...und stellt sich erst mal "öffentlich" vor:
(Auszugsweise aus dem Vorstellungsbereich kopiert)
Ich bin 35 Jahre jung, weiblich, sehr sensibel und vertusche mein lausiges Selbstbewusstsein mit einer ziemlich großen Klappe. Am 19.04.11 habe ich für mich entschlossen, dass 20 Jahre Alkohol genug sind und mich meinem Ziel -der ewigen Jugend- nicht näher bringen. Im Gegenteil... Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass die kleinen roten Äderchen unter den Augen und die biergeformte Negativ-Taille ziemlich unvorteilhaft aussehen.
Ich weiss schon seit Anfang 20, dass ich meinen Alkoholkonsum drastisch einschränken sollte...habe dann aber den Absprung verpasst, weil ich mein "schönes, freies, wildes Leben" nicht aufgeben wollte. Ich WOLLTE nicht, selbst wenn ich es gekonnt hätte! Gerade die gutgemeinten Ratschläge von meiner Mutter und meiner damaligen Freundin, haben mich in dem Bewusstsein nur bestärkt, dass ich eine einsame und unverstandene Wölfin bin. (Darauf noch ein Bier und Janis Joplin voll aufgedreht.)
Ich habe auch am liebsten zuhause gesoffen -alleine, nur mit der Musik über Kopfhörer und dabei gemalt. Im drömeligen Kopp konnte ich sogar Liebesgedichte schreiben. Nüchtern fehlen mir oft die Worte, um meine Gefühle auszudrücken.
Ich bin übrigens nicht verheiratet, habe keine Kinder und auch meine Eltern wohnen weit genug weg. Ich bin seit 1992 in meinem Beruf, habe dort bislang keine Probleme wegen dem Alk gehabt und musste auch noch nie den Lappen abgeben. Ich führte sozusagen ein unauffälliges Alkoholikerdasein, wo abends schon mal eine, eher zwei Flasche/-n Rotwein oder 4-6 halbe Liter Bier bei draufgingen.
Naja, aber seit nunmehr 16 Tagen will ich das nicht mehr. Auslöser war vielleicht meine weinende Freundin, die sich Sorgen um mich machte. Oder ein Telefonat mit meinem Vater, der wieder dudeldicke war (ist auch Alki -will aber nichts dran ändern). Ich weiss es ehrlich gesagt nicht so genau und weiss auch nicht, ob das überhaupt wichtig ist.
Ich lese seitdem jedenfalls täglich hier und in anderen Sucht-Foren mit, halte mich von den trinkenden Nachbarn fern und lasse Bier und Wein in den Supermarktregalen stehen.
Ich will es jetzt einfach packen -meine Zeit ist mir zu schade für den Suff.
Vermutlich wird mein grösstes Problem aber der ehrliche Umgang mit meinem Umfeld sein... Ich schäme mich für meine Alkoholabhängigkeit und muss erst lernen damit umzugehen. Bisher speise ich meine trinkenden Freunde und Nachbarn damit ab, lapidar zu sagen, dass ich keine Zeit habe, oder mir momentan einfach nicht nach Alkohol ist. Im Grunde habe ich auch nur 2 wirklich gute FreundInnen, die wenig bis gar nichts trinken und zu denen bin ich ehrlich und erlaube mir auch mal Schwäche zu zeigen.
Und natürlich meine Partnerin, die sich über meinen Sinneswandel freut -aber dem Braten noch nicht so recht traut. Kann ich ihr nicht verübeln. Ich wäre ja nicht die Erste, die es nicht packt.
Dazu muss ich aber direkt sagen, dass ich ihr noch nie versprochen habe aufzuhören. Ich habe mich zwar öfter mal zurück gehalten (nur 1-2 Gläser Wein am Abend). Aber wenn sie mal einen oder zwei Tage beruflich unterwegs war, alles nachgeholt... Und das hat sie danach auch immer mitbekommen, schon allein wegen des Leerguts.
Ich stand immer dazu, dass ich gerne und viel trinke -einfach weil es mir auch geschmeckt hat und habe keinen Sinn darin gesehen Versprechen zu geben, die ich gar nicht halten will.
(Ich habe ihr lediglich ein mal versprochen, für eine Woche nichts zu trinken. Und mich dann auch daran gehalten, weil ich nicht wollte, dass sie sich ernsthafte Sorgen macht.)
Aber wisst ihr was?! In dieser besagten Woche habe ich täglich nur daran gedacht, wie schön es jetzt wäre, sich einen nebligen Schleier ins Hirn zu trinken und mein Bier sehr vermisst. Diesmal ist es anders...
Irgendeine Stimme sagt mir: "Ey, Höckertier -lass jot sin. 20 Jahre trinkst du das Zeug jetzt, reicht mal langsam."
Und so blöd, wie sich das jetzt anhört. Ich glaube auf diese innere Stimme habe ich gewartet und nun ist es auch gut.
Eine Woche danach:
Ich war übrigens auch schon bei meiner Ärztin und habe ganz ehrlich und ohne irgendwas zu beschönigen von meinem Alkoholkonsum berichtet -sie sieht bei mir keine Anzeichen einer körperlichen Abhängigkeit, u.a. weil ich keine Entzugserscheinungen habe.
Das lässt natürlich wieder Raum für Spekulationen...
"Bin ich vielleicht doch kein Alki? Kann ich nicht doch wieder auf Feiern einen trinken? Muss ja nicht so viel wie früher sein und nur ganz selten..."
Naja, schätze diesen Gehirnpups hatten hier viele schon.
Und meine weiteren Schritte:
1. Ich kann mit Stolz verkünden, eine SHG aufgetan zu haben, wo ich nur eine halbe Stunde Anfahrt habe und die sich diesen Dienstag trifft. Ich habe mich telefonisch angemeldet und war schon mal erfreut, eine relativ junge Stimme am Ohr gehabt zu haben. Mal schauen, was da auf mich zu kommt...
2. Habe ich die Hoffnung über diese Leute an einen guten Therapeuten zu geraten, der sich mit meinem Problem auch auskennt.
Schaden kann es nicht!
3. Habe ich meinen Eltern eröffnet, dass ich sie nicht mehr besuchen werde, wenn dort Alkohol konsumiert wird und/oder Papa schon morgens mit Fahne in der Küche steht, weil ich Alkoholikerin bin und trocken werden möchte. Seitdem ist im Hause Höckertier ein unangenehmer Denkprozess im Gange.
Ergo: ich bin momentan wirklich zufrieden mit mir und meiner Situation! Denke auch nicht oft ans Trinken und habe Eistee für mich entdeckt.
Schön
(Ist jetzt ganz schön lang geworden -sorry)
LG