Kann man von Schuld sprechen?

  • Guten Morgen liebe Forenianer?

    Ich bin vor 2 Wochen von einem Arzt gefragt worden, ob ich meiner Mutter (trockene Alkoholikerin)
    eine Schuld an meiner Alkoholabhängigkeit geben würde.

    Ich sagte ihm.. Nein!.. kann man bei einer Krankheit von Schuld sprechen?
    Jezt habe ich noch einen weiteren Aspekt, der mich zum nachdenken gebracht hat.

    Der Rückfall gehört als Symptom der Krankheit zum Krankheitsbild....
    Darf also ein Alkoholiker gemaßregelt werden, wenn er einen Rückfall hat?
    Hat er selber also irgendwo schuldhaft gehandelt?

    Ich bin auf eure Meinungen gespannt...

    LG Leo

  • Hallo Leo !

    Bei einer psychischen Krankheit von Schuld zu sprechen halte ich für sehr müssig.
    ausserdem wem bringt es etwas einen anderen zu beschuldigen ?

    gruss Bernd G

    Trocken seit dem 06.12.1993 und das bleibt auch so !!!

  • Hallo Leo
    Ich habe durch meine Verhaltensweisen maßgeblich zur Sucht beigetragen, sie auch gepflegt. Doch meiner Meinung nach, entstanden eben diese Verhaltensweisen aus Prägungen meines Umfeldes (nicht ausschließlich der, der Eltern) und den jeweiligen Umständen. Kann ich von Schuld sprechen, wenn ich und andere es nicht (besser) wussten? Wessen Schuld soll es sein, wenn ich mich in einer Phase, wo ich keinen anderen Lösungsansatz für meine Konflikte hatte, mich in die Sucht geflüchtet habe?
    Ich finde es wie Bernd müßig und auch unnötig, gerade zu Beginn der Abstinenz, sich der Frage der Schuld stellen zu wollen. Es suggeriert: ich hätte anders handeln können. Um zu überleben, war es aber wahrscheinlich die einzige verfügbare Wahl. Jetzt, wieder nüchtern und um einige Lebenserfahrungen reicher, stehen mir andere Alternativen zur Verfügung.
    Es bleibt nunmehr für mich darauf zu achten, dass ich im Sinne der Eigenverantwortung, die „alten“ Art und Weisen, die gelegentlich als einfacher und verlässlich – weil bekannt – eingestuft werden, zu hinterfragen.
    Ist der „Rückfällige“ deswegen schuldig? Ich meine, er ist lediglich nicht bereit gewesen, zum Zeitpunkt seiner Entscheidung, den Weg des größeren Risikos zu gehen. Kann ich ihn deswegen verurteilen? Ich denke nicht.
    Gruß Uwe.

  • Hi!

    Man kann nicht von Schuld sprechen. Weil das ein Begriff ist, der zu nichts führt.
    Was aber nicht heißt, dass man nur, weil man das nicht kann, deswegen gleich das Gegenteil davon ist - nämlich unschuldig.
    Ich weiß schon was ich getan habe. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich mich richte und verurteile , wenn ich mich weiterhin taub, blöd und stumm stelle.
    Wenn ich mir weiterhin gnadenlos alles verzeihe, und auch einen Bogen um die so unangenehme eigene Schuld mache, dann habe ich die Strafe die ich mir dafür zukommen lasse auch verdient - fürs Blöd sein und für das mich selbst Anlügen.
    Unschuldig an all den Dingen, die ich gemacht habe, bin ich persönlich nämlich sicher nicht.
    Jeder Mensch der das behauptet lügt, aber nicht alle können so gut lügen wie wir.
    Eigentlich, wenn ich so weiter überlege, bin ich schon schuld. An dem Tag, an dem ich mich vor meiner Tochter betrunken habe, an meinem Tiefpunkt, habe ich mich ihr gegenüber schuldig gemacht.
    Das ist das was ich fühle.
    Nur bürde ich ihr nicht auch noch auf, dass sie mir verzeihen muss, dass sie mein Verhalten ent-schuldigen muss.
    Ich bessere mich und werde alles in meiner Macht stehende tun, dass sie mich so nie wieder sieht.
    Das bedeutet für mich Mensch sein. Versuchen sich zu bessern. Es wirklich versuchen und nicht nur so tun.
    Gerne auch abseits von Begriffen wie Schuld und Unschuld. Was zählt ist in dem Fall das, was man sieht.

    Liebe Grüße!

  • Hallo Leopold,

    wenn ich halbnackt durch die eisige Kälte renne und daraufhin eine Erkältung bekomme - bin ich dann Schuld, dass ich krank geworden bin? Oder war ich einfach nur naiv, dass ich dachte, mir könnte die Kälte nichts ausmachen? Oder habe ich einfach nur keine Erfahrung darin, wie ich mich schützend anziehen soll? Ist das Schuld? Wohl kaum.

    Ein anderer läuft auch halbnackt durch die Kälte und wird nicht krank - ist er jetzt unschuldig? Vielleicht hatte er ein besseres Immunsystem, ist abgehärtet oder trainert oder hatte einfach nur Glück.

    Ich denke, die Ursache einer Erkrankung an einem Begriff wie Schuld auszumachen ist fast unmöglich, weil soviele unberechnbare Faktoren eine Rolle spielen. Wer läuft schon durch die Gegend und schaut überall hin, wo Krankheiten auf ihn lauern können - soviel Vorstellungskraft traue ich nur wenigen Menschen zu. Es gibt keine Formel, die Psyche eines Menschen zu berechnen. Wir müssen nun einmal negative (und auch positive) Erfahrungen machen, um daraus zu lernen - so sind die Menschen gestrickt, dass steckt in unseren Genen. Wenn sich daraus eine Krankheit entwickelt, dann ist es einfach so. Jede Zeit hatte ihre Krankheiten. Da wo Krankheiten ausgerottet wurden, entstanden neue Krankheiten auf ganz verschiedenen Ebenen - da kann man auch nicht von Schuld reden. Das ist die Natur des Lebens, was durch eine Vielzahl von äußeren Faktoren geprägt wird und auch weiter gegeben wird.

    Die Krux ist: wir konnten es uns noch nichtmals aussuchen - wir sind aus einem Zufall entstanden und versuchen, das Beste daraus zu machen, mit guten und schlechten Erfahrungen - mit guten und schlechten Jahren.


    Gruß

    BC

  • Moin Leo!
    Am Anfang, als ich noch Trinkpausen machte, habe ich viel Schuld meinem Vater (Alkoholiker) und auch meiner Mutter (Co) gegeben. Weil ich mich damals selber nicht gesehen habe. Dann während der Therapiezeit, kam ich so langsam zur Ruhe, was die Schuld angeht. Ich habe mir viele Vorwürfe gemacht, was ich im besoffenen Kopf alles angestellt habe. Und an vielen Sachen bin ich schuld, die ich verbockt habe. Weil ich in dem Moment meine Alkoholkrankheit noch nicht einsah.
    Mit der zeit hat sich dieses Damoklesschwert der Schuld gelegt.
    Ich kann nicht sagen, ich bin an nix schuld, weil ich ja krank bin. Gesoffen habe ich selber, daher finde ich auch immer die Einwände "Es ist ja eine Krankheit" teilweise als Ausrede. Natürlich ist Alkoholismus eine Krankheit, und zwar eine tödliche.
    Ich wuchs in einem Umfeld auf, wo Alk normal war, wo Besoffensein fast alltäglich war. Das nenne ich auch lernen am Modell. Doch dass ich selber gesoffen habe, daran ist niemand schuld. Weder ich noch meine Angehörigen.
    Viel eher habe ich mir Vorwürfe gemacht, dass ich nicht eher zu meinem Tiefpunkt gekommen bin. Aber das lag wohl nicht in meiner Hand.
    Gruß
    drybabe

    never give up

  • Guten Morgen und vielen Dank für die vielen Beiträge!

    Ich persönlich denke auch, man würde es sich zu einfach machen, jemanden
    eine Schuld an meiner Krankheit zu geben. Ich denke es sind einfach zu viele
    Faktoren, die es... sagen wir mal ... begünstigt haben, dass ich meinen Seelenfrieden
    versucht habe mit einem Suchtmittel zu erlangen. Natürlich spielt da auch die
    Erziehung mit rein. Vieleicht ist mir zu oft vorgelebt worden, dass man mit
    Alkohol Stress abbaut.. oder zu einer Person wird, die man viel leichter selber
    ertragen kann. Dass mein Umfeld mit Alkohol und Drogen seine "gute Stimmung"
    für das Wochenende eingeläutet hat. Dass man die Gefühle der Frustration
    mit Alkohol im Körper nicht so unangenehm empfindet. Aber jemanden oder einer
    Gruppe von Menschen dafür eine Schuld geben.. das wäre viel zu einfach.

    Schuld hingegen bin ich mit Sicherheit an den Dingen, die ich unter Alkohol
    gemacht, gesagt oder nicht gesagt und nicht getan habe. Denn ich habe
    ja als eigenständiger Mensch agiert oder nicht agiert. Allerdings... weil ich
    keine andere Alternative gesehen hatte.. bedingt durch die Sucht und damit
    meiner Krankheit.

    Jetzt aber zu der zweiten Frage von mir. Handelt ein Alkoholiker schuldhaft,
    wenn er einen Rückfall baut? Kann ich jemanden bestrafen, für ein Symptom
    einer Krankheit?

  • Hallo Leo,

    Zitat

    Jetzt aber zu der zweiten Frage von mir. Handelt ein Alkoholiker schuldhaft, wenn er einen Rückfall baut?

    Kann ich jemanden bestrafen, für ein Symptom einer Krankheit?

    Wenn ich unter Alkohol Auto fahre ist es egal, ob ich alkoholkrank bin oder nicht - es wird auf jeden Fall "bestraft".


    Gruß

    BC

  • Da hab ich mich wohl falsch ausgedrückt...

    Meine Frage ist.. kann man einen Alkoholiker für einen Rückfall bestrafen...
    nicht für eventuelle Dinge die unter Alkohol begangen werden...

    LG Leo

  • hallo leopold,

    wie bstrafen? in welcher form denn bestrafen? was meinst du denn damit?

    bestrafst du dich denn nicht selbst wenn du rückfällig wirst?

    die kosnsequenzen die wirst du dir doch selbst bewusst sein, wenn du wieder anfängst zu saufen. das du dich vor den mitgliedern einer selbsthilfegruppe outen solltest, den angehörigen bescheid geben solltest um dann dann wieder zu schauen wie du weiterhin dich in der trockenarbeit wieder vorwärtts bewegen kannst. ein rückfall ist ja möglich, aus fehlern lernt jeder und wer dann hinterher ehrlich dastehen kann und auch dazu stehen kann, das er rückfällig geworden ist ist meiner meinung nach schon ein grossen stück weiter gekommen.

    da dann zu erleben, das kritik geäussert wird, das denke ist die logische schlussfolerung aus einem rückfall. das das keine gut heissen wird ja auch. da genauso hinzustehen und eben auch das zuzulassen und zu wissen auch das ist für mich ein schritt nach vorne. nicht beleidigt sich zurück zu ziehen und sich angegriffen fühlen oder schuldig, sondern sich da dann BWUSST darüber auszutauschen WAS denn zu diesem rückfall geführt hat um in zukunft dann mit solchen situationen anderst umgehen zu können. das gehört für mich zumindest immer dazu wenn ich merke ich falle immer wieder in alte verhaltensmuster rein. offenheit und ehrlichkeit ein ganz wichtiges werkzeug im notfallkoffer.

    gruß melanie

  • Aloha,

    da ist doch schon das Wort Schuld völlig fehl am Platze. Grundsätzlich ja eines der blödesten Konzepte die der angeblich so zivilisierte Mensch erfunden hat, aber darum soll's ja hier nicht gehen.

    Fakt ist, Niemand außer dem Alkoholiker ist für seinen Rückfall verantwortlich. Da der Alkoholiker auch für seine Krankheit und den Umgang mit seiner Krankheit verantwortlich ist, kann er nicht plötzlich auf die Idee kommen, die Krankheit als Ausrede vor seine Rückfälle zu schieben. Ich kenn allerdings solche spezialfälle die der Meinung sind, sie haben einen Freibrief zum Weitersaufen weil sie ja krank sind. Aber wofür die bestrafen? Die bestrafen sich doch selbst mehr als ein Dritter es je könnte.

    Rechtlich gesehen ist die Lage etwas anders, hat aber mit Rückfall nichts zu tun, laut STGB bist Du für Taten im Vollrausch nicht oder nur eingeschränkt straffähig, wohl aber für den Vollrausch selbst.

    Moralisch gesehen ist Strafe Schwachsinn und bringt sowieso nix und in den seltensten Fällen wird ein Alkoholiker für seinen Alkoholismus bestraft. Auch wenn er der Meinung ist, es wäre anders, aber letztlich schützt sich ja nur die Gesellschaft oder der Partner vor ihm und wenden sich deswegen ab, nicht als Strafe.

    Ich find die gesamte Fragestellung schwer nachvollziehbar ehrlich gesagt.

    Liebe Grüße

    Kaleu

  • Was "man" kann oder nicht kann, entzieht sich meiner Kenntnis.

    Ich weiss nur von mir und meiner Geschichte, dass es Unsinn wäre, das Verschulden an der eigenen Erkrankung zu leugnen.
    Und ich weiss, dass mir das Zurückziehen auf die ach so bequeme Krankheit auch nichts bringt: als ich nicht mehr saufen wollte, habe ich ja auch andere Lösungsansätze für mich gefunden - also war das Saufen für mich zu keinem Zeitpunkt "notwendig".
    Ich habe es dennoch getan, bis zur Konsequenz der eigenen Abhängigkeit, psychisch und physisch. Dieses Verschulden kann ich niemand anderem zuschreiben, als mir. Und: ja, ich bin schuldig geworden dadurch, an anderen Menschen genau so, wie an mir selbst.

    Mir stellt sich jedoch nicht die Frage, ob ich dadurch "schuld bin". Mir stellt sich nur die Frage, ob ich bereit bin, heute Verantwortung für mich und mein Leben zu übernehmen, auch für die Zeit "damals". Und dieser Verantwortung stelle ich mich, an jedem trockenen Tag meines Lebens.

    Ganz ohne die Frage der "Schuld".

    LG
    Spedi

  • Hallo Leo,

    kann ich für einen Schnupfen bestraft werden? Klar werden sich Menschen, die sich schützen möchten, mich mit meiner Triefnase nicht gerade willkommen heißen oder sich von mir abwenden - wodurch ich mich vielleicht wegen der Ausgrenzung bestraft fühle.

    Ich würde niemanden wegen eines Rückfalls "bestrafen" - ganz im Gegenteil - ich würde ihn aufwerten, wenn er es geschafft hat, sich wieder auf den trockenen Weg zu machen. Und wenn er es nicht tut, soll es mir egal sein - auch wenn es schade ist für denjenigen.

    Gruß

    BC

  • Leo ,

    Alkohol trinken ist nicht strafbar, warum sollte ich also jemanden bestrafen können, weil er trinkt ? Jeder darf trinken, soviel er will.
    Es geht meines Erachtens eher um Verantwortung.
    Wer Verantwortung für sein Leben übernimmt, übernimmt auch die Verantwortung für sein Fehlverhalten - ob nun betrunken oder nicht spielt für mich da gar keine Rolle.
    Wer Verantwortung für sein Leben übernimmt, sucht keine Schuld - schon gar nicht bei anderen.

    LG Jürgen
    ------------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Vielen Dank für die vielen Meinungen. Ich kann sehr vieles davon unterschreiben...

    Zum Thema Schuld an der Krankheit hab ich mich ja bereits geäußert. Deshalb
    direkt zu meiner zweiten Frage.. kann ein Alkoholiker für einen Rückfall bestraft
    werden? Mein ganz konkretes Beispiel spielt sich beim Militär ab.

    Ich kann als Soldat disziplinar gemaßregelt werden. Jedes Dienstvergehen muss
    geahndet werden. Je nach dem wie schwer das Dienstvergehen ist, kann mir
    eine Erzieherische Maßnahme auferlegt werden (Belehrung, Warnung, Meldung
    an den Vorgesetzten...) Hierbei muss ganz klar ein Erziehungsmangel und kein
    Ausbildungsmangel herrschen.
    Ist das Dienstvergehen schwerer gibt es eine Disziplinarmaßnahme. Angefangen
    bei einem Verweis (ähnlich einem Tadel in der Akte) über eine Geldbuße
    bis hin zum Arrest (Gefängnis maximal 21 Tage). Darüber hinaus gibt
    es auch noch Truppendienstliche Maßnahmen wie die Degradierung oder
    schwerstenfall die unehrenhafte Entlassung.
    Ich wurde darüber belehrt, dass meine Disziplinarvorgesetzten gegen
    mich bei nichteinhalten einer auferlegten Abstinenz eine Disziplinarmaßnahme vollstrecken können.
    Ich frage mich dabei.. ist das so nicht der falsche Weg. Die Kündigung bei
    einem Arbeitgeber kann ich nachvollziehen... aber eine disziplinare Maßregelung
    bedarf doch irgendwo ein Dienstvergehen. Wenn doch aber ein Rückfall
    zum Krankheitsbild gehört, würde ich ja wegen eines Symptomes bestrafen.
    Frei nach dem Motto.. wir erkennen an, dass du Akne hast.. aber wehe du
    bekommst einen Pickel...

  • Aloha,

    jetzt wird natürlich klar, worum es eigentlich geht. Was nützt Dir jetzt die vorherige Grundatzdiskussion. Magst die Bundeswehr verklagen weil die Vorschriften der BW für den Eimer sind?

    Sorry, aber wer freiwillig bei einem Verein ist bei dem von:

    Zitat

    Erzieherische Maßnahme auferlegt werden (Belehrung, Warnung, Meldung
    an den Vorgesetzten...) Hierbei muss ganz klar ein Erziehungsmangel und kein
    Ausbildungsmangel herrschen.

    erziehischen Maßnahmen und Erziehungsmangel etc. geredet wird, wer frewillig einem Laden angehört, der seine Angehörigen entmündigt, naja, ich bitte Dich. Welche Erwartungen hast Du denn?

    Erzieherische Maßnahme. :D Wie geil :D

    Was'ne Kaspertruppe :D

  • Servus Leopold79,

    daher weht dfer Wind. Das Dienstrecht des Beamten und/oder das des Soldaten ist etwas ander gelagert, als "normale" Lebensbereiche.
    Insbesondere beim Truppenrecht haben wir die Konstellation, dass Dein Dienstherr kraft Amtes eine Fürsorgepflicht hat, der er nachkommen muss. Eine außerordentliche Beendigung des Dienstverhältnisses bei einer Erkrankung ist so nicht seitens des Dienstherrn vorgesehen, sondern nur eine Wiederherstellung der Diensttauglichkeit.
    In Deinem Fall als Alkoholiker heisst das ganz klar: der Soldat ist bei dieser Krankheit diensttauglich/dienstfähig. Er ist allerdings mit dieser Krankheit nur dann dienstfähig, wenn er in Zukunft abstinent lebt. Um den Soldaten abstinent zu bringen, wurde eine Maßnahme XY auferlegt. Diese sieht vor, dass danach lebenslang Abstinenz gewahrt werden kann - also wird lebenslange Abstinenz auch auferlegt.

    Im Kern der Maßnahme ist das auch nachvollziehbar. Ob es lebensfremd ist, lasse ich dahingestellt. Für mich ist es aus heutiger Sicht so in Ordnung.
    Das "Warum" es für mich nachvollziehbar ist, steht oben in meiner anderen Antwort: weil ich für mein Handeln ab dem Tag verantwortlich bin, ab dem ich mich meiner Verantwortung wieder für mein Leben stelle und abstinent geworden bin. Ab hier endet die Akutphase meiner Erkrankung, und alles, was ich ab hier mache, mache ich (erst mal) mit nüchternem Kopf. Es ist meine freie Entscheidung, ob ich wieder Alkohol trinke. Mein Dienstherr (um es auf Deinen Fall zu übertragen) hat aber genau das unter Strafe gestellt, um zu verhindern, dass Du wieder dienstuntauglich wirst. Sein gutes Recht - er zahlt Dich schließlich nicht für's Saufen, und er kann nichts dafür, dass Du mit dem Alkohol nie mehr wieder umgehen kannst. Also bleibt im Rahmen seiner Fürsorgepflicht nur - Dir den Umgang mit Alkohol zu verbieten...
    Rattenschwanz-Kreislauf Ende.

    Außerdem: Beim Barras wird nix freiwillig gemacht, da wird alles angeordnet, verordnet und befohlen. :P Zumindest zu meiner Zeit war das so... :roll:

    Also: lass es sein, wie es ist. Bleib einfach sauber und trocken, und das Dienstrecht kann Dir gestohlen bleiben - zumindest dieser Teil.

    LG
    Spedi

  • Guten Morgen liebes Forum!

    Ich wollte mit meiner Fragestellung keine Rechtsberatung erzeugen, sondern
    den moralischen Apsekt beleuchten und eure Meinung dazu hören.

    Mich betrifft das Beispiel Bundeswehr nicht akut. Mich hat es nur sehr aufgeregt,
    dass man mir mitteilt, dass ich theoretisch bei einem Rückfall... der zum Beispiel
    am Wochenende ohne jeglich Auswirkung auf das Dienstgeschehen, zum Beispiel
    eine Disziplinarbuße von 500 Euro verhängt bekommen könnte.

    Um für etwas "bestraft" zu werden muss man ja erstmal ein schuldhaftes
    Verhalten an den Tag legen. Also fahrlässig oder vorsätzlich handeln.
    Ähnliches gibt es in der deutschen Rechtssprechung.
    Wenn man jetzt aber überall liest, dass ein Rückfall eher die Regel als die
    Ausnahme ist, frage ich mich ernsthaft, wie weit ist unsere Gesellschaft,
    wenn zwar überall gesagt wird, dass Alkoholabhängigkeit eine Krankheit ist,
    aber sie in der Gesellschaft wie eine Krankheit 2. Klasse behandelt wird.
    Gehört der Rückfall nun zu dieser Krankheit? Dann muss er doch genauso
    aktzepiert werden... warum wird oftmals einem Alkoholiker der Rückfall
    aber dann als Willensschwäche ausgelegt? Oder legt der Alkoholiker sich
    diesen Rückfall selber so aus?

    Meine ursprüngliche Frage war ja.. kann man von Schuld sprechen?

    Bin ich Schuld an meiner Krankheit und bin ich Schuld daran, wenn ich aufgrund
    dieser Krankheit meine Abstinenz nicht durchhalte?

    Für mich klingt das sehr suspekt.
    Freue mich auf weitere Meinungen (bitte keine Rechtsberatung :wink: )

  • Servus Leopold79,

    Zitat

    Um für etwas "bestraft" zu werden muss man ja erstmal ein schuldhaftes Verhalten an den Tag legen. Also fahrlässig oder vorsätzlich handeln.

    In Deinem Fall wäre das "schuldhafte Verhalten" und der "Vorsatz" in einem einzigen Vorgang zusammengefasst: also das Trinken von Alkohol.

    Wenn Du jetzt wieder trinkst - machst Du das vorsätzlich.

    Niemand zwingt Dich, Alkohol zu trinken. Deine Akutphase ist zu Ende, Du bist erst mal abstinent. Damit ist die Krankheit erst mal zu einem Stillstand gekommen, gestoppt.

    Wenn Du jetzt wieder trinkst, erweckst Du die Akutphase von Neuen. Das ist dann Deine freie Entscheidung.

    Oder steht jemand mit der Waffe hinter Dir und zwingt Dich, Alkohol zu trinken? Ist mir jedenfalls nie passiert. Wenn ich "rückfälltig wurde" (welch hinterhältiger Passiv!), dann geschah dies immer vorsätzlich. Ich wollte trinken.

    Wer etwas anderes behauptet, ist entweder sich selbst gegenüber nicht ehrlich genug oder betreibt keine Vorsorge. Beides ist grob fahrlässig.

    Wir haben eine Eigenverantwortung. Es ist als abstinenter Alkoholiker an der Zeit (und ausschließlich an uns), dieser auch gerecht zu werden.


    LG
    Spedi

  • Zitat von Spedi

    Wenn Du jetzt wieder trinkst, erweckst Du die Akutphase von Neuen. Das ist dann Deine freie Entscheidung.


    ist es so? Entscheiden sich ca. 80% aller Alkoholiker aus freien Stücken nach
    Beginn der Abstinenz wieder zu saufen? Kann man bei einer Sucht davon
    sprechen, dass man aus freien Stücken entscheiden kann?

    Bin auf weitere Meinungen gespannt...

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