Rückfall als Merkmal des Alkoholismus

  • Hallo Frank,

    ich finde nicht, dass Wortklauberei sinnlos oder gar unwichtig ist. Ganz im Gegenteil war es für mich nicht nur am Anfang meiner Trockenheit sehr wichtig, mir Gedanken über meine Wortwahl zu machen, gerade wenn es um Dinge geht, die mir wichtig sind.
    Deshalb denke ich schon, dass "Merkmal" hier nicht passt.

    Eigentlich war ich heute im Netz auf der Suche nach belastbaren Rückfallzahlen, als ich auf Therapieansätze stieß, die den Rückfall als hilfreich für trockene Alkoholiker sahen.
    Meine Frage war hier nicht die, ob ihr heute davon ausgeht, dass euch der Rückfall von morgen nicht schadet oder gar nützt.
    Meine Frage zielte auf euren Alkoholismus ab.

    Nach wie vor bin ich der Meinung, dass du nicht an einem anderen Alkoholismus leidest als ich, weil du einen oder mehrere Rückfälle hattest und ich keinen.
    Ich gehe davon aus, dass uns beide gerade wegen unserer Risikominimierung die "Anwesenheit" des potentiellen Rückfalles verbindet, die nicht aus irgendeiner unbestimmten Angst gespeist wird, sondern einfach der Wirklichkeit geschuldet ist, der sich wohl alle trockenen Alkoholiker gegenüber sehen, faktisch immer vor einem Rückfall zu stehen. Mal weiter davor, mal kürzer. Nur das begründet letztlich die Risikominimierung.
    Welches Risiko, wenn nicht das des Rückfalles wäre denn sonst noch zu minimieren?
    Also ist er da.
    Oder für mich: Er darf gern bleiben, denn wenn er aus meinen Gedanken verschwindet, brauche ich keine Risikominmierung mehr. Ich möchte nicht testen, ob das gelingen würde.

    Zitat

    Hab ich klären können wie ich das meinte?


    Ja. Danke dir.

    Gruß, Penta

  • Hallo Penta,

    ja, ich sehe das ebenso.

    Einen "anderen Alkoholismus" gibt es eh nicht. Alkoholismus ist meiner Meinung nach nichts individuelles, egal wie individuell die betroffenen Menschen auch sonst sein mögen. Der Gedanke wäre hoch gefährlich. Er führte zu nichts als Abwiegeln, Verharmlosen. Darum ist auch das Legen eines Fundamentes für die Trockenheit, die Risikominimierung eben, nichts was individuell angegangen werden kann.

    Was man da dann irgendwann für ein Haus drauf baut kann ja sehr individuell sein... aber ohne ein gutes Fundament wird es eben irgendwann einstürzen.

    LG! Frank

  • Zitat von garcia

    Darum mag ich diese Therapeutensicht nicht, die in Rückfällen (auch) eine therapeutische Chance sieht, an irgendwas „zu arbeiten“. Sowas hab ich erlebt, in meiner nachsorge. Da war jemand rückfällig geworden, war verzweifelt und wütend auf sich selbst, und die Therapeuten meinten, er habe doch mit einem Dreivierteljahr Trockenheit schon ganz schön was erreicht und solle nicht so streng mit sich umgehen.
    Mir fiel die Kinnlade runter… Ich bin Betroffener. Ich kann mir eine solche Sicht nicht erlauben.

    Moin Frank,

    die Frage ist halt auch die, wie man als Therapeut mit einem Rückfälligen umgeht...also mit der Person selbst. Wir sind hier alle Alkoholiker, aber doch hat jeder ganz eigene Lebensumstände und eine ganz eigene Art, mit Dingen umzugehen. Der Eine ist sensibler und steckt vielleicht einen Rückfall schlechter weg, ein Anderer geht selbstbewußt an die Sache und zieht positive Energie daraus, daß es eben "nur" ein Rückfall war und nicht wieder ein Abtauchen in den Alkoholsumpf.

    Und diese unterschiedlichen Facetten eines Alkoholikers sollte ein guter Therapeut auch berücksichtigen...auch im Hinblick darauf, wie man den Patienten wieder auf Kurs bringt. Manch einer braucht da vielleicht ein paar klare, deutliche Worte, ein Anderer vielleicht eher wieder ein paar aufbauende Worte.

    Bitte nicht falsch verstehen...Alkoholiker sind wir alle und wir alle tragen grundsätzlich das Risiko eines Rückfalls in uns, egal ob nun Hardcore-Grundbausteinler oder Individualwegler. Aber hinter dem Alkoholiker steckt eben auch der Mensch selbst, der völlig unterschiedlich auf Rückfälle reagiert...das sehen wir ja bei den Rückfällen hier im Forum. Einige stellen sich, gestehen hier ihren Rückfall offen ein und schaffen so ne Basis, wieder von vorne anzufangen. Andere verabschieden sich wortlos und versumpfen wieder...

    Ich finde übrigens den Ansatz von Jürgen gar nicht so verkehrt. Angst vor einem Rückfall hab ich persönlich nämlich auch nicht, lediglich Respekt. Das ist ein deutlicher Unterschied. Angst lähmt, Respekt macht vorsichtig und handlungsfähig. Und weil grad Fußball-WM ist, passt das schön, denn sowas sagen Trainer gerne, wenn sie gegen stärkere Gegner ranmüssen :)

    Angst vor einem Rückfall würde implizieren, daß er unumgänglich ist...dabei ist es eher umgekehrt...ein Rückfall ist nicht gänzlich auszuschließen, aber es gibt eben Möglichkeiten, das Risiko zu minimieren.

    Schönen Gruß und schöne Zeit

    Andreas

  • Moin,

    noch etwas für die Mathematiker unter den "inkontinenten Frühaufstehern" ...

    Ich kenne nur Saufen oder Abstinenz.
    "Abstinenz" nenne ich jede Periode von mehr als 12 Monaten ohne Alkohol.
    "Trinkpause" nenne ich jede Periode zwischen 1 Monat Abstinenz und weniger als 12 Monaten ohne Alkohol.
    Ich kenne nur "Wendepunkte". Eine 180-Grad Drehung. Umschalten von Abstinenz auf Saufen ist ein Wendepunkt. Umschalten von Saufen auf Abstinenz ist ein Wendepunkt.

    Und so bin ich ungefähr ein W=1, N=10, TP=2, A=4

    W=1 -> abstinent
    N=10 -> 10 Jahre Missbrauch von Alkohol
    TP=2 -> 2 Trinkpausen von mehr als 1 Monat
    A=4 -> Anzahl abstinente Kalenderjahre nach Erkrankung

    Was bringt mir das?
    Klarheit darüber, dass natürlich ein W=7, N=30, TP=22, A=7 anders "tickt" als ich.
    Klarheit darüber, dass ich jederzeit einen "Wendepunkt" haben könnte, dann W=2 bin und saufe (!).
    Einen Tiefpunkt gibt es für mich nicht. Es geht immer tiefer als tief. Tod durch Alkoholismus: Das ist der einzig wahre "Tiefpunkt".
    Dann ist nämlich eine 180-Grad Drehung nicht mehr drin. Ich sollte mich also vor einem "Wendepunkt" hüten.

    Die Wahrscheinlichkeit, dass die kleinste Wiedereinnahme von Alkohol bei mir zu einem "Wendepunkt" führt ist sehr gross, das durfte ich in den 2 Trinkpausen feststellen. "Es schmeckt dann wieder". Ich neige überhaupt nicht zu Schuldgefühlen und Jammerei bei einem Wiedereinsteig und könnte dann erst wieder aufhören, wenn der "Schaden grösser als der Nutzen" erscheint.
    So läuft mein Alkoholismus. Im Guten definitiv nicht zu stoppen. Warum auch, ist doch alles gut ?

    "Rückfall" als plötzlich von aussen auf mich einwirkendes Ereignis kenne ich also seit ich dauerhaft abstinent lebe gar nicht.
    Es wird immer ein "Wendepunkt" sein, den ich geistig vorbereiten muss, damit er passieren kann.
    Durch meine intensive Teilnahme an Foren, Selbsthilfegruppen, sozialen Einrichtungen versuche ich die geistige Vorbereitung eines Wendepunktes von vornherein zu unterbinden.
    Klappt bisher, also werde ich sicher nicht die Strategie wechseln.

    Gruß Jürgen

  • Hallo Jürgen,

    deine Strategie ist meiner nicht ganz unähnlich.
    Ein Rückfall ist eben nicht nur der Schluck aus der Pulle.
    Ich weiß nicht, wie lange ich meine "Abstinenz" noch ernsthaft Trinkpause nannte.
    Es war weit mehr als ein Jahr, denn mir war bewusst oder ich ahnte zumindest, dass ich dem Glas noch viel näher war als der Abstinenz.
    Inzwischen traue ich mir durchaus zu, sowohl meine Abstinenz zu sehen als auch meine Alkoholabhängigkeit mit der für meine Bewertung nötigen Distanz zu betrachten. Dazu gehört auch die vorurteilsarme Betrachtung meines potentiellen Rückfallrisikos. Und damit meine ich nicht den ersten Schluck aus der Flasche.
    In der Zeit meiner Trinkpause war allerdings meine Angst vor dem Rückfall eine hilfreiche Abwehrreaktion für mich. Wenn ich den Rückfall noch heute mit der Angst assoziiere (auch dadurch, dass ich sage, dass sie eben nicht da ist), zeigt mir das, dass sie eben beide lange miteinander verbunden waren.
    Eine vernünftige Bearbeitung eines Themas ist für mich nur schwer möglich, wenn ich emotional sehr stark beeinträchtigt von selbigem bin.

    Zitat

    "Rückfall" als plötzlich von aussen auf mich einwirkendes Ereignis kenne ich also seit ich dauerhaft abstinent lebe gar nicht.
    Es wird immer ein "Wendepunkt" sein, den ich geistig vorbereiten muss, damit er passieren kann.


    So sehe ich das auch.
    Ich bin zwar keine Mathematikerin und inkontinent... auch nich, aber definitiv eine Frühaufsteherin.

    Gruß, Penta

  • Hallo,

    Rückfall bedeutet für mich, dass ich mich selber noch nicht angenommen habe mit all meinen Facetten und Gefühlen. Das Saufen sehe ich mittlerweile als Kampf gegen sich selbst an. Der Kampf gegen einen Teil von sich selbst., den man so nicht akzeptieren will oder kann.
    Ich kann auch ohne Saufen gegen mich kämpfen, zum Beispiel beim Sport. Nur ist der wesentlich gesünder und hindert mich nicht an der weiteren Entwicklung.


    Der Rückfall kann aber dem noch Zweifelndem Alkoholiker die absolute Sicherheit bringen, dass er wirklich Alkoholiker ist. Hat ja vorher auch jahrelang gedauert bei den meisten von Uns bis man zur dieser kompromisslosen Einsicht bereit war.
    Komischerweise muss doch so ziemlich jeder Alkoholiker den ich kenne seinen persönlichen Tiefpunkt erreichen, bevor diese Einsicht einkehrt. Wäre dies keine Realität, würden alle vorher aufhören können zu trinken.

    Ich nehme meine Krankheit an, jedoch beschränke ich mich dabei nicht mehr nur auf den Begriff "Alkoholiker"
    In erster Linie bin ich ein Mensch. Und dazu gehören so viele verschiedene Probleme und tolle Seiten, dass ich diese unmöglich in irgendwelche Kategorien einordnen könnte. Nicht jedes Zipperlein das ich habe muss zwingend auf meinen Alkoholismus zurückzuführen sein.


    Die Unterteilung von "Trinkpausen" und "Abstinenz" nach Zeit finde ich nicht sinnvoll für mich.


    Marco
    seit nunmehr 5 Monaten Trinkpause, Rückfallfrei, trocken, abstinent. Sucht Euch was aus ;)

    Bete nicht für ein einfaches Leben, sondern um die Kraft ein schweres Leben meistern zu können!

  • Hallo Marco,

    danke für deinen Beitrag hier.
    Sich mit einem Rückfall überhaupt auseinander setzen zu wollen und es (nicht andauernd!) zu tun, ist für mich Teil der Trockenarbeit.
    Im Laufe der Zeit habe ich immer wieder zum Rückfall und meiner "Gefährdung" hier geschrieben, weil es immer wieder mal Thema war und die Beiträge weichen in meiner Bewertung sehr sicher voneinander ab.
    Manche nennen es Wankelmut oder fehlende Konstanz. Ich nenne es Entwicklung.
    So fließen in jeden Beitrag neben meinem derzeitigen Status (müde, wach, euphorisch, depri) die vielen Runden, die ich zu einem Thema gedreht habe und mich mit anderen mal darüber austauschte mit ein.

    Auch ich beschränke mich nicht darauf, Alkoholikerin zu sein. Und schon gar nicht bin ich durch und durch vom Alkoholismus geprägt. Ich bin schließlich auch noch ne Depri!
    Und anderes sehr gern auch noch...

    Zitat

    Die Unterteilung von "Trinkpausen" und "Abstinenz" nach Zeit finde ich nicht sinnvoll für mich.


    Das Schöne an der Selbsthilfe ist, dass sich jeder das nehmen darf, was für ihn passt. Erst durch das massenhafte Angebot an Erfahrungen gibt es diese Auswahl.

    Gruß, Penta

  • glück auf

    Rückfall als Merkmal des Alkoholismus ?

    ich denk da fehlt der begriff "möglich"

    die möglichkeit eines rückfalls ist merkmal der sucht?

    vergleich: jeder mensch kann krebs bekommen - ist krebs n merkmal des menschen?

    ich finds gut sich über "rückfall" gedanken zu machen - um ihn zu vermeiden.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Hallo Zusammen,

    @Matthias: In inneren Krisen/Konfliktsituationen habe ich immer getrunken, um mich zu beruhigen. Mittlerweile gehe ich andere Wege. Meist muss ich nur an das Gefühl am nächsten Morgen denken. Das reicht um Alkohol als Lösungsweg auszuschliessen.
    Konflikte versuche ich mittlerweile anders aufzulösen. Das Schöne dabei ist, dass ich bewusst Entscheidungen treffe und mit dem Ausgang auch meist ganz gut leben kann. Egal welche Entscheidung ich getroffen habe; ich habe sie nüchtern getroffen. Seitdem ich nicht mehr trinke komme ich 1000 Mal besser mit den Auswirkungen der Entscheidungen klar.
    Vorher, Im Suff, habe ich alles mögliche im Rausch "geregelt" und einen Tag später alles bereut. Das war dann der Anstoss des Hamster Rades.
    Dieses Wissen nutze ich, um Rückfälle auf der Denkebene auszuschliessen.

    Penta :

    Ja das "pull" Prinzip ist sehr sinnvoll. Das heraus ziehen was für mich wichtig ist im jeweiligen Moment.
    Zu den "Depris" zähle ich ja auch ab und an. Was mir unglaublich geholfen hat ist, dass ich mich auch etwas mit Psyschologie beschäftigt habe die letzte Zeit. Nicht zuu intensiv, nur das was ich wissen wollte ;)

    Ein Zitat welches mir momentan sehr gut hilft: "Es gibt keinen Qualitativen Unterschied ziwschen geistiger Gesundheit und geistiger Krankheit (Depressionen etc.), nur einen Quantitativen. Das bedeutet, dass alle Anteile im Menschen vertreten sind, nur der Fokus des jeweiligen Individuums liegt auf einem anderem Schwerpunkt. Ein depressiver Mensch betrachtet nur die "kranken" Anteile und sucht ständig die Bestätigung seiner eigenen Sichtweise"

    Dieses versuche ich ins autogene Training einfliessen zu lassen. Bewusstes Ein und Ausatmen ohne äussere Ablenkungen. Vorher mache ich mir bewusst, dass da wo die Depris herkommen auch die ganzen tollen und schönen Gefühle und Gedanken herkommen. Aus mir selbst. Das reicht oft schon, um auch wieder dem "gesunden" Anteil mehr Beachtung zu schenken. Vielleicht magst Du es ja mal versuchen?

    Rückfallfreie Zeit!!

    Marco

    Bete nicht für ein einfaches Leben, sondern um die Kraft ein schweres Leben meistern zu können!

  • Hallo Mathias,

    ich finde deinen Vergleich interessant.
    Aber ich knuspere an ihm schon etwas hin und her und so richtig rund bekomme ich ihn für mich nicht, bitte sieh mir das nach! :?

    Zitat

    die möglichkeit eines rückfalls ist merkmal der sucht?


    ... oder die Möglichkeit des Rückfalls ist ein Merkmal von Krankheiten allgemein?

    Ein Krebserkrankter kann sehr wohl einen Rückfall erleiden, muss es aber nicht. Da sehe ich schon die Parallelen.

    Mein Rückfall würde bereits in meinem Kopf beginnen, deshalb sind meine Gedanken zum Rückfall bisher ein sehr geeignetes "Medikament".


    Hallo Marco,

    Zitat

    Ein depressiver Mensch betrachtet nur die "kranken" Anteile und sucht ständig die Bestätigung seiner eigenen Sichtweise


    das stimmt.

    Meine Depression betrachte ich derzeit als in der "trockenen" Phase.
    Meine Erlebnisse mit ihr waren teilweise sehr prägend und meine Strategien zur Bewältigung ihrer Anzeichen auch heute noch sind je nach Situation vollkommen unterschiedlich.
    Am besten komme ich im E-Fall mit eigenen Imaginationsübungen klar. Ich hab sie schon ewig nich mehr gebraucht.
    Ich denke, dass Depressionen sich gar nicht so sehr vom Alkoholismus unterscheiden.
    Dass es mir gut gehen darf und ich ehrlich gar keine Probleme brauche, hat ne Weile gebraucht.

    Ich habe lange gedacht, dass sie ein Ursprung meiner Abhängigkeit vom Alkohol sind und habe Depri und Alkoholismus in einen Topf geworfen.
    Heute denke ich, dass ich mein Nicht-Trinken nicht vom Da- oder Nicht-da-Sein meiner Depressionen abhängig machen will.
    Ich will depri sein dürfen und trotzdem nicht saufen müssen, wenn es mal so sein sollte.
    Auch das spielt sich natürlich bei mir ab. Dass es in irgendeiner Weise auf irgendwen übertragbar wäre, maße ich mir nicht an.

    Danke, viele Grüße und ein schönes Wochenende!
    Penta

  • Zitat von garcia

    Darum mag ich diese Therapeutensicht nicht, die in Rückfällen (auch) eine therapeutische Chance sieht, an irgendwas „zu arbeiten“. Sowas hab ich erlebt, in meiner nachsorge. Da war jemand rückfällig geworden, war verzweifelt und wütend auf sich selbst, und die Therapeuten meinten, er habe doch mit einem Dreivierteljahr Trockenheit schon ganz schön was erreicht und solle nicht so streng mit sich umgehen.
    Mir fiel die Kinnlade runter… Ich bin Betroffener. Ich kann mir eine solche Sicht nicht erlauben.

    Hallo Frank,

    was hätten die Theras ihm denn sonst sagen sollen? "tja, mein Lieber, da hast Du ja schön versagt. Das wird jetzt nie mehr was mit Deiner Trockenheit!"
    ??
    Man sollte doch vermitteln, dass es trotz Rückfall weitergehen kann.
    Und das ja nicht alles weg/verpufft ist, was man sich vorher erarbeitet hat.
    Ich kann mir denken, dass das so in diese Richtung gemeint ist.

    Sonst wird es doch sehr sinnlos, überhaupt noch weiterzuarbeiten. So mit dem Gefühl, total versagt zu haben und wieder ganz von vorne anfangen zu müssen.
    Das kann jemanden, der sich zb eh für einen Versager hält den ganzen Mut rauben, weiterzumachen.

    LG
    Girasole

  • Hallo Girasole,


    natürlich sollen und dürfen Therapeuten Menschen, die rückfällig wurden, nicht vermitteln daß sie sowieso hoffnungslose Fälle seien - das wäre ja eine Bankrotterklärung. Aber hinterfragen was denn in der abstinenten Zeit falsch gelaufen sein könnte oder was versäumt wurde sollten sie schon. Das kann man ja in einem aufbauenden Rahmen und auf stützende Art machen. Ich finde es auch nicht falsch im Auge zu behalten, daß ein paar Monate Abstinenz durchaus eine Leistung sind, die durch einen Rückfall nicht völlig entwertet wird.

    Aber für mich als Alkoholiker steht das nicht im Vordergrund, sondern im Vordergrund steht das was gefehlt hat. Das was ich übersehen habe. Das, was ich nicht habe tun oder unterlassen können um mich zu schützen. Weil jeder Rückfall eben sehr schnell alles kaputtmachen kann was ich mir aufgebaut habe, egal wie lang die abstinenten Phase war. Davon war aber da nicht die Rede...

    Therapeuten neigen (meiner Erfahrung nach, und die ist natürlich begrenzt, es gibt ja nicht den einen Therapeuten auf der Welt) dazu, defizitorientierte Haltungen unbedingt zu vermeiden und das Positive zu sehen. Das find ich aus deren Perspektive auch völlig ok. Bloß ich bin ein Betroffener, kein Therapeut. Ich sehe in einem Rückfall das Negative und zunächst mal nur das, sonst kann ich nichts daraus ziehen was neuen Rückfällen entgegenwirkt. Ich kann mir als Betroffener keine Therapeutensicht auf meine Alkoholkrankheit leisten, nur die Betroffenensicht - und da steht die Risikominimierung in Form der Grundbausteine im Zentrum. Was nicht heißen soll daß die andere, therapeutische Sicht für Therapeuten falsch wäre.

    Das sind komplizierte und heikle Fragen, das mit den verschiedenen Perspektiven und Rollen und sich daraus ergebenden Sichtweisen, und seinerzeit fand ich das interessant und hab ne Menge darüber nachgedacht (vielleicht weil mir das aufgrund meiner eigenen beruflichen Ausrichtung nahe lag); heute mach ich's mir einfacher, konzentriere mich auf das Naheliegende und Lebenswichtige, meine Lebensgestaltung und meine Trockenheit und überlasse solche eher theoretischen Überlegungen denen die das beruflich machen. Alles andere könnte mich ablenken... aber ich fand's spannend auf dies Thema mal wieder gestupst zu werden, danke dafür.

    LG Frank

  • Hallo Girasole,

    danke für den Einblick als CO und die genau auf CO zugeschnitten Antworten . Nach meinem Empfinden ;) Ich muss keinem Alkoholiker etwas vermitteln, das muss er sich schon selbst.

    Ich frage mich auch hin und wieder warum Therapeuten manch fragwürdige Sichtweisen haben.

    Ein Alkoholiker ist nicht entmündigt und auch nicht hilflos . Wenn er nach mehreren Monaten rückfällig wird, weiß er auch warum und wo es endet, wenn er nicht wieder raus kommt.

    Wenn dann ein Therapeut vermittelt das alles halb so schlimm ist und ein Rückfall dazu gehört , dann möchte ich nie auf solche Therapeuten stoßen. Ich würde mich eh nur einem Therapeuten anvertrauen, der selbst mal süchtig war. Ist aber meine eigene Meinung .

    Ich bin und bleibe selbstverantwortlich für meine Trockenheit . Es ist und bleibt auch eine Krankheit und da gibt es auch kein Versagen.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Zitat von Hartmut


    Wenn dann ein Therapeut vermittelt das alles halb so schlimm ist und ein Rückfall dazu gehört , dann möchte ich nie auf solche Therapeuten stoßen. Ich würde mich eh nur einem Therapeuten anvertrauen, der selbst mal süchtig war. Ist aber meine eigene Meinung .

    Ich bin und bleibe selbstverantwortlich für meine Trockenheit . Es ist und bleibt auch eine Krankheit und da gibt es auch kein Versagen.

    Hallo Hartmut,

    Co-Sicht? Ok, werd ich mal in mich gehen.
    Aber das ist auch tatsächlich Berater-Sicht!! ;)

    Alles halb so schlimm- hab ich jetzt nicht geschrieben, dass das vermittelt werden soll.
    Klar ist man selbst verantwortlich. Aber braucht man dann überhaupt einen Thera?? Wozu?

    Und wenn ja, was soll er denn sagen? Oder vermitteln?
    Das würde mich jetzt echt mal interessieren.

    LG
    Girasole

  • Hallo girasole

    Zitat

    Aber braucht man dann überhaupt einen Thera?? Wozu?

    Ich habe keine gebraucht.

    Therapeuten sollen meiner Meinung nach unterstützend für die Selbsthilfe sein und nicht die Selbsthilfe führen .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Aber nun haben wir ja hier von einem Bsp. gesprochen, in dem es einen Thera gibt.
    Und in den ganzen LZT- Einrichtungen gibts ja auch immer welche-
    darauf bezog sich meine Frage.
    Ich verstehe immer noch nicht, ehrlich gesagt, was ein Thera nach einem Rückfall anderes vermitteln soll als "weitermachen, nicht aufgeben/ sich vergegenwärtigen, was man schon weiß, welche Schritte man schon getan hat usw"??

    Was könnte denn unterstützend für die Selbsthilfe sein bzw wie könnte das dann lauten?

    LG
    Girasole

  • Hallo Frank,

    ah, ich verstehe. Du meinst, dass alleine das nicht ausreicht.
    SOndern dass dann auch HInterfragen folgen sollte.
    Ja, das ist klar! :!: Da gehe ich mit.

    LG
    Girasole

  • Hallo girasole,

    das ist der Thread ob eine Rückfall als Merkmal des Alkoholismus ist und nicht wie Therapeuten damit umgehen . Ich empfehle dir , wenn es für dich wichtig ist, einen eigenen aufzumachen .

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

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  • Zitat von Hartmut

    Hallo girasole,

    das ist der Thread ob eine Rückfall als Merkmal des Alkoholismus ist und nicht wie Therapeuten damit umgehen .

    Hi Hartmut,

    das mag schon sein, nur ist es ganz normal, daß im Laufe einer Diskussion auch andere gedankliche Komponenten dazukommen als die, die explizit im Threadtitel genannt werden. Daß Du z.B. selbst keinen Therapeuten gebraucht hast, ist auch so ne Info, die mit dem Threadtitel an sich nix zu tun hat...und, wenn man hier so querbeet liest, scheinen LZT auch nicht soo selten zu sein. Insofern sind wir da schon nach wie vor beim Thema und brauchen sicher nicht noch nen separaten Thread.

    Schönen Gruß

    Andreas

  • Hallo Andreas

    muss denn alles was geschrieben wird nochmals diskutiert werden ? Ich glaube auch das girasole sehr gut für sich sprechen kann .

    Was ist denn verwerflich, einen Thread, mit dem abweichenden Thema neu zu eröffnen? Wenn ich heute im Forum aufschlage und etwas über Therapeuten und LZT suchen wollte, , suche ich das doch am wenigsten, bei "Rückfall als Merkmal des Alkoholismus"


    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

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