Nun habe ich mich angemeldet, nachdem ich soviel hier gelesen habe.
Zuerst schrieb ich im Vorstellungsbereich, jetzt habe ich meine kurze Vorstellung einfach mal hierher kopiert.
Also, ich bin Indian, und ich trinke zuviel!
Mein (fast) tägliches Pensum: Bis zu 1 1/2, manchmal auch fast 2 Flaschen gut gekühlten Weißwein aus der Gascogne.
Ich bin 51, verheiratet. Wir haben keine Kinder. Uns geht es gut.
Mein Alltag beginnt mit Zeichnen, und endet mit Zeichnen. Ich male sehr viel, und habe so ein bisschen mein Hobby zur Profession gemacht. Dann habe ich ein Pferd und bin die meiste Zeit des Tages drausssen, wenn ich nicht male ''
Leider ist diese selbstgewählte Isolation nicht unbedingt freiwillig. Ich leide seit meiner Jugend unter immer wiederkehrenden Depressionen. Rezidivierende depressive Störung nennt man das wohl.
Eine Zeit war`s so schlimm, daß ich es morgens nicht geschafft habe mir die 2. Socke anzuziehen. Saß eine Ewigkeit auf der Bettkante und konnte einfach nicht aufstehen. Seit 10 Jahren nehme ich verschiedene Antidepressiva. Mit meinem jetzigen AD fühle ich mich endlich sehr gut eingestellt.
Der Beginn meiner Abhängigkeit verlief schleichend - wie bei allen Süchten. Im frühen Erwachsenenalter, auf Partys in Clubs etc. kein Problem. Anfangs nur ein Glas, dann zwei, dann drei, dann, dann…….
Ungefähr zeitgleich mit dem Beginn der Einnahme des AD (also seit ca. 10 Jahren) wurde mein Konsum sukzessive höher. Ich kann mir nicht erklären warum. Früher haben mein Mann und ich abends mal 1 Flasche getrunken, vielleicht auch mal eine 2. aufgemacht. Das war`s dann aber auch.
Irgendwie hat sich dann diese Regelmäßigkeit eingeschlichen. Vielleicht kann ich auch sagen, seit man Mann beruflich in einer anderen Stadt arbeitet, habe ich hier abends "freie Bahn". Keiner sagt, jetzt aber mal ins Bett, oder macht um 23h den Fernseher aus.... neee. Ich habe mich zu einem "Night-Hawk" entwickelt. Die Nacht ist meins. Da ist es ruhig, dunkel, still. dann geht die One-Woman-Party hier richtig los. Wie oft bin ich morgens um 3h/4h sturzbetrunken ins Bett gefallen - ist doch egal. Interessiert keinen. Schnell die Promille hochgerechnet wann ich wieder Auto fahren kann. Einigermaßen ausgenüchtert, Erledigungen. Party-Time.
Ich kann schalten und walten wie es mir passt. Kann ins Bett gehen wann ich will. Termine morgens kann man verschieben...ich kann also in aller Ruhe meinen Rausch ausschlafen.
Am WE wenn mein Mann zuhause ist, gehe ich oft viel später als er ins Bett. Mein Mann trinkt abends mal ein Glas oder zwei. Unter der Woche eigentlich nie.
Ich brauche mittlerweile mindestens 3 Gläser zum warm werden. Ich trinke nur Weißwein, immer die gleiche Marke mit höchstens 11% Vol.
Ich habe mehrfach versucht aufzuhören. Einmal habe ich es sogar mal ein paar Monate geschafft. das ist 5 Jahre her. Ich war bei der Suchtberatung, weil ich gelesen habe, daß man das macht. Gebracht hat´s gar nix. Ich war überhaupt nicht aufnahmefähig, und ausserdem wußte ich immer schon im voraus, was der mir erzählt. Ich bin in einer Selbsthilfegruppe gewesen. Immer mal wieder. Die gibt`s jetzt nicht mehr - kommt keiner mehr.
Ich habe fast alles über Suchterkrankungen gelesen. Alkoholismus und Depression. Was war zuerst da, etc., etc. Wieso? Weshalb? Und ja, Gründe gibt es immer. Und immer ist die Kindheit schuld, die Eltern.....gähn.
Seit 6 Jahren gehe ich regelmäßig zur Psychotherapie. Das tut mir gut.
Meine Therapeutin erträgt meine ständigen Schwankungen mit ruhiger Gelassenheit, und jedes mal wenn ich sage: „Seit x Tagen OHNE…..“ schreibt sie etwas auf die Zettel, die auf ihrem Schoß liegen.
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Die letzten Bemühungen zu einer dauerhaften Abstinenz endeten bereits nach spätestens 36 Stunden. Kontrolliertes Trinken - Fehlanzeige. Nur am Wochenende? Da fängt die Woche montags an und endet am Dienstag.
Ich kann nicht nur ein Bisschen trinken und bewundere die Menschen, die den ganzen Abend an einem/zwei Gläsern Wein „rumnuckeln“. Wenn dann auch noch der Satz: „Ein gutes Buch, bei einem schönen Glas Wein“ locker aus den Mündern der selbstbewußten Karriere-Menschen fällt, kann ich nur sagen „Noch ein´ Drink, und ich lieg´ unterm Gastgeber“ (Nicht von mir der Satz, sondern von Dorothy Parker)
Ich und mein Über-Ich sind nun zweifelsfrei der Meinung, daß das SO auf gar keinen Fall weiter gehen kann.
Einige Schicksalsschläge haben mich dieses Jahr erreicht. Mein Vater ist Anfang Juli nach einer kurzen aber schweren Krebserkrankung gestorben. Meine Mutter ist an Demenz erkrankt und lebt in einem Heim. Nicht ganz einfach das alles, da ich auch noch 700km entfernt von ihr lebe. 700km entfernt von meinem Elternhaus, daß ich jetzt verkaufe.
Das sind schon Schicksale, aber noch lange kein Grund sich wiederholt regelmäßig in den Vollrausch zu manövrieren.
Meine Meinung.
Naja, getrunken habe ich ja auch, als der eine noch lebte, und die andere noch bei Verstand war.
Nein, es gibt überhaupt keinen Grund.
Es sind nur Gedanken, die jeden Nachmittag mit „Vorfreude“ auf den Abend, durch mein Hirn strömen. Es sind die verdammten Gedanken die pünktlich ab 17h um`s Haus schleichen. Und immer wieder ruft es von aussen durch die Fenster: „Noch zwei Stunden….“, „Noch eine Stunde“, und DONG: „jetzt darfst Du Dich für Deinen mehr oder weniger ereignislosen Tag belohnen.“
Nein, ich langweile mich nicht, ich bin manchmal einfach nur leer.
Nein, ich bin nicht unglücklich, ich bin manchmal einfach nur so…. gar nicht.
Heute ist Tag 3 ohne Wein
Gruß
Indian