Leb wohl, Du schnöder Alkohol

  • Jürgen xD
    Ich hab grad ein altes Poesiealbum mit Bildern im Keller gefunden. Kannst Dich gern eintragen, bevor Mangelerscheinungen auftreten *duck :) .

    Huhu Andreas,

    ich hab einen Steuerberater aufgetan, der mir bereits alle Unterlagen wieder zugesendet hat – ein echter Hitzeblitz, der Mann :) .

    Weltverbesserer und Gutmensch klingt tatsächlich eklig. Ich sage nur: Ich mag Menschen und erwarte dann, dass Jeder versteht, wenn ich mal irgendwo reinspringe, um ordentlich mitzumischeln, damit unmittelbares Leid mal ein Ende haben kann. Die meisten Dinge sind ja relativ einfach zu lösen. Das geht allerdings auch schon mal nach hinten los, wenn mich dann Jemand verständnislos anstarrt, die Tatsache komplett ignorierend, dass Wochenlang kein Tag ohne Heulen und Jammern verging. Dann lächle ich leise und sage: „Vergiss´meinen Namen und vergiss`mein Gesicht – ich bin schon weg“. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass mich diese Art Ignoranz ziemlich schnell langweilt.
    Die o.g. Begriffe höre ich tatsächlich selten, und wenn, dann nur mit verächtlichem Unterton und nie auf mich bezogen, wenn ich daneben stehe *g. Oft wurde ich allerdings sehr wohl mitleidig angesehen und gefragt: „Und Du darfst jetzt also überhaupt keinen Alkohol mehr trinken?“ Darauf antworte ich grundsätzlich mit: „Ich darf alles. Ich will nicht!“

    Du hast Deinen Bauherren also falsch eingeschätzt und der erste Eindruck hat getäuscht. Versteh ich jetzt nicht. Der erste Eindruck war doch durchaus berechtigt :) und der Mann hat sich total nervig verhalten. Vielleicht ist ihm inzwischen etwas Schweres auf den Kopf gefallen und er hat sich besinnen können und noch mal die Kurve bekommen. Oder er ist bei solchen Projekten bisher immer vorgeführt worden und hatte Angst, das Heft aus der Hand zu geben und nicht das zu bekommen, wofür er zahlt. Vielleicht hat er gesehen, mit wem er es zu tun hat und hat angefangen, Dir zu vertrauen. Nun kann er ganz entspannt mit Dir zusammen Pläne entwickeln und sich benehmen wie ein normaler Mensch. Vielleicht hat er zu Hause überhaupt nix zu melden und musste wenigstens auf der Baustelle den Boss raushängen lassen und nun isses ihm zu albern geworden. Du hast nach dem ersten Eindruck geurteilt und das war schließlich alles, was Du sehen konntest. Völlig normal und menschlich, also nimm´die Asche wieder vom Kappes :) , denn die gehört da gar nicht hin. Wir wollen doch nicht päpstlicher werden als der Papst, ein bisschen menschlich muss schon noch sein ;-).

    Ich möchte Menschen auch nichts vorschreiben, aber ich sollte mich trotzdem noch mehr zurückhalten. Ich bin eher dankbar (na ja, ich kann´s ganz gut handeln), wenn mir Jemand mit Kritik oder Anregungen kommt. Ich kann aber nicht immer selbstverständlich davon ausgehen, dass Andere es genauso halten oder wünschen.
    Es gibt aber Situationen, da zögere ich keine Sekunde. Neulich sehe ich ein ziemlich pummeliges Mädel in einem gewagten Minirock in die Toilette des Restaurants tänzeln. Als sie wieder herauskam, hing der hintere Teil des Rockes im Bund und sie stand quasi halb im Freien. Jeder hat es gesehen, alle haben hämisch gegrinst und sogar ihre „Freunde“ haben sie so laufen lassen. Da sprang ich unauffällig los und hab sie mit einem Satz drauf aufmerksam gemacht und war sofort wieder weg. So eine Art Massengrinsen ekelt mich immer noch an.

    Du hast so verdammt gute Vorsätze und das schätze ich sehr. Es ist ja auch gar nicht so schwer umzudenken. Wenn ich bei jeder Kleinigkeit, die ich anschaffe, darauf achten kann, dass sie mir Freude macht, dann kann ich das auch bei jeder bewussten Handlung tun, wenn ich z.B. einkaufen gehe, esse, oder bestimmte Materialen in anderen Bereichen verwende. Was man bei dem Etikettenschwindel heutzutage allerdings wirklich erhält, steht auf einem anderen Blatt. „Bio“ ist ja auch kein geschützter Begriff und ich kam zur Welt, als mir vor 20 Jahren schon mein Lieblingsbauer erzählte, der „Bio-Bauer“ nebenan würde „nur“ 12 x im Jahr seine Äpfel spritzen, die „normalen Bauern“ halt öfter… Da weiß man bald nicht mal mehr, wo man überhaupt ansetzen kann. Vielleicht bei Kohl aus der Heimat. Wenn der Wind günstig stand. Jetzt. Es ist Herbst :) .

    Es ist schon lächerlich, was wir mittlerweile verlangen. Niemand hat mehr Zeit oder Geduld, auf etwas zu warten, jede noch so überflüssige Warensendung muss im Eiltempo irgendwo hingebracht werden und dann wundert man sich über das erhöhte Verkehrsaufkommen. Irgendwelcher im Ausland produzierte Krempel wird für Stempel und Etikett nach Deutschland geschafft, und wir bringen unser Zeug auf die Bahn, weil das Waschen von Mohrrüben im Ausland günstiger ist. Ich fasse mir oft an den Kopf. Teilresignation. Da sagste was.
    Ich kann mich heute aber nicht mehr ums Weltgeschehen kümmern, sondern muss mich mal verholen. Die nette Ömi von oben drüber hat mich im Garten erwischt, als ich nur ganz kurz etwas Holz umgestapelt habe *hüstel. Morgen soll es ja regnen. Ich war bewaffnet mit Mütze, Schal und Winterjacke und habe mich im Zeitlupentempo bewegt.
    Manche Ömis haben´s echt drauf, diesen etwas spitzen Unterton: „Frau X, wenn Sie etwas brauchen, rufen Sie mich bitte an“ – hierauf folgt die Telefonnummer, die ich mir mit dem dicken Kopf eh nicht merken kann. „Ich koche auch gern etwas für Sie oder bringe Ihnen aus dem Supermarkt etwas mit, denn MIT EINER LUNGENENTZÜNDUNG IST JA NUN WIRKLICH NICHT ZU SPASSEN!“ Der letzte Teil des Satzes wurde lieblich geflötet mit ca. 140 Dezibel, damit ich die Botschaft nicht verpasse. Mit hochroten Ohren bin ich wieder zum Sofa geschlichen. Zerberus wohnt im selben Haus – ich bin geliefert. Offensichtlich kümmert sie sich auch gern um ihre Mitmenschen, wie lästig :D und wie schön ;-).

    Dir einen schönen Abend.

    Liebe Grüße

    Katha

  • Hallo Forum,

    so, melde mich wieder zurück aus dem bayerischen Wald. Die paar Tage Urlaub haben mir gut getan, jetzt kann ich den Endspurt in Punkto Baustellen relativ entspannt angehen.
    Hab ne ordentliche Wanderung hingelegt am ersten Tag, zwar nur knapp 22 km, dafür aber relativ bissige 1250 Höhenmeter (Bodenmais, kleiner Arber, kleiner Arbersee, großer Arber, Bodenmais).
    Vermutlich bin ich der einzige Wanderer bundesweit, der sich zum kleinen Arber hochkämpft, dann runter zum Arbersee läuft, nur um dann nochmal knapp 550 Meter rauf zum großen Arber zu wackeln...intelligente Wanderplanung sieht anders aus :)
    Als Belohnung gabs dafür Muskelkater satt in beiden Waden und schwammige Knie :)
    Trotz opulenter Hotelküche bin ich auf Linie geblieben und hab nur Vegetarisches genossen...und ein hochtalentierter thailändischer Koch hat mich mit der Nase drauf gestoßen, daß ich mir für die Wintermonate wieder mal ein paar asiatische Rezepte zum Probieren ausdrucken sollte.

    Hi Katha,

    ich hoffe, es geht Dir inzwischen etwas besser. War klar, daß Du bei Nieselregen draussen rumstrapsen und Holz umschlichten mußtest...trotz Lungenentzündung. Hab nix anderes von Dir erwartet :)
    Gut, daß wenigstens die spitzzüngige Oma auf Deine Gesundheit aufpasst, wenn Du es schon selbst nicht machst.
    Entschleunigung...ja, da sagste was...das wäre prima, aber irgendwie holt einen der alte Trott immer wieder ein.
    Ich habe es in den freien Tagen sehr genossen, stundenlang lesen zu können ohne Handyklingeln, ohne Termine, ohne Mitarbeiter und Kunden...einfach nur abschalten, schmökern. Ich les ja nun wirklich sehr viel, aber es wäre wohl noch mehr, wenn ich mehr Zeit dazu hätte. Es gibt für mich nur wenig Entspannenderes als Lesen. Das war bei mir schon als Kind so. Hast Du übrigens schon die neue Sch*ffel-Werbung gesehen ?...an alle Facebook-Farmer...an alle Laufbandläufer, Meilenmillionäre...Macht erstmal ohne mich weiter...ich bin raus :)

    Wünsch allen eine schöne Woche trotz Schmuddelwetter

    LG Andreas

  • Huhu Andreas,

    schön, dass Du wieder zurück bist und noch viel schöner, dass Du überhaupt fort warst, denn es war doch mal an der Zeit, obwohl Du Dir anscheinend auf seltsame Art und Weise die Zeit verdörlt hast. Ich bin ja nun Muschelschubserin und im hohen Norden kraxelt man nicht in der Gegend herum für Bodenmais, oder meintest Du „Dosenmais“ – na also für den erst recht nicht, denn wer ist schon scharf auf schwammige Knie?! :)

    Thailändisch klingt super und wenn Du auch scheinbar orientierungslos durch die Botanik gekreiselt bist, hattest Du bei der Ernährung ja offensichtlich mehr Plan *fg.

    Die Werbung kenne ich, obwohl ich ja nur alle Jubeljahre mal Glotze gugge und sie gefällt mir gut. Wahrscheinlich haben sich daraufhin aber alle angesprochenen Aktivisten ein paar M****L-Treter besorgt und stapfen jetzt ebenfalls durch die Pampa auf der Suche nach einsamer Freiheit, mit der sie überhaupt nicht umgehen können ;-).

    Du hast da übrigens etwas missverstanden: Es war VOR der Lungenentzündung und VOR dem Nieselregen und mein Doc hatte mir eine halbe Stunde an frischer Luft erlaubt. Holz zu stapeln war blöd, das gebe ich gern zu, aber alles Andere war so überaus vernünftig von mir, wie ich mich seit Jahrzehnten überhaupt nicht mehr kenne. Ich weiß nicht, was es war, aber irgendwas ist passiert.
    Heute ist mein fünfter Tag ohne Kippe und ich bin erschöpft durch die Husterei und die kurzen Nächte, aber andererseits verfalle ich auch nicht in Panik, weil ich eben nicht mit diesem Schlafmangel meinen Job antreten muss, sondern diese Zwangspause mal sinnvoll nutzen kann. Ich mache mir da auch nix vor, bisher war ich allein, habe keinen Menschen gesehen und mich einmal am Tag zum See geschleppt – da ist es einfacher, nicht zu rauchen, obwohl es für mich an ein Wunder grenzt, dass ich auch nur einen einzigen Tag durchgehalten habe.

    Ich habe einen hartgesottenen Telefonjoker, bei dem ich die Gespräche mit einem untypischen „Boah ey“ beginnen darf, um mich dann verbal auszutoben, weil auch der Kaffee ohne Kippe plötzlich nicht mehr schmeckt und ab und zu plingt es hier und Dialoge mit Nichtrauchern beginnen mit „Ab ins Bett“ und enden mit „Oh Weib“, aber noch mehr Vernunft ist nun wirklich nicht drin *soifz. On verra (was nicht bedeutet: Guten Appetit! xD).

    Die Leidenschaft für´s Lesen teile ich. Mich konnte man früher in Nachbarländer transportieren, ohne dass ich es bemerkt habe, weil ich die Nase in Büchern hatte und auch fiese Windstärken auf dem Kutter nach Helgoland haben mich nicht gestört, während die Anderen bereits grünlich schimmerten. Ich hab vor allem bei Regen immer in Autos, Zelten oder Scheunen herumgesessen und gelesen, wie in einer Höhle. Im Moment scheint hier aber tatsächlich mal die Sonne und deshalb werde ich meinen Spaziergang auf den Vormittag verlegen.

    Dir auch eine schöne Woche.

    Liebe Grüße

    Katha

  • Hi Katha,

    Bodenmais ist ein beschauliches Örtlein im bayerischen Wald, kein Lebensmittel :)
    Den Bodenreis gabs dann beim Thai :)

    Als ich das Rauchen aufgehört habe (bin ja schon wieder fast drei Jahre Raucher, hatte davor knapp 10 Jahre aufgehört), war es auch unheimlich wichtig, daß ich zuhause war, keine Raucher um mich rum hatte. Aber nach einer Woche war es wirklich besser, der Kaffee schmeckte auch ohne Kippe wieder. Es ist dieses Belohnungs- und Gewohnheitsdings, das es so schwer macht, mit dem Rauchen aufzuhören.

    Mir dient das Rauchen als gutes Beispiel...da dachte ich auch "Mensch, nach 10 Jahren Nichtraucher wird Dir ne Kippe doch nix schaden" und schwupps war ich schon wieder im normalen Raucherkreislauf drin. Ne gute Warnung auch für den Alk...da würde es genauso laufen...ein Bier und ich wäre vermutlich wieder mit von der Saufpartie.
    Die Tatsache, daß sich das in meine Hirnrinde eingebrannt hat, hilft mir jetzt unheimlich bei meiner Abstinenz...ich weiß genau, wie schnell das geht und werd den Teufel tun und das alles wieder aufs Spiel setzen.

    Ich kann mir vorstellen, daß es ziemlich aufs Gemüt schlägt, diese Nichtraucherei...vermutlich bist Du zur Zeit unausstehlich und es ist besser, Dich nicht auf die Menschheit loszulassen *hehe* - so war das zumindest bei mir...
    Aber fünf Tage ohne Nikotin klingt verdammt gut...da hast Du mMn. die größte Hürde schon genommen.

    Ich bin noch nicht soweit. Ich weiß, daß ich auch wieder aufhören werde, nur noch nicht genau wann...das muß von selber kommen...der Tag, an dem ich sage: Nöö, was bist Du dämlich, täglich den Scheiß auf Deinen Körper loszulassen.
    Momentan bin ich offenbar noch zu dämlich, um zu erkennen, daß Rauchen unglaublich dämlich ist :)

    Andererseits:

    Jetzt sauf ich nix mehr, esse kein Fleisch mehr...ich kann mir ja schlecht alles abgewöhnen :)

    Ich wünsch Dir eine schöne Woche und daß Du Deinen Telefonjoker nicht allzuoft mit "Boah ey" begrüßen mußt :)

    Lieben Gruß

    Andreas

  • Hallo Andreas

    ich kenne Bodenmais nur aus den Säuferzeiten . Hatten die nicht eine Bärwurz Brauerei oder war das in Cham ?

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Andreas,

    Zitat

    Jetzt sauf ich nix mehr, esse kein Fleisch mehr...ich kann mir ja schlecht alles abgewöhnen Smilie

    doch das geht. Bin jetzt die 3. Woche rauchfrei :)

    LG Pink-Lady

  • Zitat von Hartmut

    Hallo Andreas

    ich kenne Bodenmais nur aus den Säuferzeiten . Hatten die nicht eine Bärwurz Brauerei oder war das in Cham ?

    Gruß Hartmut

    Hi Hartmut,

    siehste, bei mir ist es genau umgekehrt...ich kenne Bodenmais nur als Abstinenzler :)

    Im Ernst, keine Ahnung, die Oberpfalz ist ja bekannt für ihre Kräuterschnäpse, aber ich hab da nix mitbekommen von.

    LG Andreas

  • Hallo Forum,

    so langsam kehrt bei mir beruflich etwas Ruhe ein. Eine Baustelle wurde vernünftigerweise aufs nächste Jahr verschoben und mit unseren größeren Baustellen sind wir inzwischen soweit durch, daß ich mich mal für ein paar Tage ausschließlich der Büroarbeit widmen kann...Zeit, um etwas durchzuschnaufen und Dinge aufzuarbeiten, die das ganze Jahr irgendwie liegengeblieben sind.
    Heut hat sich einer meiner Firmenvertreter zum Kaffeetrinken angemeldet und die Tatsache, daß ich ihn nach drei Stunden fast rauswerfen mußte, ohne daß wir auch nur ein Wort über die Arbeit und die Geschäfte verloren haben, fand ich bemerkenswert. Zum Einen, weil es zeigt, daß berufliche Kontakte eben nicht nur beruflicher Natur sind, zum Anderen, daß wir trotz Stress und Hektik noch in der Lage sind, über andere Dinge zu philosophieren als unseren Alltag.
    Das war für mich irgendwie so ein mentaler Aufbruch in die ruhige Zeit, die ich geniesen werde. Ein Zeichen, vom Gas zu gehen und jetzt wieder mit Halbgas durch die Gegend zu fahren, um mal wieder rechts und links zu schauen.
    Ganz nebenbei hat mich das Gespräch motiviert, meine Laufschuhe wieder rauszuholen und wieder regelmäßig zu laufen. Gleich morgen werde ich damit anfangen, um vielleicht doch irgendwann mal mit Correns gemeinsam einen Lauf zu bestreiten. Das Laufen wird mir zusätzlich guttun, um den Kopf freizubekommen.

    Ich wünsche allen eine schöne Restwoche

    LG Andreas

  • Hallo Forum,

    ich würde aber ganz gern nochmal auf den Begriff "Egoismus" zurückkommen. Vielleicht hab ich mit dem Begriff so meine Schwierigkeiten, weil er doch oft recht negativ behaftet ist.
    Als Kind hat mich beispielsweise meine Mutter sehr oft als Egoisten bezeichnet, obwohl ich selbst nie den Eindruck hatte, wirklich einer zu sein. Ich dachte mir immer: Was will die eigentlich von mir ? Denn die Grenze, mit meinem Egoismus andere zu schädigen, hab ich als Kind so gut wie nie überschritten. Ich hab halt meine eigenen Interessen wahrgenommen. Die haben sich nicht zwangsweise immer mit den Interessen meiner Eltern überschnitten. Wenn ich Bolzen war, wurde es auch schonmal dunkel...und da kamen dann so Ansagen wie "Hast Du Dir überhaupt mal Gedanken gemacht, daß wir uns Sorgen gemacht haben ?". Nö, hab ich natürlich nicht...ich war Bolzen und hab nicht auf die Uhr geschaut. Schon gar nicht hab ich mir beim Bolzen nen Kopf über meine Eltern gemacht.

    Ist das nun egoistisch ?

    Gleichzeitig hatte ich als Kind ne ziemlich üble Erfahrung. Wir hatten im Stadtpark gespielt und dann kam ein deutlich älterer Junge auf uns zugerannt...die anderen Jungs sind stiften gegangen, ich bin, wie immer, nicht weggerannt. Der Junge wirft mich um, kniet sich auf mich drauf, zückt ein Messer und hält es mir an den Hals und sagt "Jetzt bist Du fällig, ich mach Dich kalt". Ich kenn den Jungen nicht, hab keine Ahnung, warum er mich kaltmachen will, sehe aber in seinen Augen, daß er nicht nur rumalbert, sondern drauf und dran ist, mir die Kehle durchzuschneiden. Bevor das passiert, kommen Spaziergänger gelaufen, die die Szene bemerken und der Junge steckt sein Messer ein, läßt mich los und sagt mir, bevor er flüchtet: "Irgendwann werd ich Dich erwischen."
    Ich renn nach Hause, erzähl das meinen Eltern und die Reaktion ist: "Ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen. Wer sollte in unserem Stadtpark sowas machen ? Und den Jungen hast Du nicht gekannt ? Na, da mach Dir mal keine Sorgen, der hat bestimmt nur Spaß gemacht."

    Ich hab den Jungen nie wiedergesehen, aber bestimmt fünf Jahre lang Muffe geschoben, daß ich ihn wiedersehen würde...und er diesmal seine Androhung wahrmachen würde.

    Meine Eltern haben das damals als Spaß abgetan, ich dagegen hatte ab dem Zeitpunkt das sichere Gefühl, mich in Zukunft nur noch selbst schützen zu können. Meine Eltern würden mich nie wieder beschützen können...nicht wirklich. Sie wären nicht da, wenn der Junge wieder auftauchen würde. Und so kam es, daß ich schon mit 8 Jahren ein Klapptaschenmesser in der Hosentasche trug...was meine Eltern natürlich auch nicht sehen durften.

    Jetzt frag ich mich:

    Was ist egoistischer ? Seine Eltern in Sorge zu lassen oder sein Kind seinen Sorgen zu überlassen ?

    Sorry für die kleine Anektode...aber irgendwie mußte das jetzt mal raus, denn die Story trag ich schon seit Jahrzehnten mit mir rum :)

    Euch allen ne schöne Zeit und ein schönes WE

    LG Andreas

  • Hallo Andreas,

    als ich die Geschichte mit dem Jungen bei dir gerade las, habe ich mich gefragt, ob wohl ein Großteil der Kinder so eine Erfahrung macht?
    Ich hatte eine ähnliche Begegnung mit fremden Jungs, die ohne Vorwarnung ziemlich große Steine auf meine Freundin und mich geschmissen haben, ich habe heute noch eine Delle im Schienbein davon.

    Wie gut, dass dein Messer nie zum Einsatz kommen musste - bei Messern funktioniert auch die beste Selbstverteidigungstechnik nicht mehr!

    Danke dir auch, dass du meinen Eintrag im "Egoismus"-Thread einfach mal so stehen lassen konntest.

    Viele Grüße
    Lea

    If you know where you stand
    then you know where to land ...

  • Zitat von inbetween

    Hallo Andreas,

    als ich die Geschichte mit dem Jungen bei dir gerade las, habe ich mich gefragt, ob wohl ein Großteil der Kinder so eine Erfahrung macht?
    Ich hatte eine ähnliche Begegnung mit fremden Jungs, die ohne Vorwarnung ziemlich große Steine auf meine Freundin und mich geschmissen haben, ich habe heute noch eine Delle im Schienbein davon.

    Hey Lea,

    da bin ich mir ziemlich sicher. Mir ging es im Grunde auch nicht um die reisserische Story an sich, sondern an das Gefühl, als mir klarwurde, daß meine Eltern das nicht wirklich ernstnehmen.
    Nun kann man logischerweise sagen "Was hätten sie auch schon groß sagen können". Naja, sag ich dann...sie hätten mich zumindest ernstnehmen müssen. So stand ich halt da wie ein ängstlicher Scheißer, der aus ner Mücke nen Elefanten gemacht hat...nur wußte ich halt, daß der Elefant echt war.

    Egal...es geht mir auch nicht darum, jetzt meinen Eltern Vorwürfe zu machen...sie haben sich so entschieden und hielten es für richtig.
    Aber manche Dinge sind schon dann halb so wild, wenn man sie ausspricht...und das hab ich jetzt getan.
    Was lapidar klingt, ist gar nicht so lapidar...weil ich sonst nämlich nur sehr selten mit Dingen rausrücke, die mich belasten.

    Auch das als Teil meiner Aufarbeitung sozusagen...

    So, und nun werd ich mich mal wieder dem aktuellen Leben widmen.

    Schöne Zeit.

    Lieben Gruß

    Andreas

  • Hallo Andreas,
    meist ist es ja so, daß Jungs solche "peinlichen" Dinge eher nicht zu Hause erzählen.
    Deshalb sollte man wirklich alles, was von Kindern in dieser Richtung kommt, ernst nehmen.
    Machst Du doch auch, oder?

    LG Frank

  • Moin Frank,

    so siehts aus...hab ja zwei Jungs, die beide ihr Herz nicht wirklich auf der Zunge tragen. Das war schon immer so.
    Insofern muß man denen manche Dinge schon aus der Nase ziehen.
    Beide sind ja volljährig und können sich inzwischen körperlich sehr gut selbst wehren. Aber es gab natürlich Zeiten, da hatte man schon Angst, ihnen könnte was zustoßen.
    In der Regel funktioniert es aber so, daß mir schon auffällt, wenn bei ihnen was nicht passt und dann frag ich solange nach, bis sie dann mit der Sprache rausrücken.

    Aber ich nehme an, Deine Frage war eher rhetorischer Natur, oder ? :)

    Es ging mir bei der Park-Story nicht darum, meinen Eltern Vorwürfen zu machen...wir haben, seit ich mit dem Saufen aufgehört habe, inzwischen ein recht gutes und offenes Verhältnis und arbeiten hin und wieder auch solche Dinge im Gespräch auf.

    Und natürlich hab ich als Vater auch genügend Fehler gemacht, die ich aus heutiger Sicht gerne rückgängig machen würde...nur geht das eben nicht...man kann gemachte Fehler selten korrigieren. Aber man kann sie ansprechen, mit den Jungs ausdiskutieren. Schlimm wäre dagegen, wenn man so tun würde, als wären sie nie passiert. Das macht die Fehler selbst und ihre Folgen nicht ungeschehen, aber es findet eben eine gewisse Aufarbeitung statt, selbst wenn die dann und wann auch unbequem ist.

    Lieben Gruß und ne schöne Zeit

    Andreas

  • Moin Frank,

    nun, das hatte ich mir schon gedacht :)

    Vermutlich ist Dir da irgendwas aufgestoßen in meinem Post, richtig ? Da mußt Du wirklich keine Skrupel haben, das auch direkt anzusprechen oder mich ruhig auch mal direkt damit zu konfrontieren. Ich finde einen offenen Umgang schon sehr wichtig und kann mit Kritik inzwischen einigermassen vernünftig umgehen.
    Also wenn Dich was stört, dann sprech das ruhig an. Möglicherweise kann man so auch Mißverständnisse aufklären, die nunmal in Foren recht häufig auftreten können.

    Wünsch Dir ne schöne Woche und gute Geschäfte

    Lieben Gruß

    Andreas

  • Hallo Andreas!

    Mir fällt schon auf, dass du in beiden Posts unter deiner Geschichte darauf hinweist, dass es nicht darum geht deinen Eltern Vorwürfe zu machen.
    Das ist halt auch so was klassisches. Die Eltern reagieren falsch und das Kind stellt sich schützend vor sie damit den Erwachsenen ja niemand (verbal) was tut.
    Ich musste auch für meinen Schutz sorgen, was mich heillos überforderte, so wie dich auch nehme ich mal stark an.

    Schönen Tag!

  • Moin schnuffig,

    klar überfordert es einen nicht mal halbwüchsigen Jungen, wenn er merkt, daß die angeblich heile, sichere Welt da draussen nicht so ist, wie man sich das eigentlich gedacht hat.
    Es nimmt einem einen Teil der unbeschwerten Kindheit, wenn man, so wie ich, jeden Tag so lange wie möglich draussen verbracht hat und dann plötzlich hinter jedem Busch nen Hinterhalt vermutet...ja, ich denke, das Unbeschwerte war von dem Punkt an passé.
    Nur denk ich, daß meine Eltern das gar nicht hätten verhindern können. Wie auch...ich war die meiste Zeit on tour.

    Man ist halt als Elternteil nicht perfekt...das waren meine Eltern nicht und ich als Vater bin es ganz sicher auch nicht. Aber das macht mMn. nichts. Ich hatte das Thema neulich mit meinen Söhnen...Ich hab ihnen gesagt, daß sie sich von dem Gedanken mal verabschieden müssen, daß man als Eltern immer richtig handelt. Eltern sind genauso Menschen mit Stärken und Schwächen, Problemen und Sorgen, die sich nicht immer vor den Kindern verbergen lassen.

    Ich will keine Vorwürfe machen, ich will drüber reden, Situationen auflösen, vielleicht aus solchen Situationen lernen für mich selbst...hinterfragen halt.

    Weißt Du was ich meine ? Verstehst Du den Unterschied, um den es mir geht ? Ich will nicht im Zorn zurückblicken, sondern Dinge aufarbeiten, klären und dann einfach auch abhaken. Und ich hoffe (und das ist vielleicht der Grund des Ganzen), daß meine Jungs auch lieber mit mir reden als mir Vorwürfe zu machen.

    Lieben Gruß

    Andreas

  • Hallo Andreas,

    doch, glaube ich schon, dass ich weiß was du meinst.

    Bei meinem Blickwinkel kommen die Eltern nur eher nicht vor.
    Das sind mehr so Gedanken wie: Nachdem ich so lange meine eigene Armee war, wundert es mich gar nicht, wenn niemand auf die Idee kommt, dass ich auch mal Hilfe brauche.

    Oder dass diese Wachsamkeit Dauerstress bedeutete, dieses nie einen Busch übersehen dürfen. Immer gleich die Lage zu checken, bevor man sich mal einfach umsehen kann.

    Ich finde es schön, dass du zu deinen Eltern ein gutes Verhältnis hast und mit deinen Jungs sprichst.

    Zorn ist auch nur ein Gefühl. Ich nehme die eben wie sie kommen.

    Liebe Grüße

  • Moin schnuffig,

    es ist wirklich schade, daß Deine Eltern bei Deinem Blickwinkel nicht mehr vorkommen. Sie müssen wirklich üble Dinge angestellt haben, daß Du sie nicht mehr in Dein Leben läßt.
    Komischerweise erwecken Menschen, die selbstbewußt und äußerlich stark durchs Leben gehen, nie den Eindruck, einer Hilfe zu bedürfen. Aber es liegt natürlich auch an Mauern, die man um sich selbst herum aufbaut.
    Wenn ich meine Situation so reflektiere, dann bin ich vermutlich auch so einer. Ich regle immer alles selber, lieber plag ich mich alleine, als jemanden um Hilfe zu bitten. Ach nee, laß mal...geht schon. Mitunter passiert es dann, daß sich, wenn mir alles zuviel wird, ein Gefühl einschleicht, daß alles immer auf meinen Schultern lastet...ich realisiere gar nicht, daß es ja letztendlich meine eigene Entscheidung war, ich selbst ja Hilfe fast immer abgelehnt habe.

    Ich denke fast, ich mach das, um niemanden dankbar sein zu müssen...ich geh lieber in Vorleistung...und erwarte dann vermutlich Dankbarkeit bei anderen. Warum das so ist, hab ich noch nicht rausgefunden.

    Irgendwie pervers, das Ganze...aber sobald man sich sowas eingesteht, kann man auch dran arbeiten.

    Ständig die Lage checken trifft es übrigens wie die Faust aufs Auge...das zeigt sich in so banalen Dingen wie die Platzwahl im Restaurant...ich setz mich immer so, daß ich alles im Blick habe und mir so wenig Menschen wie möglich im Rücken sitzen.

    Und ja, Zorn ist nur ein Gefühl, das aber zur Dauerbelastung werden kann...ich war mitunter ein recht zorniger Mensch und es ist ein schmaler Grat zwischen dem kurzzeitigen Aufkommen von Zorn und einer Dauerstimmung, die Einfluß auf Dein Leben nimmt.
    Kurzfristiges Abreagieren, eine zornige Reaktion kann auch Grenzen festlegen. Das ist insofern positiv. Auf Dauer kann Dich Zorn auf Gott und die Welt aber auch innerlich zerfressen.
    Momentan bin ich viel zu ausgeglichen, um Zorn empfinden zu können und ich würde fast behaupten wollen, daß ich, seit ich nicht mehr saufe, zornige Reaktionen auf irgendwas an einer Hand abzählen kann. Auch das also eine positive Entwicklung, die man der eigenen Trockenheit zuschreiben kann.

    Ach ja, weil Du neulich leicht spöttisch geschrieben hast, wir hätten nix gemein:

    Seit Freitag wohnt hier bei uns ein kleiner Katzenmann. Das Würstchen hat man lt. Zeugenaussagen aus dem Fenster geworfen und mein Jüngster hat ihn dann aufgelesen und in seiner Arbeitsjacke mit nach Hause gebracht. Es hat genau 3 Minuten gedauert, bis er die Tierhierarchie im Haus komplett auf den Kopf gestellt hatte :)

    Offenbar hat man den jungen Mann engagiert, um meine I-Net-Zeit zu begrenzen, denn aus sämtlichen, kuscheligen Schlafplätzen hat er sich ausgerechnet meine Notebook-Tastatur ausgesucht. Und da das Kerlchen recht umtriebig ist, fällt er meistens auch von einer Sekunde auf die andere um und schläft postwendend ein :)

    Es scheint so, als wäre momentan überall Katzenzuwachs angesagt...

    Lieben Gruß

    Andreas

  • Hallo Andreas!

    Mein Vater ist in der Hölle aufgewachsen. Ich hab nie was vergleichbares über jemandes Kindheit gehört. Als er starb hat er mich mit flehentlichem Blick gebeten ihm zu sagen, dass ich eine schöne Kindheit hatte. Also habe ich es ihm gesagt.
    Er ist trotzdem elend gestorben. Ich meine, ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn er so was wie : Es tut mir leid gesagt hätte.
    Er wollte sein Leben lang nichts andere als meine bedingungslose, alles verstehende und alles verzeihende Liebe.
    Er hat sie bekommen, aber es war nie genug.
    Meine Mutter tut so, als wäre ich woanders aufgewachsen.
    Ihr Lieblingssatz war, dass man mich im Krankhaus vertauscht hat, denn nie im Leben könnte sie es gewesen sein, die sowas wie mich geboren hat.
    Wenn ich mich deswegen nicht schuldig fühle, wird sie sauer.
    So richtig sauer.
    Also wo wäre ich, wenn ich den Blick auf die beiden und nicht auf mich richten würde?
    Ich war eine Zeit lang so zornig, dass ich vor ein paar Jahren fast an einer Kinderkrankheit gestorben wäre.
    Ich bin also echt fast innerlich zerfressen worden.

    Es war mir keine Hilfe dass ich fast nur auf Menschen gestoßen bin, die das Augenmerk auf das Gute das Eltern natürlich auch tun, gelegt haben, die mir geholfen haben, das Gute bei meinen zu suchen.
    Das war dann ohnmächtiger Zorn. Der wurde mir gefährlich.

    Jemanden um Hilfe zu bitten heißt nämlich nicht sie zu bekommen.
    Was machst du denn, ich denn, wenn ein Nein kommt? Kannst du mir helfen? Nö.
    Ist mit einem Risiko verbunden. Mit dem nächsten Korb, sagte das Mädchen mit dem Haarspray und dem Feuerzeug zu dem Jungen mit dem Messer.

    Aber dann, wenn wir alle Aufgaben brav gelöst haben, dann sind wir auch mal dran.
    Dann sagt wer: Gut, gemacht, jetzt bist du dran.
    In meinem Leben ist das eine Illusion.

    Ich glaub ja auch, du schaffst es kaum, das Kätzchen vom Notebook zu schieben, so wie ich es nicht schaffe, den Kater mit den dreckigen Pfoten aus meinem Bett zu schieben.
    Ja wenn er so gut schläft :)

    Schaust du bei deinem Checkerblick wohl auch nach oben? ;)

    So weit so nichts gemeinsam. Ha.

    Schönen Tag dir

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!