HeuteEinfachLeben
So lautet mein Fazit aus den letzten Jahren der Reflektion.
Klingt wie eine Phrase. Ist es auch.
Deshalb werde ich es im Folgenden mal ein wenig für mich (und für die, die es interessiert) aufdröseln.
Wenn es komplex wird (und was gibt es Komplexeres als Menschen, und ihren Bezug zu ihrer UmWelt), dann neigen wir ja dazu eine einfache Lösung anzustreben.
Ganz so einfach ist es aber für mich nicht.
Gefühle und Bedürfnisse
Wo kommen die Gefühle her?
Sie entstehen aus erfüllten oder unerfüllten Bedürfnissen.
Und wo kommen die Bedürfnisse her?
Das ist für mich schon schwieriger zu beantworten.
Ein gewisser Herr Maslow hat dazu mal eine (Bedürfnis)Pyramide entwickelt.
Das ist schon eine ganz gute Orientierung, wie ich finde.
Spannend und interessant wird es, wenn ich meinen Bedürfnissen auf den Grund gehe.
Wie so viele bin ich auch in einer sogenannten dysfunktionalen Familie aufgewachsen.
Dem voran ging noch ein Geburtstrauma, das mich in den ersten Monaten von meiner Mutter trennte und mit frühen Erstickungsängsten (Fruchtwasser in der Lunge) verknüpft war.
Diese frühen, prägenden Erlebnisse wirken sich bis heute auf meine Bedürfnisse aus.
Lange Zeit (auch in meiner trockenen Lebenszeit) konnte ich weder meine Bedürfnisse wahrnehmen und benennen noch hatte ich eine Strategie um sie mir zu erfüllen. Das fällt mir auch heute noch schwer.
Um mal ein Beispiel zu nennen:
Mein Bedürfnis nach emotionaler und körperlicher Nähe, und auch mein Bedürfnis nach Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft.
Ich weiß nicht nur, dass ich diese Bedürfnisse habe, ich kann sie mittlerweile auch benennen und fühlen.
Mit der Erfüllung habe ich immer noch meine Schwierigkeiten.
Das hat sicher auch mit dem mangelnden Gefühl für meine Identität zu tun. Eine frühkindliche positive Spiegelung „So wie Du bist, bist Du in Ordnung“ habe ich nicht erlebt.
Das hat sich zwar im Laufe meiner Trockenheit schon gebessert, aber der Prozess der Identitätsfindung hält noch an.
Lange Zeit habe ich meine Bedürfnisse gar nicht wahrgenommen und demzufolge konnte ich sie auch nicht benennen, geschweige denn eine gesunde Strategie zur Erfüllung finden.
Angefangen zu trinken habe ich mit ca. 14,15 Jahren, bis zum endgültigen Zusammenbruch und damit zum Wendepunkt hat es 15,16 Jahre gedauert.
Mit Alkohol habe ich unbewusst versucht alle meine Bedürfnisse entweder zu betäuben oder (scheinbar) zu erfüllen. Das ging (so habe ich es damals empfunden) so bis Anfang 20 gut. Ab diesem Zeitpunkt dämmerte es mir so langsam, dass ich Alkohol nicht kontrolliert trinken kann, und dass ich damit mehr zerstöre als aufbaue.
Der „Schutzmantel“ Alkohol entwickelte sich nach und nach zur „Zwangsjacke“.
Heute weiß ich (und kann es auch annehmen), dass es zum Leben dazugehört, dass nicht alle Bedürfnisse jederzeit und immer sofort zu erfüllen sind.
Es ist und bleibt meine Aufgabe weiterhin nach Wegen zu suchen, wie ich mit meinen Bedürfnissen umgehe.
Und zwar so, dass ich andere Menschen dabei nicht benutze und/oder missbrauche.
Nicht weil ich so edel, hilfreich und gut sein will. Nein. Weil ich mich freier und unbelasteter fühle, wenn ich ehrlicher und offener mit mir und anderen Menschen umgehe.
Mir gelingt das nicht jeden Tag gleich gut, und ich bin sicher auch immer wieder mal unfair, unsensibel und missachtend unterwegs, aber ich bin verantwortlich dafür was ich weiß und was ich erlebt habe.
Das nicht zu vergessen, das ist einer der wichtigsten Gründe für mich, mich immer wieder zu hinterfragen.
Die alten Muster, die mich so tief geprägt haben, dass sie auch heute noch nachwirken, die möchte ich weiterhin Stück für Stück auflösen.
Wenn ich manchmal bei anderen lese, dann habe ich den Eindruck (und es kann ja nur ein Eindruck sein, denn wissen bzw. nachfühlen was andere erleben und fühlen kann ich ja grundsätzlich nie), dass es ihnen leichter fällt im Umgang mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen.
Da bin ich dann schon manchmal auch neidisch und denke: „Ach Mensch, ich hätte es auch gern mal etwas leichter“.
Aber letztlich ist es ja m.E. so: Es gibt halt unterschiedliche innere + äußere Fundamente.
Und ich habe nun mal die meinen, mit denen ich ja nun auch schon 23 Jahre Trockenheit „getragen“ habe.
Da knirscht es zwar hin und wieder auch im Gebälk, aber insgesamt fühlen sie sich doch recht stabil an, soweit ich das überhaupt einschätzen kann.
Trocken zu leben ist für mich in erster Linie keine Frage des Wissens, es ist vielmehr eine Frage des „Überhaupt-Leben-Wollens“.
Alles andere baut sich für mich darauf auf.
Das mag jetzt alles etwas formalistisch klingen.
Es ist auch nicht so, dass ich mich in jeder Situation frage: was fühle ich jetzt gerade? Welche Bedürfnisse stehen dahinter? Was ist jetzt meine Strategie?
Aber für mich wird durch diese Herangehensweise vieles etwas „greifbarer“.
Ich werde hier in unregelmäßigen Abständen etwas über mich, meine Gedanken, meine Gefühle, meine Bedürfnisse und meine Erlebnisse schreiben.
Liebe Grüße an alle und ein herzliches „WinkeWinke“ hinüber in den geschlossenen Bereich.
Manfred