Wie verhält sich das Umfeld euch gegenüber?

  • Sicher, ich habe bei keiner Neueinstellung die Gewissheit, dass sie mir während des Beschäftigungsverhältnisses keine Probleme wegen Alkoholmissbrauch macht. Aber woher genau habe ich bei einem zurzeit (!) trockenen Alkoholiker die größere Gewissheit? Wenn er erst eine Entwöhnungs-Reha durchlaufen hat oder schon die dritte? Wenn die letzte fünf Jahre her ist, ein Jahr oder zehn Jahre?

    Ich bediene ein Vorurteil, gewiss. Vorurteile und Klischees bilden sich aber auf der Basis einer real existierenden Vielzahl von einzelnen Fällen.

    Im Arbeitsleben geht es um bestimmte Anforderungen und Erwartungen, die ein Arbeitnehmer bedienen können muss. Dazu gehört eine gewisse Belastbarkeit.

    Einem Abhängigkeitserkrankten traue ich da weniger zu als einem, der es (noch) nicht ist. Wer sich erstmal selbst zur Großbaustelle entwickelt, wieviel Rest an Kraft und Motivation hat er dann noch für seine Arbeit im Betrieb übrig? Dann lernt man in der Therapie sinnvollerweise ja auch, mehr als bisher auf sich zu achten, was tut einem gut, was nicht, gesunde Abgrenzung von Stressfaktoren etc. Das macht das Zusammenspiel mit anderen nicht einfacher, weil das Bedürfnis nach rechtzeitiger Abgrenzung in der Regel die Flexibilität einschränkt.

    Oder man hängt sich in der Probezeit gerade mehr hinein (um sich und anderen etwas zu beweisen), als für die fortgesetzte Kontrolle über seine Abstinenz gut wäre und ebnet dadurch den Weg für einen Rückfall.

    Wenn man als Arbeitgeber die Wahl hat, sucht man bei mehreren Bewerbern die aus, die nicht schon aufgrund einschlägiger Vorgeschichte verknüpft mit einem Kostenrisiko kommen.

    Daher geht die Tendenz zu einer ganz bestimmten Bewerbergruppe bis zu einem ganz bestimmten Alter, solange man eben reichlich aus einem vorhandenen Bewerberpool schöpfen kann.

    Aktuell ändert sich in vielen Branchen ja aber gerade etwas....

  • und die garantie hast du bei so genannten nicht abhängigen? woher weißt du das zb der unfalltot der halben familie deinen neuen leitenden angestellten nicht abstürzen läßt, wie schützt du dich vor psychopathen vor narzisten. die erzählen dir im himmel is jahrmarkt und zwar seeehr glaubwürdig und die können ein unternehmen ja deutlich heftiger an die wand fahren als ein alki. es ist schlicht nicht vorhersehbar wie sich der einzelne entwickelt und ich finde deine einstellung dazu wirklich bedenklich. aber es ist dein ding. wir werden da jedenfalls auf keinen nenner kommen.

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • dorothea

    ich erzähle aus der Welt der Mehrheit der Personaler. Es ist bei den allermeisten Unternehmen kein Geschäftsziel, therapeutische Fortsetzungsstelle zum Erhalt der Trockenheit zu sein. Also richtet sich auch die Personalauswahl nicht so aus.

    Die meisten Betriebe tun sich schon mit der Erfüllung der gesetzlich vorgegebenen Einstellungsquote für anerkannt schwerbehinderte Menschen schwer. Und dann sollen trockene Alkoholiker bei Einstellung einem Nichtalkoholiker bevorzugt werden, weil der eine schon wieder raus ist, aber der andere nicht drin ist und evtl. auch gar nicht erst hineinrutschen wird? Nach meiner Einschätzung wird das bzgl. der gängigen Personalauswahlentscheidung ein Wunschtraum bleiben.

    Ursprünglich ging es beim Thema, wie sich das Umfeld bezüglich des Arbeitsplatzes verhält, um die Frage, ob es sinnvoll ist, als trockener Alkoholiker bei seiner Bewerbung um eine neue Stelle mit offenen Karten zu spielen.

    Wenn man einen neuen Job haben will, würde ich da einfach zu einem Nein raten.

  • sorry, wo genau habe ich geschrieben einen trocken einem anderen vorzuziehen? ich rede hier von gleichbehandlung nicht von bevorzugung. vielleicht guckst du ja mal bei dir was genau dich hier veranlasst solche gedanken in meine aussagen zu interprätieren, denn es sind nun mal deine gedanken und nicht meine aussagen. und vorurteile baut man nicht ab wenn man probleme verheimlicht. was nicht angesprochen wird bleibt wie es ist. wer keine kraft für so einen kampf hat der hält besser die klappe, keine frage, aber mir verbietet keiner den mund und ich spreche vorurteile genau so laut an wie die tatsache das ich tockener alki bin. und ich bitte jeden der die kraft dafür hat es mir gleich zu tun, denn nur so kommt die krankheit aus dem sumpf der verachtung in dem sie noch heute steckt.

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    trocken seit 18.10.2001

  • dorothea ,

    ich hatte dabei nicht auf Dich Bezug genommen, sondern auf ein Suchtseminar, das ich vor x Jahren mal beruflich bedingt besucht hatte. Das schloss ab mit der Behauptung, dass sich ein Arbeitgeber eher für einen trockenen Alkoholiker entscheiden würde als für einen "Nochtnicht-Alkoholiker"; eben weil der trockene den Weg in den Abgrund schon wieder erfolgreich verlassen hat und man bei dem "Nochtnicht-Alkoholiker" gar nicht weiß, wie es ausgehen wird.

    Und diese Behauptung hatte ich zur Diskussion gestellt und aus meiner Warte und meiner beruflichen Erfahrung bzw. in meiner beruflichen Rolle begründet, weshalb ich das bestreite.

    Deinen Ansatz finde ich ebenso nachvollziehbar und sehr löblich und wünsche uns allen, dass ein Umdenken einsetzt. Gutes braucht Zeit, heißt es ja so schön. Es würde ja schon viel bewegen, wenn sich ein Unternehmen vorwagt und dann mit einer Erfolgsbilanz aufwarten kann.

  • naja diese aussage ist ja auch nicht so ganz von der hand zu weisen. auch wenn es schwer nachvollziehbar ist für nichttrinker. ich habe mich in meiner therapie sehr gründlich mit mir und meinen macken auseinander gesetzt. mich haut heute nichts mehr wirklich aus der bahn. lies mein tagebuch, lies die tagebücher anderer alten hasen. die die wirklich von sich aus trocken werden wollen die sind nach erfolgreicher therapie sehr belastbar und mit sicherheit auch nicht durch diverse katastrophen in den rückfall zu treiben denn sie haben gelernt andere blitzableiter zu nutzen. das hat otto normalverbraucher eben nicht gelernt. in so fern ist an der aussage durchaus was dran. allerdings gilt logischer weise auch hier, sag niemals nie.

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    trocken seit 18.10.2001

  • Auch als Nichttrinker finde ich die Aussage, dass der trockene Alkoholiker, es schon hinter sich und ein Problembewusstsein hat, nachvollziehbar.

    Du kennst Dich nun so genau, dass Du für Dich quasi Garantien abgeben kannst.

    Ein Personaler kann die Tragfähigkeit solcher Zusicherungen individuell nicht sicher genug beurteilen. Dann hängt ihm aus Suchtseminaren womöglich noch aus professionellem Munde (Suchtmediziner & Therapeuten) im Ohr, dass zur Abhängigkeitserkrankung Rückfälle dazugehören und dass die, die es dauerhaft schaffen, leider nicht die Mehrheit aller Betroffenen darstellen. Das minimiert die Einstellungsbereitschaft nach Erklärung des Bewerbers, er sei trockener Alkoholiker, bei den meisten gen Null.

  • Das minimiert die Einstellungsbereitschaft nach Erklärung des Bewerbers, er sei trockener Alkoholiker, bei den meisten gen Null.

    Das kann ich absolut nachvollziehen. ich würde ihn auch nicht einstellen, wenn es andere Bewerber gäbe, die ein weniger riskantes Profil aufwiesen.

    Ich bin jetzt knapp 8 Jahre unfallfrei clean und habe meinen Arbeitgeber nicht informiert, um keine Neider und schlafenden Hunde zu wecken. Damit bin ich prima gefahren. Übrigens, mein Krankenstand in den letzten 8 Jahren ist deutlich niedriger als der zahlreicher jüngerer Kollegen. Und das darf gerne so bleiben. :wink: Das nur mal zur Verdeutlichung.

    Ach so: Bei einem Vorstellungsgespräch würde ich auf diese Umstände nicht hinweisen und eine entsprechende Nachfrage glatt verneinen. Warum sollte ich ihm die Wahrheit sagen, das macht der Personalmensch im Vorstellungsgespräch doch auch nicht.

  • sorry ich kriege langsam das gefühl wir drehen uns im kreis, allerdings habe ich auch den eindruck das du es einfach nur verstehen möchtest-


    du hast natürlich recht damit das es viele rückfällt gibt. die sind aber in der regel bei den menschen zu verzeichnen die a. zur therapie gezungen bzw genötigt werden und diese nicht aus überzeugung anstreben. b. bei leuten die im anfangsstadium der suchtbearbeitung sind und c. bei dem der glaubt nach der therapie keinerlei hilfestellungen mehr nötig zu haben. diese punkte können durch eine hand voll konkrete fragen abgehakt werden. und man muß dann keine langzeittrockenen mehr diskriminieren nur weil sie krank sind,

    ich habe wie gesagt nach dem trocken werden mein kleinunternehmen gegründet und geführt und das ist ne mamutaufgabe, die ganze logistik, die märkte, von der herstellung der kleidung über die kontaktaufnahme mit veranstalltern, das abwickeln der märkte bis hin zum papierkrieg der warenbestellung und für den fiskus. ich denke das es ausreichender beweis für belastbarkeit ist. nebenbei liefen dann noch familiere katastophen wie sexuelle belästigung meiner jüngsten durch ihren lehrer und soche mätzchen. ich bin immer noch trocken, körperliche leistung läßt nach aber das ist meinem alter und der körperlichen schwerstarbeit geschuldet. deswegen bin ich gegen vorurteile echt griffig. das muß mir erst mal einer nachmachen.

    dumm geredet ist schnell, zu schnell. und ich bin der meinung das man sich grade als peronalchef auch mit dem thema in wirklich allen facetten auseinander setzen sollte. man kann sich hier einen fragenkatalog aufstellt der das risiko einen potentiell rückfallgefährdeten einzustellen minimiert aber eben auch diskriminierung vermeidet.

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    trocken seit 18.10.2001

  • Wenn ein trockener Alkoholiker sich im Auswahlgespräch nicht selbst das Etikett verpasst, kann er ja gar nicht diskriminiert werden.

    Es ist ja auch nicht mal eine Lüge, es nicht zu sagen, weil niemand im Auswahlgespräch nach bestehenden Erkrankungen gefragt wird/werden darf.

  • @CarlFriedrich,

    was ein Personaler alles fragt, wenn er einem Bewerber allein gegenüber sitzt, weiß ich nicht 8) .

    Meistens sitzt man ja nicht allein vor den Bewerbern, sondern mit mehreren Betriebsangehörigen in unterschiedlichen Rollen (Betriebsrat, Vertrauensperson für Schwerbehinderte, Gleichstellungsbeauftragte etc.) und lädt, wenn mehrere Bewerber in Frage kommen, diese nacheinander ein; dann wird der Vergleichbarkeit wegen ein bestimmtes Frageschema abgearbeitet, mit dem hinsichtlich der zu besetzenden Stelle der Bewerber mit dem dazu am besten passendsten Eignungsprofil ermittelt wird.

    So war jedenfalls die Praxis in den Betrieben, in denen ich war. Ergänzend sind individuell gestellte Fragen, ohne gleich einen Rechtsverstoß damit zu begehen, natürlich auch möglich, je nachdem, was sich aus der Abarbeitung des Fragenkatalogs im Einzelnen ergibt.:wink:

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