Kampfansage dem Rotwein

  • Hallo, wenn ich mich vorstellen darf, ich heiße Sonja und bin 36 Jahre alt und seit 10 Jahren ist Alkohol mein ständiger Begleiter.

    Ich bin dazu noch alleinerziehende Mutter eines 8jährigen Kindes. In der Schwangerschaft habe ich nicht getrunken, aber danach dummerweise irgendwann wieder angefangen.

    Da ich mich oft und viel alleine gefühlt habe, habe ich Alkohl als Seelentröster und für gute Laune benutzt. Das fing alles an, nach der Trennung meines langjährigen Freundes und da ich jetzt vor kurzem wieder eine Trennung hatte, hat sich das wieder verstärkt..

    Es funktionierte auch eine zeitlang ganz gut, doch irgendwann merkte ich, wie es mir aus der Hand glitt und ich sozusagen, die Kontrolle verlor.

    Zum Schluss waren es immer 2, manchmal 3 Flaschen Wein am Tag. Die erste war immer recht zügig leer.

    Ich fing auch oft schon morgens an, wenn ich morgens nichts getrunken habe, haben meine Hände gezittert, dass hat mich zum Teil so stark eingeschränkt, dass ich mich noch nicht mal in der Supermarkt getraut habe, sondern erst warten musste, bis das Zittern nachlies.

    Ich hatte vor ein paar Tagen schonmal drei Tage ohne geschafft, hatte aber dann schlimme Nächte, da ich es garnicht mehr gewohnt war, ohne Alkohol ein, geschweige denn durchzuschlafen. Deshalb habe ich nach drei Tagen dummerweise wieder angefangen, dachte " eine kann ja nicht schaden".. Zack, wieder im Strudel drin, es blieb natürlich nicht bei einer.. Das ist jetzt eine Woche her. Nachdem ich gestern wieder soweit war, dass ich mir zwei Flaschen Sekt hintereinander reingeknallt habe, die Mittags schon leer waren, habe ich den endgültigen Entschluss gefasst, ich will das nicht mehr, das macht mich krank und kaputt.

    Ich weiß auch immer noch nicht so recht, wie das gehen soll, aber ich habe nun den festen Willen. Für mich und meine Familie zu kämpfen.

    Mein Rotwein war für mich immer sehr wichtig, aber ich kann nicht zulassen, dass er mein Leben, meinen Körper und mein Bankkonto zerstört .

    Ich weiß noch nicht, wie es gehen soll, da kommen schwierige Tage auf mich zu. Gestern hatte ich ja auch seit mittags nichts getrunken und in der Nacht furchtbare Entzugserscheinungen, ziemlich mir richtig Angst gemacht haben.. Von meinen letzten 3 "trockenen" Tagen weiß ich aber schon, dass die zweite Nacht besser werden wird.

    Außerdem habe ich mir Johanniskraut geholt gegen die Stimmungsschwankungen und Baldrian zum schlafen. Das wird zwar nicht das selbe sein, aber besser als ohne.

    Ich habe natürlich Sorge, es nicht zu schaffen, aber ich habe einen ganz ganz großen Kampfesgeist und weiß, dass es geht.

    Ich hoffe, ich kann mich hier mit Euch nett austauschen und bald von meinem Erfolg berichten.

    LG Sonja
    PS.
    Heute Nachmittag war ich deshalb beim Arzt und habe Tabletten bekommen, die mir erstmal über die ersten Tage und die Entzugserscheinungen hinweghelfen sollen. Außerdem soll ich meinen Arzt nun regelmäßig besuchen. Der Anfang ist gemacht. Er riet mir zwar erst nach meiner Prüfungspause mit dem Entzug richtig zu beginnen, aber ich wollte sofort.

  • Hallo Sonja,

    ein fester Wille ist schonmal ne gute Voraussetzung, aber der alleine wird Dir nicht reichen. Hast Du Dich schon mal bei den Grundbausteinen eingelesen ? V.a. alkoholfreies Zuhause und alkoholfreies Umfeld sind grad jetzt am Anfang enorm wichtig.

    Ich hab Dich schon im Vorstellungsbereich gelesen und freue mich für Dich und auch für Deinen Sohn, daß Du ein neues Kapitel in Eurem Leben aufschlagen willst. Eins kannst Du mir glauben - es lohnt sich :)

    Grad in der Anfangszeit kommen jede Menge Zweifel und Fragen auf...immer raus damit...hier sind genug User, die damit auch so ihre Erfahrungen haben. Also lieber mal zu oft gefragt als einmal zu wenig. Schreiben kann helfen...und wenn es mal wirklich ganz schwierig wird, gibt es hier nen SOS-Knopf.

    Schönen Gruß und schöne Zeit

    Andreas

  • Hallo Sonja,

    schön, dass du dich zum Sprung hierherüber entschlossen hast.

    Ich habe auch schon im Vorstellungsbereich von dir gelesen.

    Ich selbst bin Mutter von drei Kindern.

    Seit 2 Jahren und ein paar Monaten trocken,
    Alkoholikerin und trotzdem ( oder gerade deshalb ? ) glücklich.

    Dass ich trocken werden durfte, erscheint mir heute wie ein Wunder, allerdings habe ich diesem Wunder auch die Türe geöffnet, indem ich mich gleich am Anfang hier angemeldet hatte, viel Hilfe erfuhr und wahrscheinlich auch durch die Einhaltung der wichtigen Grundbausteine, bis heute trocken bin.

    Du hörst dich für mich ziemlich verzweifelt an, ich finde aber auch, dass du ( auch im Vorstellungsbereich ) schon wirklich wertvolle Antworten erhalten hast.

    Darum .....erst mal ein "Herzliches Willkommen" hier !

    Bei mir gab es ab dem Tag, an dem mir klar war, dass ich mein weiteres Leben mit großer Wahrscheinlichkeit total verbocken werde, sollte ich nicht endlich aufhören zu trinken, keinen Kampf mehr gegen den "bösen" Alk.

    Nun gibt es ihn genauso selbstverständlich wie mich.

    Wir haben nur nichts mehr miteinander zu tun.
    Eine sehr erleichternde Tatsache ! :)

    Liebe Grüße von Slowly

  • Hallo zusammen, danke Euch. Schön hier auf Leute zu treffen, denen es gut ergangen ist.

    Derzeit fällt mir die Vorstellung ein gutes Glas Wein zu trinken noch schwer. Ich hab es immer als ein Stück Lebensqualität bezeichnet.

    Alkohol- Vorräte Hab ich keine. An den Regalen im Supermarkt kann ich vorbeigehen.

    Ich geh auch nicht oft auf Partys, manchmal schon, aber da wird auch oft alkoholfrei getrunken. Ich denke, nach einigen Wochen, oder Monaten wird mir das sehr leicht fallen.

    Ich hab für den Anfang ein gutes Gefühl, auch mit dem Arzt, der sich da nun kümmert...

    LG Sonja

  • Ich bin jetzt auch an dem Punkt, wo ich gemerkt habe, ich zerstöre mein Leben gerade, ich überziehe mein Konto, ziehe mich zurück, damit ich ungestört trinken kann usw. Und morgens hab ich schon fast ne Sozialphobie bekommen, nur das niemand mein Zittern sieht.

    Habe jetzt eben die zweite Tablette genommen und hoffe nun auf eine gute Nacht ohne Zittern und Herzrasen und komische Wahrnehmungen.. Morgen hätte ich dann " schon" Zwei Tage rum...
    Gute Nacht zusammen ;)

  • Zitat von Soljanka78

    Ich bin jetzt auch an dem Punkt, wo ich gemerkt habe, ich zerstöre mein Leben gerade, ich überziehe mein Konto, ziehe mich zurück, damit ich ungestört trinken kann usw. Und morgens hab ich schon fast ne Sozialphobie bekommen, nur das niemand mein Zittern sieht.

    Habe jetzt eben die zweite Tablette genommen und hoffe nun auf eine gute Nacht ohne Zittern und Herzrasen und komische Wahrnehmungen.. Morgen hätte ich dann " schon" Zwei Tage rum...
    Gute Nacht zusammen ;)

    Du hast dich entschieden, nicht mehr zu trinken - das is schonmal ein guter Ansatz!
    Bleib aber unbedingt mit deinem Arzt in Kontakt (täglicher Besuch), damit deine Entgiftung nicht nach hinten los geht!!
    Ich war vor 4 Wochen stationär zur Entgiftung und dort wurde eine 2-stündliche Blutdruck, Puls und Befindlichkeitskontrolle durchgeführt.

    Alles Gute für Deinen Weg!

    Mein Leitsatz seit meiner Klinikaufnahme 3.7.14:
    "Ich bitte um Hilfe bei meiner Krankheit - alleine schaffe ich es nicht!"

  • Hallo Sonja,

    ich wünsche dir eine Gute Nacht, die hoffentlich leichter wird Dank der Tabletten !

    Aller Anfang ist schwer aber mit der Zeit kannst du dir Stück für Stück wieder ein würdevolles Leben zurück holen.

    Und wenn du mal ehrlich bist, es blieb doch nie bei einem guten Glas "Irgendwas", weil wir das gar nicht können !

    Ich war auch eine, die dieses von dir bevorzuge Getränk süchtig getrunken hat.

    Ich hätte den Namen zum Beispiel niemals nicht in meinem Thread Titel verwendet, aber das ist "Feintuning", das kommt dann nach der Entgiftung.

    Alles Gute erst einmal für diese Nacht ! :)

    Slowly

  • Hallo Sonja,

    ich hoffe Du hast Deine zweite Nacht ohne Stoff gut überstanden und konntest schlafen!

    Gut, dass Du die ersten Schritte unternommen hast. Prima, dass Du einen Arzt aufgesucht hast.

    Ich bin auch neu und stehe am Anfang meiner "Trockenarbeit". Neben diesem Forum empfinde ich den Kontakt zu meiner SHG vor Ort als sehr bereichernd und hilfreich. Hast Du darüber schon mal nachgedacht?


    Zitat

    Derzeit fällt mir die Vorstellung ein gutes Glas Wein zu trinken noch schwer. Ich hab es immer als ein Stück Lebensqualität bezeichnet.

    Ja wo ist denn da das Fehlerchen??? Fehlt da was? :wink:

    Welches war das GUTE GLAS??? Das Erste oder das Letzte??? :roll:

    Willkommen hier!

    Eni

  • Danke Eni,

    Stationär Giftung bekomme ich, der Lebensumstände halber nicht hin.

    Aber der Arzt meinte ja schon, er will mich regelmäßig sehen und die Tabletten helfen erstmal über das Schlimmste hinweg.

    Hab heute Nacht 9Stunden durchgeschlafen. Das war toll.

    LG Sonja

  • Hallo nochmal, über eine SHG habe ich schon nachgedacht. Aber da spielt auch die. Zeit eine Rolle. Ich habe mich jetzt einer. Freundin anvertraut. Wollte hier viel lesen und mit meinem Arzt in Kontakt bleiben. LG

  • Hallo Sonja,
    auch ich möchte Dich herzlich Willkommen heißen. :)

    Ich bin selber erst vor ein paar Wochen hier aufgeschlagen und kann Dir schon aus Sicht dieser kurze Zeit berichten, dass es absolut wert ist, dem Alkohol den Rücken zu zudrehen.

    Dein Threadtitel hat mich auch ein wenig irritiert, spiegelt aber gerade Deine innere Verfassung wieder.
    Während des Entzugs und der Entwöhnung benötigte ich sehr viel Zeit für mich. Das Forum, Alk-Literatur und viele Gedanken haben mich sehr eingenommen und meine Familie musste zurück stecken.

    Eine weitere geruhsame Nacht wünscht Dir
    step

  • Hallo Sonja,

    wie ist es dir gestern ergangen ?

    Wie war deine zweite Nacht ?

    Was ging dir seit deinem letzten Eintrag bzgl. des trockenen Lebens durch den Kopf, was hast du bis jetzt verändert und was in die Wege geleitet.

    Was denkst du über die Grundbausteine und in wie weit möchtest du sie in dein Leben mit einbauen ?

    Liebe Grüße und einen weiteren sonnigen und trockenen Tag wünscht Slowly

  • Liebe Slowly,

    mittlerweile hab ich ja sogar schon die dritte Nacht hinter mir, davon die zweite mit Tablettenunterstützung. Ich könnte wunderbar schlafen und seit heute morgen hab ich das erste Mal das Gefühl, dass ich nicht unbedingt was trinken möchte. War eben im Supermarkt und bin ganz beiläufig am Rotweinregal vorbeigelaufen. Hab mir stattdessen Traubensaft gekauft.

    War gestern Abend nochmal beim Arzt, da er wissen wollte wies mir geht und heute morgen würde Blut abgenommen, um die Leberwerte zu kontrollieren.

    Alkohol gibt es in meiner Umgebung keinen, zuhause erst recht nicht. Für mich ist auch wichtig, mich nicht mehr zu verkriechen. Freunde zu treffen, Gelegenheiten gibt es da genug. Ich werde versuchen, wenn es finanziell passt, mein altes Hobby wieder aufleben zu lassen, welches ich damals, bis zur Trennung von meinem Freund leidenschaftlich gern gemacht habe. Da hatte ich immer viel Kontakt zu Leuten.

    Meine beste Freundin und meine Eltern habe ich eingeweiht. Meine Mutter meinte, ihr ist nicht entgangen, dass ich soviel getrunken habe..

    Alles in allem fühle ich mich heute schon sehr viel besser und freue mich auf jeden Tag, an dem ich frisch und reinen Gewissens schlafen gehen kann..

    Lg

  • Ich gebe mir Mühe. Ich bin stolz, dass ich jetzt erstmal den Anfang gemacht habe. Ich muss zuhause sein und für Prüfungen lernen.

    Da bin ich viel alleine. Da kommt dann doch hier und da, zumindest im Moment gerade der Wunsch, Wein zu trinken.

    Ich hatte immer schöne Momente mit Wein, hatte das. Gefühl, vieles intensiver zu erleben. Intensiver Musik zu hören, intensiver zu malen. Dinge einfach intensiver zu genießen.

    Ich bin auch irgendwie traurig, dass diese Zeiten jetzt vorbei sind. Dass ich mir eingestehen muss, dass ich das Zeug niemals wieder anfassen darf.

    Ich hoffe ich finde meine Freude im Leben wieder und kann wieder anderweitig genießen. Ich wünschte, ich könnte so wie andere mal ein zwei. Gläschen trinken und ein wenig Spaß dabei haben.

    Es macht mich grad irre traurig, dass ich das nicht im Griff habe.

    Ich freu mich auf den Abend, wenn ich schlafen gehen kann und morgens frisch aufstehen kann.. Aber der Tag ist schon schwierig.

    Lg

  • Es fühlt sich an wie die. Trennung von meinem letzten. Freund. Mit dem hatte ich auch schöne Stunden, aber auf Dauer hat er mir nicht gut getan. Es hört sich vielleicht blöde an, aber ich habe den Rotwein wirklich geliebt. Ich habe ihn regelrecht angehimmelt. Ihn immer als ein Stück Lebensqualität bezeichnet.

    Ich wünschte mir, ich bekäme es in den Griff, freundschaftlich mit ihm umzugehen. Ihm Moment gerade tut es mir ganz schön weh, ich weiß das klingt blöde.

  • Hallo,

    diese endgültige Feststellung, nie mehr den geliebten Rotwein trinken zu können, kann schon erstmal ziemlich verunsichern. Viele von uns Abstinenten haben diesen Prozess durchlaufen. Aber diese Bewertung geschieht ja aus Deiner momentanen Verfassung heraus und bleibt nicht ewig so. Es wird leichter mit der Zeit und irgendwann wird aus dem geliebten Rotwein in der eigenen Einschätzung einfach nur noch ein Suchtmittel, von dem man tunlichst lassen sollte, wenn man noch ein paar Jahre auf diesem Planeten verbringen will.

    Was ich sagen will:

    Deine eigene Wahrnehmung in Bezug auf den Rotwein wird sich ändern. Du bist ja grad erst frisch abstinent, da halte ich es für normal, daß man geistig noch nicht loslassen kann...das ist übrigens nicht nur bei liquiden Suchtmitteln so, sondern auch bei Personen. Frag mal bei den Cos nach :)

    Und blöd klingt hier erstmal gar nix...wir waren ja alle mal an dem Punkt, an dem Du jetzt stehst...

    Aber Lebensqualität holt man sich nicht durch den krankhaften Konsum von Alkohol...man verbaut sie sich dadurch nur. Hab ein wenig Geduld, zieh Dein Ding durch und Du wirst erleben, was ich meine...

    Schönen Gruß und schöne Zeit

    Andreas

  • Lieber Andreas,

    danke.

    Ich freue mich schon auf die Zeit, zu der ich sagen kann "schön wars, danke für die schöne Zeit, aber von nun an gehen wir für immer gertrennte Wege"

    Eben habe ich tatsächlich weinen müssen bei der Vorstellung.

    Ich hoffe sehr, dass ich die Stärke aufbringe ihm für immer den Rücken zu kehren. Ja und es sind ja erst 3 Tage. Und ich bin auch froh, dass gerade in diesen ersten schweren Tagen mein Arzt mich begleitet.

    LG

    Sonja

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