Stromer - Alkoholiker

  • Guten Tag,

    ich habe mir in jungen Jahren schon von meinen Eltern abgeschaut, das es total normal ist, Alkohol zu trinken. Die Kiste Bier war immer da, der Weinkeller mit edelsten Weinen gefüllt und die Bar im Wohnzimmer sowieso.

    In meiner Jugend stand ich während meiner Ausbildung sehr stark unter Druck so das ich abends nicht mehr richtig einschlafen konnte. Ich habe dann schnell festgestellt, dass ich mit 1-2 Bier und dadurch leicht duseligen Kopf hervorragend einschlafen konnte. So habe ich seit dem praktisch jeden Tag vor dem Einschlafen getrunken.

    Das Leben nahm seinen Lauf, ich wurde älter, habe Karriere gemacht und mein Leben genossen.

    Natürlich wurde mein Alkoholkonsum mit den Jahren immer mehr. Aus ein - bis 2 Flaschen Bier wurden 3 dann 4 und schliesslich 5 Flaschen im laufe des Abends. Ich wusste irgendwann natürlich, das ich ein massives Alkoholproblem habe, wie groß dieses Problem wirklich ist, habe ich aber vollkommen unterschätzt!

    Vor 15 Jahren hatte ich dann durch gewisse Lebensumstände 6 Monate gar nichts mehr getrunken. Ich fing an zu joggen und habe durch Essensumstellung und joggen 26Kg abgenommen.

    Nach 6 Monaten war dann meine Trinkpause zuende, ich wollte aber nicht mehr zunehmen. So belies ich es bei 2 Flaschen Bier abends. Anfangs. Dann kam Weinschorle dazu. Zum Schluß waren es abends 2 Flachen Bier und 1 Liter Wein, am Wochenende gerne auch mal mehr.

    Vor ca. 2 Jahren habe ich dann nachmittags, kurz vor Feierabend komische Symtome bekommen. Mein Ruhepuls ging hoch, mir war Schwindelig, später bekam ich Magenschmerzen, zittrig war ich eh schon immer...

    Mir fiel auf, das die Symtome sofort weg waren, sobald ich abends mein Bier getrunken hatte. Da wurde mir klar, das ich echt ein riesen Problem habe. Ich wusste da aber noch immer nicht, wie riesengroß dieses Problem wirklich war. Ich schob das so vor mir her und dachte mir, das ich irgendwann mal aufhören musste zu trinken, nur nicht jetzt...
    Die Symtome wurden mit den Monaten immer stärker und fingen immer früher an. Es fiel mir immer schwerer, auf der Arbeit den Tag herum zu bekommen. Ich baute immer weiter ab. Auch am Wochenende war es nicht besser. Ich wollte auf keinen Fall vor 18:00 Uhr Alkohol trinken. Ich war ja schliesslich kein Alki - dachte ich.

    Als ich Ende Januar dieses Jahr Urlaub hatte, wurden die Symtome dermassen stark, das ich mir nicht klar war, wie ich überhaupt nach dem Urlaub zur Arbeit kommen soll geschweige denn, wie ich den Tag überstehen soll, ohne schon morgens zu Trinken. Ich bin dann zur Suchtberatung gegangen. Der Dame, die mich aufgenommen hatte erklärte ich, das ich kontrolliertes Trinken lernen möchte da ich mir zu diesem Zeitpunkt gar nicht vorstellen konnte, wie ein Leben ohne Alkohol funktionieren könnte.

    2 Tage Später bin ich dann zu einem Arzt gegangen. Diesem habe ich dann offen und ehrlich erklärt, was mit mir los ist. Er hat sich extrem viel Zeit für mich genommen und hat mir bei den ersten beiden Sitzungen je über 1 Stunde geschenkt obwohl er eigentlich nur 15 Minuten Zeit gehabt hätte und das Wartezimmer voll war. Er erklärte mir vollkommen trocken und sachlich, dass ich starker Akloholiker bin der nur noch durch sein starkes Gerüst in Form von Arbeit, Familie, Hobbys funktionieren würde. Hätte ich diese nicht, würde ich jetzt schon nur noch in einem Raum sitzen und 24 Stunden Trinken. Und wenn ich nichts machen würde, dann würde das auch irgendwann eintreffen da alles um mich herum zusammenbrechen würde. Ich würde alles nach und nach verlieren. Er sagte aber auch, das ich gute Chancen hätte, eventuell die Abstinenz zu schaffen.

    Da ich ihm erklärt hatte, das ich gar nicht weiß, wie es nach meinem Urlaub weiter gehen soll, hat er mich erst einmal krank geschrieben. Er hat mir empfohlen, mit meinem Chef zu reden, was ich auch gemacht habe. Ich hatte seine volle Unterstützung. Wir haben dann eine Entgiftung für mich geplant.

    Am 13.2.23 habe ich dann morgens die ersten Tabletten für einen Tag bei ihm abgeholt damit ich nicht krampfe und etwas ruhiger werde. Das habe ich dann die nächsten 3 Wochen gemacht bis wir ganz langsam die Tabletten haben auslaufen lassen. Gleich danach hat er mitgeholfen, das ich in der Suchtberatung unterkomme.

    Heute bin ich trocken und zur Zeit in einer ambulanten Langzeitterapie. Ich hatte zum Glück bis heute keinen Saufdruck. Ich geniesse mein neues Leben. Diese vielen Monate mit den zermürbenden starken Schmerzen waren so furschtar, das brauche ich nie, nie wieder.

    Und das mit dem kontrollierten Trinken kann man als Alkoholiker sowieso besser gleich vergessen. Als Alkoholiker hat man für den Rest seines Lebens die Kontrolle über sein Trinkverhalten verloren. Man wird nie wieder sein Trinken kontrollieren können.

    Für mich gibt es keinen Grund mehr, Alkohol zu trinken. Nicht einen.

    Ich bin unglaublich dankbar, das ich einen solch tollen Arzt gefunden habe. Die Menschen bei der Suchtberatung sind klasse. Ich war in einer super SHG in die ich nach der LZT wieder gehen werde.

    Es läuft :)

  • Hallo Stromer,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Deiner Schilderung zufolge bist Du nun seit 8 Monaten abstinent. Eine sehr gute Entscheidung von Dir!

    Ein Alkoholiker kann nicht kontrolliert trinken, das ist Fakt.

    Wolltest Du nur Deine Geschichte erzählen, oder hast Du an eine zusätzliche Online Selbsthilfegruppe

    für den Austausch. d.h unser Forum, gedacht?

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo, ich möchte zusätzlich zu meiner SHG an einer Online Selbsthilfegruppe tein nehmen.


    Es wäre toll, wenn ich dafür frei geschaltet würde. Wenn ich es richtig verstanden habe, dauert dies ja eine gewisse Arbeit, gell?

  • Hier ist der Bewerbungslink für Dich:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Anklicken und kurz etwas dazu schreiben. Nach der Freischaltung werden wir Dein Thema in den offenen Bereich zu den "Erste Schritte für Alkoholiker" verschieben.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Guten Morgen Stromer,

    Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet.

    Und Du kannst überall schreiben, jedoch bitte nicht die ersten 4 Wochen bei den
    neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich.

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Elly, vielen Dank. Ich werde mich erst einmal überall einlesen und dann nach und nach aktiv werden.

    Ich muss erst einmal hier ankommen, schauen wie alles funktioniert und mich mit den Regeln noch besser vertraut machen.

    Ich freue mich schon auf regen Austausch :)

  • Als ich bei der Suchtberatung sass, war ich schon ziemlich verzweifelt. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt sicher, daß ich nur ein "Alkoholproblem" habe, was sich schon irgendwie durch "kontrolliertes Trinken" regeln lässt. Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht vorstellen, wie der Rest meines Leben ohne Alkohol funktionieren soll.

    Zwei Tage später war ich bei meinem Arzt. Ich war das erste Mal bei ihm, wir kannten uns nicht. Er hat mir erst einmal nur zugehört. Unter reichlich Tränen habe ich ihm beschrieben, wie ich bisher mit dem Alkohol gelebt habe und welche heftigen Probleme ich durch den Alkoholmissbrauch bekommen habe. Nach einer Stunde hat er mich in den Arm genommen und mir gesagt, daß ich 2 Tage später wieder kommen soll.

    Zwei Tage später war er dann nicht mehr so einfühlsam. Er hat mir vollkommen trocken und sachlich erklärt, wie abhängig ich bin und das es nicht mehr lange dauern wird, bis mir mein noch normales Leben bestehend aus Familie, Arbeit, Führerschein und Hobbys wegbrechen wird. Er hat mir sehr deutlich und unmissverständlich erklärt, das ich bald nicht mehr in der lage sein werde, ein normales Leben zu führen.

    Aber er hat auch erklärt, das ich eine Chance hätte, vom Alkohol für immer wegzukommen, wenn ich alle Hilfe annehme, die ich bekommen könnte und mein Leben lang wachsam bleibe.

    Da ich kurz davor war, auch morgens schon zu trinken wiel ich diese heftigen Entzugserscheinungen tagsüber bekam und es dadurch gut möglich gewesen wäre, das ich dadurch ohne diese Enzugserscheinungen weiter und noch mehr gesoffen hätte, hat er sich dazu entschieden, mich kurzfristig ambulant zu entgiften da wir hier Wartezeiten in den Kliniken haben.

    Heute weiss ich auch, das es für mich 2 vor 12 war.

    Ich musste täglich bei ihm erscheinen. Er hat mich täglich untersucht und mir meine Tablettenration für den Tag gegeben. Nach 10 Tagen hat er die Tabletten ganz langsam reduziert bis ich nach ca. 3 Wochen clean war.

    Parallel hat er sich dafür eingesetzt, das ich bei der Suchtberatung, bei der ich ja schon auf der Warteliste stand, unter komme.

    Die Leiterin hat nicht schlecht geschaut, als ich da stand und anstatt kontrolliert trinken zu lernen, schon clean war. Sie hat auch gleich betont, daß ich eh nichts für ihr "Kontrolliertes Trinken" Programm, worauf ich später noch mal eingehen werde, gewesen wäre.

    Dort bei der Suchtberatung wurde dafür gesorgt, daß ich schnell in die ambulante LZT komme, in der ich nun schon länger bin. Auch haben sie mir eine ganz tolle Kreuzbundgruppe empfohlen, bei der ich allerdings gerade eine Pause mache da mir das sonst zuviel geworden wäre. Nach der LZT werde ich wieder in die Gruppe gehen.

    Ansonsten habe ich mir gesagt, daß dieses Jahr mir gehört. Ich bin nicht streng zu mir, genehmige mir mehr Süsses, Cola und Co immer mit dem Fokus auf meine Trockenheit.

    Ich bin vollkommen zufrieden mit mir. Mir geht es sehr gut. Ich schlafe unglaublich gut, bin sehr früh im Bett und entsprechend früh wieder wach. Ich kann wieder beschwerdefrei Leben und meinen Hobbys nach gehen. Mein Chef ist hochzufrieden mit mir da ich leistungsfähiger bin denn je. So konnte ich für mich eine 4 Tagewoche durchboxen bei vollem Lohnausgleich. Das wäre noch vor einem Jahr undenkbar gewesen. Ich fühle mich sehr stabil und ich sehe nicht einen Grund, warum ich noch ein mal Alkohol zu mir nehmen sollte.

    Ich habe in meinem Leben so viel Alkohol getrunken, mehr als die meisten Menschen in ihren Leben nicht trinken werden. Ich habe ausgetrunken.

    Alkohol ist für mich kein Teufel. Ich habe kein Problem mit ihm. Ich habe auch kein Problem mit Menschen, die um mich herum trinken. Alkohol ist ein Teil meines Lebens. Ich werde aber immer wachsam sein, damit er nicht mehr in mein Leben eindringt. Jeden Tag aufs Neue.

  • Hallo Stromer

    ich finde deine Offenheit und den Umgang mit deiner Sucht bemerkenswert. Je schonungsloser ich mit mir und der Sucht umgegangen bin, umso sicherer wurde mein Weg.

    Weiter so!

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Stromer,


    Ich habe Deinen Beitrag gern gelesen, ich finde Deine Gedanken super, wie Hartmut schon schrieb schonungslos.

    Du bist offen Dir selbst gegenüber, da wird nichts schön geredet.

    Wie Dein Arzt sich verhalten hat, find ich übrigens auch super, aber das nur mal so am Rande, um ihn gehts ja nicht, trotzdem super :S


    LG Cadda

  • Hallo Hartmut, hallo Cadda, ich muss zugeben, daß ich immer noch nicht richtig verstanden habe, das ich Alkoholiker bin. Es war so normal, abends Alkohol zu trinken. Tagsüber war es vollkommen selbstverständlich, keinen Alkohol zu trinken. Musste und wollte ich auch nicht die ersten Jahrzehnte. Diese Entzugserscheinungen kamen so schleichend, über einen sehr langen Zeitraum immer schlimmer werdend. Anfangs dachte ich, das wäre irgend eine Krankheit und habe das gar nicht mit meinem Alkoholentzug in Verbindung gebracht. Bis ich dann feststellte, das die Symtome auf einmal weg sind, wenn ich etwas getrunken habe... Ich habe aber immer noch ausgeschlossen, daß ich krank bin. Schon krass, was man Nass so von sich weg schiebt und wie diese Krankheit einem sagt, das Du sie nicht hast.

    Ich stehe noch ganz am Anfang. Aber alle, die mit mir zutun haben sagen, das ich auf einem guten Weg bin. Ich werde dennoch immer und überall wachsam bleiben obwohl ich schon heute nicht einen Grund habe, Alkohol zu trinken. Nicht einen. Zum Glück hatte ich auch noch keinen Saufdruck. Wenn er dann kommt, bin ich aber sehr gut vorbereitet, auch durch eure Empfehlungen, die ich mir schon verinnerlicht habe.

    Über meinen Arzt, bei dem ich rein zufällig "gelandet" bin, bin ich sehr, sehr glücklich. Der Amtsarzt, der genau wissen wollte, wie das mit meinen Arzt war, meinte das er ein Wahnsinns Arzt wäre, der wirklich alles richtig gemacht hätte. Leider ist er letzten Monat in den wohl verdienten Ruhestand gegangen. Er ist 71 Jahre alt.

    Hartmut , ich fand das überaus interessant, was Du und treibsand in ihrem Thread geschrieben habt! Ich habe das für mich aufgenommen. In der SHG in die ich ging wurde auch gesagt, daß die in der LZT die Theoretiker sind, ich solle da mitnehmen, was mir hilft, den Rest soll ich liegen lassen. Sie in der SHG sind die Profis, die wissen, was Sache ist. Wie hier halt auch. Ich hatte das hier allerdings mehr als Forum gesehen und nicht so als SHG. Weiss auch gar nicht warum. Ich fühle mich hier auf jeden Fall hier sehr wohl. :)

  • Ich stehe noch ganz am Anfang. Aber alle, die mit mir zutun haben sagen, das ich auf einem guten Weg bin.

    Ein wenig kritischer hinterfragt. Findest du es selbst auch auf einem guten Weg zu sein? Hast ja 8 Monate hinter dir.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ein wenig kritischer hinterfragt. Findest du es selbst auch auf einem guten Weg zu sein? Hast ja 8 Monate hinter dir.

    Ehrlich gesagt weiss ich es nicht. Denn es ist alles noch so neu für mich. Ich kenne das alles noch gar nicht richtig.

    Ich glaube aber, dadurch das ich nicht abstürzen musste, alles verlieren musste sondern gerade noch die Kurve bekommen habe, hilft mir enorm. Ich war gerade mal 6 Wochen krank geschrieben. Mein Chef hat mir enorm geholfen.

    Mir geht es heute sehr, sehr gut. Ich habe diese schlimme Zeit, in die mich der Alkohol getrieben hat, nicht vergessen und werde diese Zeit auch nie vergessen.

    Alkohol sehe ich nicht als Feind oder Teufel. Ich war derjenige, der ihn ganz bewusst getrunken hat. Er gehört in meine Vergangenheit. Ich habe aber diese Vergangenheit hinter mir gelassen.

    Ich habe kein Problem mit Alkohol. Ich habe das auch mit meiner Frau besprochen. Sie kann überall und immer trinken, wenn sie will. Ich habe auch keine Probleme damit, wenn um mich herum getrunken wird. Ich habe festgestellt, daß mir das nicht im geringsten etwas ausmacht. Im Gegenteil, selbstbewusst beobachte ich die Menschen um mich herum, wie sie trinken und bin so froh, das ich das nicht mehr muss.

    Ich brauche einfach noch viel mehr Zeit, um mich weiter zu beobachten. Ich kann aber für diesen Zeitpunkt sagen, das ich keinerlei Ambitionen habe, jemals noch mal Alkohol zu trinken.

  • Ich habe auch keine Probleme damit, wenn um mich herum getrunken wird. Ich habe festgestellt, daß mir das nicht im geringsten etwas ausmacht. Im Gegenteil, selbstbewusst beobachte ich die Menschen um mich herum, wie sie trinken und bin so froh, das ich das nicht mehr muss.

    Ich bin auch froh, dass ich nicht mehr trinken muss, Stromer.

    Aber noch heute ertrage ich es nicht, wenn in meiner Gegenwart Menschen aufgrund von Alkoholgenuss auf- oder ausfällig werden. Sobald der Pegel steigt, bin ich verschwunden. Bzw. ich gehe erst gar nicht auf Veranstaltungen, auf denen der Alkoholkonsum im Vordergrund steht.

    Das ist für mich Selbstschutz. Zusätzlich komme ich erst gar nicht in Situationen, in denen mir Alkohol angeboten wird. Manch einer kann da echt penetrant werden. Das muss ich nicht haben.

    Mir macht es nichts aus, wenn mein Mann, wenn wir essen gehen, ein Bier trinkt, das mittlerweile sogar alkoholfrei ist. So eng sehe ich das nach den ganzen Jahren nicht mehr. Aber am Anfang habe ich ihn gebeten, in meinem Beisein nichts zu trinken. Und er ist gern auf meinen Wunsch eingegangen, weil er so glücklich war/ist, dass ich nicht mehr saufe.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Ich habe kein Problem mit Alkohol. Ich habe das auch mit meiner Frau besprochen. Sie kann überall und immer trinken, wenn sie will. Ich habe auch keine Probleme damit, wenn um mich herum getrunken wird. Ich habe festgestellt, daß mir das nicht im geringsten etwas ausmacht. Im Gegenteil, selbstbewusst beobachte ich die Menschen um mich herum, wie sie trinken und bin so froh, das ich das nicht mehr muss.

    Und da sehe ich eine Gefahr. Ich kann zuvor nie ausschließen, ob es mir etwas ausmacht oder nicht. Ich bin nicht jeden Tag gut gelaunt. Nicht jeden Tag gesundheitlich auf der Höhe. Oder emotional gefestigt. Und dann sitze ich eine Handbreit vom Glas weg.

    Nun ist der Weg in die Sucht schleichend. Jedoch auch der Weg in den Rückfall. Gerade wenn ich denke, ich habe alles in Griff, kann dagegen halten oder mein Selbstbewusstsein ist höher als die notwendige Demut.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ich kann immer nur in dem hier und jetzt reden. Ich weiß nicht, was morgen ist. Ich habe schon sehr viel von anderen trockenen Alkoholikern erfahren, wie es bei ihnen ist. Und deren Erfahrungen vergleiche ich natürlich, wie das für mich ist.

    Du hast natürlich recht. Wenn ich das von mir geschriebene noch mal durchlese, kämen mir ähnliche Gedanken, wenn das jemand anderes geschrieben hätte. Für mich ist es, wenn ich schreibe, oft schwer, mich deutlich auszudrücken.

  • Ich kann immer nur in dem hier und jetzt reden.

    Und das ist gut so.

    Ich kann mich an die Anfangszeit zurückbesinnen, wo und welche Stolpersteine bei mir waren. Ich kann aus den 17 Jahren gesammelte Forums-Erfahrungen mit einer geschriebenen Post abgleichen

    So zu sagen aus deiner Sicht aus in die Zukunft schauen.:mrgreen: Auch wenn der Mensch individuell ist, ist es die Sucht nicht. Die läuft meist nach Schema F ab. Ich hatte damals alles aufgesaugt, was ich so an mögliche Stolpersteine auf mich zukommen könnte, war ja nicht schlimm es zu wissen.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ich kann immer nur in dem hier und jetzt reden. Ich weiß nicht, was morgen ist.

    Ja und nein . Heute vorbereitete meine Trockene Morgen, so habe ich gelernt . OK , ich kann Morgen auch Sterben , aber will ich nicht .

    Diese "Kleine" Regeln , grade im ersten Jahr sind sehr wichtig .

    Wann heute , geht mir gut , auch Morgen bin ich zufrieden.

    Wann heute, gehe nicht zu , - mit Alkohol Tante Geburtstags- geht mir auch Morgen gut.

    Wann heute , verabschiede mich von Alkoholische" Freunde" , dann Morgen , bin ich alleine , aber falsche Freunde brauche ich nicht.

    Und so weiter.

    Selektion und Verzicht , am Anfang trockene leben ist sehr wichtig für mich .

    Ich persönlich , habe Jahre gebraucht , wollte immer klüger sein wie andere und immer zu Schluss ich war total besoffen, nicht die Andere

  • Guten Morgen Stromer,

    Herzlichen Glückwunsch erst mal, für die für mich doch schon recht lange Zeit, in der du trocken bist. Ich bin "erst" bei Tag 38. In meinen Augen ist es aber nicht die Anzahl der Tage, die ein Alkoholiker trocken ist, was den Erfolg betrifft, sondern die Denkweise und die innere Einstellung, die aus einem nassen Alkoholiker einen trockenen Alkoholiker, machen.

    Ich habe vielleicht einen kleinen Vorteil gehabt, der mir dabei geholfen hat, trocken zu werden und die dafür nötigen Veränderungen leichter radikal durchzuziehen. Meine Sichtweise auf mich selbst und auf meine Handlungen haben sich dadurch komplett verändert, aber ich habe es dabei auch in Kauf genommen, dass ich damals auch meinen kompletten Freundeskreis aufgeben musste, den ich mir über ein paar Jahre aufgebaut hatte. Das, was wir denken, was wir sind, das ziehen wir auch unbewusst an. Wenn du denkst, dass dir Alkohol nichts ausmacht, dann wirst du auch Situationen unterschätzen oder aber dich weiterhin in den Kreisen aufhalten, in denen eben getrunken wird.

    Wer im Problem behaftet ist, wird nicht die Lösung sehen. Dieser Grundsatz kommt aus der systemischen Therapie und hat mir unheimlich geholfen, mich nicht mehr isoliert zu betrachten, sondern alles, was um mich herum ist, in meine Betrachtungen einzubeziehen.

    Ein kleines Beispiel dafür:

    Vor vielen Jahren war ich, laut meinen Ärzten und meinem komplette Umfeld, einschließlich der Personen, die ich mir damals als Freunde ausgesucht hatte, unheilbar "körperlich" krank. Die Rentenkasse schickte mich in die volle Erwerbsminderungsrente und ich bekam Pflegestufe 2 anerkannt. Zudem hatte ich einen Behindertenausweis mit dem Merkzeichen G. Was für ein Luxus. Ich hatte genügend Geld zum Leben, brauchte das Bett nicht mehr zu verlassen, nicht mehr arbeiten und war zugedröhnt mit sämtlichen Opiaten und Schmerzmittel, die du dir vorstellen kannst. Zudem habe ich damals schon getrunken, zwar nicht ganz so viel wie zum Schluss meiner Trinkkarriere, aber immerhin bereits täglich meinen Wein. Ich wurde versorgt, weil ich ja körperlich sehr krank war. Am Anfang habe ich es so angenommen. Hatte Freunde, die mir versicherten, dass ich nicht mehr gesund werden würde, und meine Ärzte ebenso. Was für einen Grund hätte ich gehabt, gegen all das anzukämpfen?

    Bis mir eines Tages aufgefallen ist, wie sich mein damals komplett kranker Freundeskreis, im Grunde verhielt. Sie waren nur damit beschäftigt, herauszufinden, wie auch sie in die volle Erwerbsminderungsrente kommen können. Sie hatten nur noch im Kopf, was sie alles nicht mehr können und bedauerten sich gegenseitig, wie arm und krank sie doch sind.

    Aber alle hatten eines gemeinsam, sie trauerten ihrem alten Leben nach und wollten es unbedingt zurück.

    Das genau funktionierte nicht mehr. Sie wollten genau das Leben zurück, was sie krank gemacht hatten. So geht es wohl vielen trockenen Alkoholikern auch. Sie wünschen sich ihr früheres "gesundes" Leben zurück. Und leben somit immer im Gedanken, auf etwas verzichten zu müssen und werden dann zwar trocken sein, aber eben niemals frei sein.

    Ums jetzt aber kurz zu machen. Ich habe mit meiner neuen Sichtweise damals, sämtliche Freunde (alle krank mit der gleichen Diagnose) sehr verärgert und sie haben sich alle von mir abgewandt. Ich war eben überzeugt, dass ich wieder völlig gesund werden kann. Habe mich von dem Gedanken gelöst, mein altes Leben zurückzuwollen und mich auf den Weg gemacht. Leichtsinnig, wie ich war, habe ich der Rentenkasse geschrieben und meine volle Erwerbsminderungsrente gekündigt und einen neuen Antrag auf "Teilhabe am Arbeitsleben" eingereicht. Tja, und meine Pflegestufe habe ich auch gekündigt, obwohl ich finanziell danach tatsächlich komplett ohne einen Cent dastand. Wenn ich da heute drüber nachdenke, war es mehr als nur leichtsinnig. Hab’ meine Ernährung umgestellt, sämtliche Opiate in die Tonne geworfen und wieder angefangen, mich trotz Schmerzen zu bewegen. Erst 200 Meter, dann einen Kilometer und zum Schluss täglich 10 Kilometer. Und siehe da, es ging, trotz aller Warnungen zum Trotz, dass ich mir alles nur einbilde und ich in die Geschlossene gehöre, weil ich ja chronisch krank war und es keine Heilung für mich gibt. Blöd nur, dass ich dann tatsächlich nur noch meinen Alkohol hatte. Den habe ich damals nicht einbezogen, wer weiß, ob ich es ohne wirklich so gemacht hätte. Alkohol enthemmt eben.

    Meine Familie und meine damaligen Freunde haben mich alle gewarnt und gemeint "Pass auf, irgendwann wirst du feststellen, dass du auf dem Holzweg bist, und dann wieder angekrochen kommen." Sie wollten mich aber alle nur zurück ins gewohnte Fahrwasser bringen, denn wenn ich es geschafft hätte, dann hätten sie wohl über sich selbst nachdenken müssen und Veränderungen vornehmen. Veränderungen sind eben anstrengend und ja, Veränderungen machen auch Angst. "Wer bin ich ohne meine Krankheit?" Wenn man zu lange in der Krankheit lebt, dann weiß man das tatsächlich nicht mehr.

    Ich bekam eine Umschulung. Aus der Umschulung wurden dann noch 3 weitere Ausbildungen und im Nachgang dann eine Vollzeitarbeitsstelle in einem Bereich, der früher undenkbar gewesen wäre. Nein, meine Krankheit ist nicht weg, aber ich habe gelernt, damit konstruktiv umzugehen. Körperliche Arbeiten kann ich nicht mehr verrichten, auf alle Fälle keine, ohne danach 3 Tage Schmerzen zu haben. Aber das muss ich inzwischen auch nicht mehr. Für den Hausputz habe ich eine Reinigungskraft und die Einkaufskörbe oder andere schwere Dinge, trägt mein Mann.

    Bin ich denn immer noch krank, wenn ich mich gesund fühle, nur weil ich die Diagnose immer noch habe? Das ist etwas, worüber ich mir immer Gedanken machen. Ja, das bin ich, wenn ich nicht auf meinen Körper höre und Dinge eben nicht weglasse, die mir nicht guttun oder wenn ich denke, mit anderen körperlich durchtrainierten Menschen "mithalten" zu müssen. Wenn ich aber auf meinen Körper höre und mich nicht im "Kranken Umfeld" aufhalte, dann fühle ich mich gesund und bin es dann auch.

    Was hat das nun mit dem Alkohol zu tun? Viel, denn wenn ich weiterhin in meinem alkoholischen Umfeld bewege, kann nichts Neues kommen und irgendwann, wenn ich einen schwachen Moment habe, dann taucht vielleicht wieder Erik (mein Suchtgedächtnis) auf und versucht mir einzureden, dass das alles doch keinen Sinn macht und ich irgendwann doch wieder zurückkommen werde.

    NEIN - werde ich sicherlich nicht.

    Weiß jetzt nicht, warum ich dir das alles schreibe. Bauchgefühl? Keine Ahnung. Es ist aber auch egal. Es war mir ein Bedürfnis :S.

    Hab einen schönen Feiertag.

    Viele Grüße treibsand.

    Manchmal ist der richtige Weg nicht der einfachste Weg!
    Pocahontas

    Einmal editiert, zuletzt von treibsand (1. November 2023 um 09:59)

  • Hallo treibsand , danke für Deine Offenheit und das Du mir dies alles geschrieben hast. Ich habe mir extra Zeit gelassen um Deinen Text und die Nachricht darin zu sehen und zu verstehen.

    Du hast auch schon viel im Leben erlebt und mitgemacht. Erfahrungen, die prägen.

    Ich weiss, das ich falsch verstanden werde, wenn ich schreib, das mir Alkohol nichts ausmacht. Es ist gar nicht so, das ich mich oft unter alkoholtrinkenden Menschen aufhalte.

    Ich bin ja erst ganz am Anfang meiner Trockenheit. Ich bin sehr vorsichtig, mit allem. Da ich bei uns koche und täglich einkaufe, habe ich damals auch täglich meinen Alkohol gekauft und beim Kochen die 2 Bier getrunken. Beim Essen fing ich dann mit dem Wein an.

    Als ich entgiftet habe, habe ich anfangs meine Frau zum Einkaufen geschickt. Auch hat sie die ersten Tage gekocht damit ich aus den alten Ritualen raus komme. Ich habe mich sehr intensiv beobachtet. Irgendwann habe ich dann wieder das Einkaufen und das Kochen übernommen und festgestellt, daß mir dies überhaupt nichts ausmacht. Ich kann an den Gängen der Getränkeabteilung vorbei gehen ohne getriggert zu werden. Stolz stehe ich ohne Alkohol an der Kasse ohne schlechtes Gewissen, da die Kassierer eh schon wussten, was mit mir los ist. Ich hatte zuletzt sonst schon mal die Geschäfte gewechselt um nicht so aufzufallen.

    Eine Einladung meines Freundes zur Geburtstagsfeier hatte ich abgesagt da mir das dort zu dolle geworden wäre. Das wäre in eine grosse Altstadt gegangen, für die Anderen bis zum Exitus. Ich kenne das noch von damals. Auf einen Polterabend bei einem Arbeitskollegen war ich hingegen genau so wie bei einer Firmenfeier. Beide habe ich als sehr schön empfunden obwohl um mich herum getrunken wurde. Ich habe mich an nicht trinkende Kollegen gehalten und bin dann irgendwann gefahren.

    Ich bin sehr gut vorbereitet und wachsam. Ich hatte bisher nicht ein mal das Gefühl, das ich etwas vermisse. Im Gegenteil: so oft denke ich mir: normalerweise würden jetzt wieder diese Schmerzen kommen. Dann wäre ich zuletzt nicht mehr in der Lage gewesen, nur eins meiner vielen Hobbys nachzugehen. Es hilft mir sehr, diese furchtbare Erfahrung über einen solch langen Zeitraum gemacht zu haben. Zuletzt habe ich echt nicht mehr gerne getrunken. Es war nur noch Mittel zum Zweck. Es war so schlimm!

    Übrigens zählt für mich nicht, wie lange ich trocken bin. Ich schaue nach vorne. Ich freue mich auf das, was noch kommt. Trocken diese tolle Welt auf links drehen :)

    Ich bin sehr naturverbunden. Ich fotografiere leidenschaftlich, wander viel und halte mich in der Natur auf. Ich fahre leidenschaftlich schon mein Leben lang Motorrad und liebe den Geruch des Waldes, des frisch geschnittenen Gras auf den Feldern oder der Geruch des umgepflügten Boden. Ich interessiere mich aber auch für Industriekultur. Im Ruhrgebiet und auch anderswo gibt es bemerkenswerte Objekte zu besichtigen. Ich bin gerne Unterlage in Bergwerken. Und ich habe noch sooo viele andere Interessen und Leidenschaften. Die alle war ich zuletzt praktisch nicht mehr imstande, nachzugehen. Ich konnte nicht mehr. Diese Erfahrung werde ich nicht wieder los werden und das ist auch gut so. Alkohol passt sogesehen gar nicht in mein Leben.

    Ich habe mit Interesse eure Meinung über Therapien gelesen Hartmut und treibsand . Da mag sicher etwas dran sein bezüglich des Geld verdienen oder eingeschränkte Möglichkeiten durch zu wenig Zuschuss. Ich hatte bisher das grosse Glück, das ich an ganz tolle Menschen gekommen bin die mir bisher echt gut helfen konnten. Auch um mich herum die Menschen zu sehen und zu erleben, die nicht so zeitig die Kurve bekommen haben wie ich und alles verlieren mussten, auch das hilft mir. Da gibt es so viele, die so dringend Hilfe benötigen. Eine geschlossene LZT kenne ich gar nicht. Ich bin bisher bei der ambulanten LZT. 1 mal die Woche für 2 Stunden mit bis zu 8 weiteren Teilnehmern. Das tut mir sehr gut. Dann habe ich noch alle 2 Wochen für eine Stunde Einzelgespräche mit meinem Therapeuten. Ist auch gut, der Mann hat unglaublich viel Erfahrung auch wenn er nur ein Amatuer ist. Beides zahlt die Rentenkasse. Und dann bin ich nun hier. Nur nicht trinken reicht nicht.

    Ich fühle mich weiterhin stabil. Auch wenn ich immer wieder gesagt habe, das mir Alkohol zur Zeit nichts ausmacht, komme ich so gut wie nicht dazu, irgendwo hinzugehen, wo getrunken wird, bis auf die beiden Feiern oben. Wir gehen sehr selten essen oder sonst weg, wo Alkohol getrunken wird. Ich habe ja die letzten Jahre praktisch ausschliesslich zuhause getrunken. Immer gleich: ab 18:00Uhr 2 Bier beim Kochen und dann beim Essen und danach vorm Fernseher 1 Liter Wein. Zuletzt konnte ich abends nichts anderes mehr und war gezwungen, ab 18:00 Uhr zuhause zu sein was meine Frau extrem gestört hat. Sie hätte gerne mal etwas unternommen oder wäre mal nach der Motorradtour abends mal irgendwo essen gefahren (sie fährt auch Motorrad). Aber das ging ja nicht. Motorradfahren ging zum Schluss eh fast nicht mehr, das wurde echt anstrengend. Letztes Jahr bin ich fast gar nicht mehr gefahren.

    Ich verstehe euch schon sehr gut mit euren Warnungen an mich. Ich werde nicht leichtfertig. Ich werde diese schlimmen Erfahrungen nicht vergessen.

    Es gibt für mich keinen einzigen Grund mehr zu trinken. Ich habe ausgetrunken.

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