Jana, Mein Mann ist Alkoholiker

  • Liebe Jana,

    beim Lesen in deinem Faden und (auch in einigen anderen Fäden) habe ich zunehmend ein irritiertes Gefühl. Nehm's mir bitte nicht übel, es ist nicht böse gemeint.

    Eigentlich sollte es in diesem Forum doch darum gehen sich mit den eigenen Co-Anteilen auseinander zu setzen. Hier geht es aber hauptsächlich darum wie schlimm der Ex war und ist, was für ein "Trottel", Monster, Unmensch etc. (Worte nicht unbedingt von dir - ich muss zugeben ich verwechselt manche Fäden mittlerweile, weil die Beschimpfungen alle sehr ähnlich rüber kommen).

    Es ist verständlich, dass du sehr verletzt bist. Er geht einfach, unterstellt dir Fremdgehen. Vielleicht ein Eifersuchtswahn durch die Intoxikation. Gibt es aber auch bei nicht-Alkoholikern. Ist aber auch egal. Jeder Versuch das zu verstehen scheitert bei einem Alkoholiker, weil die Regeln der Logik und normalen Zwischenmenschlichkeit durch die Sucht ausgehebelt werden.

    Für mich war der wichtigste Schritt die Kapitulation. Aufgeben zu versuchen zu verstehen, zu helfen, Vorwürfe zu machen, zu versuchen etwas zu kontrollieren, was nicht kontrollierbar ist. Es nicht persönlich zu nehmen ist schwer, das weiß ich.

    Bei dir ist alles noch sehr frisch. Du bist erst seit wenigen Wochen hier. Vielleicht ist es auch zu früh schon nach innen zu schauen. Ab und zu schreibst du zwar: warum bin ich so lange bei ihm geblieben? Warum habe ich xy? Aber darauf kommen dann keine Antworten.

    Du bist 15 Jahre zusammen gewesen und er hat schon immer viel getrunken. Warum wurde es erst ein Problem für dich, als sich seine Persönlichkeit verändert hat? Alkohol macht betrunken. Wie kommt es, dass das für dich okay war?

    Was hat dich die ltzten drei Jahren bleiben lassen? Du bist finanziell unabhängig. Ihr habt keine Kinder (die sowieso ja eher ein Grund sind unbedingt zu gehen). Die Wohnung gehört dir.

    Bei mir war es u.a. eine klebrige Bequemlichkeit. Und eine langsame Gewöhnung würde ich sagen, durch die ich schrittweises immer mehr meiner Werte und Standards geweitet habe. Auch eine Herkunftsfamilie, in der Trinken normal war. Und dass ich früher selbst gerne getrunken habe.

    Mein großes Thema ist das Loslassen. Ich habe den Eindruck das fällt dir auch ganz schwer. Z.B. schreibst du im Nebensatz, dass du eigentlich zu deinem Therapeuten gegangen bist, um ihm was aus der Nase zu kitzeln über deinen Ex. Und du schaust anhand der Kontobewegungen, ob er sich Alkohol kauft. Auch in Bezug auf den Unterhalt frage ich mich, ob darüber eine Art Verbindung aufrecht erhalten werden soll? Oder ob es hier um Rache geht? Er ist schuld, er soll dafür zahlen?

    Ich versuche mich sehr auf mich selbst zu fokussieren, wieder an mein früheres Ich anzuknüpfen, mich auf meine innere Stärke zu besinnen, mich an möglichst vielen kleinen Dingen zu erfreuen und immer dafür zu sorgen, dass es mir gut geht. Meine Grenzen zu achten, aber auch die von meinem Mann. Mir klar zu machen wie viel Unabhängiges ich habe, meinen Beruf, meinen eigenen Freundeskreis, mein eigenes Geld. Das ist bei dir, glaube ich, genauso.

    Ich will auch daran erinnern, dass wir hier im www schreiben. Jeder kann mitlesen.

    Ich hoffe ich bin dir nicht zu nah getreten.

    Alles Liebe, Jump! 🏵️

  • Für mich war der wichtigste Schritt die Kapitulation. Aufgeben zu versuchen zu verstehen, zu helfen, Vorwürfe zu machen, zu versuchen etwas zu kontrollieren, was nicht kontrollierbar ist. Es nicht persönlich zu nehmen ist schwer, das weiß ich.

    Genau das ist der Schlüssel zum Glück. Aber das ist ein Prozess dahin zu kommen. Ich habe ihn mittlerweile geschafft und ich denke du hast auch diesen Prozess durchlaufen. Das muss man allen Cos die erst aufgewacht sind möglichen und darf das nicht angreifen in meinen Augen

  • Eigentlich sollte es in diesem Forum doch darum gehen sich mit den eigenen Co-Anteilen auseinander zu setzen.

    Ich glaube, damit setzen wir uns hier alle auseinander. Jede/r halt auf seine Art.

    Und nein, ich nehme dir das nicht übel, ich freue mich über jeden, der mir schreibt, das darf auch kritisch sein.

    Ich versuche hier reinzuschreiben, wie es mir geht, aber auch wie sich mein Gegenüber für mich anfühlt. Dass ich emotional noch nicht ganz abgekoppelt bin, ist nach der kurzen Zeit eher normal, aber ich wünschte mir, es wäre anders.

    Mein großes Thema ist das Loslassen.

    Ja, meins auch. Es fiel mir überraschenderweise leichter als er noch da war. mich auf mich selbst zu konzentrieren. Jetzt ist da einfach diese riesengroße Sache, die Trennung. Das ist nochmal was anderes. So viel ich in Erinnerung habe, ist diese bei dir noch nicht eingetreten, aber das ist schon nochmal einen Zacken heftiger als das zusammenleben und das Ausblenden gewisser Aushänger... zumindest ist es bei mir so. Komme damit wirklich schwer zurecht. Dass ich so schwer damit zurecht komme überrascht mich selbst.

    Als ich noch mit ihm zusammengelebt habe, habe ich recht "gut" gelernt mit seinen Aushängern umzugehen, zurückziehen, mich um mich selbst kümmern, aber er war immer noch da und eben auch oft der Mann, in den ich mich verliebt habe. Dass er jetzt weg ist, dreht den Fokus komplett, denn jetzt ist zusätzlich zu den dependenten Anteilen, mit denen man sich vorher schon auseinandergesetzt hat, nun auch diese Endgültigkeit da, die Hoffnung, dass sich alles noch zum Guten ändert ist weg, kommt nie wieder, Auseinandersetzung damit alleine zu sein und vielleicht zu bleiben ist neu, und natürlich kommt dann noch der gute, alte Liebeskummer dazu.

    Diese Endgültigkeit treibt mich schier in den Wahnsinn!

    Alles Liebe

    Jana

  • Aber das ist ein Prozess dahin zu kommen.

    Endet der jemals? Ich schlafe immer noch weinend ein und wache weinend auf und weiß im ersten Moment gar nicht wieso. Ich lenke mich mit allem Möglichen ab, aber dazwischen ist es immmer wieder da. Gibt Tage, da ist es besser und an manchen, so wie heute, sehr schlimm. Habe das Gefühl, nicht rauszukommen aus dieser Endlosschleife.

    Mein Kopf weiß, dass es so das Beste ist, aber mein Gefühl kommt da immer noch nicht mit.

  • Hi Jana,

    ich glaube, bei dir ist der Unterschied, dass du im Endeffekt zu diesem "Prozess" durch ihn gezwungen wurdest und es keine Entscheidung von dir war. Ich kann mir vorstellen, dass dadurch das loslassen viel viel schwieriger ist. Gib dir einfach ein bisschen Zeit und wenn du weinen musst, dann weine. Das ist doch nichts schlimmes.

    Das passiert mir auch fast täglich, obwohl ich diejenige bin, die gegangen ist, schmerzt es sehr.

    LG

    Zabou

  • Ich kann mir vorstellen, dass dadurch das loslassen viel viel schwieriger ist.

    Ja, das glaube ich auch. Andererseits hat es mir wohl Monate oder gar Jahre des Hoffens erspart...so gesehen, wer weiß wofür es gut ist...

    Das mit dem Weinen regt mich auf... hat er keine einzige Träne davon verdient.

    Das passiert mir auch fast täglich, obwohl ich diejenige bin, die gegangen ist, schmerzt es sehr.

    Was für ein Mist.... und auch so schade...

  • Überprüft mal, ob das wirklich eure Träume waren. Oder ob es aus einem Sicherheitsgefühl entstanden ist. Selbst wenn ein Traum geplatzt ist oder sich nicht umsetzen lässt, hat man doch bestimmt noch andere Träume im Hinterkopf die kann man wachsen lassen und ins Herz bringen und umsetzen. Wird vielleicht nicht leicht ist ein Prozess und dauert aber es kann ein schönes Gefühl sein .

  • Ja, du hast recht, Lolli!

    Ich wünschte, er wäre auf eine halbwegs anständige Art gegangen. Dann könnten wir das jetzt auch auf eine halbwegs anständige Art klären. Da er mir aber nicht antwortet, müssen das jetzt Anwälte klären. Verstehe immer noch nicht was da passiert ist, und ich weiß, man kann es nicht verstehen, aber denke immer, dass es leichter wäre, wenn ich es verstehen könnte.

    Ich müsste auch aufhören zu jammern, aber ich komm aus dieser Schleife grade noch nicht raus.

  • Es ist nicht zu verstehen - so wie vieles im Leben absolut nicht zu verstehen ist. Trennungen sind - mit und ohne Alkohol- leider oft nicht auf „anständige Art“ zu klären. Sei froh, dass Anwälte das übernehmen können.


    Jana, Du hörst auf zu „Jammern“, wenn Du raus aus der Opferrolle willst. Traurig sein ist aus meiner Sicht total ok. Jammern bringt Dich Null weiter. Ich zitiere jetzt auch mal den unfassbar hilfreichen Spruch hier: Tun muss man tun!

  • ich war heute so wütend, dass ich mich nicht zurückhalten konnte und ihm schreiben musste. DIe Art wie er gegangen ist treibt mich einfach in den Wahnsinn und es musste mal an die Adresse, wo es hingehört. Außerdem will ich keinen Rosenkrieg, von dem nur die Anwälte profitieren und deshalb will ich dass er mit mir spricht.

    Ja, whitewolf, ich weiß, alles irre. Aber diese Sprachlosigkeit zwischen uns hat mir gar nicht gut getan. Wenn er wenigstens mit mir geredet hätte und wir das Ganze halbwegs normal hätten beenden könnten, bin ich mir sicher, dass es dann leichter wäre. Vielleicht täusch ich mich auch. Aber so geht es nicht weiter, ich will nicht zukünftig über Anwälte mit ihm reden und jedes Mal Geld dafür hinblättern. Das muss unter erwachsenen Menschen doch auch anders zu regeln sein...

    Und es tut mir leid, dass ich auch hier zu viel hinein schreibe, Dinge die, wie Jump sagt, vielleicht gar nciht hierhergehören, aber ich bin so verzweifelt, dass ich nicht unterscheiden kann was hierhin gehört. Ich möchte mich einfach wieder normal fühlen.

  • Hi Jana,

    Das muss unter erwachsenen Menschen doch auch anders zu regeln sein...

    Ja unter normalen Menschen schon , aber mit einem schwer suchtkranken Menschen ? Da steht die Sucht an erster Stelle, alles andere ist zweitrangig oder sogar egal bzw. wird weg getrunken. Ich war bei der Suchtberatung und auch hier im Forum, ich habe mit der Hilfe für Frauen telefoniert und überall wurde mir gesagt, ich darf sein Handeln nicht persönlich nehmen, das ist Teil der Erkrankung. Mir hilft es immer weiter, wenn ich ihn als kranken Menschen sehe , als Opfer seiner Sucht. Wäre es möglich, das er durchgehend nüchtern bleibt, würde er viele Dinge ganz anders oder gar nicht machen. In diesen Momenten stelle ich mir immer vor, er wird dement und weiss nicht was er macht oder hat vergessen, wie ein normaler erwachsener Mensch zu agieren . Wir haben zwei Demenz-Fälle in der Familie, ich weiss also, wovon ich spreche.

    Vielleicht hilft dir ja dieser Ansatz ein bisschen, Deine Wut ( die ich absolut verstehe )und auch die Hilflosigkeit in den Griff zu bekommen.

    LG

    Zabou

  • ich darf sein Handeln nicht persönlich nehmen, das ist Teil der Erkrankung. Mir hilft es immer weiter, wenn ich ihn als kranken Menschen sehe , als Opfer seiner Sucht. Wäre es möglich, das er durchgehend nüchtern bleibt, würde er viele Dinge ganz anders oder gar nicht machen.

    Da hast Du etwas ganz wesentliches geschrieben.

    lG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • ich war heute so wütend, dass ich mich nicht zurückhalten konnte und ihm schreiben musste. DIe Art wie er gegangen ist treibt mich einfach in den Wahnsinn und es musste mal an die Adresse, wo es hingehört. Außerdem will ich keinen Rosenkrieg, von dem nur die Anwälte profitieren und deshalb will ich dass er mit mir spricht.

    🫣 Ja, hab ich alles hinter mir. Hat alles nichts genutzt. Kein Gespräch. Nur Ärger und Wut. Trotzdem Anwalt

  • Ja unter normalen Menschen schon , aber mit einem schwer suchtkranken Menschen ? Da steht die Sucht an erster Stelle, alles andere ist zweitrangig oder sogar egal bzw. wird weg getrunken.

    Und das ist der springende Punkt nichts anderes. Nicht du, nicht eher als Person, die Krankheit. Die sich leider nun mal so entwickelt hat.
    Und du merkst, dass er nicht mehr rational denken kann. Somit bist du verpflichtet dich zu schützen, wenn es sein muss auch anwaltlich. Bei mir steht die Existenz von zwei Kindern noch auf dem Spiel für dich zu sorgen habe. Ich wollte keinen Anwalt habe lange gewartet und nun bin ich in einigen Dingen im Nachteil, beziehungsweise meine Kinder auch.
    Ich habe mich innerlich distanziert und den Mann, den er früher war im Herzen behalten. Weiterhin stehen meine Türen immer für ihn offen allerdings nicht als Partner nur als Begleiter, wenn er jemand an seiner Seite braucht und auch nur dann wenn er trocken ist.
    ein langer, langer Weg ist das. Bei mir war die Trennung im August letzten Jahres und ich bin erst seit gut 10 tagen an diesem Punkt.

    Die innere Ruhe habe ich aber nur, solange ich ihn nicht sehe und keinen Kontakt mit ihm habe. Da er nun wieder aus der Klinik in unserem Dorf ist mir das nicht lange erspart bleiben. Ich werde berichten, wie sich das entwickelt.🫣

  • Wenn er wenigstens mit mir geredet hätte und wir das Ganze halbwegs normal hätten beenden könnten

    und überall wurde mir gesagt, ich darf sein Handeln nicht persönlich nehmen, das ist Teil der Erkrankung.

    Ist das wirklich so?

    Bei mir ist es ja quasi ganz genau wie bei Jana.
    Dieses wehemente ignorieren, nicht reden wollen, totschweigen…

    Ich dachte eher das ist ein ganz unschöner, egoistischer und unreifer Charakterzug und nicht unbedingt mit der Sucht verbunden 🤔

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