Endlich wieder frei sein

  • Hallo!
    Ich bin neu hier. Ich bin 42 Jahre alt, Mama von 2 Kindern (2 & 6) und ich trinke. Das heißt jetzt bin ich das erste mal seit 2 Wochen trocken, nach einem Kaltentzug. Ich erhoffe mir hier Austausch, vielleicht sogar mit anderen Müttern. Ich habe mein Leben perfekt im Griff, haha. Bin Akademikerin, arbeite 20-25h die Woche, bin sportlich, habe eine tolle Wohnung, tollen Mann, der leider zu häufig unterwegs ist. Alles perfekt. Es scheint zumindest nach außen hin. Ich bin die, die immer alles locker und leicht wuppt. Alle Arzttermine für die Kinder, backen kochen, waschen, auf die Figur achten. Ich hatte Wochen da habe eine Flasche Wodka am Tag geschafft. Seit dem ich 13 bin habe ich außerdem Bulimie... Seit Januar habe ich eine Therapeutin. In eine AA kann ich nicht gehen. Wann soll ich das denn auch noch zeitlich unterbringen? Mein Ziel ist es hier her zu kommen, wenn der Druck wieder zu groß wird. Vielleicht sogar jm. kennen zulernen mit dem mal eine Not sms schreiben kann. Mein Mann weiß mittlerweile von dem Problem. Aber außer zu sagen: hör damit auf ist er keine Hilfe. Er ist überfordert. Ja, witzig, ich vielleicht nicht. Dafür habe ich eine ganz tolle Therapeutin gefunden ,zu der ich großes Vertrauen habe...
    Ich verstehe auch gar nicht wie ich da rein rutschen konnte. Ich den Schwangerschaften habe ich nie getrunken und das geschafft. Mein Vater war Alkoholiker und ich habe nichts daraus gelernt. Ich muss das schaffen! Für meine Kinder, für mich, meine Familie!
    Was tut ihr um euch abzuhalten? Wenn der Druck so groß wird? Danke!
    Lieben GRuß
    Mirella

  • Hallo Mirella,
    herzlich willkommen!
    Ich find mich wieder in einigem, was du schreibst. Gerade habe ich nicht viel Zeit, aber ich schreib dir in den nächsten Tagen bestimmt länger. Bleib dran. Mir hilft bei dieser inneren Unruhe auch heute noch: innehalten, großes Glas Wasser trinken!

    Gruß und einen guten Austausch hier!
    Thalia
    Mutter und trockene Alkoholikerin

  • Hallo nochmal Mirella,

    wie gehts dir?

    Für mich war vor einigen Jahren, als ich aufhören wollte zu trinken, die einzige Möglichkeit, alles in meinem Leben auf den Prüfstand zu stellen, nichts von vornherein auszuschließen.

    Warst du schon bei einer Suchtberatung?

    Kennt sich deine Therapeutin auch mit Alkoholsucht aus?

    Meine Erfahrung ist, dass sich viel ändert, wenn der süchtig Trinkende (Ich oder du) aufhört. Das „System“ (in der Familie zum Beispiel) wird sich ändern, denn das bisherige System basierte ja auf der Alkoholsucht.

    Du bist diejenige, die diese Veränderung in Gange setzt. Das ist schwierig. Gut, dass du dir hier (und vielleicht auch noch anderswo) Unterstützung holst!

    Alles Gute!
    Gruß, Thalia

  • Hallo Thalia,

    vielen Dank für Deine nette Nachricht! Was hat sich denn bei dir im "System" durchs Aufhören geändert? Hast Du noch mehr Tipps? Du schreibst, innehalten und ein Glas Wasser trinken... Diese innere Unruhe macht mir derzeit am meisten zu schaffen. Und klar, mit zwei kleinen Kindern zu Hause ist halt auch immer viel los. Mein Mann ist entweder geschäftlich unterwegs oder er ist einfach nur da und glänzt durch Anwesenheit, eine Hilfe ist er leider selten. Eher Kategorie drittes Kind.
    Wie lange bist Du schon trocken?
    LG Mirella

  • Liebe Mirella,
    ich schreibe Dir nochmal ausführlich, aber schon einmal vorweg: Ich habe immer den Gedanken zu Ende gedacht. Wenn ich jetzt etwas trinke, wie geht es dann weiter. Ich glaube, ich habe es ausführlich auch hier in meinem Tagebuch im offenen Bereich geschrieben. Ich kenne es auch, mit Kindern im Haus, wir beide sind ungefähr ein Alter :) Vielleicht liest Du mal rein, wenn Du es schaffst. Kann ja sein, dass Du Dich in manchen Sachen wieder findest.
    Ich wollte Dir einmal einen lieben Gruß da lassen! Das Wort FREI begleitet mich jeden Tag, seit dem ich nichts mehr trinke! Darüber bin ich gestolpert :)

  • Hallo Mirella & Willkommen im Forum! :D

    Tja, wie konntest du da rein rutschen? "Mit 13 Bulimie" ist ja schon ein Hinweis.
    Aber was sagt denn deine Therapeutin?

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Hallo!
    Wie konnte ich da rein rutschen? Tja, das versuche ich wohl gerade mit meiner Therapeutin herauszufinden. Ist eine 13jährige dafür verantwortlich? Warum flüchtet man sich in Bulimie? Irgendwie ist scheinbar alles was ich anfange immer exzessiv. Das mit der Bulimie ist sicherlich unschön, aber erst der Alkohol hat mich dann wirklich kaputt gemacht und verändert.
    Vom Kopf her ist das doch alles so klar, was ich damt kaputt mache, trotzdem fällt es mir so schwer zu wieder stehen. Warum nur, verdammt? Ich habe hier einiges gelesen, auch von Cadda...Und alle haben so recht, wie schön es eigentlich ist ohne Alkohol und trotzdem muss ich ständig dran denken.
    Alkohol zerstört mich ,meine Familie, Freundschaften, Vertrauensverhältnisse, es kostet Unmengen Geld, ich schäme mich, ich muss es verstecken/ umfüllen, ich gehe in unterschiedliche Supermärkte damit mich die eine nette Kassiererin nicht schräg anschaut. Und trotzdem fällt es so schwer!
    @ Cadda: Ich komme in den Bereich von Tagebuch gar nicht rein, oder? Schickst Du mal bitte den Link? Wie lange bist Du trocken? Und deine Kinder, wie alt sind sie? Haben Außenstehende dein Problem gemerkt oder kam der Wunsch Aufzuhören nur von Dir?
    Ständig wird überall getrunken die ganzen Sommerfeste auf denen ich bin, Alkohol ist überall verfügbar. Es ist so fremd im Supermarkt einen Bogen drum herum zu machen. Ich fühle mich so allein, ich meine jetzt nicht im Form, sondern in der realen Welt. Ich hätte gerne eine Freundin/ Bekannte die ich einfach anrufen könnte, wenn es mir nicht gut geht. Aber ich glaube es ist ziemlich einsam um mich geworden. Ach Mist, das alles. Ich schreibe jetzt mal nicht weiter, bin so mies drauf. Vielleicht hilft da mal ein Blick in den Himmel/ Sonnenschein.
    Ich wünsche Euch einen schönen Tag!

  • Hallo Mirella,
    mein Thema hier im offenen Bereich heißt "Hintertürchen geschlossen. Auf geht's nach vorne,...". Ich habe da Einiges geschrieben. Dann habe ich noch ein Tagebuch im geschlossenen Bereich, das kannst Du nur sehen, wenn Du Mitglied bist. Dort habe ich etwas offener geschrieben, über mich selbst, weil dort halt nicht jeder mitlesen kann, so wie hier. Man zahlt hierfür einen Beitrag (ich sehe es so, dass es ein minimaler Teil des Geldes ist, das ich jetzt spare, indem ich keinen Alkohol mehr trinke :) ) und ist dort nur unter Betroffenen, die das ebenfalls tun. Hierfür muss man sich an Karsten wenden, mit dem dann alles weitere zu klären wäre, wenn dieses gewünscht ist. Wie gesagt habe ich aber auch hier im offenen Bereich ein Tagebuch. Wollte es nur mal berichten, wie das läuft, weil Du mich um den link gebeten hattest.

    Meine Kinder sind 11 und fast 10. Ja, sie haben es definitiv mitbekommen und sehr darunter gelitten. Nach außen hin war noch so einigermaßen alles ok. Ich bin zumindest arbeiten gegangen, habe meinen Haushalt super in Schuss und habe mich - zumindest grundsätzlich - um alles gekümmert. Wenn ich getrunken habe, dann allerdings bis zum Kontrollverlust und ich habe auch oftmals morgens direkt weiter gemacht, weil es mir unglaublich peinlich war, vor anderen und vor mir selbst. Meine engsten Leute haben mich angesprochen, sie haben sich Sorgen gemacht. Die Leute um mich herum haben das schon mitbekommen, ja. Aber alle, die mir jetzt nicht so wahnsinnig nahe standen, haben das eher so ausgelegt, als ob ich halt einfach beim Party machen über die Stränge schlage. Das am Ende aber auch so oft und ausgiebig. Arbeitgeber hat aber beispielsweise nichts mitbekommen. Wenn ich nicht arbeiten konnte, hatte ich eine Ausrede. Vor mir selbst habe ich das alles lange Zeit schön geredet. Irgendwann nicht mehr. Ich wusste schon seit Jahren, dass ich Alkoholikerin bin und irgendwann aufhören werde, zu trinken. Ich wusste nur noch nicht, wann.
    Nun ist es fast ein Jahr her, als ich meinen Entschluss gefasst habe und es kommt mir viel kürzer vor.

    Glaub mir, Mirella. Ich hab es auch so oft vermisst, trinken zu können. Dieses Gefühl beim ersten Glas. Ich hab gedacht, das hört nicht auf. Tut es auch nicht, aber die Situationen werden viel, viel, viel weniger und seltener. Du schaffst das und es wird von Zeit zu Zeit besser werden. Bleib am Ball! Es lohnt sich so sehr und ich möchte um nichts in der Welt mehr tauschen mit jemanden, der Alkohol trinken kann. Meine Kinder sind darüber wohl die glücklichsten Menschen, gemeinsam mit mir zusammen.

  • Wow Cadda!
    Ic hatte jetzt etwas Zeit in Deinen Zeilen zu stöbern! Das ist ja der Wahnsinn, es gibt so viele Parallelen! Job, Beziehung, Kinder. Ich bin nicht getrennt, frage mich aber selbst ob es darauf hinaus laufen wird und ob es mir dann nicht besser gehen würde. Naja, das ist ein anderes Thema.
    Mir geht es wie Dir! Ich liebe es leckeren Wein zu trinken, die schönen Momente/ Situationen zu genießen, aber ich kann halt auch nicht aufhören und belüge mich dann ja nur selbst... In mir steckt zurzeit so viel Traurigkeit, ich fühle mich so einsam und allein...

  • Liebe Mirella,

    es ging mir auch so. Ich fühlte mich allein und das, obwohl ich Freunde und Familie um mich herum hatte. Dennoch war ich anders als sie. Ich trank und sie nicht. Ich habe mich damit selbst ins Abseits gedrängt. Sie haben nicht so gelebt, wie ich. Ich konnte nicht mehr „mithalten“, mit dem „normalen“ Leben.
    Jetzt, wo ich nicht mehr trinke... jetzt fühle ich mich wieder zugehörig.

    Meinen Kindern gegenüber fühle ich mich nicht mehr so schlecht. Ich kann das Leben wieder genießen. Diese ganzen schönen Momente, dieses sich FREI fühlen. Dafür lasse ich gern das kurze, gute Gefühl des ersten Glases weg und gebieße anstatt ne halbe Std am Abend lieber mein Leben.

  • Hallo Mirella,

    von mir noch ein herzliches Willkommen bei uns im Forum! Schön, dass Du den Absprung geschafft hast!

    Weisst Du, der vermeintliche, leckere Wein, der ist doch im Grunde nur der Auftakt für weitere, schlimme
    Stunden. Vor allem die, die dann am nächsten Tag vor einem liegen!

    Es ist ein Trugschluss, dass man sich nur mit Alkohol etwas Gutes tut! Es gibt soviel andere Dinge, die einem
    gut tun, viel besser tun!

    Für den einen ist es ein leckerer Cappuccino, ein Kaffee, ein tolles Eis, oder auch ein schöner Spaziergang
    an der frischen Luft, aktiv verbrachte Zeit mit der Familie...

    Von der vielen Zeit, die übrig bleibt, die man nicht mehr versäuft (sorry) hat man doch viel mehr!

    Erst wenn man das begreift, dann geht es Stück für Stück bergauf! Mit der geballten Faust in der Tasche
    ist keine zufriedene Trockenheit möglich!

    Die Traurigkeit, die Du empfindest verschwindet nach und nach. Dein Inneres muss erstmal lernen wieder
    die Höhen und Tiefen des normalen Alltages zu verarbeiten. Und das ganz ohne Betäubung! Aber das wird
    besser, ganz sicher!

    LG und bleib weiterhin so stark, es lohnt sich!

    Elly

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Mirella,

    wie gehts dir inzwischen?

    Du fragst, was sich bei mir am „System“ geändert hat.
    Bei mir wars insofern ein wenig anders, als ich erst aufhören konnte (Ende 2013), als mein Mann und ich uns getrennt haben. Und seither ändere ich mich immer weiter (so wie alle), nehme das auch bewusst wahr, und meine Beziehungen zu Menschen verändern sich dadurch mit.

    Es ist also aus meiner Erfahrung nicht möglich, dass alles beim Alten bleibt, nur dass der Alkoholiker keine „Probleme mehr macht“, weil er nicht mehr trinkt.
    Mitunter hat das Trinken eine zentrale Funktion im ganzen Gefüge, und das Gefüge fällt zusammen, wenn der Alkohol wegfällt. Das Schöne: dann kann neu aufgebaut werden, und mit Glück (und Geduld) wesentlich gesünder und haltbarer. Aber das liegt nicht nur an mir als (nunmehr trockenen) Alkoholikerin, da müssen die anderen Beteiligten sich fragen und für sich entscheiden, ob sie daran Anteil haben wollen/können oder nicht.

    Da du nach anderen „Tipps“ fragst - Hast du dir zusätzlich zum Forum noch andere Hilfe geholt?

    Gruß
    Thalia

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