Hallo allerseits,
ich bin neu und möchte mich zunächst bei allen bedanken, die hier im offenen Bereich schreiben. Ich habe in den letzten Tagen bei dem Lesen der einzelnen Beiträge - egal ob von den LZT oder denjenigen, die wie ich erst seit kurzer Zeit nüchtern sind, sehr viel gelernt und häufig gedacht: Ja, genauso geht/ging es mir auch
Ich bin seit knapp 4 Wochen nüchtern und in der anfänglich angestrebten Trinkpause ist die Erkenntnis gekommen, dass ich Alkoholikerin bin.
Mir ist ein Licht aufgegangen = MieLa
Ich habe 27 Jahren regelmäßig Alkohol getrunken, eigentlich täglich und über viele Jahre jeden Abend eine 3/4 - 1 Flasche Rotwein. Ich habe nur abends getrunken und die Menge hing davon ab, wieviel Zeit vom ersten Schluck bis zum Schlafen verging. Es konnte also durchaus auch mal mehr sein.
Ich war eine gut funktionierende Trinkerin. Ich habe nie die Kontrolle verloren, mich nie daneben benommen, bin nicht getorkelt oder geschwankt, habe mich nie alkoholbedingt übergeben und habe selten einen "richtigen" Kater gehabt. Nebenbei habe ich beruflich viel Erfolg gehabt.
(Und während ich dieses schreibe, wird mir klar, dass ich gar nicht recht weiß, in welcher Zeitform ich dies schreiben soll: Vergangenheit? Gegenwart? Hm ...?) Da ich mich ganz am Anfang befinde, bin ich vermutlich eine gut funktionierende Trinkerin.
Auch wenn mir schon vor 20 Jahren irgendwie schwante, dass ich nicht ganz einfach nicht trinken kann, habe ich mir immer eingeredet, dass ich nicht abhängig bin. Eher eine gut trainierte Trinkerin als eine Alkoholikerin. Denn die Alkoholiker, das sind ja die, die die Kontrolle verlieren, die stationär entziehen oder auf der Intensivstation landen. Wie leicht fiel es mir, mir das Interview mit Jenny Elvers nach ihrem Therapieaufenthalt anzusehen und zu denken: Ach guck mal, da sind aber deutliche Unterschiede. So bist du ja gar nicht
Wie schreibt Daniel Schreiber in seinem Buch? "Akoholismus ist eine Krankheit, die dir einredet, dass du sie nicht hast" Wie wahr!
Auf der ganz sicheren Seite wähnte ich mich, als mir ohne Mühen eine Trinkpause von 4 Monaten gelang. Kein Trinkdruck, es ging mir bestens. Also hatte ich ja alles unter Kontrolle! Seither fielen mir derartige Pausen aber immer schwerer, die Trinkmenge erhöhte sich, der Schlaf war konstant schlecht. Ich fühlte mich nicht mehr richtig leistungsfähig und als dann von meiner Rentenversicherung die Nachfrage kam, ob der Beitrag erhöht werden soll, dachte ich: Na, wenn ich so trinke, habe ich nicht viel von der Rente.
Trotzdem nur der Gedanke: Mal wieder eine Pause machen und dann wieder das "gepflegte" Glas Rotwein (bzw. die Flasche) am Abend.
Als das in Aussicht genommene Datum nahte (01.01.), wurde mir schon unwohl. Und dann erlebte ich, dass ich nicht mehr einfach ohne Symptome nicht trinken kann. Das erste Mal habe ich körperlich die Nichtzufuhr von Alkohol gemerkt. Schlimme Konzentrationsschwierigkeiten und Erschöpfung (heute weiß ich, dass es schlimmer hätte kommen können).
Seither setze ich mich täglich damit auseinander und bin froh, diese SHG gefunden zu haben!
In anderen Threads ist öfter die Rede von "Euphorie" gewesen. Das Gefühl kenne ich auch. Allerdings aus früheren Trinkpausen, als ich dem Irrtum aufsaß, es unter Kontrolle zu haben.
Jetzt ist mein vorherrschendes Gefühl eher vorsichtige Zuversicht. Ich habe jetzt realisiert, dass ich krank bin und dass das Trockenwerden und -bleiben Arbeit ist. Einfach nicht trinken, ist nicht genug.
Wenn ich kein Verlangen nach Alk habe, bin ich zuversichtlicher als in den Momenten des Sehnens.
... wird fortgesetzt ...
Viele Grüße,
MieLa