schleichenden Rückfall

  • Hallo in die Runde,
    Mein Lebensgefährte ist ganz langsam wieder rückfällig geworden ( 12 Jahre trocken). Zuerst war es ein Bier im Urlaub, das war vor ca 3 Jahren ...danach mal Monate später, er hat sich wirklich nicht betrunken und es lagen immer Monate dazwischen, dennoch hat es mich immer wieder geschockt und beunruhigt...er meint, wir sollen ihm Vertrauen, so wie früher wird es nie mehr werden ( wir haben harte Zeiten hinter uns) . Ich habe ihn nie im Stich gelassen, bin damals nur aus der gemeinsamen Wohnung gezogen um unseren Sohn ein normales Leben geben zu können...dann hat mein Lebensgefährte eine Therapie gemacht , wieder Arbeit gefunden, seine mittlerweile geschädigte Leber war auch wieder regeneriert nach einer Interferon Therapie .
    Jetzt im März ist seine Mutter verstorben, so 3 Wochen später wollte er sich " mal wieder einen trinken " ganz bewusst. Gesagt getan, es führte zur Unruhe...dann wieder 3 Wochen später und da bin ich ausgeflippt, habe die Nerven verloren, bekam eine Panikattacke und habe ihn beschimpft. Er meinte, ich will ihm alles verbieten....dann kam der richtige knall. Er sagte mir dann kurz vor meinem 50 Geburtstag, das er nichts mehr für mich empfindet, nach 26 Jahren reist es mir den Boden unter den Füßen weg. Voher hatten wir kein Streit und davon habe ich nichts gemerkt...dann meinte er wieder, das hat er aus Wut gesagt und wollte mit mir Urlaub machen. Wir waren an der Nordsee und alles war wie früher...er hat in dieser Urlaubswoche sogar dreimal getrunken und ich habe es geduldet und kein Streß deswegen gemacht, ändern kann ich es sowieso nicht. Komischerweise ist das Trinken jetzt kein Thema mehr , es wird darüber geschwiegen. Nachdem er von Trennung gesprochen hat, stand der Alkohol im Hintergrund und somit hat er seine Ruhe was das angeht. Eigentlich leide ich wie ein Tier , bemühe mich sehr um unsere Beziehung, da ich in der letzten Zeit auch meine Fehler hatte...aber das hat alles mit unserer Vergangenheit zu tun und dem Rückfall. Bin verzweifelt und möchte ihn nicht verlieren.
    L. G Mel

  • Hallo Mel,

    es tut mir total leid, wenn ich das lese. Aber Du hast alles super erkannt. Durch seine geäußerten Zweifel ist das Alkoholthema ganz geschickt in den Hintergrund gerutscht. Er hat Dich quasi mundtot gemacht. Durch Deine Angst, ihn zu verlieren, tolerierst Du den Alkohol.

    So wie Du das beschreibst, ist es ja noch einigermaßen im Rahmen. Das wird sicherlich nicht so bleiben. Ich habe noch nie gehört, dass ein rückfälliger Alkoholiker dauerhaft kontrolliert trinken kann. Wie gesagt, noch nie! Ich habe in der Selbsthilfegruppe einige Berichte gehört, dass es zunächst, wie bei Deinem Mann klappte. Alles eine Frage der Zeit...

    Ich schätze, Du wirst wohl oder übel aus dieser Geschichte aussteigen müssen, wenn Du nicht so unglücklich wie früher werden möchtest. Und lass Dich nicht erpressen, das ist verkehrte Welt. Nicht er sollte an der Beziehung zweifeln, sondern Du. Mit erpressen meine ich, dass es zur Zeit so abläuft (aus seiner Sicht):
    „Ich will trinken dürfen. Damit Du mir das nicht vermiest, habe ich eh Zweifel an der Beziehung. Also nehme es so hin oder ich muss mich wegen fehlender Gefühle trennen“. Thema Alkohol wie gesagt ganz geschickt in den Hintergrund geschubst.

    Steh zu Dir selbst. Sag das, was Dich bewegt. Lass Dich nicht zum Schweigen bringen. Vielleicht bringt es Dich letztendlich nach vorne und er besinnt sich, wenn es ernst wird. Und falls nicht, bist Du ohne ihn eh besser dran. Oder willst Du alles von damals nochmal durchleben? Denn dazu wird es früher oder später kommen. Denn wie gesagt: Alkoholiker können niemals kontrolliert trinken, auch nicht nach Jahre langer Abstinenz. Es funktioniert nicht.

  • Hallo Cadda,danke für Deine erhlichen Worte. .denn , das mit seinem Gefühlen war neu für mich..vor diesem Desaster hat er mich angeblich noch geliebt, es sei denn es war gelogen. Dafür ist er aber kein Typ...ich sehe mich als Gegner für seinen Alkohol, habe sehr überreagiert, war fassungslos und hilflos und unser Sohn genauso. Ich nehme es jetzt so hin , wie es ist . Sonst wird es wieder schlimmer..wie blöd, das ich ihn ren liebe .Jedenfalls sehe ich es auch so, geschickt umgelengt...aber vielleicht stimmt es ja auch , das wr nichts mehr für mich empfindet. Aber es war mir neu ...wir sind natürlich eine lange Zeit zu kurz gekommen, seine Mutter stand ständig auf der Kippe , wir waren gestresst und ständig voller Sorge...nach ihrem Tod im März ging alles bergab und das Trinken kam vermehrt auf

  • Hallo Mel,

    Du hast nicht überreagiert. Es ist völlig verständlich, verzweifelt und sogar wütend zu reagieren, wie Du oder Dein Sohn, wenn ein abstinent lebender Alkoholiker wieder trinkt. Es ist eher unnatürlich, es so hinzunehmen, wie jetzt, wo Du Angst vor einer Trennung hast, weil er den Spieß ja so schön umgedreht hat. Er hat so den Freifahrtschein wieder zu saufen. Seine Co. funktioniert bestens. Warum sollte er etwas ändern?

  • Hallo Mel,

    ich fühle mit dir, denn ich weiß sehr gut wie es sich anfühlt wenn man nach (bei mm eh kurzer) Abstinenz, zu hören bekommt "ich werde wieder was trinken". Und dann auch zuschaut wie getrunken wird.
    Ich kenne die Gefühle die es in einem auslöst.
    Auch Gerede, denn das ist nur Gerede, wie Cadda es schön sagte, über Beziehungsende.ist mir bekannt. Wir sind auch im gleichen Alter.

    Du musst, oder sollst, auf dein Gefühl hören. Nicht sitzen und grübeln über das was er gesagt hat, denn jetzt gerade spricht die Sucht aus ihm.

    Ich wollte mich nur melden, denn ich habe für mich auch noch keine Lösung gefunden. Eher ein Kompromiss.

    liebe Grüße, ideja

  • Ja, das ist hart , man will es nicht wahrhaben ...in meiner Familie hat er jedem geschworen, das es nicht mehr so wie früher kommt...und die glauben ihm, er spricht sehr überzeugend ...eine Lösung habe ich dafür auch nicht , aber ich habe mich für eine Wohnung angemeldet...davor habe ich aber total Angst, immerhin sind es 26 Jahre

  • Es werden im Dezember auch 25 Jahre seit wir zusammen sind. Ich weiß selber nicht ob ich seinen Worten glauben soll, wahrscheinlich nicht.

    Dann schaue ich in meiner nähen Familie wie sich das Blatt wendet, und man nach mehr als 20 Jahren exzessives Trinkens, sich verwandelt in einen fürsorglichen Mann, der seine kranke Frau umsorgt und tut alles was sie sich wünscht, und alles damit sie ihm erhalten bleibt, der keinen Tropfen mehr anrührt.

    Es ist schwierig. Denn sie passen jetzt sehr gut auf damit sie in ein "normales" Bild passen. Wenn du jetzt in eine neue Wohnung ziehst, wird das für alle unverständlich. Du wirst dann diejenige die ein Problem hat. Alle vergessen sehr leicht Eskapaden, und erst Männer.

    Ich wünsche mir so sehr, dass du die Wohnung kriegst, und ausziehst. Dann kannst du Beziehung führen, oder nicht, nach deinen Regeln und Gefühlen.

  • Hallo Mel und Ideja,

    ihr könnt Euren Männern gern glauben, dass sie die Wahrheit sagen. Sie werden Euch nicht anlügen, denn sie sind selbst davon überzeugt, dass es nicht so schlimm wird wie früher. Sie werden bemüht sein und das selbst glauben.

    Aber das wird langfristig nicht funktionieren. Es KANN nicht funktionieren. Das Hirn ist durch die Sucht umprogrammiert und ohne dass sie es wollen, werden sie früher oder später wieder genau an dem Punkt angelangen, wo sie schon einmal waren. Alkoholiker können nicht kontrolliert trinken. Wenn sie sich wirklich und ernsthaft mit ihrer Sucht auseinander gesetzt hätten, dann wüssten sie, dass es nicht funktionieren KANN.

    Deshalb könnt ihr im Grunde genommen nur dabei zusehen, wie es langsam wieder abwärts geht... :(

  • Danke Cadda,

    obwohl es mir eh bewußt ist, dass es nur abwärts gehen kann, finde ich immer Gründe und Ausreden nichts zu tun. Ich lasse mich einfach treiben.

    Aber, nutze jede Gelegenheit etwas für mich zu tun. Und mache auch nichts mehr, weil mm das von mir erwartet. Mir ist nicht immer wohl dabei, aber es geht immer mehr.

  • Das ist es ja, sie sind davon überzeugt was sie erzählen...ich habe doch von April bis Juni gesehen, das es eine Steigerung gab...jetzt sind es fast 14 Tage ohne Alkohol, aber das heißt noch nichts ...er war stinkensauer, als ich vorschlug, das er mal zur Beratung gehen soll .

  • Liebe Mel

    Zitat

    wollte er sich " mal wieder einen trinken " ganz bewusst.

    Er hat sich bewusst dafür entschieden :( obwohl er weiß, was er alles im Suff anrichtet, obwohl ihr den ganzen Mist schon einmal hinter euch habt. Du hast 2 Möglichkeiten, Du kannst zugucken, wie es wieder abwärts geht oder für Dich handeln, Dich aus dieser Spirale rausnehmen.

    Zitat

    Ich lasse mich einfach treiben. Aber, nutze jede Gelegenheit etwas für mich zu tun. Und mache auch nichts mehr, weil mm das von mir erwartet. Mir ist nicht immer wohl dabei, aber es geht immer mehr.

    Das ist doch schon mal ein guter Anfang. Wobei der Teil des "sich treiben lassens" immer weniger wird und der des bewussten Handelns immer mehr. Dann werden auch die inneren Veränderungen irgendwann spürbar. Und du nimmst dein Leben wieder in deine Hände.

    sonnige Grüße
    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Ja , Lütte69...diese Handlung schwirrte ihm bestimmt schon länger im Kopf rum mit dem Trinken, ist jetzt mal meine Vermutung.
    Er meinte, ich soll im Vertrauen, so wie früher wird es nicht mehr kommen...meine Familie, Mutter und Vater hat er davon überzeugt, die glauben ihm ...die meinten ich soll jetzt erstmal abwarten und mal entspannter werden....dann hat mein Lebensgefährte noch allen erzählt, warum er sich trennen wollte und der Focus ist nun auf mich gerichtet....alle haben vergessen, was früher abging , dabei haben es doch alle mitgekriegt

  • Es ist überall das Gleiche. Die gleichen Zweifel, die gleichen Hoffnungen und Wünsche. Ich finde mich so oft hier wieder. Das macht mir Angst und Mut zugleich. Man fühlt sich so hilflos und (ich jetzt gerade) so leer. Der Verstand sagt einem, was richtig ist, aber das Herz gewinnt immer wieder die Oberhand. Meiner will jetzt nach meinem Auszug eine Therapie beginnen. Aber hält er auch durch? Und wenn ja, wie lange? Fängt das ganze Drama wieder von vorne an, wenn ich wirklich irgendwann zu ihm zurückkehren sollte? Und wieso denke ich eigentlich jetzt über eine Rückkehr nach? Sollte ich mich nicht lieber auf mein eigenständiges Leben vorbereiten und darüber nachdenken?
    Liebe Mel, ich kann dich so gut verstehen. Denn ich habe mich auch ständig manipulieren lassen und wahrscheinlich ist es auch noch immer so.
    Ich wünsche mir manchmal den Mann (oder Frau) im Ohr, der mir zu jeder Zeit sagt, was ich tun und wie ich mich verhalten soll. Eine Art persönliche Souffleuse. :)
    Und genau das wünsche ich dir auch.

  • Liebe Mel, liebe Lilli,

    ich schreibe mal an euch beide, weil die Fragen von Lilli aufgeworfen wurden, aber hier bei Mel im Fädchen stehen.

    Zitat

    Meiner will jetzt nach meinem Auszug eine Therapie beginnen. Aber hält er auch durch? Und wenn ja, wie lange? Fängt das ganze Drama wieder von vorne an, wenn ich wirklich irgendwann zu ihm zurückkehren sollte? Und wieso denke ich eigentlich jetzt über eine Rückkehr nach? Sollte ich mich nicht lieber auf mein eigenständiges Leben vorbereiten und darüber nachdenken?

    Kann und soll er, aber für sich. Ob er durchhält wirst du dann sehen. Ob, wann und wie ich zurück gehe, war mir damals egal. Ich musste raus und mich wieder auf die Reihe kriegen. Musste wieder lernen, mir und meinen Wahrnehmungen zu vertrauen, mich wieder wichtig zu nehmen, musste raus bekommen, was ich vom Leben erwarte und wie ich das erreichen kann. Es ging um mich. Daher bitte den letzten Satz des Zitates nicht als Frage sondern als Aufforderung formulieren. Ja, nimm dein Leben wieder in die Hand und gestalte es wie es sich für dich gut anfühlt, darüber lohnt es sich nachzudenken. Wenn er durch Taten beweist, dass er wirklich seinen Alkoholkonsum einstellt und du zu dieser Veränderung auch Vertrauen hast, kannst Du ja immer noch zurück gehen, wenn ihr das beide wollt.

    Und den Worten eines nassen Alkoholikers kann man meiner Meinung nach nicht trauen. Er hat super von sich abgelenkt und mit dem Finger auf dich gezeigt. Was sind denn deine Ängste bezüglich einer eigenen Wohnung? Bedeutet eine eigene Wohnung nicht auch ein Stück Freiheit, entspannt nach Hause kommen ohne den Druck, was dich eventuell erwartet?

    Wir haben die Souffleuse in uns - unser Bauchgefühl sagt uns doch meist, was richtig ist.

    sonnige Grüße
    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

  • Richtig Lütte, wir haben eine Souffleuse in uns. Das Bauchgefühl täuscht uns nicht. Und wenn der Kopf mit seinen Wünschen und Hoffnungen das Bauchgefühl kaputt redet, dann am besten im Forum einloggen. Hier sind auch viele Souffleusen :)

  • Das Bauchgefühl hat sich schon oft bestätigt .
    Gestern waren es zwei Wochen , ohne das mein Lebensgefährte was getrunken hat...also nach den Rückfällen in letzter Zeit ...es war eine Kleinigkeit, ( der Kater hat gekotzt) da wurde er etwas aggressiv : " scheiss Viecher , mich kotzt das alles an hier". . Es war kein Streit oder sonstwas voher.
    Natürlich bezog ich das automatisch auf mich....seit dem er mir gesagt hat, das er keine Gefühle mehr für mich empfindet, ziehe ich mir jeden Schuh an ....vielleicht hatte er auch Saufdruck, er hat sowieso Stimmungsschwankungen

  • Genau das vermute ich, liebe Mel.

    Stimmungsschwankungen sind für uns Alkoholiker typisch, das hat etwas mit dem Hormonhaushalt zu tun, den wir uns gewissermaßen krumm gesoffen haben.
    Das Suchtgedächtnis tut dann schnell das übrige hinzu. 1x wieder getrunken, schon ist man wieder auf der alten gedanklichen Schiene. Eingefahrene Bahnen zu verlassen ist für alle Menschen schon recht schwierig & schnell ist man in kritischen Situationen auf sie zurück geworfen; Sucht ist da ein Katalysator.

    Ich finde, du solltest ihm unzweideutig klar machen, dass du es nicht tolerieren wirst, wenn er weiter trinkt, egal ob mit Pausen dazwischen oder nicht.

    Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns.
    Vor uns liegen die Mühen der Ebenen. (Bert Brecht) 8)

  • Liebe Dante, ich habe leider die Befürchtung, das ich noch nicht soweit bin ....wahrscheinlich weil alles noch im Rahmen ist und mein Herz über den Verstand siegt...komischerweise ging alles in eine andere Richtung, als er mir das mit seinen Gefühlen sagte ...seit dem habe ich Angst ihn zu fragen, obwohl die Gefahr der Sucht ja eigentlich schlimmer ist , wenn man die Folgen bedenkt. Ich bin seit Wochen traurig und enttäuscht und funktioniere nur noch...er fragt zwischendurch: " was hast Du denn" ? " ...als wenn überhaupt nichts gewesen wäre....ja, diese Stimmungsschwankungen ...mal gereizt, mal depressiv , dann wieder lieb und fürsorglich


  • Liebe Dante, ich habe leider die Befürchtung, das ich noch nicht soweit bin ....wahrscheinlich weil alles noch im Rahmen ist und mein Herz über den Verstand siegt...komischerweise ging alles in eine andere Richtung, als er mir das mit seinen Gefühlen sagte ...seit dem habe ich Angst ihn zu verlieren, obwohl die Gefahr der Sucht ja eigentlich schlimmer ist , wenn man die Folgen bedenkt. Ich bin seit Wochen traurig und enttäuscht und funktioniere nur noch...er fragt zwischendurch: " was hast Du denn" ? " ...als wenn überhaupt nichts gewesen wäre....ja, diese Stimmungsschwankungen ...mal gereizt, mal depressiv , dann wieder lieb und fürsorglich

  • Ich wollte was editieren und nicht zitieren , lach...ich meinte, ich habe Angst ihn zu verlieren und nicht Angst ihn zu fragen....am Handy ist das manchmal etwas schwierig :)

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