Freund trennt sich aufgrund von Alkoholsucht und Depression

  • Liebe Alle,

    ich (w, 32) bin ganz neu hier und da ich bald eine Begegnung mit einem Ex haben werde, dachte ich, ich frage Euch nach Rat/Einschätzung..

    Ich war ein Jahr mit meinem Freund (29 J.) zusammen. Dass er Alkoholiker ist, habe ich erst im Laufe der Beziehung herausgefunden. Wir haben eine Fernbeziehung zwischen zwei Ländern geführt. Ich war aber aufgrund von meiner Arbeit oft bei ihm.
    Im Laufe des Jahres sind ihm viele Schicksalsschläge passiert. Sein Großvater ist gestorben, wir hatten unseren ersten Streit als er auf einer Party, bei der wir gemeinsam waren betrunken war. Am nächsten Tag ist er von der Veranda gestürzt und musste ins Krankenhaus. Es waren "nur" ein paar gebrochene Rippen (Glück im Unglück), aber dort wurde auch ein Zufallstumor entdeckt. Ein paar Monate später musste er operiert werden.. In diesen Monaten dazwischen wussten wir nicht, ob der Tumor gut- oder bösartig ist. Diese Monate waren sehr sehr schwierig und er hat immer mehr zum Alkohol gefriffen. Er hat mir in dieser Zeit auch erzählt, dass er bereits seit Teenagerjahren mit Alkohol zu kämpfen hat und auch mit Depression. Die Zeit mit dem Tumor hat beides verstärkt..
    Ich bin dann für die Operation hingeflogen und alles ist gut gelaufen. Der Tumor war nicht bösartig und ich dachte, wir haben alles überstanden..
    Nur leider hat er weiterhin getrunken und wollte sich ein paar Tage später trennen. Völlig losgelöst von seinen Gefühlen hat er das gesagt und ein paar Stunden später ist er dann zur Therapie. Als er wieder kam, ist er in Tränen ausgebrochen und hat gesagt, dass er die Trennung nicht will, er aber so große Angst hat, mich zu verletzen, weil er sich selber nicht traut und nicht weiter weiß... Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn immer unterstützen werde und er es versuchen muss.

    Dann bin ich drei Wochen später wieder zurück nach Deutschland, das war im November 2023. Wir hatten einen Videocall vereinbart, zu dem er sich dann betrunken eingeschaltet hat. Ich habe mit Unverständnis reagiert und ziemlich bald danach aufgelegt. Am nächsten Tag hat er Schluss gemacht. Hat sich die nächsten drei Tage fast in ein Koma gesoffen (teilweise hat mir das auch seine Mutter erzählt).
    Und dann, am vierten Tag hat er sich AA Meetings rausgesucht und geht seitdem (also seit 3 Monaten) drei Mal die Woche zu den Meetings und zur Therapie.
    Als Grund für das Beziehungsende hat er am Anfang angegeben, dass er nicht in einer Beziehung sein kann, wenn der Kampf, den er gegen den Alkohol kämpft an einem seidenen Faden hängt..
    Wir haben im Januar wieder telefoniert und ich habe ihm erzählt, dass ich Ende Februar noch einmal beruflich in sein Land reisen muss und ob er bereit ist, mich zu sehen. Er hat sich am Telefon gefreut, jedoch sagte mir mein Gefühl, dass er gleichzeitig Angst bekommen hat, Angst, eine Erwartung zu erfüllen oder so.
    Wir haben ausgemacht, bis dahin (also 4 Wochen) nicht miteinander zu sprechen und uns dann zu sehen, wenn ich vor Ort bin.

    Er hat auch angedeutet, dass er mich nicht die ganzen 3 Wochen sehen kann, in denen ich da bin, da es sehr schmerzhaft für ihn sein wird.

    Ich habe bis heute nicht verstanden, warum man eine Beziehung beenden muss, wenn man alle Schritte zur Besserung unternimmt und was ihn bewegt, so klar in seiner Entscheidung zu sein.. Ich bin vorbereitet, dass er beim Treffen genau die gleichen Worte finden wird, wie am Anfang der Trennung. Es liegt nicht an mangelnder Liebe, sondern daran, dass er den Weg alleine gehen muss. Auch hat er gesagt, dass er in der Beziehung von so viel Krankheit (Depression, Alkohol) eingenommen war, dass er sich nicht sicher ist, was er da eigentlich gefühlt hat. Ich weiß nicht, ob er damit die Liebe zu mir meinte.. Ich hatte Angst, es zu erfragen.

    Habt ihr Ratschläge für das Wiedersehen? Erfahrungen, wie es einem Menschen nach 3 Monaten Entzug gehen könnte, gerade in Bezug auf eine gescheiterte Beziehung? Auf was kann ich mich vorbereiten?

    Vielen Dank im Voraus
    Wildwoodflower

  • Hallo Wildwoodflower! Du bist noch im Vorstellungsbereich - deshalb halte ich es erstmal kurz und knapp: Ich verstehe, all die Fragen, die du dir stellst - ich möchte Dir aber sagen a) es gibt keinen Grund, um zu trinken und wenn man noch so viele Probleme hat - es ist eine Ausrede/Begründung, um zu konsumieren. b) die wichtigste Frage für Dich ist aus meiner nicht die, wie es ihm geht, sondern die, warum du dir das so antust. Ist das eine Partnerschaft, wie du sie Dir gewünscht hast? Jemand, der lieber trinkt, der sagt, er kann Dich nicht die ganze Zeit sehen, wenn Du da bist, der Schluss macht, wenn Du neue Hoffnung schöpfst … warum lässt Du ihn nicht einfach seinen Weg allein gehen, bis er weiß, was er will?

  • Hallo Wildwoodflower,

    vielleicht will er einfach in Ruhe trinken? und erzählt dir irgendwelche Sachen...? Vielleicht hat er eine neue Freundin bei sich vor Ort? und erzählt dir irgendwelche Gründe...? Bei Fernbeziehungen ist ALLES möglich.

    Jetzt mal unabhängig von der Trinkerei, wieso rennst du jemandem nach, der kein Interesse an dir hat?

    Lieber Gruß, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Lanananana , danke für deine Worte. Zu a) ja, das stimmt. Ich versuche auch zu verstehen, wie das funktioniert. Und zu b) Es ist hart, jemanden so gehen zu lassen, der einem gesagt hat, man ist die Liebe seines Lebens und dann plötzlich alles aufgibt. Ich denke, ich möchte mit dem Wiedersehen spüren, was bei ihm los ist. Bzw. bin ich beruflich eben vor Ort und es fällt mir schwer, ihn dann nicht zu sehen. Aber du hast Recht, ich bin noch im Vorstellungsbereich und habe viele Szenarien im Kopf, wie sich das ausspielt.. Vllt werde ich nach dem Treffen besser loslassen können.

    Linde66 : Bei Fernbeziehungen ist in der Tat alles möglich.. Aber er geht ja zu den AA Meetings. Jedenfalls sagte er mir das so.. Und mir ist natürlich auch schon in den Sinn gekommen, dass er eine neue Freundin haben könnte. Aber wieso sollte ich diesen Gedanken noch weiter ernähren?? Was würde es mir bringen? Er hat mir mehrere Male nach der Trennung gesagt, dass er keine neue Freundin hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Wildwoodflower (21. Februar 2024 um 08:53)

  • Da bin ich wieder. Ich hoffe, ihr könnt mir helfen.
    Nachdem ich meinen Ex im Ausland besucht habe und wir uns einige Male getroffen haben (platonisch), bin ich wieder zurück in Deutschland. Die Treffen waren alle gut, emotional, sehr aufwühlend und offen (das dachte ich zumindest). Er hat mir erzählt, dass er zwar immer noch versucht nüchtern zu bleiben, aber das nicht immer klappt.
    Ich wusste nicht so recht, was ich mit der Information anfangen soll. Aber ich habe sie so hingenommen. In dem letzten Gespräch hat er mir dann auch gesagt, dass er mich gegen Ende unserer Beziehung nicht mehr anschauen konnte. Die ganze Wut, die er auf sich hatte (das Trinken, die Depression) hatte er dann auch auf einmal auf mich. Weil ich ihm immer den Spiegel vorgehalten habe. Und es kam ein Punkt, wo er meinte, wenn ich mich selber enttäusche, dann enttäusche ich nur eine Person. Aber ich konnte nicht auch noch eine andere Person enttäuschen.
    Auf die vielen Fragen, ob er eine Neue hat, hat er mir versprochen, dass es nicht so ist...

    In Deutschland angekommen, habe ich letzte Woche von gemeinsamen Freunden erfahren, dass er kurze Zeit (vllt auch schon in unserer Beziehung, wer weiß) was mit seiner Arbeitskollegin angefangen hat. Ich habe ihn daraufhin um ein Gespräch gebeten. Und er hat natürlich erst einmal alles verneint und dann irgendwann zugegeben, dass er was mit ihr hat.

    Und dann: Er meinte, dass das Aufhören mit dem Trinken korreliert ist damit, dass sie in der Nähe war und er das erste Mal ein wenig Ruhe und Freude empfunden hat. Er meinte auch, dass es die Freude nicht unbedingt was mit ihr zu tun hat, aber dass er sich an dieser Freude so sehr aufhält, dass er das ohne Rücksicht auf mich getan hat. Ich bin geschockt. Monatelang habe ich dafür gekämpft, dass er aufhört zu trinken und dann sowas?
    Könnt ihr das nachvollziehen? War ich so ein schlimmer Spiegel für ihn, dass er sich direkt jemand neuen suchen musste?

    Ich hoffe auf Eure Eindrücke.

  • Ich bin geschockt. Monatelang habe ich dafür gekämpft, dass er aufhört zu trinken und dann sowas?

    Ich verstehe, dass dich das schockt aber im Grunde ist das das Ergebnis deines falschen Ansatzes: Du kannst nicht dafür kämpfen, dass er aufhört zu trinken. Du kannst nur für Dich, deine Werte, deine Standards einstehen und Grenzen für dich setzen und dafür sorgen, dass sie gewahrt werden.

  • Hallo Wildwoodflower,

    du bist hier noch im Vorstellungsbereich.

    Morgenrot hatte dir den Link für die Bewerbung für den Austausch im offenen Bereich dieses Forums geschickt.
    Wenn du dich hier austauschen möchtest, klicke da bitte drauf und teile uns das mit.
    Dann kannst du freigeschaltet werden.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Hallo Wildwoodflower,

    du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet, und der Austausch kann beginnen. Du kannst überall schreiben, nur bitte in den ersten 4 Wochen nicht im Vorstellungsbereich.

    Dein Thema verschiebe ich in den offenen Bereich.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Ich verstehe, dass dich das schockt aber im Grunde ist das das Ergebnis deines falschen Ansatzes: Du kannst nicht dafür kämpfen, dass er aufhört zu trinken. Du kannst nur für Dich, deine Werte, deine Standards einstehen und Grenzen für dich setzen und dafür sorgen, dass sie gewahrt werden.

    es geht mir eher darum, dass ich nicht begreifen kann, was er da gesagt hat. Und deswegen frage, ob ich Eindrücke habt, wie man verständlich machen kann, warum jemand diese Schritte geht. Jemand der mit Alkoholsucht zu kämpfen hat.
    Für mich ist die Sache komplett beendet. Ich versuche gerade nur meine Wunden zu lecken und zu verarbeiten und ich verarbeite besser, wenn ich es besser verstehe.

  • Also ich bin nicht ganz sicher, ob ich dich richtig verstanden habe deshalb frage ich nochmal nach:

    verstehst du seinen Wechsel zu einer anderen Frau und seine damit verbundene (angebliche) Abstinenz und Freude nicht?

    Falls ja, meine Gedanken als Alkoholiker dazu:

    Alkohol steht immer an erster Stelle und man sucht sich den einfachsten Weg den Zugang zu erhalten. Du hast deine Grenzen aufgezeigt, hast dich (in seiner Wahrnehmung) zwischen ihn und einen sorgenfreien/leichten Konsum gestellt. Da wurde ich in meiner alten Beziehung mit meiner Ex auch kratzbürstig.

    Natürlich freut er sich aktuell, die neue Beziehung ist zu neu als dass ihm (vermutlich)zur Zeit der Alk madig gemacht wird.


    So war jedenfalls oft meine Gefühlslage, natürlich reine Spekulation ob das bei deinem (Ex-)partner auch so ist. Aber es sind oft Muster, welche sich wiederholen. Und bei fehlender Einsicht befürchte ich, dass die neue Partnerin die gleichen Erfahrungen wie du machen wird...

  • Vielen Dank für deine Antwort. Ja, ich meinte genau das.

    Er hat am Ende unserer Beziehung seine Wut, die er auf sich hatte auch auf mich projiziert. Und dann trennt er sich, geht zu den AA-Meetings etc., geht diese Schritte..
    Als ich dort war nach der Trennung, haben wir uns getroffen und da hat er mehrere Male erzählt, dass er immer noch trinkt, aber heimlich und nicht viel. Ich weiß nicht, wie viel ich glauben soll. Also eigentlich weiß ich überhaupt nicht, was ich glauben soll. Er hat so gut gelogen, dass ich nicht weiß, was jemals wahr oder gelogen war. Ist es möglich, dass er gelogen hat, als er gesagt hat, er trinkt noch? Oder ist es eher so, dass er mehr trinkt, als er zugibt?

    Und dann ist er - Zitat "ruhig" und "sie war nett zu ihm" und er war "einsam".
    Und mit mir war er anscheinend unruhig, weil ich unbequem war.

  • Wirklich?

    Ja. Das war einer zu viel. Er hat mir vier Monate vorgegaukelt, dass er mich immer noch liebt und mir geschworen, dass keine Andere im Spiel ist. Und dann das?

    Ich möchte nur verstehen, was bei jemandem mit Suchtcharakter passiert, wenn er jemanden wegstößt, den er liebt, weil es zu viel wird.
    Dann die nötigen Schritte geht zur Besserung und wenige Wochen später a) wieder anfängt zu trinken und b) sich mit seiner Arbeitskollegin vergnügt.

    Das verstehe ich nicht, bei all den Sachen, die er mir gesagt hat.

  • Manches ist einfach nicht zu verstehen. Ich nutze meine Energie inzwischen für mich - weil ich weiß, es ist nicht zu verstehen und es ist für mich auch nicht relevant - für mich ist wichtig und nützlich, mich zu verstehen - und mein eigenes Verhalten in den Fokus zu nehmen. Denn das kann ich beeinflussen.

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