Martin
Danke für die Freischaltung
Hallo Zusammen.
Ich bin neu hier und möchte gerne Austausch haben mit Co-Alkholikern.
Ich bin 51 Jahre, glücklich verheiratet, kinderlos. Ich bin nicht alkoholabhängig. Seit einigen Monaten kreisen meine Gedanken vermehrt um meine Mutter. Ich habe Schuldgefühle. Ich bin traurig. Ich drehe mich im Kreis.
Ich merke wie schwer es mir fällt darüber zu schreiben, meine Gedanken zu sammeln, aber ich hoffe es gelingt mir ein wenig.
Meine Eltern sind tot. Mein Vater verstarb 1998 mit 57 Jahren und meine Mutter 2000 mit 54 Jahren.
Meine Mutter ist letzten Endes durch ihre Alkoholkrankheit umgekommen. Sie wurde tot in ihrer Wohnung gefunden mit einer Glasscherbe im Kopf. Alles deutete darauf hin, dass sie betrunken gestürzt sein muss...
Sie hat ca. 1 Woche so dagelegen, mittlerweile frage ich mich nicht mehr, was ich während dieser Zeit alles gemacht habe...zu schmerzhaft und sinnlos. Aber lange habe ich mich deswegen sehr schlecht gefühlt.
Mama war stark Tabletten und Alkoholabhängig. Wenn ich aus der Schule kam hatte sie oft eine Fahne und das Weinglas stand rum. Aber betrunken war sie um diese Tageszeit noch nicht. Meist drückte sie mir sofort einen Einkaufszettel in die Hand und ich konnte gleich einkaufen. Auch Alkohol... Ich weiß nicht wann meine Mutter zur Alkoholikerin wurde, aber bewusst mit und abbekommen habe ich es zwischen 11-13 Jahren. Manches liegt für mich zeitlich im Nebel...Sie hat mich so viel angeschrien, versucht einzusperren, mich aufs schlimmste beleidigt. Ich wußte nie wo ich bei ihr dran war. Zuckerbrot und Peitsche.
Es gab zum Beispiel im Alter von 13?14?eine Situation, wo sie meinen 3 Jahre jüngeren Bruder bat mich auf dem Stuhl festzuhalten ( weil ich versuchte aufzustehen)), während sie wahllos meine Haare kürzte. Einfach weil sie meine langen Haare nicht mehr mochte.
Als ich 15 war schnitt sie sich in der Badewanne beide Arme auf. Mein Bruder und ich fanden sie Nachts. Ich habe ihr die Arme abgebunden und den Notarzt gerufen, während mein Bruder heulte und mein Vater fassungslos daneben stand. Ich war sauer auf sie , aber das hat Niemanden interessiert. Im Gegenteil. Ich sollte jetzt besonders lieb sein.
Als ich meinen ersten festen Freund, mit 14/15 hatte, beschimpfte sie mich als Flittchen und Schlimmeres. Bis zu meinem 18 Jahr durfte ich mich nur von 16-19 h mit Anderen treffen. Und wehe ich kam zu spät. Freunde bei uns waren nicht erwünscht. In all den Jugendjahren hatte ich vielleicht eine Handvoll Freunde zu Besuch.
Meine Eltern stritten sich sehr oft, viel und laut. Manchmal holte mich meine Mutter aus dem Bett, damit ich entscheiden sollte, wer von Beiden recht hat. Ich tat gut dran, mich für meine Mutter zu entscheiden, denn schließlich musste ich den Tag mit ihr verbringen und sie ließ es mich spüren, wenn ich nicht Ihrer Meinung war.
Ich denke, auch mein Vater war Alkoholiker. Bei ihm war es nur so, dass er 5 Tage die Woche arbeitete und sich dann seine 3 Feierabendbierchen trank. Er blieb immer friedlich. An den Wochenenden kamen dann aber durchaus mehr Bier und schon mal Schnaps hinzu. Nur hat er mich nie so verletzt und gedemütigt und blieb immer noch friedlich. Manchmal kam er zu mir um mich zu trösten, von wegen deine Mutter meint es nicht so. Aber geholfen hat er mir leider nicht.Er war immer passiv.
Meine Eltern , besonders mein Vater, wollten dass ich Abi mache und studiere. Aber wenn ich dann gute Noten hatte, oder als ich mich einschrieb, kam nie ein Lob. Auf die Zeugnisse als ich älter war, wurde kaum noch ein Blick geworfen. Das Studium habe ich nach einem halben Jahr abgebrochen. Mit 27 habe ich dann noch eine Ausbildung gemacht, aber nur wenige Jahre darin gearbeitet. Überhaupt habe ich immer nur ein paar Jahre hier und dort gearbeitet. Ich bin schnell gelangweilt, fühle mich schnell unterfordert. Aber vielleicht habe ich nur nie den Job gefunden, der zu mir passt. Meine Eltern haben mich nicht gefördert, eher meine Fähigkeiten belächelt und mir ihre Vorstellungen aufgedrückt. Oder mich als dumm beschimpft.
Mit 19 bin ich ausgezogen und es ging anfangs besser, denn jetzt sahen wir uns nur noch an den Wochenenden und da freuten sie sich dann sogar mich zu sehen und nach 3-4 Stunden war ich wieder weg.
Später dann, als mein Vater in ein Heim musste und meine Mutter alleine war, ging der Terror wieder los. Leider gab es zu der Zeit schon die ABs und sie hat mich so viele Male darauf übelst beschimpft . Einfach nur, weil ich nicht da war. Ich hatte mit 32 einmal Nachts über 40 Fieber. Später stellte sich heraus, dass ich eine Lungenentzündung hatte. Jedenfalls rief ich nach der Nacht meine Mutter an, wir waren Nachmittags verabredet, um abzusagen. Sie wäre am liebsten durch den Hörer gekrochen, so wütend war sie. Sie beschimpfte mich wieder einmal. Ich würde das mit Absicht machen und dass sie mir wohl egal wäre.
Ach ich könnte noch so viele Dinge erzählen... doch eigentlich möchte ich so gerne einfach mal abschließen. Nichts mehr dazu erzählen. Meine Ruhe haben.
Mein Mann kennt meine Erfahrungen mit meinen Eltern und sagt gerne, dass ich heute ein erwachsener Mensch bin und mein Leben selber in der Hand habe, es selber lenken kann und es keinen Sinn macht zu sagen, ich bin so, weil meine Eltern so zu mir waren. Ich verstehe ihn auch, aber leider kann ich meine Vergangenheit nicht einfach so abstreifen. Ich habe es versucht. Ich habe selber keine Lust mehr auf Selbstmitleid oder was es auch ist, was mich so ausbremst. Ich würde mich sooo freuen, wenn ihr konkrete Ratschläge oder Ideenfür mich hättet.
Was ich zu allererst gerne lernen möchte:
-Kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, meine Mutter auf Millenium alleine gelassen zu haben. 1,5 Monate später starb sie ja.
Ich würde gerne, insbesondere wenn ich an meine Mutter denke, nicht immer erst die schmerzhaften Gefühle und schlechte Gedanken haben, sondern Gute.
Wie anfangs erwähnt. Es gab für mich Zuckerbrot und Peitsche. Letzteres leider öfter, aber dennoch gab es auch schöne Momente. Ich habe von meiner Mutter die Kreativität und den Respekt gegenüber der Natur gelernt.
Um mein Bild zu vervollständigen möchte ich noch sagen, dass ich bis zu meinem 14/15 Lebensjahr an den Wochenenden fast immer, unter der Woche gelegentlich bei meiner Oma war. Sie hat mich geliebt, verwöhnt, war stabil, mein Rettungsanker
Ich hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen. Fragt ruhig, wenn etwas unklar ist.
Liebe Grüße