Es bringt nichts, von einem Alkoholiker was zu erwarten. Daher halte ich es für wichtig, die Sichtweise auf einen Alkoholiker zu ändern. Wie Skye sagte, mit Logik kommt man da nicht weiter.
    Natürlich hättest du andere Reaktionen bekommen, wenn du geschrieben hättest, du würdest weinen. Genauso wie jemand andere Reaktionen bekommt, wenn er fröhlich ist. Aber auch bei denen, die traurig sind, les ich hier immer wieder die Ratschläge, die einem aus der Traurigkeit raushelfen. Noch dazu ist Traurigkeit ein Gefühl, dass einen selber nicht so auffrisst, wie Hass. Trotzdem muss auch die Traurigkeit irgendwann abgeschlossen werden, damit man weiterkommt und genau das wird in diesem Thread geraten. Es geht darum, dass wir erwachsene Kinder weiterkommen. Aber Hass bindet einen an die gehasste Person - wie soll man da weiterkommen?


    Zitat von ex-unbeschwert

    Ob ich nun wütend, traurig, verzweifelt etc. bin, darauf dürfte es doch nicht ankommen. Alles resultiert aus der Alkoholsucht von Mutter und/oder Vater, sonst würde man hier ja nicht im Forum schreiben. Und was ist so verkehrt an einer erhofften Entschuldigung? So funktioniert jede Gesellschaft. Man macht etwas, was den anderen verletzt und entschuldigt sich dafür. Es gibt extra Organisationen, die sich für den Opfer-Täter-Ausgleich engagieren und da ist von den Opfern immer zu hören, dass es ihnen viel geholfen hat, dass sich der Täter entschuldigt und begriffen hat, was er angerichtet hat.
    Ganze Religionen basieren auf Buse tun und um Vergebung (ich bin nicht religiös).

    Verkehrt? Wohl nichts. Aber wie lange willst du warten? Dann schreibst du mit 50 immer noch die gleichen Gedanken hier im Forum auf, weil du immer noch auf die Entschuldigung wartest, von der du eigentlich weißt, dass sie dir nichts bringt, weil sie dir die versaute Kindheit doch nicht wiederbringt.
    Zu den Religionen sag ich nix, weil ich niemanden auf den Schlips treten will. Zu Opfern, die eine Entschuldigung hören und denen es danach wieder gut geht, da finde ich, pickst du dir die Rosinen raus. Ebenso gibt es nämlich Opfer, denen die Entschuldigung wie ein Schlag ins Gesicht vorkommt. Wie Hardcore schon schrieb, ist es so, als würde der Täter damit alles wieder gut machen und sich seiner Schuld einfach entledigen.

    Zitat von ex-unbeschwert

    Ich weiß auch nicht, ob es mir helfen würde, wenn sich meine Mutter entschuldigen würde, weil es meine Kindheit nicht zurück bringt. Aber einfach davon auszugehen, dass jede Mutter ihr Kind liebt, finde ich sehr idealistisch. So ist es bestimmt nicht immer.

    Vielleicht ist es idealistisch, vielleicht aber auch nicht. Aber jeder liebt anders. Meine Mutter trinkt nicht und sie liebt mich trotzdem nicht so, wie ich es erhofft hatte. Ich hab gelernt, dass sie mir das gegeben hat, was sie eben geben konnte und kann. Es fällt mir bis heute nicht immer leicht. Ich weiß nicht, ob es mir überhaupt gelingen würde, wenn dann auch noch ihr Geist vom Alkohol umnebelt wäre... Trotzdem glaube ich, dass jede Mutter auf ihre Weise ihr Kind liebt, auch wenn diese Liebe im Alkohol untergeht.
    Aber wenn du besser damit klar kommst, dass deine Mutter/dein Vater (?) dich nicht liebt, ist es auch gut, hauptsache es hilft dir weiter.

    Zitat von ex-unbeschwert

    Und Krebs und Alkoholsucht sind für mich einfach eine andere Qualität von Krankheit. Sonst wären die Folgen für die Kinder und Angehörigen doch gleich, oder?

    Mal abgesehen davon, dass dieser Vergleich nicht von mir kommt, möchte ich sagen, dass nicht jeder die gleichen Folgen hat, wenn ein Elternteil trinkt.
    Ich kenne zum Glück kein Kind, dass seine Kindheit mit einem krebskranken Elternteil verleben musste, denke aber, dass die Folgen sich durchaus ähneln können, wenn die Krankheit/Medikamente das Bewusstsein des Elternteils so verändern, wie der Alk es tut.

    Zitat von ex-unbeschwert

    Ich trage als Mutter/Vater die Verantwortung für ein anderes Leben, für ein Kind und wenn das kein Grund ist, aufzuhören, dann sollte einem das zumindest leid tun. Ausgesprochen oder gezeigt.

    Wenn du so denkst, wage ich zu behaupten, dass du die Sucht nicht verstehst. Ich hab das Gefühl, du siehst Alkoholismus/Sucht als freie Entscheidung an.
    Ich hab noch nicht so viel bei den trockenen Alkoholikern gelesen, aber dass es ihnen jetzt leid tut schon. Aber eben erst nachdem sie trocken wurden.
    Ich glaube, solange man trinkt und süchtig ist, schnallt man das alles gar nicht und wenn mal so ein Gefühl aufkeimt, wird es sicher schnell ertränkt, weil es viel zu schmerzhaft ist...

    Alkoholsucht kaufst du dir übrigens auch nicht im Supermarkt...

    Es tut mir wirklich leid, was du offenbar durchleben musstest. So was hat niemand verdient. Aber ich glaube, mit deinen Gedanken und zornigen Gefühlen drehst du dich im Kreis und wirst nicht loslassen können.

    Mir kommt gerade der Gedanke, dass du vielleicht gar nicht loslassen willst. Vielleicht bist du gar nicht deswegen hier...was erhoffst du dir von hier?

    LG
    Riona

  • Hallo Ex-unbeschwert,

    mein Vater wollte mit einer Säuferin nichts zu tun haben, also mit mir, "so etwas kommt nicht von mir".

    Es tat sehr weh - aber ich hatte damit gelernt zu leben. Wir hatten ca. 12 Jahre keinen Kontakt .

    Am 24.12 ist er gestorben - heute weiß ich er hat sich tot gesoffen, eine Entschuldigung/ eine Einsicht kam nie - aber auch damit werde ich leben können, weil ich jetzt mein Leben lebe.

    Hass und Wut bringen mich persönlich nur soweit weiter, in dem ich schaue, was macht es mit mir, was kann ich für mich tun, damit es mir gut geht.

    Es wird immer Sachen/ Angelegenheit auch Ängste in meinem Leben geben, wo ich einfach lernen muss damit zu leben, wenn ich leben möchte.
    Ich kann nicht alles beeinflussen, aber ich versuche mein Leben vorwärts zu leben, auch wenn es sich um unterschiedlich grosse Schritte handelt, die ich gehe.

    So meine Gedanken

    die kawi

  • Hallo dorothea,
    ich finde es sehr gut, wie du deine Gedanken hier beschreibst. Für mich persönlich war das Schlimmste, dass ich wusste das meine Mutter trinkt weil sie unglücklich und tief verletzt ist. Es ist jetzt aus der Luft gegriffen, aber ich denke es wäre anders gewesen, wenn sie aus Freude getrunken hätte.
    Dieses Gefühl ihrer Verzweiflung und das Wissen ihr nicht helfen zu können, war die ganzen Jahre das Schlimmste für mich. Ich dachte sie könnte es wenigstens mir zu Liebe machen, wenn schon nicht für sich selbst, denn ich war ja angeblich das Wichtigste für sie, aber auch ich konnte ihr nicht helfen, sie musste es selber wollen.
    Auch bei mir ist Wut, aber am wichtigsten ist für mich damit klarzukommen, dass ich einem geliebten Menschen nicht helfen konnte, egal wie, dass zeigt mir wie stark diese Sucht ist und welche Wellen diese schlägt.
    Ich denke beide sind Opfer, Eltern und Kinder und jeder muss für sich das Beste tun, denn Verletzungen gab es bei allen zu genüge.
    Ich wünsche Dir alles, alles Gute und es ist schön zu hören, dass du dich aus dem Teufelskreis befreit hast, nicht nur für deine Kinder, sondern auch für DICH!
    LG Tinka

  • Hallo Tinka,

    ich weiß nicht, wie oft ich von meiner Mutter gesagt bekam ich wäre der wichtigste Mensch in Ihrem Leben. Ich denke, so ist es wohl auch gewesen, denn sonst hätte sie aufhören können. Damit sie eine Chance gehabt hätte der Sucht zu entkommen hätte sie selbst der wichtigste Mensch in ihrem Leben sein müssen.

    Gruß
    Skye

  • Hallo Skye,
    danke, bin jetzt platt;), du hast es genau getroffen. Ich habe gestern Abend ziemlich lang, genau darüber, nachgedacht. Ich hatte einen Freund, der nahm Drogen und wollte "mir zu Liebe" damit aufhören, dass war so ein schlimmes, erdrückendes und beengendes Gefühl, dass ich ihn nach seinem Entzug, nie wieder sehen wollte. Habe die Beziehung beendet und war froh von ihm weg zu sein. Es stellt eine so hohe Anforderung an einen, dieser kann man gar nicht gewachsen sein...
    Vielen Dank, muss jetzt schmunzeln ;)...
    Liebe Grüße Tinka

  • hallo,

    meine erfahrung zum thema hass. auch ich habe meinen vater gehaßt, hab ihn verflucht, ihm den tod gewünscht und es hat ja auch nichts gebracht. in dem moment hatte ich ne rechtfertigung ihn links liegen zu lassen, was ihn aber auch nicht die bohne beeindruckt hat. drohungen wie ich will nichts mehr mit di rzu tun haben, waren im sowas von egal. erst nach guten 15! jahren konnte ich mich davon distanzieren. der hasszustand war auch in der zeit als ich bei meinen eltern gelebt habe. seit ich seperat wohne hat sich das ganze für mich verbessert. aus hass wurde nun distanz, empfinde garnicht mehr viel. manchmal noch die frage warum es für ihn so kommen mußte. er hat auch nie gelernt gefühle zu zeigen etc. meine oma war da wohl recht kalt. also ich weiß nicht was ich ändern könnte, das ist seine sache und ich versuche mein leben zu leben, schwerer ist da meine co-mutter die mich gern als seelischen mülleimer missbraucht. sie nwill nichts ändern und´wenn dann muß ich ihr eher vorwürfe machen warum sie mich als kind nicht vor diesem erleben bewahrt hat. daran hab ich momentan zu knabbern.

  • Hallo zusammen,

    ich wende mich jetzt einfach direkt an alle, um möglichst auf alles antworten zu können.

    Erstmal finde ich es echt schön, dass jetzt doch so eine auführliche Diskussion entstanden ist. Anfangs hatte ich das Gefühl, dass eben nur die Hoffnungsvollen und Traurigen Gehör bekommmen.

    Bei allen euren Antworten weiß ich vom Kopf her, dass die Wut mich nicht weiterbringt, aber das Herz ist das Problem. Ich weiß nicht, wie ich den Kopf und die Seele in Einklang bringen soll. Loslassen schreiben hier alle. Aber wie??? Ich habe wirklich viel versucht. Auch Therapie. Es ist so wie Tinka schreibt. Das meine Mutter zu Hause sitzt, trinkt und unglücklich ist, ist so wahnsinnig belastetend. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich darüber nachdenke wie sie seit wahrscheinlich 40 Jahren trinkt und keine anderen Sinn im Leben sieht. Loslassen schreibt ihr, aber wie kann ich zusehen, wenn jemand zu Grunde geht?!?! Bei jedem fremden Menschen, bei dem ich sehe, dass er Hilfe braucht, versuche ich doch auch zu helfen. Ich weiß, wenn der Alkoholiker nicht möchte, dann geht nichts.
    Zu der Frage nach meinem Vater. Der hat sich, als ich 16 war, ins Ausland verabschiedet und eine neue Familie gegründet, weil er es mit meiner Mutter nicht ausgehalten hat. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, danach die Alkoholsucht von meiner Mutter zu beschönigen und gleichzeitig von mir zu verlangen, ich soll mich gefälligst um sie kümmern, weil sie ja sonst niemand hat. Vor zwei Jahren habe ich über eine Suchmaschine einen Halbbrunder ausfindig machen können (der nicht aus der neuen Familie ist, sondern von einem Seitensprung aus der Zeit mit meiner Mutter). Der erst Kontakt war sehr nett und ich habe ihm erstmal nicht erzählt, dass ich noch Kontakt zu unserem Vater habe, da mein Vater sich um ihn nie gekümmert und nur sporadisch Unterhalt gezahlt hat. Das ich einen Halbbruder habe, weiß ich nur von meiner Mutter, mein Vater weiß gar nicht, dass ich die ganze Geschichte kenne und ihn ausfindig habe machen können. Also dachte ich, schön, jetzt hast Du ja doch eine Stück Familie hier in Deutschland. Aber von wegen. Der Halbbruder ist stinksauer auf unseren Vater, will den ausstehenden Unterhalt einklagen, wenn er rausbekommt wo er ist und ihn in Italien "besuchen".
    Vor lauter Panik habe ich den Kontakt abgebrochen, weil wenn das alles rauskommt, kann ich meinen Vater nicht mehr besuchen. Und wenn wir gerade bei den ganzen Lügen sind. Meine Mutter weiß nichts von der neuen Familie im Ausland, weil mein Vater es für nötig hält, ihr immer wieder zu sagen, dass er evtl. zurück kommt. Nur um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.

    Sorry, die Kurzfassung ist nun doch ausführlicher geworgen, als ich wollte. Aber so sieht mein Leben aus. Umgeben von Lug und Trug.
    Ja, loslassen. Ihr habt ja recht. Aber noch mal, wie denn? Mit Beschwörungen vom Kopf an die Seele funktioniert es nicht. Die macht dicht und ist verletzt. Ich such mir natürlich immer die falschen "Freunde" aus, die nur an sich selbst interessiert sind.

    Also im Grunde fühle ich mich so unendlich einsam. Weil ich nicht weiß, wie ich das alles gebacken bekommen soll. Mein Vater nervt, indem er seine tolle neue Familie preißt, zum Halbbruder kann ich keinen Kontakt haben, meine Mutter trinkt sich ins Grab und meine Schwiegerfamilie sind die totalen Spießer, die, auch ohne alles zu wissen, mir ein bißchen das Gefühl von einem Aschenputtel geben.

    Was soll den werden, wenn die Wut nachläßt? Wenn doch keiner da ist, der die Tränen trocknet und einem zuhört? Wenn die Mauer weg ist und dahinter ist keiner? Wo ist denn da das Licht am Ende des Tunnels.

    Darum halte ich an meiner Wut, an meinem Hass fest. Ich weiß nicht, was danach kommt. Ich sehe da nichts und niemanden.

    Vielen Dank an alles, die sich die Mühe gemacht haben, alles zu lesen.

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    P.S. Und sorry für die mögichen Rechtschreibfehler, aber wenn ich jetzt noch einmal alles lese, dann lösche ich vielleicht wieder alles.

  • Hallo ex-unbeschwert,
    ich kann so ziemlich alles in deinem Beitrag nachvollziehen. Angefangen von meinen Schwiegereltern ;), bis hin zu den Gefühlen deiner Mutter und Freunden gegenüber.
    Ich fühle mich auch wie ein Aschenputtel, als würde meine Freunde sich nur für sich interessieren und mein Vater hat eine neue Familie und kann mich nicht brauchen.
    ABER, ich für mich merke langsam, dass vieles, wie Menschen zu mir sind oder ich mich fühle, ganz allein an mir liegt. Das mit dem LOSLASSEN ist auch nach wie vor ein schwieriges Thema für mich, reden kann ich leicht, aber umsetzen, muss ich üben;).
    Es ist für mich auch ein schmerzender Gedanke, an meine Mama, so verzweifelt und allein, sich selber zu Grunde richtend. Ich habe einige Beiträge von Skye gelesen und kann einiges für mich daraus ziehen. Ich habe angefangen ihr keine Vorwürfe mehr zu machen, ich rede nicht mehr auf sie ein, denn es kostet mich endlos Kraft und bringt nichts. Ich hatte oft so eine Wut, wollte sie schütteln und sagen "Wach auch, kapier es doch endlich, du machst dich selber kaputt, du machst dir doch deine Probleme selber, steigerst dich in Dinge rein, hälst an deinem Kummer fest..." und doch war diese Wut nur da, weil ich sie liebe und es mich verletzt, wenn es ihr schlecht geht.
    Jetzt habe ich meine Sichtweise geändert, ich denke mir, es ist schlimm sie so verletzt zu sehen, aber ich schimpfe auch noch auf sie ein und mache mich selbst kaputt. Mit jedem schlechten Gefühl meiner Mutter gegenüber verletzte ich mich selbst. Ich schreibe alles in Briefe, was mich verletzt hat, wie es mir in manchen Situationen ging und wie ich mich gefühlt habe. Das hilft mir, langsam zu mir zurück zu finden, nicht nur Wut zu empfinden, denn dahinter steckt einfach so viel Verzweiflung und Hilflosigkeit, einfach nichts tun zu können.
    Ich habe mich lange selbst ignoriert und wie sollen andere mich "sehen", wenn ich es selbst nicht tue. Ich habe mich selber runter gemacht, ich war nie gut genug und konnte doch alles am besten.
    Ich habe meine Gefühle nicht wahr genommen, wie solllten es andere tun.
    Hinter meiner Mauer steckt auch ein einsames, verlassenes kleines Kind, dass tief verletzt ist, aber das ist jetzt erwachsen und kann zum Glück dafür sorgen, dass es ihm gut geht. Ich merke umso mehr ich mich auf mich konzentriere, überlege, was will ich, was empfinde ich, was ist mir wichtig, was fühle ich, was brauche ich in diesem Moment, was nervt mich..., umso weniger Zeit habe ich, mich um meine Mutter zu kümmern.
    Tut mir leid, wegen dem langen Text :)
    Und eine Sorge kann ich dir nehmen, du bist nicht allein, du hast DICH und kannst dir auch hier deine Sorgen und Gefühle von der Seele schreiben.
    Liebe Grüße Tinka

  • Hallo ex-unbeschwert,

    also ich hab alles gelesen und es war ganz sicher keine Mühe!

    Ja, das Gefühl und die Angst vor der Einsamkeit kenn ich auch.
    Gestern war meine Mutter hier, ich glaub, es war das erste mal dieses Jahr...wir verstehen uns ja, wenn wir uns sehen oder hören, aber von ihrer Seite aus kommt da extrem wenig.
    Und gestern fiel mir mal wieder auf, dass wir gar nicht so richtig unbeschwert brabbeln konnten, es war wie fahren mit angezogener Handbremse.

    Wenn ich den Clown spiele ist alles gut...vielleicht erwartet sie einfach eine Art Unterhaltungsprogramm, weil es zu Hause so ernst ist.

    Natürlich hab ich Angst mich von ihr zu distanzieren, wenn ich die Alkoholsucht und ihre Co-Abhängigkeit nicht mehr zu deren Bedingungen mitmache, wenn ich die Spielregeln missachte.

    Zu meinem leiblichen Vater hab ich kaum Kontakt, ich bin ihm zu dick. Noch dazu habe ich eine Krankheit von ihm geerbt, womit er auch nicht klar kommt.
    Den meisten Kontakt hatten wir wegen meiner Oma.
    Oma starb letztes Jahr, sie war mit der wichtigste Mensch in meinem Leben.
    Mit ihr starb auch der Kontakt zu meinem Vater wieder mehr.
    Ich schrieb ihm einen Brief, mitte Dezember. Ich stellte ihn vor die Wahl, entweder lernen wir, normal miteinander umzugehen, oder wir kappen den Kontakt komplett, ohne Geburtstagstelefonate usw.
    Neujahr rief seine Frau an, erst redeten wir belanglos, dann kam die Sprache auf den Brief. Mein Vater war wohl ziemlich überrascht, brauchte jedenfalls noch Zeit, aber sie würde schon hinterher sein, dass er mit mir in Kontakt tritt.
    Auf diesen Kontakt warte ich immer noch.
    Habe ihm nun vor wenigen Tagen eine Mail geschrieben, ob sein Schweigen seine Antwort ist und dass ich denke, dass ich als seine einzige Tochter ein Recht auf eine Antwort habe.

    Du glaubst nicht, wie schlecht mir ist. Wenn er den Kontatk abbricht, ich weiß nicht, was dann passiert.

    Aber ich weiß, dass die Trauer vergehen wird. Aber so, wie es bisher lief, so reißen meine Wunden nur nach jedem Kontakt wieder auf.

    Ja, Einsamkeit ist ein fu..ing event...

    Ich verstehe daher wirklich von ganzem Herzen, dass du Angst hast, Schritte zu unternehmen.
    Ich bin nicht bibelfest, ein Therapeut sagte mal, als Moses die Sklaven befreite und ins gelobte Land führte, seien Sklaven wieder umgekehrt, zurück in die Sklaverei. Schließlich sahen sie nicht das gelobte Land, sondern nur Wüste und sie hatten Angst zu sterben. Also wählten sie die Sklaverei, die vertraute Sch...e, sozusagen lieber aushalten, als ins Unbekannte zu wandern.
    Ob nun wirklich Sklaven umkehrten, weiß ich nicht...

    Das hat meine Oma ihr Leben lang gemacht. Opa hat getrunken, sie hat sich darüber aufgeregt. Sie hat nie was geändert, hatte Angst, sich von ihm zu trennen. Dabei hat er so gut wie nie gearbeitet, die haben sich damals ihre Brillen vom Sperrmüll gesucht, hatten wirklich nie viel Geld und nie viel materiellen Besitz und trotzdem meckerte Oma lieber, statt was zu ändern.
    So bin ich auch, aber ich habe Hoffnung, das ändern zu können, denn ich merk es jedenfalls.

    Wir müssen nicht 40 Jahre durch die Wüste ziehen und doch haben wir Angst vor dem Unbekannten.

    Die Frage, die wir uns alle immer wieder stellen müssen ist, kann das Unbekannte schlimmer sein als der jetzige Zustand?

    Kann deine Einsamkeit schlimmer sein als dein jetziger, familiärer Zustand? Ist deine trinkende Mutter und dein Vater in Italien wirklich eine so gute Gesellschaft in deinem Leben?

    Noch dazu ist ja nicht 100%ig sicher, dass sich beide von dir abwenden, wenn du das "Trink-Spiel" nicht mehr nach ihren Regeln mitspielst; vielleicht ist es doch einen Versuch wert, mal einen Schritt zu wagen...

    Fühl dich fest umarmt.

    LG
    Riona

  • Hallo Riona,
    natürlich darfst su fragen;), ich gebe sie ihr, habe dann irgendwie das Gefühl es los zu sein. Ich schreibe aber auch für mich selbst einiges auf, um mir besser über mich klar zu werden. Wird dann irgendwie deutlicher.

    Noch etwas fällt mir hierzu ein, wegen unseren Vätern. Ich habe das auch lange mit mir rumgetragen, dass er sich nicht für mich interessiert und ich kaum Kontakt zu ihm habe. Habe mich einige Zeit mit meinem Vater beschäftigt, denn Erinnerungen an ihn und die Gefühle ihm gegenüber. Da wurde es mir bewusst, er hat mich immer wieder zu tiefst verletzt, ich war nie gut genug, konnte nie was richtig machen... Ich mochte seine Gegenwart eigentlich nie, er ist ein Koleriker und hat mich immer wieder angeschrien und vor anderen blossgestellt. Er war nie der liebevolle und mitfühlende Vater, denn ich mir gewünscht hätte (er trinkt keinen Alkohol;)). Ich liebe ihn und es gibt auch gute Seiten an ihm, aber eine wirkliche Bereicherung ist er nicht. Es macht mich nicht mehr traurig, dass wir so wenig Kontakt haben, er lebt sein Leben und ich meines, ihm geht es gut und das freut mich für ihn.
    Ich frage mich nicht mehr, ob ich es nicht wert bin, dass er sich um mich bemüht...Ich frage mich, will ich überhaupt den Kontakt zu ihm? Und es macht mich nicht mehr traurig, denn ich brauche ihn nicht.
    Liebe Grüße an euch zwei Tinka

  • Hallo noch mal,

    also das mit dem Clown spielen, dass kenne ich auch sehr gut. Immer die Lustige miemen, damit andere ja mit einem lachen und bloß nicht über einen. Und wer hat nicht gern einen immer fröhlichen Menschen um sich, mit dem man Pferde stehlen kann und immer einen flotten Spruch auf Lager hat. Und gerade lag/liegt bei mir das Problem. Die Menschen machen sich ein Bild von einem, wenn man immer lustig und heiter ist und suchen einen wahrscheinlich nach diesen Eigenschaften auch aus. Und wenn dann der erste Blick hinter die Kulissen fällt, fällt bei vielen dann erstmal der Vorhang.
    Bei meinem Vater ist es heute noch so. Solange ich ihm erzähle, was er hören will, vorzugsweise lustige Geschichten aus dem verrückten Deutschland, ist alles in Ordnung. Aber wenn ich sage, dass es mir schlecht geht, hat er ganz plötzlich viel zu tun und muß aufhören zu telefonieren. Als ich ihm erzählt hatte, dass sie bei mir Knoten gefunden habe und ich jetzt Angst habe, dass es was bösartiges ist, hat er mich fast schon ausgelacht, weil ich ja noch nicht mal die Ergebnisse habe. Der gleich Mann, bei dem jedes Zipperlein ein Drama ist.

    Es stimmt schon, man sollte sich wirklich frei machen davon, was andere von einem denken. Auch wenn es die eigenen Eltern sind. Als ich einmal 15 Kilo abgenommen hatte und ich meine Mutter nach langem wieder einmal gesehen habe, hat die nur gemeint "na endlich, es war ja schon peinlich, wie Du ausschaust!". Sie selbst wiegt bestimmt 150 Kilo, aber ich bin ihr peinlich. Also nicht das sie mir wegen dem Gewicht peinlich gewesen wäre (sowas ist mir egal), aber das von ihr, die mich vor Freunden schon zu Tode blamiert hat, war doch schon extrem verletzend.

    Und ich immer schön am grinsen bei all den Sachen. Habe mich noch kleiner gemacht, mir den Schuh angezogen, von wegen, darfst nicht krank sein, darfst nicht dick sein, mußt gute Noten haben, studieren, schick anziehen, was darstellen. Und was kommt dabei raus? Noch mehr Forderungen und überzogene Vorstellungen von meinem Leben.

    Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich meinen Eltern auch immer nur eine Rolle vorgespielt. Um ja von ihnen geliebt zu werden. Aber das tun sie nicht so, wie es sein sollte (für mich). Und weil das alles nicht funktioniert hat, habe ich langsam angefangen, richtig sauer/wütend etc. zu werden. Ich wollte meine Belohnung für meine Bemühungen. Und dann waren auf einmal viele "Freunde" nicht mehr wirklich sehr interessiert an mir. Ich habe ihrer Vorstellung von mir nicht mehr entsprochen und wenige haben sich die Mühe gemacht, nachzufragen, was eigentlich los ist. Aber was sollte ich denen dann sagen? "Meine Mutter ist Alkoholikerin, mein Vater hat sich aus dem Staub gemacht und ich bin überhaupt nicht so lustig, wie euch das vielleicht einbildet"? Ging gar nicht, also sind einige Kontakt abgebrochen.

    Wie macht ihr das, wenn ihr nach euren Eltern gefragt werdet und ihr die Leute noch nicht so gut kennt? Ich bin so darauf geeicht, alles geheim zu halten, dass ich dann im Zweifelsfall zum lügen anfange und irgendwas erzähle. Das mit dem Lügen ist auch so eine Sache. Ich fang manchmal einfach zum Lügen an, nur um der Lügen willen, wie es manchmal scheint. Aus den größten Nichtigkeiten mache ich ein Lüge. Und wenn es nur darum geht, dass ich zum Beispiel 2 statt 3 Euro in der Tasche habe. Obwohl es überhaupt keinen Unterschied macht. Ich muß mich teilweise wirklich zur Wahrheit zwingen.

    Kennt ihr sowas auch? Ich habe manchmal die Befürchtung, dass die Menshen um mich rum das checken und werde schon etwas paranoid, wenn jemand mal komisch ist und ich nicht mehr weiß, was ich wieder alles erzählt habe.

    Vielleicht habt ihr ja ähnliche Erfahrungen gemacht?

    Jedenfalls wollte ich mich noch für eure tollen Antworten bedanken. Es hat mir wirklich schon sehr geholfen. Das mit der Rückkehr in die Sklaverei, anstatt auf die Freiheit zu hoffen, finde ich ein tolles Beispiel. Es ist wirklich so. Aber man findet hier ja tolle Begleiter durch die Wüste. Und wenn man mal die Richtung aus den Augen verliert, scheinen ja genug "Ex-Sklaven" zu geben, die einem von dem schon erreichten gelobten Land erzählen können.

    Liebe Grüße an alle Wüstengänger

    ex-unbeschwert

  • Hallo ex-unbeschwert,

    Deine Mutter ist Alkoholikerin mit all den schon hier und in anderen Threads genannten Konsequenzen. Was sie aber nicht ist, ist hilflos. Wenn sie will kann sie Hilfe bekommen, es gibt nicht gerade wenig in dieser Beziehung für Alkoholiker die trocken werden wollen in diesem Land. Bei aller Traurigkeit die einen überkommt, wenn man dieses Häufchen Elend sieht, dass ein Alkoholiker auf jeden Fall ist, sollte man nie vergessen, sie sind schwer krank aber nicht hilflos. Auch wenn sie diesen Eindruck sehr gerne vermitteln. Es gibt Hilfe, sie müssen sie nur suchen und annehmen, dass ist etwas das ihnen niemand abnehmen kann. Wann es soweit ist entscheidet der Alkoholiker selbst.

    Dein Vater ist den für ihn bequemsten Weg gegangen und hat Dir die Verantwortung für Deine Mutter übergeben. Du hast sie aufgrund Deiner Konditionierung durch das Aufwachsen in einer Alkoholikerfamilie angenommen. Der einzige Mensch der für Deine Mutter verantwortlich ist, ist sie selbst, lass Dir nichts anderes einreden.

    Dein Vater hat Deinen Halbbruder gezeugt, hätte er nicht tun müssen. Es gibt Mittel und Wege für einen Mann das zu verhindern. Hat er nicht, also muss er die Konsquenzen seines Handelns tragen und wenn das unter dem Strich ein wütender Sohn ist, ist das sein Problem nicht Deines.

    Anderen etwas zu geben und sich selbst etwas dabei zu nehmen, ist der falsche Weg zur eigenen Zufriedenheit. Du nimmst Dir den Halbbruder, der Dir offenbar sehr sympathisch ist, um Deinem Vater die Ruhe vor ihm zu geben. Du nimmst Dir selbst etwas, um Deinen Vater vor den Konsequenzen seines Handelns zu beschützen. Dein Vater ist erwachsen er kann für sich sorgen und ist fähig die Suppe die er sich eingebrockt hat selbst auszulöffeln.

    Du hast Dir mit Deinem Halbbruder das einzige genommen, was für Dich positiv war. Ein, wie ich finde, unnötiges Opfer. Vielleicht wäre es ein Anfang den Kontakt wieder aufzunehmen und einfach zu schauen wohin es führt. Es ist nicht Deine Aufgabe Deine Eltern zu beschützen, weder vor sich selbst noch vor den Folgen ihrer Handlung, nichts anderes ist es, was Du tust oder zumindest versuchst. Sie sind erwachsen alle beide und können sich sehr gut um sich selbst kümmern, wenn sie denn wollen.

    Nicht die anderen sind es die ein Aschenputtel in Dir sehen oder Dir das Gefühl geben eines zu sein, Du selbst bist es die das tut. Hol Dich selbst aus dem Dienstbotenreich und setze Dich selbst an erste Stelle in Deinem Leben. Ich weiß, dass hört sich schwer an, ist auch nicht immer so ganz einfach, aber es ist zu schaffen. Anfangen, dass musst Du allerdings......

    Gruß
    Skye

  • ex-unbeschwert , ich kann mich gar nicht so entsinnen, wie und wann ich nach meinen Eltern gefragt wurde...dabei hab ich 2008 viele neue Leute durch ein Forum auch persönlich kennengelernt.

    Wenns dir zu viel wird, zu persönlich wird, sags doch indirekt.

    Ich mein, wenn mich jemand nach meinem Vater fragt, sag ich, dass wir nicht so viel Kontakt haben und dann bohrt niemand nach. Das könntest du ebenso sagen.

    Nicht, weil DU dich für das Verhalten deiner Mutter schämen müsstest, sondern weil du nicht sofort über persönliche Details reden musst, sondern erst dann, wenn du genug Vertrauen gefasst hast.

    LG
    Riona

  • Hallo Skye,

    es stimmt schon, dass ich mich selbst oft als Aschenputtel sehe. So nach dem Motto "Einen Vogel erkennt man daran, aus welchem Nest er geschlüpft ist". Den "Stempel" Alkoholikerkind habe ich aber nun mal. Ich kann nichts dafür, aber das war als Kind schon mein größtes Problem. Die Außenwirkung. Ich weiß, sehr oberflächlich, aber wer immer alles nach Außen vertuschen muß, wird wohl auch so.

    Jetzt wollte ich aber doch noch mal auf die Sucht von Alkoholikern kommen. Du schreibst, dass jeder Alkoholiker nur aufhört, wenn er wirklich will. Es es ihm wichtig genug ist. Das man das von Außen nicht wirklich beeinflussen kann. Das sie somit für sich selbst verantwortlich sind. Aber wenn ich Alkoholikern soviel zutrauen würde, dass sie es selbst schaffen und somit den Willen dazu aufgebringen, dann verstehe ich es leider immer noch nicht, wenn die Süchtigen gleichzeit "in Schutz" genommen werden, was das Verhalten gegenüber ihrer Umwelt betrifft.
    Wenn sie es doch wirklich wollen würden, könnten sie das doch auch ändern, oder? Vielleicht spere ich mich jetzt einfach gegen die "Logik" der Sucht, aber wenn ich gleichzeitig akzeptieren soll, dass meine Mutter mich nicht anders behandeln konnte, weil sie eben süchtig ist, dann kann ich nicht verstehen, wie ich sie in ihrer Sucht zu Grunde gehen lassen soll (wenn sie keine Hilfe annimmt), wenn sie doch nicht anders handeln kann.
    Ich hoffe, ich habe mich jetzt nicht allzu verwirrend ausgedrückt?!?! Mir geht es jetzt wirklich nicht wieder darum, meine Mutter die Schuld für alles zu geben. Ich möchte es nur verstehen. Wenn sie nicht anders kann als trinken, weil die Sucht stärken ist, dann kann sie doch auch nicht aufhören. Außer es gibt etwas, wofür es sich lohnt. Und da bin ich wieder bei dem Punkt, dass ich es nicht wert war.

    Vielleicht verstehe ich es einfach nicht, weil es heißen würde, 36 Jahre falsch gedacht zu haben und dieses Loslassen der Verantwortung die derzeit letzte Verbindung zu meiner Mutter kappen würde.

    Das ich wieder Kontakt zu meinem Halbbruder aufnehme, kann ich mir im Moment nicht vorstellen. Wenn ich mir die Auswirkungen vorstelle, wird mir schlecht. Es sind nicht meine Lügen, die seit Jahren in dieser Familie totgeschwiegen werden, aber ich möchte auch nicht die Folgen tragen müssen, wenn die Bombe platzt. Vielleicht erzähl ich erstmal meinem Vater, dass ich Kontakt habe/hatte und schau mal was dabei rauskommt. Nicht sehr mutig, aber immerhin vielleicht ein kleiner erster Schritt.

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

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