Hallo,
ich bin Toivo aus dem Ruhrpott. 42 Jahre alt. Ich war über 10 Jahre schwer Heroinabhängig, mittlerweile bin ich seit fast 15 Jahren vom Heroin weg und seit 6 Jahren komplett clean.
Mein Leben läuft in total normalen Bahnen und ich habe mit dem damaligen Umfeld auch gar nichts mehr zu tun.
Mein Freundeskreis und meine Partnerschaft wissen von meiner Vergangenheit, haben aber selber gar keine Berührungspunkte zu Drogen.
In meiner Drogen und Obdachlosen-Zeit hatte ich nur 3 mal Kontakt zu meiner Schwester.
Man muss dazu sagen, meine Schwester ist meine einzige und wichtigste leibliche Verwandte und wir haben als Säuglinge/Kinder eine sehr schwere Zeit zusammen durch gestanden. Unsere Eltern waren beide Süchtig und wir wurden ihnen weggenommen. Was für uns aber nicht besser war.
Mit meinem Abtauchen in meiner Jugend wollte ich meiner Schwester ersparen viel von meiner Sucht mitzuerleben. Ob das so gut war, keine Ahnung. So das nur kurz zu mir.
Jetzt haben wir seit mehren Jahren wieder Kontakt der mit der Zeit auch wieder sehr innig und intensiv wurde. Mir fiel relativ schnell der Alkoholkonsum auf, der bei ihnen an der Tagesordnung ist. Auch in ihrem ganzen Umfeld.
Ich habe in Sachen Alkoholkonsum in Deutschland allerdings auch eine krasse Meinung, wird mir immer gesagt. Ich selber bin was Alkohol angeht sehr vorsichtig.
Es gibt immer wieder Monate, mal 3, mal 6+, wo ich mir selber eine Alkoholpause auferlege um zu gucken, ob mich Abstinenz stört. Das würde für mich zur Folge haben, das ich den Rest meines Lebens keinen mehr trinken würde. Fände ich auch nicht schlimm. Trinke eh nur 2,3 Mal im Jahr kleine Mengen.
Unsere Mutter, die auch Drogenabhängig war und clean wurde, ist zum Schluss an Leberzierrose gestorben durch Suchtverlagerung zum Alkohol. Ganz viele, leider der überwiegende Teil von Substituierten wird zum Alkoholiker. Darum habe ich immer wieder mein Trinkverhalten hinterfragt und bin dort sehr achtsam mit mir.
Am Wochenende war dann nicht mehr zu übersehen, das meine Schwester Alkoholikerin ist. Sie sagt, sie trinkt zur Entspannung. Oder wenn sie schlecht drauf ist. Na ja ich habe Heroin auch nur zur Entspannung genommen
Man würde wohl sagen, sie hatte am Wochenende einen kompletten Absturz!!
Die letzten Tage waren für mich sehr schwer, weil ich mit dem Aussprechen der Tatsache es irgendwie auch real gemacht habe. Mir ist aber sehr schnell klar geworden, ich kann meiner Schwester nicht helfen. Außer sie möchte es. Sie kann sich nur selber helfen und sich professionelle Hilfe suchen. Worin ich sie natürlich unterstützen würde.
Da ihr Mann aber schon seit 20 Jahren Alkoholiker ist und sie sich niemals trennen würde, sehe ich da wenig Hoffnung. Auch das ganze Umfeld ist dem Trinken doch sehr zugetan.
Ich selber kann erst mal nur mich schützen. Mich selber stabil halten und mir als Angehöriger Hilfe suchen.
Das habe ich auch sofort gemacht.
Die alte Suchtberatung habe ich nach einem Telefonat gefragt und ich suche mir, sobald die Situation es zulässt, eine Selbsthilfegruppe um zu schauen, ob mir das hilft.
Da wird es heute auch noch ein Telefonat geben, was mir echt schwerer fällt als gedacht. Mittlerweile habe ich aber Angerufen und warte auf Rückruf.
Übernächste Woche sehe ich meine Schwester alleine. Darum habe ich sie gebeten.
Nur was dann?
Mir ist klar das alles was sie dann sagt, ein paar Tage später eh nicht mehr gilt. Das gab es bei anderen Themen jetzt schon paar Mal. Sie hat auch mit schweren Depressionen zu kämpfen.
Ich möchte ihr aber sagen, dass ich weiß, dass sie ein Alkoholproblem hat. Dass wenn sie mich betrunken anruft, ich auflege.
Das Thema hatte ich mit meiner Mutter durch. Und das ich keinen Alkohol mittrinken werde. Weil am beim letzten Treffen sollte ich eigentlich nur das, als ich das nicht tat kam von allen Seiten, ich solle mich nicht so anstellen.
Das mit dem Anrufen ist eher Schutz für mich, das hat mich damals sehr belastet. Nein, ich bin absolut nicht rückfallgefährdet aber ich möchte mich trotzdem ganz klar abgrenzen.
Denn Kontakt zu meiner Schwester werde ich nicht abbrechen. Aber ich werde auch nicht daneben sitzen, wenn sie sich besäuft.
Ob das der richtige Weg ist keine Ahnung. Trotz langer Suchtgeschichte habe ich keinen Plan.
Ich habe auch irgendwie keine gezielte Frage an euch.
Obwohl doch, mache ich es richtig? Was soll ich beim nächsten Treffen tun oder eher nicht tun?
Wohin kann ich mich als Angehörige vielleicht noch wenden. Was hilft einem als Angehöriger.
Danke fürs Lesen. LG Toivo