Ich und co-abhängig? Niemals...

  • Zitat von Seerose_40

    Liebe Lorelei,


    Ich drücke Dir ganz doll die Daumen, dass Du weiterhin Deinen Weg gehen kannst, aber vergiß bei all Deinen Pflichten nicht, Dir auch mal eine Auszeit zu gönnen und Dir etwas Gutes zu tun.

    LG Seerose

    Ich hoffe, mein Jüngster hat wieder mal etwas mehr Zeit um mich hier zu vertreten, denn er ist der Einzige, der mit meinem Vater und den Hunden zurecht kommt.

    Für ein langes WE würde es reichen. Mein Mann und ich müssen dringend mal gemeinsam was unternehmen, was ansonsten nie geht. Das fehlt unserer Beziehung sehr.

    Da mein Vater zudem blind uns fast taub ist, weigert er sich auch mal für ein WE in ein Heim zu gehen. Dann ist er plötzlich ganz taub :wink:

    Die Zeit wird zeigen, wie und ob mein Mann es schaffen wird.

    Ich drücke dir ebenfalls die Daumen.

    LG Lorelei

  • Guten Morgen ihr Lieben,

    ich lese hier weiterhin fleißig mit und kann viele Dinge für mich herausziehen. Viele Geschichten machen mich sehr betroffen, aber sie helfen mir auch zu schauen, wo stehe ich eigentlich. Angst macht mir, dass es wohl bei den meisten nur auf eine Trennung hinausläuft. Das möchte ich nicht, aber ich weiß auch gleichzeitig dabei, dass, wenn mein XY nichts ändert, es für mich ebenfalls keine andere Möglichkeit geben wird, wenn ich nicht vor die Hunde gehen möchte. Ich stelle bei mir fest, dass ich in vielen Dingen kein Vertrauen mehr habe. Gestern z.B. war eine Situation, wo ich dachte, normalerweise würde er sich jetzt ein Bier aufmachen und bin mit einem mulmigen Gefühl nach Hause gefahren. Aber er hat nichts getrunken und sagte selbst zu mir, normalerweise hätte ich jetzt was getrunken, weil ich mich über dies und das geärgert habe. Ich sehe, dass ein Bewusstsein da ist, Therapieangebote in Anspruch genommen werden, aber ich traue dem Frieden noch nicht.

    Und ich schaue auf mich. Wie geht es mir? Zum Einen habe ich festgestellt, dass ich mich leider für nahestehende Menschen sehr verantwortlich fühle, was mich einfach aussaugt. Nun bin ich zurzeit dabei, mir immer wieder wie ein Mantra aufzusagen: Das liegt nicht in meiner Verantwortung, ich bin nur für mich verantwortlich und das Einzige was zählt, ist, dass es mir gut geht. Ich finde es erschreckend, wie schwer es mir fällt. Ich glaube, dass die Ursache hierfür auch in meiner Kindheit liegt. Ich hatte eine kranke Mutter und es wurden schon sehr früh die Rollen vertauscht. Ich habe mich zurückgenommen, um für meine Mutter da zu sein. Die Rolle hatte ich im Erwachsenenalter abgelegt, tauchte aber wieder auf, als mein Vater starb. Ich fühlte mich wieder verantwortlich, ohne dabei zu sehen, dass auch ich mit einem für mich schweren Verlust fertig werden muss. Das heißt, ich stelle Bedürfnisse anderer über meine Bedürfnisse. Was für eine Schieflage. Bei Freunden und Fremden kann ich mich gut abgrenzen. Dann höre ich das mir an, sage meine Meinung dazu und gut ist. Bei meinem Partner und auch bei meiner Mutter fällt es mir unglaublich schwer, aber ich arbeite daran und tackere mir weiterhin mein Mantra ins Gehirn ;)

    Ich habe auch mal angefangen, mir über meinen eigenen Alkoholkonsum Gedanken zu machen. Habe ich nie hinterfragt. Alkohol gehörte für mich zum Feiern immer dazu. Auch am Wochenende mache ich mir gerne eine Flasche Wein auf. Jedoch als Genuss und nicht, um mich zu betäuben. Aber wie schnell kann aus Genuss doch eine Sucht werden? Ich glaube, ich werde auch selbst mal schauen, dass ich hier verantwortungsvoller mit Alkohol umgehe.

    Danke fürs "Zuhören" und ein schönes Wochenende wünsche ich :)
    Lieben Gruß,
    Seerose

  • Hallo Seerose,

    Zitat

    Ich glaube, dass die Ursache hierfür auch in meiner Kindheit liegt. Ich hatte eine kranke Mutter und es wurden schon sehr früh die Rollen vertauscht.


    das macht es nochmal schwerer etwas zu ändern. Jahrzehntelange Muster aufzuweichen ist nicht leicht.
    Du mußt auch nicht alles auf einmal schaffen, geh Schritt für Schritt, und denk wirklich daran, das du nicht verantwortlich bist.
    Ganz wichtig ist, dass du nur das änderst, wo du uneingeschränkt hinter stehen kannst. Halbherzigkeit und wieder zurückrudern wäre nicht gut, da du sonst nicht ernst genommen wirst.
    Es ist schwer, aber es geht. Schritt für Schritt und hab Mut.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Ja, Morgenrot, da hast Du definitiv Recht. Besonders bei dem Thema Trennung bin ich jetzt etwas vorsichtiger. In meiner ersten Wut und Frustration war für mich sofort klar, Schnauze voll, ich haue ab. Aber in Wirklichkeit bin ich noch gar nicht bereit dafür. Und so etwas nur mit dem Kopf zu entscheiden macht keinen Sinn. Ich versuche jetzt step by step zu denken und dabei auf mich zu achten. Wirklich bewusst in mich hineinzuhorchen, was will ich jetzt, was brauche ich jetzt, was tut mir jetzt gut. Erstaunlich, dass das so schwer sein kann.

    Lieben Gruß,
    Seerose

  • Hallo Seerose,

    ich finde es leichter, mir etwas zu zugestehen als mir etwas zu verbieten.
    Statt 'das ist nicht meine Verantwortung' zum Beispiel 'ich darf das loslassen'
    Oder einen Satz, der für dich passt.
    Mir hat dann dieser Satz richtige Erleichterung verschafft, dabei bleibt es ha inhaltlich gleich. Nur ein mal als etwas negatives, ein Verbot, und ein mal als etwas quasi positives formuliert.

    LG girasole

  • .... da fällt mir ein, dass ich tatsächlich auch schon öfters gelesen habe, dass Mantras stets positiv, also ohne Verneinung/ nicht / kein usw formuliert werden sollen :)

  • Nachdem ich ganz lange nicht geschrieben hatte, aber fleißig Eure Berichte gelesen habe, bin ich nun auch mal wieder eines Besseren belehrt worden.

    Die letzten Monate sah es wirklich so aus, als wenn sich alles stabilisieren würde. Doch nun der Rückfall - trotz Selbsthilfegruppe, die mein XY besucht. Früher wurde ich dann immer furchtbar wütend, weil ich es einfach nicht verstanden habe und es als Verarschung gesehen habe, wenn trotz Versprechen wieder getrunken wurde. Durch viele Berichte, auch im Alkoholiker-Forum, ist mir klar geworden, dass er wohl nicht anders kann. Aber ich dachte wirklich, mit Hilfe, die er sich ja sucht, schafft er das. Falsch gedacht.

    Eben kam er zu mir und wollte sich seinen Schlüssel abholen, weil er in seine Wohnung wollte. Meine Antennen waren hochgeschnellt und tatsächlich. Er hat wieder getrunken. Als er die Schlüssel abholte, habe ich ihm diese gegeben und gebeten, sofort wieder zu gehen. Als er mich fragte, warum, sagte ich nur, weil ich weder Deinen Anblick, noch Deinen Gestank nach Bier ertrage. Dann ist er auch gegangen.

    Und nun sitze ich hier und bin einfach nur traurig, noch nicht einmal mehr wütend, sondern einfach deprimiert, weil mir klar wird, er sitzt tiefer in der Scheiße als ich es wirklich jemals wahrhaben wollte. Anzeichen gab es ja immer genug, aber in den guten Phasen habe ich sie immer wieder gerne zur Seite geschoben, dachte, aber jetzt. Denn die Tatsache, mit einem Alkoholiker zusammen zu sein, ist nicht gerade das, was ich mir jemals hätte vorstellen können.

    Im Moment weiß ich nicht wirklich, wie es mit uns weitergehen soll. Ich kann mir nicht vorstellen, mit einem Mann zusammen zu sein, der jeden Abend saufen würde und nach Alk stinkt. Absolutes No Go. Wenn das so wäre, wäre die Entscheidung wohl so klar, aber so eiere ich rum, immer in der Hoffnung, da passiert was. Gerade auch, weil er ja ein Problembewusstsein hat und schon entsprechende Hilfen in Anspruch genommen hat und trotzdem kommen immer wieder diese Sauftage.

    Tja, ich kann jetzt wohl erst einmal gar nichts machen außer in mich hineinzuhorchen und herauszufinden, was ich eigentlich will. Im Moment bin ich einfach nur ratlos.

    Danke fürs "Zuhören".

    LG Seerose

  • Liebe Seerose,

    Zitat

    Tja, ich kann jetzt wohl erst einmal gar nichts machen außer in mich hineinzuhorchen und herauszufinden, was ich eigentlich will. Im Moment bin ich einfach nur ratlos


    .. das hört sich nach einer guten Alternative an - zumindest der erste Satz. Darauf kommt es für Dich an. Die Ratlosigkeit wird dann schon nachlassen. Bei Deinem Post hab ich das Gefühl, dass Du Dir schon sehr klar bist darüber, was Du willst. Vielleicht noch ein bisschen Angst vor den eigenen Gedanken, der eigenen Courage? Mir ging es von dem Moment an besser, als ich meinen Mann und seinen Alkohol wirklich innerlich loslassen und mich ohne Gewissensbisse mir zuwenden konnte. Am Ende ist es für uns gut ausgegangen, aber dieser Schritt zum eigenen "Ich" war für mich immens wichtig.

    Ich wünsche Dir ein paar warme Sonnenstrahlen
    LG Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Hallo Lütte,

    vielen Dank für Deine schnelle Antwort, die ich mir dreimal durchgelesen habe und dann feststellte, ja, Du hast Recht.

    Im Grunde genommen weiß ich ganz genau, was ich will. KEINEN ALKOHOLIKER als Partner. Punkt. Eigentlich ganz klar. Aber da ist dann auch die Liebe, die elf Jahre Beziehung, die vielen Gemeinsamkeiten, die vielen schönen Momente und die Träume, die man eigentlich hatte. Angst vor meiner eigenen Courage? Vermutlich... oder einfach Angst vor dem Trennungsschmerz? Dem Erkennen, dass ich keine Chance habe und es vorbei sein könnte mit uns? Die Vorstellung ist so schmerzhaft.

    Und genau deswegen habe ich mich immer wieder einlullen lassen, von den guten Tagen, Wochen oder auch Monate.
    Denn ihn will ich, aber sein scheiß Alkoholproblem will ich nicht.

    Ich weiß nicht, wie sehr ich wirlich co-abhängig bin. Ich habe definitv Anteile der beschriebenen Co-Abhängigkeit, besonders das Drohen, Zetern, Kontrollieren. Das kam immer wieder mal vor. Alles andere eher nicht und ich führe auch ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben. Ich wollte immer nur, dass er ein Teil davon ist und nun muss ich mich fragen, ob das vielleicht eine Illusion ist. Ich weiß, dass er morgen wieder mit hängenden Ohren vor mir stehen wird. Ich habe keine Ahnung, wie ich reagieren soll.

    Du hast geschrieben, ihr habt es geschafft. Hast Du Dich getrennt?

    LG Seerose

  • Liebe Seerose,

    ich war nach 20 Jahren von zu Hause ausgezogen - eine ganz bescheidene Zeit. Innerlich war ich total zerrissen, es ging mir zu Hause nicht mehr gut und mein Auszug war mein letzter Strohhalm. Dazu kam, dass mein Mann das Ganze nicht gut fand und mir viele und große Vorwürfe gemacht hat. Das hat meine Unsicherheit noch vergrößert. Hab oft verzweifelt auf dem Bett gesessen und geweint, weil ich mich auch total falsch fühlte und ich wollte nicht die Böse sein, ich wollte immer nur Harmonie um mich und die Gute sein. Nach 4 Monaten bin ich wieder zu Hause eingezogen, weil er in einer schmerzhaften Situation, die nichts mit ihm zu tun hatte, an meiner Seite war und ich uns eine Chance geben wollte. Wir haben sie gemeinsam genutzt und führen jetzt eine tolle Beziehung. Es hat sich jede Träne gelohnt. Es war aber auch ein hartes Stück Arbeit, denn die eigenen Veränderungen sind schmerzhaft und brauchen Zeit - bei uns noch ca. 1 Jahr. Meine Erfahrung ist, dass es zum einen für mich wichtig ist, zu wissen, was ich will und zum anderen die Erkenntnis, dass ich ihm nur bis vor die Stirn schauen kann, was dahinter abgeht, weiß ich einfach nicht. Als ich dieses "in Liebe loslassen" innerlich zulassen konnte, war ich befreit, konnte ich sein und mich neu auf meinen Mann einlassen. Er hat seinen eigenen Weg gefunden, den ich heute auch akzeptieren kann, der aber völlig von meinen Vorstellungen abwich.

    Ich denke es ist einfach wichtig, dass Du Dich um Dich kümmerst und er sich um sich kümmert. Alles andere ergibt sich - meine Erfahrung.

    Ist es nicht auch egal, ob Du Dich als co-abhängig bezeichnest oder nicht. Wichtig ist doch, wie Du Dich in der Beziehung fühlst und ob Du so weiter leben möchtest. Du entscheidest für Dein Leben.

    Wünsche Dir viel Geduld und Kraft
    LG Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Liebe Lütte,
    oh je, das hört sich wirklich nach einer harten Zeit an, umso schöner, dass ihr es geschafft habt.

    Ich stehe, glaube ich, noch ganz am Anfang. In Liebe loslassen, das hört sich so einfach an, doch ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, wie man das macht. Ich bin im Moment sehr konfus in meinen Gedanken und Gefühlen, versuche aber, mich der Situation und der Realität zu stellen. Denn wenn ich ehrlich zu mir selbst bin, habe ich das Thema Alkohol immer ganz schnell wieder zur Seite geschoben, wenn er nicht getrunken hat. Wunderbar, läuft ja, ist wahrscheinlich alles nur halb so wild. Ich glaube, ich habe mir echt etwas vorgemacht. Und ich habe auch lange gebraucht zu kapieren, dass hier ein Alkoholproblem vorliegt, denn selbst gehöre ich jetzt nicht zu den Hardcore-Abstinenzlern. Wie auch immer.

    Ich habe nun für mich beschlossen, eine Beratungsstelle für Angehörige aufzusuchen. Nächste Woche habe ich Urlaub und da kann ich wunderbar die offene Beratungsstunde nutzen. Angerufen habe ich schon. Ich habe ein bißchen Angst, ich weiß gar nicht, wovor, und manchmal bin ich dann auch wütend und denke, wieso muss ich mich eigentlich damit auseinandersetzen, er trinkt doch und nicht ich. Aber ich brauche ja auch Unterstützung und sei es nur, dass ich irgendwie Klarheit in meinen Gedanken kriege.

    Dieser Satz von Dir: Ich kümmere mich um mich und er sich um sich, spricht mich sehr an, aber die Umsetzung fällt mir dann doch schwer. Vom Verstand ist mir das alles klar, aber die Herzebene hinkt noch hinterher. Vermutlich ist es ein Prozess.

    Ja, die Beziehung gibt mir auf der einen Seite sehr viel. Die Liebe ist nach elf Jahren immer noch da, wir haben sehr viele gemeinsame Interessen und können herzlich miteinander lachen und rumalbern. Und dann gibt es diese dunkle Seite, die das Schöne torpediert. Wo ich anfangs immer dachte, mit viel reden und darauf hinweisen und was weiß ich nicht alles, kriegt er das mit dem Alkohol hin, aber das war vermutlich naiv.

    Ich würde mir wünschen, dass wir es auch so hinkriegen würden wie ihr Beide, aber dafür müssten beide was tun. Ich werde mir nächste Woche Hilfe holen, er geht ja schon zur Suchtberatung, aber wirklich Klick hat es wohl noch nicht gemacht. Ich kann nur abwarten und schauen, was die Zeit bringt. Bis dahin versuche ich (ich hoffe, ich kriege das hin), mich auf mich zu konzentrieren und werde heute Abend zum Sport gehen, obwohl ich totmüde bin. Aber ein wenig auspowern und Ablenkung ist bestimmt nicht die schlechteste Idee.

    Lieben Gruß
    Seerose

  • Liebe Seerose,

    das mit der Beratungsstelle ist ne gute Idee. Ich habe dort eine ganz tolle Freundin kennen gelernt.
    Nicht umsonst hab ich Dir viel Geduld - und zwar mit Dir - gewünscht. Zu Anfang hab ich Ratgeber gelesen und gedacht, wenn ich die 1:1 umsetze, dann ist alles wieder gut - Pustekuchen hat nicht funktioniert. Es braucht wirklich viel Zeit und Geduld, bis bestimmte Gedanken und Erkenntnisse vom Kopf in den Bauch (sprich ins Gefühl) wandern. Aber irgendwann passiert das still und leise und fühlt sich richtig gut an. Mein Mann hat sich für mich entschieden, dafür bin ich sehr dankbar. Ich war aber an dem Punkt wo mir das alles egal war und ich nur noch was für mich ändern wollte. Dadurch, dass ich angefangen habe, mich zu bewegen, hat auch er angefangen, sich zu bewegen - GsD in meine Richtung. Ich kann Dir nur immer wieder sagen, dass es gut war, mich in meinen Fokus zu stellen. Er muss seins machen. Schwerer Brocken - ich weiß - aber wenn der durch ist, geht es Dir sicher besser.

    Ich war auch ein "normaler" Konsument. Ich hab mir vorher nie Gedanken um das Thema gemacht, war alles ein schleichender Prozess (denke so eine Entwicklung von 10/12 Jahren). Nach außen lief auch alles paletti und trotzdem ging es mir schlecht. Da die Ursache zu finden und dann zu handeln, war kein einfacher Prozess.

    Also horch in Dich rein, was Dein Bauch sagt - er hat meistens recht.

    LG Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Guten Morgen Lütte,

    leider kriege ich das mit den Zitaten nicht hin, deswegen hier Dein Satz nochmal einfach kopiert: Zu Anfang hab ich Ratgeber gelesen und gedacht, wenn ich die 1:1 umsetze, dann ist alles wieder gut - Pustekuchen hat nicht funktioniert.

    Als ich das las, musste ich ein wenig schmunzeln, denn genauso ging es mir auch. Als mir langsam dämmerte, hier läuft was komplett in die falsche Richtung, fing ich an mich über Alkoholismus, aber hauptsächlich darüber zu informieren, wie man damit umgeht und was man tun kann. Sofort stieß ich auf das Wort Co-Abhängigkeit. Diverse Tests gemacht, abgecheckt, OK mache ich nicht, das auch nicht, aber das. Alles klar, lass ich zukünftig sein und schon hat er es begriffen und alles ist gut. Und hat es funktioniert? Natürlich nicht ;)

    Gestern kam ich nach Hause und da saß mein XY schon und wartete mit hängenden Ohren und dem ins Gesicht geschriebenen schlechten Gewissen auf mich. Laut "Lehrbuch" ;) soll man ja keine Vorwürfe machen, aber mir ist gestern trotzdem der Kragen geplatzt. Wie sehr ich die Schnauze voll habe, dass ich das Gefühl habe, dass wir uns seit Jahren nur noch im Kreis drehen und ich ernsthaft daran denke, mich von ihm zu trennen, weil es mir reicht, reicht und nochmal reicht. So Dampf abgelassen, nicht förderlich, aber das bin nunmal ich. Als ich ihn dann völlig deprimiert vor mir sitzen sah, meldete sich dann kurze Zeit später auch schon wieder das schlechte Gewissen. Doch ich sagte mir: NEIN! Es sind Deine Gefühle. Das geht in Dir vor, warum soll ich ihn vor meinen Emotionen schützen und einen auf heile Welt machen, die für mich nicht mehr heil ist. Ich bin dann erst einmal zum Sport gefahren und habe mich ausgepowert, um wieder Ruhe reinzukriegen.

    Als ich wieder zu Hause war, haben wir viel über uns, sprich seine Abhängigkeit, was in ihm vorgeht und wie ich mich aber als seine Partnerin dabei fühle, gesprochen. Durch das Lesen im Bereich der Alkoholiker konnte ich viele Sachen, die er mir sagte, erst einmal so stehen lassen, wo ich vorher immer sagte und dachte, ja, dann hört man eben auf, ändert sein Leben und alles ist wieder gut. Jetzt, weiß ich, dass das nicht geht. Es ist eine Sucht, seine Sucht und er muss gucken, was er macht. Er hat heute eine Infoveranstaltung in einer ambulanten Suchttagesklinik, der Termin stand aber schon länger. Ich bin ja froh, dass er nicht komplett alles abstreitet und zumindest ein Bewusstsein hat, dass etwas gegen den Baum läuft.

    Und ich werde die Zeit nutzen, mir einfach etwas Gutes tun und nächste Woche meine eigene Beratungsstelle aufsuchen.

    Übrigens habe ich mir Deinen Thread durchgelesen. Ich erkenne mich in sehr vielem wieder.

    Ich wünsche Dir einen schönen Tag!
    Lieben Gruß,
    Seerose

  • Hallo Seerose,

    .

    Zitat

    Laut "Lehrbuch" Winken soll man ja keine Vorwürfe mache


    du bist aber kein Lehrbuch, du bist ein Mensch und ich finde es gut, dass du mal alles rausgelassen hast, was sich sicher lange aufgestaut hat.
    Das ist nämlich auch ein Merkmal von uns CO`s, immer die verständnisvolle und geduldige Partnerin sein zu wollen. Jedenfalls wollte ich das immer, es sollte ihm ja nicht gehen, wie den vielen Alkoholikern, mit denen ich beruflich zu tun hatte.
    Ich finde es gut, das du für dich die Beratungsstelle aufsuchst. Mir hat es sehr viel geholfen, war ja fast wie Therapie.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Liebe Morgenrot,

    ja, diese Erkenntnis fängt jetzt auch langsam an immer mehr in mir zu reifen. Ich bin ein Mensch mit Gefühlen, Stärken und Schwächen. Und mir fällt jetzt erst auf, wie streng ich eigentlich zu mir selbst bin, mir selbst sehr viel abverlange, gerne alles unter Kontrolle habe, was natürlich kaum möglich ist. Hier spiegelt sich ganz stark die Erziehung meines Vaters wider. So ganz kann mal alte ausgelatschte Schuhe wohl nicht ablegen, aber im Moment stehe ich zu meinen Gefühlen. Ich habe Angst, bin ratlos und teilweise auch stinksauer und ich sehe nicht mehr ein, das zu verstecken.

    Ja, ich glaube auch, dass es die richtige Entscheidung ist, zur Beratungsstelle zu gehen. Ich habe ja nichts zu verlieren, sondern kann nur gewinnen.

    Lieben Gruß
    Seerose

  • Guten Morgen ihr Lieben,

    gestern hatte mein Lebenspartner seinen Termin in der Suchttagesklinik. Vorerst wird er nicht aufgenommen, da bis jetzt wohl noch keine Sucht in dem Sinne vorliegt, jedoch ein Alkoholmissbrauch, der zur Sucht werden kann, wenn hier nicht eine Änderung stattfindet. Er steht sozusagend auf der Schwelle. Der nächste Schritt ist, dass er sich nun in psychologische Behandlung begibt, da bei ihm eine Depression vermutet wird und der Alkohol wohl als Konfliktlöser missbraucht wird. Sollte es nicht möglich sein, dass er es schafft, das Ruder rumzureißen, hat er schon Infomaterialien und Adressen bekommen, wohin er sich im Notfall wenden kann.

    Ich bin natürlich auf der einen Seite ein Stück erleichtert, aber mir ist bewusst, dass das letztendlich gar nichts heißt, das wird nur die Zeit zeigen, in welche Richtung es geht. Froh bin ich, dass er jetzt wirklich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen wird.

    Das ändert aber nichts daran, dass ich nächste Woche trotzdem für mich die Beratungsstelle aufsuchen werde, weil ich ja doch merke, dass sein Alkoholkonsum etwas mit mir macht und ich in irgendwelchen Abhängigkeiten verstrickt bin, die ein Gefühlschaos auslösen, was ich so nicht haben will!!!

    Ich wünsche ein schönes Wochenende.
    Lieben Gruß
    Seerose

  • Liebe Seerose,

    hatte Dir gestern schon einen Post geschrieben, aber heute seh ich, dass der wohl nicht angekommen ist.

    Der Plan Deines Partners hört sich ja vernünftig an, aber es ist sein Plan und er muss ihn durchziehen. Ob er süchtig ist oder nicht, kann er nur selbst sagen. Mein Mann kam auch mit einer ähnlichen Antwort von der Beratungsstelle wie Deiner und für mich brach eine Welt zusammen, ich fühlte mich wieder falsch, weil meine Einschätzung ja nicht bestätigt wurde und ich, die Böse ja immer noch meinte, er trinkt süchtig und ich wollte so nicht weiter mit ihm zusammen leben.

    Ich finde es gut, dass Du den Fokus auf Dich richtest und Dir Hilfe suchst. Er hat doch die selben Möglichkeiten.

    Danke, dass Du mein altes Tb ausgegraben und gelesen hast. Wenn ich so darin lese, sind die Gefühle von damals doch noch sehr präsent in mir.

    Wünsche Dir ein entspanntes Pfingstfest
    LG Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Guten Abend Lütte,

    ich habe den Satz, dass es eben die Aufgabe meines Partners ist, herauszufinden, wo er steht und was er will, etwas auf mich wirken lassen. Das hieße, loszulassen und das fühlt sich irgendwie gut an. Warum zerbreche ich mir eigentlich seinen Kopf? Aber dann frage ich mich auch wieder, kann man sich als Partner emotional wirklich so abgrenzen, wenn einen das Trinkverhalten des Partner schlichtweg stört und man sich auch Sorgen um ihn macht? Schwierig.... Das lasse ich noch ein wenig auf mich wirken.

    Gestern bin ich nach der Arbeit in meinen Schrebergarten gefahren und habe neue Beete angelegt. Ich war so beschäftigt, dass mir erst im Nachgang auffiel, dass ich mal stundenlang schlichtweg an nichts gedacht habe und nicht ständig darüber nachgrübelte, wie es mit uns weitergeht. Es war eine Wohltat.

    Die Info, dass er laut Beratungsstelle noch nicht abhängig ist, hat jetzt nicht großartig etwas mit mir gemacht. Ich habe es schon irgendwo mit einer gewissen Erleichterung hingenommen und für mich gedacht: OK, das hört sich ja nicht so schlecht an, damit könnte er arbeiten, aber was er daraus macht und wie tief er doch drin steckt oder auch nicht, kann ich eh nicht wirklich beurteilen. Die Zeit wird es bringen.

    So, jetzt schaue ich mir ganz entspannt den ESC an. Pflichtprogramm wie in jedem Jahr ;)

    Wünsche Dir auch schöne Pfingsten.
    LG Seerose

  • Hallo Seerose,

    Du schriebst:

    Zitat

    Aber dann frage ich mich auch wieder, kann man sich als Partner emotional wirklich so abgrenzen, wenn einen das Trinkverhalten des Partner schlichtweg stört und man sich auch Sorgen um ihn macht? Schwierig....

    Ich frage mich da eher was ganz anderes :wink:
    Warum sollte ich mich von meinem Lebenspartner denn überhaupt derart abgrenzen müssen?
    Was macht eine Beziehung, in der man sich abgrenzen muss, damit es einem durch das Verhalten des Partners nicht schlecht geht, überhaupt für einen Sinn?
    Für mich macht es gar keinen Sinn.
    Ich möchte keinen Partner, der mich durch sein Verhalten kränkt, mich verletzt und macht, das es mir nicht gut geht.
    Klar, jeder ist auch in einer Beziehung für sein Wohlergehen zuständig.
    Aber ein Partner, der sich so verhält, hat ja doch Einfluss auf mein Wohlbefinden.
    Ich kann mir nicht vorstellen, das man sich derart angrenzen kann, das es einem gar nix mehr ausmacht.
    Das alles hat für mich mit einer einigermaßen gesunden Beziehung rein gar nix mehr zu tun, sorry.
    Ich möchte mich nicht in einer Beziehung abgrenzen müssen, sondern möchte lieber mit meinem Partner zusammenleben.
    Keine symbiotische Beziehung, sowas ist mit total zuwider und das ist auch nichts für mich.
    Aber eine einander zugewandte Beziehung finde ich schon schön.
    Sich abgrenzen ist das Gegenteil :wink:

    Übrigens... das, was die Suchtberatungsstelle sagt, kommt natürlich immer darauf an, was der Hilfesuchende dort von sich gibt.
    Wird jemand dahin gedrängt, wird er vielleicht seinen Alkoholkonsum verharmlosen/verschleiern etc.
    Weil er gar nicht wirklich mit der Sauferei aufhören will? 8)
    Und dann kommt am Ende dabei heraus, das er vielleicht ein "bisschen alkoholgefährdet" ist, mehr aber noch nicht...
    Der Realität muss das aber nicht grade entsprechen. :wink:

    LG Sunshine (Alkoholikerin)

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