Leb wohl, Du schnöder Alkohol

  • wir gehen nun getrennte Wege, auch wenn ich durchaus Zweifel hege,
    daß Du für immer bist entschwunden, nichtstdestotrotz-ich werd gesunden,
    wir beide scheiden nicht im Zorne, ich schau ganz einfach jetzt nach vorne,
    denn mir wird klarer jeden Tag, daß ich Dich prinzipiell nicht mag,
    zu oft hab ich auf Dich gehört, wenn mich hat irgendwas gestört,
    und doch, ich geb es offen zu, war ich der Böse und nicht Du,
    denn ICH war stets an Deiner Seite, anstatt zu suchen schnell das Weite,
    hab mich geklammert, festgehalten und ließ Dich schalten und auch walten,
    es ist nun Zeit, daß wir uns trennen, denn Du wirst sicherlich erkennen:

    ...ein echter Freund warst Du mir nie...

    Hallo liebe Forumsmitglieder,

    seit meinem ersten trockenen Tag vor knapp vier Wochen lese ich nun hier mit und darf seit heute auch mitposten.

    Mein Name ist Andreas (jaja, ich weiß, schon wieder ein Andreas :-)) und ich bin Alkoholiker. Nach diversen sinnfreien Versuchen mit Trinkpausen hab ich endlich geschnallt, daß das nicht mein Weg ist, sondern daß ich den Alkoholkonsum überhaupt nicht kontrollieren kann...das ist zunächst einmal schwer für jemanden, der meint, sonst alles unter Kontrolle zu haben. Die Tatsache, daß dem nicht so ist, zeigt umso deutlicher, daß es für mich nur ein Leben ohne Alkohl geben kann. Diese Vorstellung, nie mehr ein Bier zu trinken oder nie mehr einen Cognac an die Pfeffersoße zu schütten, hat mich zunächst ziemlich eingeschüchtert...und es hat wirklich lange gedauert, daß es auch im Kopf Klick gemacht hat...aber nun ist es soweit.
    Erstaunlicherweise geht es mir seit diesen vier Wochen blendend...ich habe weder Entzugserscheinungen noch sonstige körperliche Leiden, lediglich eine gewisse Launenhaftigkeit hab ich feststellen können. Auch der psychische Druck hält sich in Grenzen...ich denke nur sehr selten an mein früheres Lieblingsgetränk Bier, find es inzwischen sogar ekelhaft, wenn ich bei Leuten eine Fahne rieche.

    Meine Zeilen am Anfang mögen etwas wehmütig klingen...dem ist aber überhaupt nicht so, im Gegenteil...ich bin sehr dankbar und glücklich, daß ich dem Alkohol komplett abgeschworen hab...ich gehe lediglich etwas anders an die Sache ran...ich verteufel den Alkohol nicht, sondern versuche das so zu sehen, wie es war...ICH habe den Alkohol gesucht, nicht er mich...ich will meine eigene Schuld nicht auf den Alkohol abwälzen, denn es gibt jede Menge Menschen, die verantwortungsvoll damit umgehen können...ich als Suchtmensch kann das nicht, somit laß ich es komplett und merke, daß es mir dabei gut tut, hier zu lesen und jetzt auch zu schreiben.

    Ich werd mich in Zukunft vermutlich vermehrt im geschlossenen Bereich (klingt irgendwie nach "Neues aus der Anstalt" :-)) rumtreiben, weil ich der Meinung bin, daß sich hier im offenen Bereich Dinge nur sehr oberflächlich ansprechen lassen...das Weglassen von persönlichen Angaben, die sinnvollerweise hier im öffentlichen Bereich nicht erlaubt sind, kann dazu führen, daß so manchen Post in eine ganz andere Richtung interpretiert wird, als man ihn ursprünglich gedacht hatte.

    Ich hoffe, mein erster Post hat Euch nicht gleich alle eingeschläfert, denn er ist etwas länger geworden, als ich eigentlich beabsichtigt hatte...aber das Schreiben tut mir gut, wie ich grade feststelle...

    Gruß Andreas

  • Lieber Andreas,

    also ich bin noch wach :) Mir gefällt es sehr gut, was Du geschrieben hast.
    Herzlich willkommen hier! Wir sehen uns dann in der "Geschlossenen" :)

    LG Pink-Lady

  • Hallo Andreas,

    meinen Glückwunsch zu Deiner Entscheidung, Dich hier mit uns im Forum austauschen zu wollen!

    Zitat

    daß ich dem Alkohol komplett abgeschworen hab

    ....nun geht es an die Umsetzung dieses Vorhabens in Deinem Alltag.

    Die Auseinandersetzung mit der Problematik innerhalb Deiner Lebensgeschichte ist sicher im geschützten Bereich (wir sagen auch: in der *Villa* :D ) besser aufgehoben. Ich freue mich, Dich dann auch dort bald begrüßen zu können...

    Ich wünsche Dir alles Gute auf Deinem Weg und einen guten Austausch hier!

    Samsara

    Das Beste geschieht JETZT!

  • @Pink Lady & Samsara:

    Schönen Dank Euch Beiden für den netten Empfang.

    Auf den Tipp von Pink Lady in einem anderen Thread hin hab ich mir erstmal vorgenommen, hier mal so ein paar Gedanken loszuwerden und auch mal ein paar Fragen zu stellen...so als Stütze für später...

    Ich hab hier ja schon einige Threads durchgelesen und es fällt mir auf, daß sehr viele User in den ersten Wochen sowohl einiges an Euphorie als auch einiges an schwierigen Momenten erlebt haben. Deshalb mach ich mir da so meine Gedanken...bei mir ist bisher weder das eine noch das andere aufgetreten. Ich bin bisher weder in Versuchung geraten, Alkohol zu mir zu nehmen...auch an den Feiertagen nicht...Euphoriegefühle sind mir allerdings auch fremd...im Grunde ist das mir sogar sehr recht...

    Als ich beschlossen hatte, mit dem Trinken aufzuhören, hab ich mir überlegt, wie ich in den entsprechenden Situationen reagieren würde...wie ich dem Saufdruck widerstehen könnte...und dann hab ich mir mal im Kopf so ne Liste erstellt, was für schöne Momente ich mit dem Alkohol hatte und wie oft mir der Alkohol geschadet hat, mich in eine peinliche Situation befördert hatte, wie oft ich unter Alkoholeinfluß Dinge gesagt habe, die ich so nicht gemeint hatte...und da ist dann eine gewaltige Dysbalance entstanden, bei deren Betrachtung einem schlagartig klar wird, was man da eigentlich jahrelang für Mist getrieben hat.

    Ich selber spiele sehr gerne Gitarre...allerdings hatte ich unter Alkohol dann immer Probleme, die Akkorde richtig zu greifen, meine Seitenlage war unsauber...im Mai des letzten Jahres war dann ein bundesweites Treffen unseres Fanclubs, bei dem ich die Vereinshymne auf der Gitarre begleiten sollte...was soll ich sagen...ich war zu betrunken, um das Lied, das ich wochenlang einstudiert habe, dann auch zum Besten zu geben...meine Fankollegen haben zwar recht schnell erkannt, daß es am Alkohol lag und es bei ein paar hämischen Kommentaren gelassen, aber mir ist diese Sache bis heute unheimlich peinlich.

    Wenn jetzt dieser Saufdruck aufkommen sollte (womit ich irgendwann dann auch rechne), hab ich vor, mir dieses eine Bild, diese eine Situation, wieder vor Augen führen. Somit ist diese peinliche Situation ein Teil meines Notkoffers...

    Gruß Andreas

  • Hallo Andreas,

    herzlich willkommen.
    Ein Einstand mit Gedicht kommt nicht allzu oft vor. Kompliment!
    Ich bin auch Villen-Mitglied, treibe mich aber meist hier draußen rum ;)

    Das Ausbleiben von Euphorie auf der einen
    und Saufdruck auf der anderen Seite
    ist genauso "normal" wie deren Eintreten.
    So wie's kommt, so kommt's.
    Wichtig ist nur, dass wir auf Stimmungsschwankungen gefasst sind.
    Achtsamkeit war mir eine große Hilfe auf dem Weg zu bleiben.
    Langeweile war dagegen eine große Gefahr.

    Ich wünsche Dir eine gute Halbmarathonvorbereitung.
    Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann einmal bei einem Laufevent.

    Viele Grüße
    Correns

  • Hallo Andreas,
    erstmal willkommen hier bei uns.
    Jetztr, wo du es aufschreibst, fallen auch mir Momente ein, ( es waren einige) wo ich auf meinem Keyboard aber auch keine einzige Note mehr getroffen habe.
    Wenn ich mir das jetzt so vorstelle, tue ich mir selber leid.
    Leider ist meine Musik seid meiner Trockenheit komplett eingeschlafen.
    Mein kleines Freizeitfenster ist mit anderen Dingen belegt.
    Aber wer weiss....
    Und im ersten Jahr meiner Trockenheit habe ich wirklich 1000 neue Dinge fuer mich entdeckt, die ploetzlich wegen meinem mehr an Freizeit und Energie fuer mich gingen.

    Einiges ist bis jetzt geblieben und ich vertiefe es.

    LG Frank

  • Hallo carpenter,

    herzlich Willkommen im Forum.
    Eine Zeile Deines Gedichtes ist mir aufgefallen ...

    Zitat

    denn mir wird klarer jeden Tag, daß ich Dich prinzipiell nicht mag,

    Ich habe da eine andere Selbsteinschätzung.
    Ich habe festgestellt, daß ich ihn zu gerne mag und daher meiden sollte.

    Diese kleine Nuance hat enorme Auswirkungen auf die ehrliche Selbsteinschätzung für den zukünftigen Umgang mit Alkohol.

    Ich führe und strebe einen "unnormalen" Umgang mit Alkohol an, denn der "normale Umgang" der Menschheit - und insbesondere meiner, eines Alkoholsüchtigen - war und ist "Saufen".

    LG Jürgen

  • @Frank:

    Warum ist Deine musikalische Ader denn eingeschlafen ? Ich könnte mir vorstellen, daß Du als Selbstständiger, ähnlich wie ich, sehr wenig Zeit und z.T. auch Energie hast, Dich damit zu beschäftigen...geht mir ähnlich...und das ist verdammt schade...ähnlich wie das Laufen ist für mich die Beschäftigung mit einem Instrument unheimlich entspannend und befriedigend. Es tut einfach gut, selber Musik zu machen, wobei ich gleich anmerken will, daß die Musik in meinem Leben eine extrem wichtige Rolle spielt...ohne Musik geh ich kaputt:-)

    Mikini : Zuviel der Ehre...ich selber sehe meine Verslein nicht als Gedicht...da würde man den vielen, guten Lyrikern doch unrecht tun :)
    Aber es freut mich, daß es Dir gefällt...so ein bißchen rumverseln mach ich recht oft, auch im Alltag...es ist eine Art, mich auszudrücken...

    Jürgen : Ich verstehe, auf was Du hinauswillst. Ich hab versucht, mich kritisch zu durchleuchten und bin irgendwie zu der Ansicht gekommen, daß meine Fixierung auf Bier auffällig ist...Wein und Schnaps hab ich nur ganz, ganz selten angerührt. Diese Textzeile war zugegebenermassen auch etwas dem Versmaß geschuldet...
    Ich versuche, dem Alkohol nicht so viel Gewicht beizumessen, ihn nicht zu verteufeln, weil ich mich damit mMn. wieder abhängig mache...ich bin z.B. abhängig davon, mit wem ich verkehre, wo ich verkehre...aber der Verzicht auf Freunde, die dem Alkohol anders gegenüberstehen, würde mich in ein viel tieferes Loch werfen als der Verzicht auf Alkohol selbst. Ich befürchte sogar, daß mich eine gewisse Isolation wieder rückfällig lassen werden könnte.
    Selbstverständlich meide ich Veranstaltungen, bei denen viel Alkohol getrunken wird, wie die Pest. Leute, deren einziger Inhalt der Alkohol ist, gehören nicht mehr zu meinem Bekanntenkreis...ich gehe nach der Arbeit gleich nach Hause, anstatt noch in der Werkstatt zu fachsimpeln usw.
    Ich hab das große Glück, daß mein Umfeld sehr sensibel auf meine Krankheit reagiert, mich gut unterstützt, Verständnis zeigt.
    Nichtsdestotrotz ist Dein Einwand richtig und wichtig. Solche Denkanstösse hab ich mir hier erhofft.

    LG an alle

    Andreas

  • Hallo carpenter,

    Zitat

    aber der Verzicht auf Freunde, die dem Alkohol anders gegenüberstehen, würde mich in ein viel tieferes Loch werfen als der Verzicht auf Alkohol selbst. Ich befürchte sogar, daß mich eine gewisse Isolation wieder rückfällig lassen werden könnte.

    durch offenen Umgang mit der Erkrankung und persönliche Ansprache, was geht und was nicht geht, wird Du keinen Freund verlieren.
    Du wirst sogar viele Freunde gewinnen und in der Achtung derer steigen, die deine Freunde sind.

    Dennoch nie vergessen - Du bist die meiste Zeit mir Dir allein - es ist Dein ganz persönlicher Weg - du wirst zufrieden sein müssen damit, nicht Deine Freunde.

    LG Jürgen

  • Hallo Jürgen,

    das bin ich eben gerade nicht...die meiste Zeit allein, meine ich...ich würd sogar soweit gehen und behaupten, ich hätte ganz gerne mal etwas mehr Zeit für mich alleine.
    Ansonsten seh ich es genauso...offener Umgang und persönliche Ansprache werden die Spreu vom Weizen trennen...und das ist ganz sicher ein guter Nebenaspekt der ganzen Sache :)

    LG Andreas

  • Guten Morgen, Forum

    heut steht mein Belastungstest und EKG an, außerdem bekomme ich meine Blutwerte...eine gewisse Spannung kann ich nicht verhehlen, schließlich meide ich sonst Ärzte, wo es nur geht.
    Aber der von mir gewählte Arzt scheint okay zu sein.

    Heut nachmittag steht dann noch mein dritter Trainingslauf in diesem Jahr auf dem Programm...neben dem Hauptziel, trocken zu bleiben, will ich im Frühjahr endlich meinen ersten offiziellen Halbmarathon laufen...im Training hab ich das schon geschafft, aber auch hier hat meine Alkoholabhängigkeit so sehr gebremst, daß es nie zu einem offiziellen Rennen gereicht hat. Im Grunde vertragen sich beide Ziele hervorragend.

    Jetzt hab ich noch knapp ne Woche Urlaub, vielleicht auch zwei, bevor es wieder losgeht. Nun gut, Urlaub würd ich es nicht nennen, eher Halbtagsjob im Büro. Ich weiß jetzt schon, daß dieses Jahr wieder unheimlich arbeitsintensiv wird und ehrlich gesagt bräuchte ich mal eine etwas längere Auszeit...die ist leider auftragstechnisch nicht machbar.

    Die Diskussion bzw. die nichtstattfindende Diskussion gestern in einem anderen Thread hat bei mir auch wieder ein paar Fragen zu mir selbst hervorgerufen...warum misch ich mich immer in alles Mögliche ein ? Ich war schon als Kind so...sobald mir etwas ungerecht vorgekommen ist, hab ich das sofort angesprochen...und meistens gings dabei nicht um mich selbst, sondern um andere, die mMn. ungerecht behandelt wurden...diese Vorgehensweise hat mich schon öfters in unschöne Situationen gebracht, aber das hat mich nie gehindert, es wieder zu tun. Während andere sagen "Laß das mal deren Sorge sein" stürze ich mich sozusagen grade recht darauf...
    Ich bin jetzt in Psychologie nicht so bewandert, aber kann es sein, daß ich damit irgendwas kompensiere ? Ich hab auch schon immer als Kummerkasten für alle möglichen Leute hergehalten, mir deren Sorgen angehört und die dann beraten...kann das soweit führen, daß man die Sorgen anderer über die eigenen stellt ? Und ist das nicht auch schon krankhaft ?

    Tja, werde den Faden dann mal weiterstricken.

    Ansonsten geht es mir nach wie vor sehr gut, sowohl körperlich als auch seelisch. Nur mein Kaffeekonsum ist deutlich zu hoch...auch da muß ich noch was machen, evtl. vermehrtz auf Tee umsteigen.

    LG Andreas

  • Hallo Andreas,

    ich gehe mal davon aus, dass es um meinen Thread geht?!?

    Ich habe deinen ersten Beitrag als sehr hilffreich empfunden und gar nicht als Einmischung! Den 2. habe ich leider nie gelesen :?

    Aber deine Sichtweise hat mir schon sehr geholfen, das Ganze aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

    Ich finde es gut, dass du dich sportlich so reinkniest! Respekt, da hätte ich momentan noch nicht die nötige Energie dazU;
    Und das mit dem Halbmarathon packst du auch noch :wink: !

    Ich hoffe, du kannst dir regelmäßig etwas Zeit für dich freischauffeln, denn Arbeit ist nicht das Wichtigste.

    Ganz liebe Grüße
    Carmelita

  • Zitat von Carpenter


    (...)sobald mir etwas ungerecht vorgekommen ist, hab ich das sofort angesprochen...und meistens gings dabei nicht um mich selbst, sondern um andere, die mMn. ungerecht behandelt wurden...diese Vorgehensweise hat mich schon öfters in unschöne Situationen gebracht, aber das hat mich nie gehindert, es wieder zu tun. Während andere sagen "Laß das mal deren Sorge sein" stürze ich mich sozusagen grade recht darauf...

    Hallo Carpenter,

    in diesen Zeiten, wo Überinformiertheit und Un- oder Halbwissen eine unheilige Allianz eingehen, wird alles gerne pathologisiert."Buzz words" werden irgendwo aufgeschnappt und halb verdaut als Wissen weitergetragen. O tempora...
    Wer mehr hilft oder helfen will als der Durchschnitt, hat natürlich das "Helfer-Syndrom" und will nur eigene Defizite kompensieren. So mancher Leidende oder Verfolgte wird froh (gewesen) sein, dass es das gibt, dieses "Helfer-Syndrom".
    Vielleicht bist du nur ein anständiger Mensch, der sich gegen Ungerechtigkeit auflehnt, sie möglichst abschaffen will. Und auch, wenn du selbst in Fesseln bist, kannst du Freunde ein Erlöser sein, sag ich mit Nietzsche. Lass dich nicht dumm machen.

    LG Jonas

  • hallo andreas

    da hast du einen wichtigen ansatz gefunden. bei dir bleiben, das ist für uns suchtmenschen ein immer wiederkehrendes problem. wir neigen dazu uns ständig die probleme anderer zu eigen zu machen. warum? um unsere eigenen nicht ansehen zu müssen? ich denke ja. das ist ein kreislauf der unbedingt durchbrochen werden muß. zum einen damit wir unseren eigenen misthaufen aufarbeiten können und zum anderen damit nicht noch mehr mist dazu kommt. ich glaube das mir das am anfang am schwersten gefallen ist, mir sind immer sofort lösungen für probleme anderer eingefallen, aber meine ansehen, das tat einfach sehr weh. es hat ne weile gedauert bis ich aufhören konnte mich durch andere abzulenken und auf mich zu schauen. da hat mir die ermahnung alter hasen geholfen. wenn wir dir hier mal was in die richtung sagen dann nimm es bitte so wie es gemeint ist, als hilfestellung. denn wir wissen wie sich das am anfang alles anfühlt.

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • @Carmelita, Jonas, Dorothea:

    Dank Euch für Eure Zeilen...eine gewisse Resonanz tut schon gut...wäre irgendwie seltsam, wenn ich hier jeden Tag nur wie in einem Tagebuch schildern müßte :) Tja, und aufarbeiten muß ich wohl ne ganze Menge...

    Aber ich hab heut auch schon wieder positive Nachrichten...komme grad vom Arzt und muß mir mal selber auf die Schulter klopfen: ohne es zu wissen, hab ich genau die richtige Wahl getroffen...mein Arzt kennt sich bestens mit Alkoholismus aus und wir hatten heute ein sehr langes, intensives und informatives Gespräch...zudem sind all meine Blutwerte absolut in Ordnung, nur meine Cholesterinwerte sind etwas erhöht und mein Blutdruck im oberen Normalbereich. Den Blutdruck krieg ich mit dem Laufen wieder in Schuß, den Cholesterinwert ignorier ich :) Tabletten werd ich deshalb ganz sicher keine schlucken.

    Tja, Helfersyndrom...daran hab ich auch schon gedacht bzw. es vermutet...aber woher kommt das ? Da gilt es nachzuforschen...aber sicher nicht im offenen Bereich...sonst gibts Mecker :)

    LG Andreas

  • Hallo Andreas,

    freut mich sehr, dass dein Arztbesuch so positiv verlaufen ist!
    Bewegung kann sich (soweit ich informiert bin) auch positiv auf deine Cholesterinwerte auswirken!

    Und was das berühmte "Helfersyndrom" angeht (obwohl ich dabei bleibe - in meinem Thread empfand ich deinen Beitrag als ganz normale Meinungsäußerung und hat mich zum nachdenken motiviert - mehr nicht), ist es bei mir so, dass ich wahrscheinlich auch eine bestimmte Anerkennung suche.

    Das Selbswertgefühl eines Alkoholikers ist meisten nicht sehr stark entwickelt (oder wir haben es heruntergewirtschaftet :wink: ), und dann tendiert man schon mal dazu, anderen helfen zu wollen, um sich wertvoll zu fühlen.

    Ich persönlich habe diesen Eindruck von mir - vielleicht ist es bei dir ja ganz was anderes. Ich kenne aber auch die anschließende Enttäuschung, wenn die Menschen, die ich gerettet habe :P , dann nicht mit genügend Anerkennung reagieren... Aber das ist dann wiederum die Steigerung der ganzen Geschichte!

    Ich sehe, wir müssen noch viel lernen und begreifen!

    Alles Gute,
    Carmelita

  • Hey Carmelita,

    jetzt mach Dir da mal keine Gedanken...es hatte nichts mit Deinem Thread zu tun, daß ich mich da hinterfrage...
    Du schreibst von der Enttäuschung, wenn die Hilfe nicht genügend gewürdigt wird...ja, das ist tatsächlich auch bei mir so. Ich hab deshalb mein Engagement z.B. in ehrenamtlichen Tätigkeiten komplett zurückgefahren...ich hab in diesem Bereich sehr viel an Energie und Zeit investiert und da kam wenig zurück. Komischerweise ist von dieser eingesparten Zeit nix übrig...irgendwie hat mein Tag immer 28 Stunden und dann ist immer noch was übrig.
    Ich denke, da muß ganz klar eine Entrümpelung stattfinden. Ich fühl mich ständig gehetzt, weil schon der nächste Berg mit Sachen auf mich wartet, der erledigt werden muß. Der Berg wird irgendwie auch nie kleiner :)

    Selbstwertgefühl ist so ne Sache...da könnte es durchaus auch dran mangeln...an Selbstvertrauen eher nicht...im Gegenteil...das war zeitweise sogar schon etwas zuviel des Guten.

    LG Andreas

  • Hallo Andreas

    schön das körperlich alles in Ordnung ist und du ein offenes Gespräch führen konntest. Ich war früher immer beim Arzt um mir bescheinigen zu lasen das es mir gut geht und es nicht so schlimm ist. Das hat mich dann den "nassen" Entschluss fassen lassen weiter zu Saufen . Konnte ja nicht so schlimm sein.

    Nun fangt die "eigentliche" Arbeit des Trocken werden erst an. Am Anfang sind es nicht immer die eigene Gedanke die einen erfolgreichen Weg aufzeigen ddas musste ich "leidvoll" erfahren .

    Immer kritisch und bereit von Langzeit trockenen etwas anzunehmen , diese umzusetzen, hat mich heute zu einer zufriedenen Trockenheit geführt.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hey Hartmut,

    vielleicht hab ich mich auch falsch ausgedrückt...ich hatte wenig Hoffnung, daß mich das Gespräch mit dem Arzt weiterbringen würde aufgrund meiner bisherigen Erfahrung mit Ärzten. Dem war jetzt nicht so und das fand ich bemerkenswert und aufmunternd.
    Die Tatsache, daß alles in Ordnung ist von den Werten her, sollte mir nur zeigen, daß mich der Alkohol nicht schon vorgeschädigt hat...als Grund zum Weitersaufen sollten sie jedenfalls nicht herhalten. Mir ist halt wichtig, daß ich meinen Sport ohne Einschränkung ausüben kann...wie gesagt eine sehr wichtige Komponente für mich zwecks Zielorientierung und Entspannung.

    LG Andreas

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