Alkohol-Stress-Ausland....

  • Danke dass es dieses Forum gibt. Ich lebe im Ausland, immer in verschiedenen Ländern (so alle zwei Jahre) - und hier gibt es keine Hilfe. In keiner Form. Ich muss also immer alleine zurechtkommen. Ich hoffe ihr wisst, wie gut ihr es eigentlich in DE habt.

    Ich bin Alkoholiker (Bier) versuche aber immer einen gewissen Bereich nicht zu überschreiten (mehr als 5 Bier habe ich niemals getrunken, oder nur sehr selten). Alkohol ist aber ein echtes Problem für mich, vor allem wenn ich vor der Arbeit trinke. Ich komme einfach nicht über diese "drei Monate clean Regel" hinaus. Es ist ja auch nicht die Menge, sondern die Dauer: und das alles geht jetzt schon 20 Jahre so. Mittags ein Bier zu trinken und Abends wird allgemein akzeptiert (und auch von den meisten Kollegen so gehandhabt). Aber vor der Arbeit trinken? Da wird es kritisch.

    Im Augenblick bin ich auf drei Bier pro Tag, die ich aber immer mit Wasser vermische. d.h. ich muss wenn ich meine drei Bier will, ca. 6 Liter Wasser trinken. Irgendwann kommt dann der Punkt wo weitere Reduzierung einfach automatisch zum Aufhören führt. Dann nehme ich für einen Tag *Wirkstoffname editiert - Barthell* , schlafe eben und das wars. Ausschleichen ist für mich wirklich nichts Neues.

    Was mir aber Sorgen macht:
    1) ist die klare Beziehung von Stress auf der Arbeit, Ausland, funktionieren müssen....
    2) warum, verdammt nochmal, komme ich über diese drei Monate nicht hinaus? Immer passiert dann etwas was wieder zum Rückfall führt - es kann positiv oder negativ sein. Beides ist möglich. Und dann kommt wieder eine Phase von mindestens einem Monat 'saufen' bevor ich wieder anfange mich auszuschleichen.
    3) Ich hasse mich manchmal selber für meine Schwachheit. Dieses Schamgefühl? Kennt ihr das? Das schlechte Gewissen, die Selbstvorwürfe, die Depressionen? Ich kotze mich selber an.

    Irgendwelche Ideen? Input? Ich würde mich sehr über Antworten freuen, dann ich bin hier wirklich alleine und auf mich selber gestellt. Das hilft auch nicht gerade.

  • Hallo Engel,

    herzlich willkommen hier im Forum!

    Für unser top Krankensystem bin ich auch immer wieder dankbar, denn auch ich habe schon im Ausland gelebt und weiß, dass das keine Selbstverständlichkeit ist.


    warum, verdammt nochmal, komme ich über diese drei Monate nicht hinaus? Immer passiert dann etwas was wieder zum Rückfall führt -

    Das ist die Sucht - rational ab einem gerwissen Punkt nicht mehr zu erklären. Auch ich habe mir so oft geschworen nie wieder Alkohol zu trinken und es nie länger als ein paar Monate geschafft. Wie oft stellte ich mir die Frage, warum ich es nicht schaffe trocken zu bleiben. Es gab so viele Gründe: Autounfall, Führerscheinverlust etc. , aber immer wieder wurde ich rückfällig.

    Ich bin nun seit 8 Monaten, unter anderem auch dank der Unterstützung dieses Forums, ohne Alkohol und hoffe, dass das auch so bleibt.


    Ich hasse mich manchmal selber für meine Schwachheit.

    Habe ich auch viele Jahre und dieser Selbsthass hat mich wieder zum trinken gebracht. Wir Alkoholiker sind nicht schwach, wir sind krank. Eine Krankheit hat nichts mit Schwäche zu tun. Der Kontrollverlust und das nicht aufhören können und immer wieder anfangen sind ja typisch und ohne Hilfe von außen, sei es in Form einer Selbsthilfegruppe ( wie hier), therapeutische Unterstützung etc. halte ich es für verdammt schwierig sich aus der Sucht zu befreien. Ich habs viele Jahre immer wieder allein versucht und bin wie du immer wieder nach wenigen Monaten oder gar Wochenicht rückfällig geworden.


    Dieses Schamgefühl? Kennt ihr das? Das schlechte Gewissen, die Selbstvorwürfe, die Depressionen?

    Oh ja, wie gut ich das kenne. Diese schlimmen Gefühle und Zustände habe ich so oft gehabt, dass ich sie nicht mehr zählen kann. Und gerade in diesem Moment stellt mir mein Verstand auch wieder die Frage, wie ich mir das immer wieder antun konnte. Aber wie ich ja bereits oben schrieb, ist die Sucht ab einem gewissen Punkt nicht mehr rational zu begreifen und total ambivalent.

    Ich wünsche Dir viel Kraft bei deinem Vorhaben. Vielleicht kann Dir dieses Forum hier ja eine kleine Stütze sein.

    LG
    Carmen

  • Hallo Engel,

    ich habe selbst 10 Jaher im Ausland gelebt und gearbeitet (Türkei, Oman, VAE, Ägypten) und ja das Netzt ist dort "dünn"

    deine Gefühle kann denke ich jeder Verstehen, mit hat damals trotz Existenzängsten und Druck nur eine harter Cut, geholfen, den Chef anrufen und klar sagen "ich will hier raus".

    Abgesehen von Corona habe ich auch in den Ländern zumindest sporadische AA Treffen wahrgenommen.

    Du bist nicht "schwach" sondern Krank... würdest du bei Krebs, Diabetis, HIV oder einem gebrochnen Arm ähnlich denken?

    Habt ihr eine Sozialstelle? Alle größeren Firmen mit Auslandsmitarbeitern haben normalerweise etwas in der Richtung, weil es eben recht verbreitet ist.

    wenn du meinst du musst es alleine schaffen hast du noch nicht verstanden, dass es eben nicht so ist, fast niemand KANN es alleine schaffen ... erst wenn man aufhört dagegen zu kämpfen und es akzeptiert und die Konsequenzen zieht.

    Mein Tipp:
    Suchberatung/Onlineangebote (auch in Deutschland aus dem Ausland erreichbar wenn die Zeitverschiebung nicht zu extrem ist).

    Grüße Barthell

    Train to survive

    survive to train

  • Vielen, vielen Dank für den Input. Ja, krank. Das vergesse ich immer. :(

    Komisch, bei einem Kollegen der das gleiche Problem hatte, habe ich mich wirklich stark gemacht - er wurde nicht entlassen, sondern hat seinen Job aufgrund meiner Intervention behalten. Ich scheine manchmal mit mir selber härter zu sein, als mit anderen. Ich kann mich selbst nicht leiden, andere sehr wohl und auch Verständnis aufbringen. Das ist komisch. über die Jahre kamen auch Depressionen, Ängste, PTS dazu - führte bis zu Selbstverstümmelung. Das alles konnte ich hinter mir lassen, da ich die Ursachen abgestellt habe.

    Sucht war mein ganzes Leben - ich war schon in 18 auf H., habe Therapien hinter mir... kämpfe schon mein Leben lang. Ich nehme mal an, dass wird auch so bleiben.

    Die Notbremse ziehen? Ja, daran habe ich auch gedacht und werde ich auch machen. Hier habe ich jetzt nur noch einige Monate durchzuziehen, dann soll ich noch für einige Jahre in ein muslimisches Land gehen. Allerdings bin ich jetzt schon so weit, dass ich auch daran denken kann, auf Frührente zu gehen - eigentlich ab sofort wenn ich will. Dieser Gedanke hilft mir sehr. Auf jeden Fall ist es dort natürlich möglich, auch was zu trinken, aber da muss man schon "aktiv" werden. Ich schau jetzt mal wie das läuft. Über das WE habe ich mich jetzt wieder gefangen und gehe heute zum erstenmal wieder "ohne" ins Büro. Ich beobachte mich jetzt, - und sollte ich wieder auf die Schnauze fallen, - ja, dann werden Konsequenzen folgen.

    Mit Deutschland ist das so seine Sache: leider sind die meisten Therapien, Doktoren etc. unmöglich. Auch Hilfe vor Ort ist es entweder aus sprachlichen oder anderen Gründen sehr schwer, denn "man kennt sich ja - und es wird leider viel geredet", was dazu geführt hat, dass ich mich ein wenig "absondere". In Deutschland habe ich auch nichts mehr (Familie oder so..). Nur noch zwei alte, gute Freunde.

    Was mir schwer auf der Seele lag, war dass ich keinen Wohnsitz mehr in der EU hatte. Meine Ehe ist am Ende - ich meine 20 Jahre habe ich gearbeitet um sie zu unterstützen, und bin immer nur auf Urlaub dort gewesen - was bleibt da noch übrig? Auf Hilfe kann ich dort nicht mehr zählen.
    Wenigstens habe ich jetzt eine Wohnung gefunden und bin also nicht mehr wohnsitzlos.

    Was mir im Augenblick auch Sorgen macht, ist diese COVID Geschichte. Die hat eigentlich nur einen guten Punkt: Abstand halten und Maske tragen. Das ist nicht zynisch gemeint, das ist war. Angst daran zu erkranken habe ich sehr wohl - und auch hier ist die medizinische Versorgung unter aller S.... und mit meiner Vergangenheit gehöre ich, wie wahrscheinlich viele hier, zur Risikogruppe.

    Nur zur Info: habe viele Jahre in hardship gearbeitet (unter anderem 5 Jahre AFG). Deswegen auch mein Hilferuf hier. Ich bleibe dran - Kommentare machen mir wirklich Mut und nochmal: Vielen Dank dafür. Ich berichte weiter. Heute hoffe ich, gut durchzukommen und dass ich mich aufraffen kann wieder Sport zu machen (selbst im Büro).

  • DROMEDAR -> Hi, habe hier vor 2 Jahren oft teilgenommen - bevor ich in den Sudan gegangen bin. Immer unter dem Namen "Dromedar". Mal schaun, obs noch klappt...? Also, inzwischen hat sich viel getan, aber ehrlich. Bin also aus Montenegro weg, war dann ein Jahr im Sudan und bin rückfällig geworden. Tja, man glaubt es kaum, selbst (und besonders) in Botschaften gibt es immer einen geschlossenen Raum, wo der "booze" aufgehoben wird. Da ich nun selber dafür verantwortlich war (und auch die ganzen Bestellungen meiner Kollegen und der Botschaft handhaben musste), war der Weg nicht weit zum Rückfall. Irgendwann habe ich dann begriffen, dass es so nicht mehr weitergeht. Bin im wahrsten Sinne des Wortes "abgehauen". Den Sudan habe ich vom ersten Augenblick an gehasst - obwohl ich Afrika sonst liebe. Jetzt nach 27 Jahren im Ausland habe ich meinen Job aufgegeben und werde am 1. Juli auf Rente gehen. Ist sowieso Zeit für mich - am 1 August wäre mein offizielles Datum gewesen. Also einen Monat eher. Diese ständigen Demonstrationen und dann der Krieg - also nein, solche Sachen brauche ich nicht mehr, habe ich oft genug gehabt. Bin noch rechtzeitig rausgekommen und war dann auf Krankschreibung.

    Dann war ich echt eine Zeitlang total krank ( Depression, PTS, Alkohol, self-harm etc.) und habe lange Zeit vor mich hingedämmert, unfähig einkaufen zu gehen - oder nur mit grösster Anstregung etc. Dann mit neuer Kraft selber wieder aufgehört - ohne Krankenhaus! Das ist jetzt schon lange her. Ich bin froh und kann nur sagen - man muss immer aufpassen, denn der Schritt zwischen "Alkohol" und "kein Alkohol" ist wirklich sehr klein. Auch sollte man sorgfältig abwägen was man macht - ich musste leider auf die harte Tour lernen, dass man einfach zu weit gehen kann (auch in der Arbeit -> die ebenfalls zur Sucht werden kann). Es ist auch verdammt schwer, sich wieder einzugliedern, egal in welchem EU Land. Ich hatte jahrelang keinen Wohnsitz mehr hier und es hat mich viele Monate gekostet um das alles in Ordnung zu bringen und zu regeln. Echter Stress.

    Aber -> diesmal habe ich es geschafft. Ich versuche zu ersetzen - mit Sport, Wandern, Fasten, Zukunft planen. Bin im Augenblick in Spanien und gehe bald (im Juli) für ein Jahr in den Süden vom Senegal. Es gibt da 'nen guten Song: "For the last time...". Genau so fühle ich mich und passe wirklich höllisch auf. "Nie mehr" - mein neues Motto. Ja, und Hilfe habe ich auch, allerdings bin ich auch oft allein. Familie treffe ich erst wieder im Juli (obwohl sie zweimal hier zu Besuch war). Ich beschäftige mich viel - lesen, Musik, Abreisevorbereitung etc.

    Man kann hinfallen, aber man muss auch wieder aufstehen. Sagt sich leicht. Ich fahre jetzt lieber im "Rollstuhl", da kann man nicht hinfallen. Ein Unfall aber ist tödlich, das ist klar.

    Schöne Grüsse aus Spanien (ist im Augenblick echt kalt hier... sollte man nicht denken).

    Dromedar

  • Hallo engel27,

    Willkommen hier bei uns.

    Also unter Dromedar findet sich in diesem Forum nichts. Bist du sicher, daß das hier war?

    LG, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo engel27,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Deine alten Beiträge von 2021 habe ich mit Deinem neuen Beitrag zusammengefügt.

    So kannst Du auch noch einmal nachlesen.

    Wann hast Du zuletzt getrunken?

    Ich konnte das nicht genau herauslesen in Deinem Text.

    LG Elly

    ---------------------------------------------------------------------------------------

    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Tja, leider hatte ich keinen Zugang zu Institutionen, die einem bei Abhängigkeit helfen. Ich musste mir also immer selber helfen - es gab keine andere Möglichkeit. Dies beruht auf der Tatsache, dass ich fast 30 Jahre im Ausland gearbeitet habe und wer glaubt in Afghanistan kann man ins Krankenhaus gehen, lebt im Traum.

    Trotz allem habe ich es geschafft, wirklich alles abzulegen: Alkohol, Dias, rauchen.... Ich mache viel Sport (wenn das Wetter mitspielt) und habe endlich meinen Frieden gefunden. Ich helfe gerne anderen mit Tips.

    Vielleicht sollte ich noch sagen, dass ich als Jugendlicher eine Langzeittherapie gemacht habe (ohne Erfolg), ich habe auch ettliches anderes ausprobiert und bin immer wieder hingefallen. Jetzt geht es mir schon seit langer Zeit gut. So was wie "Druck" verspüre ich nicht. Ich habe mein Carving mit einem Medikament kuriert. Und das hat sehr gut funktioniert. Darüber hinaus habe ich innerlichen Halt gefunden.

    Und das ich aus Deutschland weggegangen bin, war wohl die beste Entscheidung die ich jeh getroffen habe! Obwohl ich schon mal Lust auf einen Schweinebraten hätte. :?:lol:

  • Hallo engel,

    Willkommen zurück. Ich habe deinen Beitrag in deinen alten Thread verschoben, nicht wundern.

    Letztesmal warst du in Spanien, diesesmal in Afghanistan, du kommst ja rum.

    Schön, daß du trocken bist.

    Schweinebraten hat was...

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!