Bedürfnisse-Gefühle-Sucht

  • Hallo Manfred

    ich habe mich noch nie zu einer Gruppe zugehörig gefühlt. Selbst dann wenn mir die Gruppe sehr wertvoll war. Dann empfand ich mich als "nicht gleichwertig".

    Dabei ist es sicher ein Ur-Bedürfnis das Menschen zugehörig zu sein - oder?

    Ich finde Deine Fragen dazu sehr interessant. Habe aber leider auch keine Antworten. Sehe darin bei mir persönlich eben diesen kleinen Teil einer Border-Line Persönlichkeit, die immer irgendwie "extra" und "für sich" bleibt - obwohl sie dadurch ihrer inneren Heilung entgegensteht.

    LG Nys

  • Hallo Manfred
    Manchmal reicht es einfach aus, sich lediglich Fragen zu stellen.
    Schon alleine um herauszufinden: Was will ich nicht mehr?
    Die Antworten auf das, „was ich will“ sind eh meist schwieriger zu beantworten und dürfen auch diffus sein.
    Oder ich stell mir die Fragen anders.
    • Kann es sein, dass mein Umfeld zu trivial ist, und somit meine Werte, Ansprüche und Ideale nicht versteht?
    • Ist es möglich, dass gerade meine Unangepasstheit - die unkonventionelle Art – mein Geschenk an meine Mitmenschen ist?
    • Ist vielleicht die latente Einsamkeit eine zu erduldende Konsequenz für meine Definition von Sinn und Zufriedenheit?
    Ein wirklichkeitsnaher, unerschrockener Blick auf das Tatsächliche, macht nicht zwingend "Gruppentauglich" – gereicht allerdings zur eigenen Genesung und verdient sich den notwendigen Respekt.
    LG. - Uwe

  • Hallo Nys und Uwe,
    danke für Eure Antworten.
    Ich freue mich über Euer „Mitschwingen“. Es gab und gibt mir einen Moment der Verbundenheit.

    Zitat

    Dabei ist es sicher ein Ur-Bedürfnis das Menschen zugehörig zu sein - oder?

    So weit ich das weiß: ja.

    Nach meiner Wahrnehmung wird vielerorts (Beruf, Familie, etc.) an Stelle der Zugehörigkeit die Anerkennung als Ersatzbefriedigung angeboten.
    Das kennzeichnet m.E. eine narzisstische Grundproblematik:

    Beginnend in der Familie und weitergeführt in Schule und Beruf wird m.E. häufig mit Anreizsystemen gearbeitet, dessen Botschaft lautet:
    „Erst wenn Du unseren spezifischen Forderungen/Bedingungen nachkommst, dann gehörst Du zu uns“.
    Oder auch: „So wie Du bist genügst Du nicht.“

    Das führt dann dazu, dass viele Menschen sich fortwährend in einer Art „Anerkennungs- und Belohnungsschleife“ befinden, um nicht „Draußen“ zu stehen/ zu sein.

    Insbesondere im beruflichen Kontext sind die Folgen ja unübersehbar: eine ständig zunehmende Zahl von psychischen Erkrankungen.

    Durch den Wandel in der Arbeitswelt in den letzten ca. 10 Jahren zu immer mehr prekären Beschäftigungsverhältnissen ist m.E. das Entstehen von Zugehörigkeit zu einem Unternehmen/Institution zusätzlich weiter erschwert bzw. verunmöglicht worden.

    Da das Bedürfnis nach Zugehörigkeit (so wie ich es in meinem letzten Beitrag formuliert habe) ja nicht weg ist, ist es auch nicht erstaunlich, dass immer mehr Menschen nach anderen Formen der Zugehörigkeit suchen.
    Das erklärt für mich auch die Vielzahl von alternativen „Sinnangeboten“, die nach meiner Wahrnehmung im Kern folgendes gemeinsam haben:
    Sie bieten dem einzelnen Menschen die Möglichkeit sein Dasein in einem größeren, sinnhaften Kontext zu betrachten bzw. einzuordnen, sprich:
    Es wird eine Art spiritueller Überbau angeboten, in der der Mensch sich so wie er ist angenommen und zugehörig fühlen kann.

    Ich finde daran grundsätzlich nichts „Falsches“ oder „Schlechtes“, da es ja für viele Menschen eine große Ent-lastung ist, wenn sie ihr Dasein in einem anderen und vor allem sinnhaften Kontext betrachten können.
    Mir geht es da ganz ähnlich.

    Was ich daran bedenklich finde, ist, dass nicht jeder Mensch für diese individuellen Sinnangebote zugänglich ist, und sie möglicherweise auch dazu führen können, dass gar nicht mehr der Versuch unternommen wird Zugehörigkeit auch und vor allem gruppenspezifisch (Familie, Schule, Beruf) zu organisieren und zu lösen.

    Mir ist klar, dass das jetzt nicht gerade ein klassischer Selbsthilfegruppenbeitrag ist, aber bisweilen habe ich auch das Bedürfnis mich im Kontext von gesellschaftlichen Entwicklungen zu sehen.

    Insbesondere auch deshalb, weil ich mich gestern für eine einjährige Fortbildung im Bereich des betrieblichen Gesundheitsmanagements angemeldet habe (Beginn im Juni).
    Ich bin schon sehr gespannt darauf, welchen Menschen und Thesen ich dort begegnen werde.

    Vielleicht finde ich dort auch eine Antwort auf die von Dir gestellten Fragen, Uwe. :lol:

    LG Manfred

  • hallo Manfred

    ich finde Deine Ausführungen absolut treffend.
    Gerade das mit den Sinnangeboten. Es wird zu so einer Art "Ausweich-Strategie".... da holt man sich seine
    künstlich hochstimmulierten (angenommen und zugehörig Gefühle) ab und vermeidet damit den Weg in die Depression. Andereseits führt genau das zu einer Parallel-Welt und einer Parallel-Gesellschaft, die sich von der normalen Gesellschaft abgrenzt. Die Normal-Gesellschaft darf somit so krank bleiben wie sie ist. Und das ist schade. Fraglich ist auch, in wie weit sich die Mitglieder von dieser Art Sinnangebots-Gruppen im wirklichen Leben ihrem
    "Glauben" gemäß verhalten. Oder ob die Verantwortung für das Wohlbefinden gänzlich an eine höhere Dimension abgegeben wird.

    Nicht falsch verstehen. Ich bin selbst ein gläubiger Mensch, - habe schon oft in Gottesdiensten von Freikirchen oder der ev. Kirche auftanken können. Habe Seminare meines Heilpraktikers besucht, bei denen es auch um innere Heilung ging usw.......... ich sehe aber in der Spiritualität trotzdem die Gefahr der Wirklichkeitsentfremdung und meine, daß sie wohl dosiert eingesetzt werden muß, um nicht in eine ungesunde Parallel-Welt zu rutschen.

    Angenommen sein durch Leistung habe ich in meinem Elternhaus versucht. Durch Ungehorsam wurde ich von diesem Teufelskreis frei.
    Angenommen sein durch Anpassung - wird insbesondere auf dem Dorf gelebt. Die Anpassung wird erwartet, sonst droht Ausgrenzung. Ein sicherlich altes Muster der Gesellschaft und vllt. eine frühzeitliche Art Gesetze für das moralische und menschliche Miteinander allgemeingültig aufzustellen. - Schade daß damit heutzutage auch Menschen ausgegrenzt werden die den Mut haben zu denken, sich selbst ernst zu nehmen und frei zu sein von der "Meinung und Mode" die gerade angesagt ist.

    LG Nys

  • Hallo Nys,
    danke für Deinen Beitrag.

    Wenn ich mal alle meine Bedürfnisse so auf einen Haufen lege, dann gibt es da ein Bedürfnis, das quasi ein Teil von allen anderen Bedürfnissen ist: mein Bedürfnis nach innerem Frieden, nach innerer Ruhe.

    Und mir wird zunehmend bewusst, dass die äußeren Umstände dabei nicht den Stellenwert haben, den ich ihnen oft zumesse.
    Mir ging und geht es darum mich weitestgehend von den äußeren Umständen unabhängig zu machen, da ich ohnehin auf diese nur sehr bedingt Einfluss habe.
    Für mich ist es wichtig, dass ich eine innere Haltung (weiter)entwickle, die es mir leichter macht, mit all den größeren und kleineren Kapriolen meines Lebens zurecht zu kommen.

    Ein sehr wichtiger Baustein war und ist dabei meine Traumatherapie, in der ich einige Befriedungsprozesse einleiten konnte.
    Dort habe ich zum ersten Mal nicht nur über mein lebensgeschichtlichen Ereignisse gesprochen, sondern konnte auch die entsprechenden Gefühle dazu zulassen.
    Das ich diese Gefühle einem anderen Menschen offenbaren konnte, das hatte für mich einen heilenden Effekt. Insbesondere deshalb, weil ich zum ersten Mal das Gefühl hatte, dass ich diese Gefühle auch haben darf, und nicht sofort irgendwelche Ratschläge und Lösungsvorschläge kamen.
    Für mich ist das eine wichtige Erfahrung im Prozess meiner „Ich-Werdung“.
    Ich-Werdung ist für mich der Prozess, innerhalb dessen mir nach und nach Anteile von mir bewusst werden, und ich einen Weg finde damit umzugehen.

    Die Frage bzw. die Herausforderung besteht für mich immer wieder darin:
    Wie kann ich alles, was sich so in mir bewegt, in mir selbst und in meinen Alltag integrieren?

    Kürzlich (21.3.12) sah ich auf 3sat in der Sendung „scobel“ einen Beitrag über Yoga.
    Dort sagte eine Yoga-Lehrerin sinngemäß: Es geht (nach ihrer Auffassung) im Yoga darum zu erkennen und anzunehmen, dass Du „gut“ bist, unabhängig davon ob Du etwas in Deinem Leben „geschafft“ hast oder nicht.
    Mir hat dieser Ansatz sehr gut gefallen.

    LG Manfred

  • Weltklasse!.....


    Grüße Sven

  • Hallo,

    ich finde irgendwie passt der Tip ganz gut hierher.

    Zumindest werden es die die es betrifft, den Zusammenhang wahrscheinlich verstehen. :)

    ORF TVTHEK Medizin Hypersensibilität.

    Leider nur der "Teaser" zur Sendung, die leider schon am Montag den 15.09.2014 lief.

    Liebe Grüße

    Slowly

  • Guten Morgen,

    hier eine sehr interessante Studie, die ziemlich in die Tiefe geht.

    THEOLOGISCHE HOCHSCHULE FRIEDENSAU
    FACHBEREICH CHRISTLICHES SOZIALWESEN
    Hochsensibilität -
    Der schmale Grat zwischen Krankheit und Fähigkeit
    Bachelorthese


    Slowly

  • Danke Slowly. Ich habs bisher nur überflogen – es ist sehr interessant! Auch Synästhesie wird in dem Zusammenhang kurz angesprochen was mich besonders freut, das ich Synästhetikerin bin aber kaum jemand weiß, was das ist.

    Liebe Grüße, Aiko

    *** Verliebe dich in deine Würde ***

  • Hallo Zimttee,

    ich "sehe" Buchstaben, Worte, Zahlen, Geräusche, Musik, Gerüche, Geschmäcker und Gefühle. Also eigentlich sind alle meine Sinne synästhetisch mit dem Sehzentrum verknüpft.

    Und bei Dir?

    Liebe Grüße, Aiko

    *** Verliebe dich in deine Würde ***

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