Hallo allerseits!
Da ich eben erfahren habe, dass die Postings im Vorstellungsbereich nicht öffentlich zugänglich sind, hier eine Kopie meiner Vorstellung:
Als "Neuer" und neuer trockener Alkohilker möchte ich mich kurz vorstellen und Euch meine - bisher recht kurze - Geschichte erzählen:
Ich bin 25 Jahre alt und wohne in Süddeutschland.
Seit Ende September ich jetzt, dass auch ich ein ernsthaftes Problem mit Alkohol habe.
Mir war schon jahrelang bewusst, dass ich viel mehr trinke, als für mich gut wäre und dass ich das Zeug weniger wegen des Geschmacks, als vielmehr wegen der Wirkung trank.
Ende 2010 stellten sich bei mir urplötzlich seltsame Schlafstörungen ein. Ich konnte sehr schlecht einschlafen und schlief dann - unruhig - immer nur phasenweise. Mein alter "Trick", dem monotonen und sich immer wiederholenden Programm eines Nachrichtenradiosenders zu lauschen, brachte leider auch nichts. So lag ich also und wälzte mich stundenlang hin und her. Ein paar dieser Nächte später ging es mir logischerweise immer schlechter und ich erhöhte den abendlichen Alkoholkonsum. In dieser Zeit litt ich oft unter allen möglichen Erkrankungen. In erster Linie Magen/Darm-Geschichten, aber auch eine Gürtelrose "durfte" ich erleben. Kurz vor Weihnachten 2010, ich lag mal wieder schlaflos im Bett, erinnerte ich mich daran, dass meine Großmutter immer einen Schnaps trank, wenn sie nicht einschlafen konnte. Bis dahin hatte ich - obwohl insgesamt viel zu viel - noch nie zu anderen Zeiten als Abends getrunken. Also nachts um 2 oder drei einen Cognac getrunken (4-5 Bier hatte ich sowieso schon am Abend konsumiert). Da er nichts halt, trank ich halt noch einen. Ein paar (3 oder 4) Schnäpse später konnte ich dann auch wirklich einschlafen. Ich war zwar morgens alles andere als fit, musste mich auch oft übergeben und Galle spucken, aber immerhin hatte ich einen Weg gefunden, etwas Schlaf zu bekommen. Ein häufiges Problem war die Uhrzeit. Morgens um 2 oder 3 Schnaps zu trinken "geht ja noch", redete ich mir ein; in der Früh um 5 oder 6 sieht die Sache allerdings schon anders aus. Benebelt durch den abendlichen Bier- und nächtlichen Schnapskonsum war's dann irgendwann soweit, dass ich auch (um endlich endlich einschlafen zu können) auch noch morgens um 6 Schnaps trank. Mit Aufstehen und Arbeiten war's dann natürlich nichts mehr. Da ich selbstständig bin, fiel das auch niemanden besonders auf. Überhaupt habe ich mich nach aussen hin immer recht gut verkauft. Alle wussten zwar, dass ich zuviel trank; wie es wirklich um mich stand, wusste aber wohl niemand.
Mit ging es immer schlechter und schlechter.
Tagsüber trank ich jetzt quasi nur noch Bier, nachts Schnaps und Bier. In besagter Zeit, kurz vor Weihnachten 2010, lag ich dann irgendwann nur noch im Bett. Trank, dämmerte vor mich hin, trank, dämmerte... Tag und Nacht vermischten sich langsam.
Eine Bekannte von mir, Heilpraktikerin, empfahl mir Johanniskraut. Ich besorgte mir entsprechende Tabletten und es wurde auch etwas besser. Allerdings nur für ein,zwei Tage, in denen ich meinen Konsum etwas(!) herunterschrauben konnte.
Die Wirkung wurde wieder schwächer, ich auch, aber ich schluckte weiterhin die Tabletten und trank und trank.
Üblicherweise fahre ich über Weihnachten zu meiner Familie ins Rheinland; 2010 war dies nicht mehr möglich, so dass ich - zum ersten Mal in meinem Leben - Weihnachten alleine und im Bett verbrachte. Dieser Zustand zog sich dann bis Januar 2011 hin. Anscheinend fiel meinem Umfeld so langsam aber sicher doch etwas auf, jedenfalls bewegte mich mein Großvater Mitte Januar dazu, ins Krankenhaus zu gehen. "Was soll ich denn da?" Er meinte, ich sollte ein paar Sachen einpacken, er würde mich dann hinfahren. Kopfschüttelnd packte ich also ein, sicher glaubend, dass die mich nie im Krankenhaus behalten würden, mir fehlte ja eigentlich nichts - bis auf Schlaf. Nach den Aufnahmeuntersuchungen mit so komischen Fragen wie "sind Ihre Zähne noch fest?" (ich bin 35!!) nahm mich der Neurologe bei der Hand. Ich fragte, ob ich jetzt wieder nach Hause gehen könne, er meinte, dies hienge von der Blutalkoholkonzentration ab und fragte mich, wieviel Promille ich denn meiner Meinung nach hätte. Ich fühlte mich nicht sonderlich betrunken und schätze so 1-1,5. Da Ergebnis brachte dann 2,3 ans Tageslicht. Erschrocken über mich selbst willigte ich dem stationären Aufenthalt ein und trottete mit meinem Infusionsständer hinter der Schwester Richtung innere Station. Insgesamt blieb ich 3 oder 4 Tage im KKH; die ersten waren ziemlich übel. Seltsamerweise konnte ich kaum laufen und ansonsten ging's mir auch nicht gerade blendend.
Mit wurde dann Doxepin verabreicht, das ich anschliessend etwa 5 Wochen einnahm. Meine Schlafstörungen vergingen, wenn auch sehr langsam. Ich war sicher: das war ein heilsamer Schock! Nie wieder Suff!!
Naja, hätte das geklappt, würde ich hier nicht schreiben
Insgesamt war ich 2011 4x im Krankenhaus.
Ende September war es dann irgendwann (endlich, sage ich jetzt rückblickend) mal wieder so weit, dass der "finale" Absturz kam. Ich hatte Freitags mal wieder zu tief ins Glas geschaut und Samstag morgen ging es mir dermassen miserabel, dass ich gleich morgens mit Schnaps weitermachte um den Zustand etwas abzumildern. Ich hatte schon seit Wochen wider meine Schlafstörungen und trank immer mehr und immer öfters, um diese zu bekämpfen. Genutzt hat es nichts (heute weiss ich, dass die Schlafstörungen vom Alkohol kamen). Ich trank dann 10-14 Tage durch, also rund um die Uhr. Ab und zu fiel ich (unabhängig von der Tageszeit) in einen Dämmerzustand; Schlaf fand ich allerdings nie wirklich.
Im Laufe der Zeit wurden sämtliche Alltäglichkeiten immer schwieriger. Ich verliess das Haus eigentlich nur noch um neuen Alkohol zu kaufen, gegessen habe ich kaum noch. Am Schluss begrenzte sich meine Welt auf mein Bett, meinen Eimer (in den alles reinkam, was so aus mir rauskam - Stuhlgang hatte ich ja wegen des Nicht-Essens so gut wie nicht), meine Zigaretten und den Wein. Normalerweise mache ich mir nichts aus Wein, aber Bier wollte nicht mehr drinbleiben (zu sauer!) und Schnaps wollte ich nicht trinken. Um wenigstens etwas Flüssigkeit zu bekommen und trotzdem eine gewisse Wirkung zu haben war der Wein ganz recht.
Irgendwann (so genau weiss ich das alles nicht mehr, die Tage verschwimmen in meiner Erinnerung zu einem milchigen Brei) rief ich dann in meinem Elend bei der Telefonseelsorge an und die brachten mich - Gott sei Dank - so weit, den Notarzt zu holen. Ich kam also ins Krankenhaus, wo man einen Blutalkoholwert von 3(!)Promille feststellte. Die Entgiftung dort dauerte 8 Tage; die ersten Tage waren wirklich schlimm. "Dank" meines allgemeinen körperlichen Zustands und des - edit, Medikamentenname entfernt, Linde - , das sie mir gaben, schaffte ich es am Anfang nur mit Müh und Not die paar Meter auf die Toilette; ich hangelte mich an der Wand entlang, zog meinen Infusionsständer hinter mir her und kam mir vor wie ein Junkie aus einem Film (und eigentlich war ich ja auch so etwas ähnliches)...
Nach 4-5 Tagen konnte ich dann wieder, unsicher und staksig, laufen und ich brachte auch etwas feste Nahrung herunter. Im Anschluss auf den Krankenhausaufenthalt ging ich für 3,5 Wochen in ein entsprechendes Sanatorium. Im Nachhinein war das die wichtigste Zeit in den letzten 10 Jahren meines Lebens und ich hätte diesen Schritt schon viel früher gehen sollen. Ich wollte jahrelang einfach nicht eingestehen, dass ich nicht nur "etwas mehr trinke", sondern konsequent und intensiv am Aufbau meines Alkoholproblems "arbeitete".
Die 3,5 Wochen waren jedenfalls sehr schön und sehr sehr hilfreich. Der Kontakt zu anderen "Betroffenen" hat mir auch ungeheuer gut getan - einfach mal frei von der Leber weg erzählen zu können, wie es so war; das Gesaufe bringt ja jede Menge unschöne und zum Teil recht unappetitliche Dinge mit sich, die man "normalen" Leuten nie auf die Nase binden würde. Interessanterweise ähneln sich die Erzählungen sehr oft; die Krankheit scheint also recht vorhersehbar verlaufen zu können.
Ich wurde Ende Oktober entlassen und bin seitdem trocken.
Die Rückfallquoten sind ja bekanntlich enorm und uns allen wurde dringlich empfohlen, Selbsthilfegruppen zu besuchen. Während des Klinikaufenthalts mussten/durften wir 3x die Wochen zu besagten Gruppen, die sich und ihr Konzept vorstellten. Richtig gefallen hat mir keine; am meisten zugesagt hat mir noch der "Kreuzbund", zu dem ich jetzt auch 2x gegangen bin. Allerdings muss ich zugeben, dass dies nur sehr widerwillig geschah und ich mir schon wieder einrede, dass ich das doch eigentlich gar nicht nötig hätte, "ich schaff' das auch ohne SHG!"
Als Alternative zur "echten" SHG versuche ich es jetzt einfach mal mit Euch, Erfahrung mit dem Thema gibt's hier ja genug