Guten Morgen Atze,
schön, dass Du so achtsam mit Dir umgehst.
Mir hat es auch geholfen, gleich zu Beginn meiner Abstinenz zu überlegen, wann und was ich getrunken habe, in welchen Situationen oder auch mit wem.
Mich triggert so gut wie nie etwas, das ich gar nicht oder selten selbst getrunken habe, aber „so gut wie nie“ ist immer noch gefährlich genug und damit nicht berechenbar.
Das Suchtgedächtnis ist schon eine eigenartige Sache. Ich würde selbst das Zeug, was ich zuletzt wegen der schnelleren Wirkung in mich hineingeschüttet habe, nicht anrühren wollen, wenn es im Glas oder in einer Literflasche vor mir stehen würde, aber eine kleine Flasche könnte mich triggern und so mache ich lieber einen Bogen darum, sofern es sich überhaupt vermeiden lässt.
Da ich stets Freitag angefangen habe mit dem Trinken, habe ich mich zu Anfang an Freitagabenden immer verabredet, um dieses Programm zu durchbrechen. Seit vielen Monaten bedeutet für mich Freitagabend jetzt „nur noch“, dass ich mich nach einer meist anstrengenden Arbeitswoche auf den wohlverdienten Feierabend und ein entspanntes Wochenende freue oder auf Freunde.
Einer meiner Freunde, der abhängig trinkt, wollte mich über die Feiertage besuchen und hat mir versichert, er würde dann nichts trinken, wenn er bei mir ist. Ich sehe ihn sehr selten und habe immer mit ihm zusammen getrunken, wenn wir uns mal getroffen haben. Selbst wenn er tatsächlich auf Alkohol verzichten könnte, was nicht sicher wäre, wären die Schaltstellen in meinem Hirn bereits besetzt durch die Gewohnheit und mein Suchtgedächtnis würde anspringen. Unnötig zu sagen, dass ich den Besuch abgelehnt habe, denn dann könnte ich auch sofort wieder zur Flasche greifen.
Jeder Süchtige hat seine eigenen Trigger und so meide ich z.B. nach wie vor die Verbindung von Sonne, lauter Musik und ein Auto voll ausgelassener Leute, auch wenn alle stocknüchtern sind.
Und vielleicht ist es übertrieben oder auch egoistisch, vielleicht verstehen es Andere nicht und sind verletzt, so wie der Freund von mir, aber es geht um mein Leben, das keines mehr ist, wenn ich wieder trinke, auch wenn ich mich manchmal seltsam fühle, weil es immer so dramatisch klingt. Da muss es reichen, wenn ich mich selbst und auch andere Betroffene verstehe, die sich ebenfalls damit auseinandersetzen wollen oder müssen.
Dir wünsche ich einen entspannten Tag.
Liebe Grüße
Katha