• Auch ich kann dir versichern, dass Lallen kein Hinweis auf übermäßigen Konsum ist. Oder anders ausgedrückt, dass jemand, auch wenn er "randvoll" ist, nicht automatisch lallt.

    Ich habe ja selbst "herumgeeiert", weil ich die Beziehung nicht aufgeben wollte. Und ich wollte einen eindeutigen Beweis, dass mein Ex allein zu Hause trinkt, weil das für mich zu dem Zeitpunkt der Beweis gewesen wäre, dass er missbräuchlich (oder abhängig) trinkt.

    Es gab aber Indizien genug, dass es so ist.

    Ich habe einmal im geselligen Rahmen neben ihm gesessen und gesehen, was er in sich reingeschüttet hat. Er hätte demnach unter dem Tisch liegen müssen. Und was soll ich dir sagen: er sprach völlig normal bzw nur weniger und schwankte nicht einen Millimeter. Ich hätte es nicht eindeutig bemerkt bzw das ganze Ausmaß nicht begriffen, wenn ich nicht neben ihm gesessen und es mit eigenen Augen gesehen hätte.

    Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn jemand geübt oder trainiert im Trinken ist (darf man das so sagen?), lallt er nicht zwangsläufig. Das Nicht-Lallen solltest du nicht unbedingt als Beweis eines sog. 'moderaten' Alkoholkonsums bei deiner Partnerin werten.

    Und ich schließe mich Hartmut an: warum lässt sie es nicht ganz einfach, wenn sie weiß, wie unglücklich es dich macht? Weil sie den Rausch braucht und will, nicht wahr?

    Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht, sonst wärst du nicht hier, sorrowful. Vertrau auf deine Wahrnehmung und dein Bauchgefühl unabhängig davon, wieviel deine Partnerin nun nachweislich in deiner Gegenwart trinkt.

    Liebe Grüße!

  • Liebe Helene,

    warum lässt sie es nicht ganz einfach, wenn sie weiß, wie unglücklich es dich macht?

    Du schreibst da etwas, was mich wie ein kalter Guss trifft: Sie weiß gar nicht, wie *unglücklich* es mich macht. Ich habe mit ihr bisher nur darüber gesprochen, dass mir *Sorgen* macht, dass sich daraus eine Abhängigkeit entwickeln könnte, und "dass ich mich manchmal (in Wochen, in denen es mehr ist) *nicht so recht wohlfühle* mit ihrem Trinken", ist ja keine klare Aussage über meine Gefühle dabei.

    Es ist verrückt. Wir führen eine so enge und gute Beziehung, reden ständig über Empfindungen und Gefühle, aber bei diesem Thema scheue ich mich offensichtlich, meine Gefühle anzusprechen. Muss ich nachholen.

  • Hallo sorrowful, jetzt komme ich auch mal zu dir.

    Du fragst quasi ob du aus einer Mücke einen Elefanten machst. Oder ob es wirklich ein Elefant ist.

    Dazu fällt mir ein Erlebnis ein:

    Ich wurde mal vor langer Zeit von einem Adler angegriffen. Ich bin unverletzt geblieben und weg gerannt, aber er kam immer wieder im Sturzflug auf mich runter, um im letzten Moment abzudrehen. Ich hatte Todesangst, war in heller Panik.

    Danach war ich lange Zeit so schreckhaft, dass ich bei jeder Fliege, die zufällig an mir vorbei geflogen ist, zusammen gezuckt bin. Ich wusste aber woher es kommt und dass die Fliege harmlos ist. Es war ja offensichtlich.

    Ich habe deinen Faden gelesen und ich frage mich, ob es sein kann, dass du durch deine frühere co-abhängige Beziehung vielleicht sehr viel Schaden genommen hast und es im Grunde darum gehen könnte dies zu verarbeiten?

    Ich bin darauf gekommen nachdem du geschrieben hast:

    Ich hatte garantiert als Co keinen klaren Geist mehr

    Und auch sonst immer wieder erwähnst wie schlimm diese Zeit für dich war.

    Es könnte ja durchaus auch sein, dass du deine Ängste und dein Kontroll-bedürfnis auf deine jetzige Partnerin überträgst. Das ist ja auch das, was du selbst befürchtest, so wie ich dich verstehe.

    Die Antworten die du bekommen hast zielen darauf ab dich in deiner Wahrnehmung und deinen eigenen Bedürfnissen zu stärken. Das ist ja auch wichtig und gut. Es wäre für mich aber ein Unterschied ob ich aus eigener innerer Überzeugung eine Partnerin will, die nichts oder minimal trinkt. Oder ob dies einem Kontrollbedürfnis oder einer Angst entspricht. Dann wäre es für mich jedenfalls eher ein Ernst-nehmen der eigenen Wahrnehmung, indem ich deren Bedeutung für mich selbst heraus finde, anstatt die Lösung auf meine Partnerin zu schieben.

    Ich glaube deshalb bist du auch in Therapie und dort ist das ja auch absolut richtig adressiert.

    Auch auf die Gefahr hin, dass ich nerve, hier noch eine zweite Geschichte von mir:

    Ich wurde vor langer Zeit mal auf der Arbeit tätlich angegriffen. Danach habe ich immer sofort eine Panikattacke bekommen, sobald ich diesen Ort betreten hatte.

    Ich bin zu einem praktizierenden Arzt, der aber auch Verhaltenstherapeut war und habe ihm die Situation geschildert. Er hat mich angeschaut und gesagt: wer hat Sie empathische, zarte, feinfühlige Person denn in einen solchen Job gesteckt? Aus seiner Sicht sei das schlicht eine völlige Fehlbesetzung. Er meinte aber: wenn Sie das wollen, dann kann ich das behandeln und ich verspreche ihnen, dass sie es schaffen werden dort zu arbeiten. Aber überlegen Sie es sich gut, denn Sie müssten sich sehr verändern und ich finde Sie so gut wie Sie sind. Er gab mir eine Woche Bedenkzeit. Ich habe gekündigt.

    Hier hätte ich mich selbst wirkich zu sehr innerich verbiegen müssen.

    Ich hoffe der Unterschied, den ich meine wird klar. Und die Antwort wirst du hier nicht finden, glaube ich. Aber was du hier findest ist die Möglichkeit dich mit deinen co-abhängigen Verhaltensmustern zu beschäftigen.

    Alles Liebe, Jump! 🏵️

  • Hallo, liebe Jump!, danke für Deine einfühlsame Antwort!

    Du fragst quasi ob du aus einer Mücke einen Elefanten machst. Oder ob es wirklich ein Elefant ist.

    Ja, das ist sicher der Kern meines mentalen Durcheinanders: Ist da überhaupt ein ernstzunehmendes Problem, oder ist da gar keins? Und: Inwieweit ist es möglicherweise nur in meinem Kopf ein Problem, aber in den Köpfen der - nicht abhängigen - Mehrheit der Leute in der Gesellschaft, in der wir leben, wäre es gar keins? Also: Wie groß ist das subjektive Moment dabei?

    Ich habe deinen Faden gelesen und ich frage mich, ob es sein kann, dass du durch deine frühere co-abhängige Beziehung vielleicht sehr viel Schaden genommen hast und es im Grunde darum gehen könnte dies zu verarbeiten?

    Es könnte ja durchaus auch sein, dass du deine Ängste und dein Kontroll-bedürfnis auf deine jetzige Partnerin überträgst. Das ist ja auch das, was du selbst befürchtest, so wie ich dich verstehe.

    Das ist ganz sicher so.

    Ich dachte, ich hätte das in den vergangenen Jahren alles verarbeitet, aber verarbeitet habe ich offensichtlich nur die damalige Beziehung selbst: Es ist mir inzwischen egal, wie es der Ex alkoholmäßig geht. Aber es ist offensichtlich eine generelle Angst geblieben, und die heißt: "Oh Gott, was, wenn es jetzt in dieser neuen und so wunderbaren Beziehung wieder so wird wie damals?"

    Ich bin mir inzwischen sicher, dass hier diese Ex-Erfahrung, meine grundlegenden Prägungen und eine aus beidem resultierende, irgendwie schon paranoide Angst ineinandergreifen. Ich sehe nicht klar. Ich konnte das damals als Co nicht - und jetzt kann ich es auch nicht. Es ist so, als ob ich momentan schon wieder "vorauseilend coabhängig" bin, wenn das irgendwie verständlich ist?

    Zum Kontrollbedürfnis: Es ist nicht so, dass ich das Bedürfnis hätte, ihren Alkoholkonsum zu kontrollieren - wenn ich eines aus der Ex-Beziehung gelernt habe, dann ist es, dass solche Ideen komplett irreal sind.

    Du hast aber sicher Recht, wenn Du sagen wolltest, ich würde meine Prägungen - in denen freiwillige Aufgabe der *SELBST*kontrolle durch Drogen, und wenn auch nur selten und für einige Stunden, ein absolutes No-Go ist und als krasser Indikator für einen schlechten Charakter gesehen wird - auf sie übertragen oder eben als allgemeingültiges Muss in den Raum stellen würde. Davor habe ich in der Tat Angst, denn eine der Fragen in meinem Durcheinander ist ja eben auch: "Aber wie kann ich erwarten, dass andere Leute dieselben Maßstäbe und Maximen verinnerlicht haben wie ich?"

    Zur schon paranoiden Angst: Die ist sicher auch ein Zeichen dafür, dass ich das alte Trauma nicht wirklich verarbeitet habe, vielleicht aber auch für andere Dinge mehr in meiner Seele. Ich hoffe, dass ich da mit meiner Psychologin mehr Klarheit finden kann.

    Es ist so: Ich bin ansonsten überhaupt kein ängstlicher Typ - nur in diesem einen einzigen Punkt, und der heißt ja im Klartext: Angst vor hypothetischen Situationen, wie zum Beispiel vor Exzessen, die doch aber während der gesamten gut zweieinhalb Jahre, die wir uns mittlerweile kennen, noch nie eingetreten sind, nicht mal ansatzweise! Entschuldigung, aber das ist doch "nicht normal", um es mal ganz unpsychologisch zu sagen.

    Die zweite Angst ist die vor der hypothetischen Möglichkeit, dass es mehr und mehr Alkohol werden könnte. Man kann das nicht voraussagen. das habe ich verstanden, aber es ist ja bisher keinerlei Tendenz in diese Richtung zu erkennen - im Gegenteil: Seit wir zusammen wohnen, ist es merkbar weniger geworden.

    Gut, nun kann es theoretisch immer sein, dass sie heimlich trinkt, aber da wir beide im Home Office arbeiten und auch sonst möglichst viel Zeit über zusammen verbringen (die Liebe ist ja immer noch groß), also auch Dinge mit anderen gern zu zweit unternehmen, müsste sie das Ganze schon sehr konspirativ und hochorganisiert durchziehen, damit ihr dabei nicht zumindest irgendwann mal ein Lapsus unterläuft. Wie gesagt: Ja, es ist immer möglich, aber es schiene mir in der Situation nur wie ein ergänzender Zug meiner Paranoia.

    Es wäre für mich aber ein Unterschied ob ich aus eigener innerer Überzeugung eine Partnerin will, die nichts oder minimal trinkt. Oder ob dies einem Kontrollbedürfnis oder einer Angst entspricht.

    Das Kontrollbedürfnis würde ich ausschließen, aber: Es ist ganz bestimmt ein Mix aus Sozialisierung und Angst. Hundert Pro.

    Positiv: Durch die Erfahrungen im täglichen Zusammenleben ist meine Angst etwas geringer geworden. Und: Meine neue Psychologin ist hart und konsequent: für die nächste Zeit zweimal die Woche, Minimum. So intensiv habe ich noch nie in mich reingeguckt.

    Der Grund für die Intensität, nicht ganz so positiv: Sie sieht offenbar eine akute Gefahr für unsere Beziehung, denn sie meint: Es kann alles wunderbar sein, aber ein einziger ungelöster tiefgehender emotionaler und moralischer Konflikt kann ausreichend sein, um alles zu zerstören.

    Es tut mir leid, dass ich Euch hier mit meinen seelischen Gebrechen auf die Nerven gehe, und deshalb nochmal ein ganz besonderes Dankeschön für Deine und alle anderen Antworten!

  • Hi sorrowful, ich komm mal zu dir wenns ok ist.

    Ich glaube auch dass -normal- extrem dehnbar ist. Weil es mit empfundenen grenzen zusammenhängt. Und sich auch ändern kann, je nach erfahrungen die man macht. Und du hast ja negative erfahrungen gemacht, wenn auch nicht in der kindheit, sondern im erwachsenenalter. Dich zu vergleichen mit anderen ist da wahrscheinlich wenig zielführend, viel wichtiger ist ja die frage, mit was kannst du leben, oder was brauchst du um dich wohl zu fühlen?

    Unruhe, beim anblick von alkoholkonsum von anderen kenne ich auch. Klar ist für mich trotzdem, ich sortiere jetzt nicht meine freunde aus. Aber ich rede drüber, und schaue daß aus unruhe keine panik wird. Ich hatte neulich einen seltsamen übelkeitsanfall nach einem kneipenbesuch., obwohl alles eigentlich nett war. Niemand war betrunken, aber offensichtlich ertrage ich, oder besser mein körper, der ist direkter im wahrnehmen als mein intellekt, manchen anblick gerade nicht, der mir vor einem jahr noch völlig egal war. Das nehme ich ernst. Für mich heisst es situativ abwägen. Und nach hause gehen, wenns zuviel wird.

  • Und nach allem, was ich gelesen habe, gibt es da nach oben keine Grenze: "Du übertreibst!"

    Das stimmt, sorrowful.

    Die neuste Empfehlung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) ist, dass man, um gesundheitliche Gefahren auszuschließen, ganz auf Alkohol verzichten soll.

    Jeglicher Konsum ist gesundheitsschädlich.

    Denn Alkohol ist eine toxische, psychoaktive und süchtig machende Substanz.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Die neuste Empfehlung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) ist, dass man, um gesundheitliche Gefahren auszuschließen, ganz auf Alkohol verzichten soll.

    Jeglicher Konsum ist gesundheitsschädlich.

    Denn Alkohol ist eine toxische, psychoaktive und süchtig machende Substanz.

    Ja, das habe ich auch gelesen. Aber wenn wir realistisch sind, hat nun mal jede Gesellschaft ihre traditionelle Droge. Der Wunsch nach dem Rausch ist einfach menschlich. Das kriegt man nicht weg, die große Mehrheit will auch gar nicht drauf verzichten. Aber immerhin ist eben mein Eindruck, dass die Masse der Leute in Europa Gott sei Dank für das Alltagsleben immer noch nur den "ganz kleinen Rausch" als OK ansieht.

    Ich hab mir da mal alle möglichen Daten von WHO etc. näher angesehen, um für meine Hilfs- und Ahnungslosigkeit irgendwie eine Richtschnur zu bekommen - ich hatte das ja schon geschrieben: Ich hatte überhaupt keine Peilung, was die Masse der Leute so als "noch OK" ansieht.

    Ja, Hartmut wird sagen: Und was nützt Dir das, wenn Du Dich nicht damit wohlfühlst? - Alles richtig, aber als Blinder mit verbundenen Augen in einem stockdunklen Raum, der dort die schwarze Katze sucht, ist man über das leiseste Miau schon sehr froh.

    Es scheint mir ungefähr so auszusehen:

    - 100% der Frauen in Europa trinken im Durchschnitt ca. 3 Gläser Wein (à 200 ml) pro Woche.

    - Ca. 15% der Frauen trinken im Durchschnitt 10 Gläser Wein pro Woche. Das sind die "Vieltrinkerinnen", die wir uns jetzt mal nicht zum Maßstab nehmen wollen. Also nehme ich die raus.

    - Die restlichen ca. 85% der Frauen, an die ich mich jetzt halte, trinken im Durchschnitt 2 Gläser Wein pro Woche.

    Sorry, viel Statistik und Rechnerei, aber für Freaks wie ich in meiner Lage ist es ein kleines Miau.

    Einmal editiert, zuletzt von sorrowful (17. Oktober 2024 um 12:18)

  • viel wichtiger ist ja die frage, mit was kannst du leben, oder was brauchst du um dich wohl zu fühlen?

    Ja, das stimmt. Aber da ist es irgendwie nach wie vor ein "Grenzfall" für mich. Je mehr ich so im Alltag mit ihr lebe, desto mehr merke ich, dass das schon "gerade noch OK" für mich ist. Aber verrückterweise lebe ich immer noch in der Sorge vor einem Exzess, der bisher noch nie vorgekommen ist, seit ich sie kenne, aber wahrscheinlich eine dermaßene Krise für mich bedeuten würde, dass es emotional kippen würde.

  • Hallo Sorrowful,

    ich melde mich hier, weil mich Deine Überlegungen zum "normalen", gesellschaftlich anerkannten Alkoholkonsum gerade echt ärgern. Ich empfinde Deine Aussagen als beschönigend.

    Ja, ...Aber wenn wir realistisch sind, hat nun mal jede Gesellschaft ihre traditionelle Droge.

    Der Verweis auf einen vermeintlichen mangelnden Realismus ist häufig ein Totschlagargument. Damit kann man jedes, auch sehr vernünftige Argument schachmatt setzen...Richtig überprüfbar ist so eine "Realismus-Aussage" nicht, zumal in Zusammenhang mit so abstrakten Begriffen wie "jede Gesellschaft", die "ganze Menschheit" etc..

    Ein Beispiel: Als Gegenargument zu Deiner Aussage könnte ich stark religiös geprägte Gesellschaften anführen, die keine Drogen zulassen. Hier könnte jemand, dem der "Realismus" als Fundament für alle gesellschaftlichen Fragen und als Lackmustest aller adäquaten Antworten auf gesellschaftliche Probleme wichtig ist, dann argumentieren, dass in diesem Fall die Droge der jeweilige Gott sei oder aber ein exzessives religiöses Ritual (Tanzen bis zum Umfallen, Rosenkranzbeten bis der Kopf leer ist etc.)...nur mal so als Beispiel.

    Der Wunsch nach dem Rausch ist einfach menschlich.

    Was ist mit denen, die das anders sehen? Sind die dann keine "echten" Menschen oder alle Fanatiker? Ich finde solche allgemeinen Aussagen nicht zielführend. Sie haben zudem das Potenzial Andersdenkende zu diskriminieren.

    100% der Frauen in Europa trinken...

    Darüber habe ich mich auch geärgert, aber es ist vielleicht einfach ein Tippfehler, denn es ist ja klar, dass dies nicht sein kann?

    Ich glaube auch dass -normal- extrem dehnbar ist. Weil es mit empfundenen grenzen zusammenhängt. Und sich auch ändern kann, je nach erfahrungen die man macht.

    Ich kann Koda nur aus ganzem Herzen zustimmen. Solche Bewertungen wie die Einordnung, welches Verhalten man noch als normal empfindet, hängen stark von den jeweiligen Erfahrungen ab.

    Und dass ich Dir hier schreibe, hat vor allem mit mir selbst zu tun, der Erfahrung, dass meine Mutter und ihr Umfeld ihren Konsum immer beschönigt hat. Ihr Konsum hat übrigens nur äußerst selten zu Exzessen geführt. Sie hatte sich meist sehr gut im Griff.

    Aufgrund meiner Erfahrungen bin ich in dieser Sache so empfindlich (worüber ich gerade selbst sogar ein wenig erstaunt bin, denn ich dachte eigentlich, ich sei schon stärker darüber hinweg). Ich hoffe Du kannst meine Reaktion verstehen und siehst sie nicht als Angriff auf Dich. So ist sie nicht gemeint, sondern einfach als eine andere Perspektive.

    Dir alles Gute!
    LG Siri

  • Lieber sorrowful- ich habe jetzt Deinen ganzen Faden gelesen. Offenbar lässt sich Deine Eingangsfrage ‚wie viel ist schon zu viel‘ hier nicht klären. Beim Lesen hatte ich aber schnell das Gefühl, dass es hier gar nicht wirklich um Alkohol geht. Hier geht es um Kontrolle und Vertrauen. Du sagst Du hast Dein Anliegen sie möge weniger trinken sehr gewaltfrei formuliert- Ich-Botschaften verwendet usw. ABER im Kern stellst Du ihr die Frage ‚wer ist wichtiger- Alkohol oder ich?‘. Dass sie darauf ablehnend reagiert, kann zwei mögliche Gründe haben:

    1. Der Alkohol ist ihr wirklich wichtiger.

    2. Der Alkohol steht in dieser Frage stellvertretend für ‚Deine Freunde‘, ‚Deine Autonomie‘.

    Ich werde das Gefühl nicht los, dass es hier zwar um Angst vor Kontrollverlust geht - aber nicht von deiner Frau über sich selbst!

  • Da würde ich auch noch mal einhaken. Denn selbst meine formulierung wie sich das -normale- definiert, ist vielleicht von mir auch schon zu sehr pauschalisiert. Ich wills mal versuchen aus meiner sicht noch zu differenzieren. Worauf ich mich festlegen würde ist das fluide daran. Sozialisiert wurde ich als kind eines trinkenden und eines co abhängigen elternteils, und da wurden mir schon widersprüche mitgegeben. Es ist normal zu trinken, - glaubenssatz wenn ich den blick auf meinen vater gerichtet habe. Es ist alles andere als normal, und man trinkt nicht, der glaubenssatz wenn ich auf meine mutter geblickt habe. Dass sie gelitten hat und zwar immens hab ich verstanden als kind, daß er gelitten und getrunken hat auch. Da ich mich emotional früh auf seine seite geschlagen habe, war allerdings so gut wie alles was er tat für mich nachvollziehbar. Daß es für beide unerträglich war, habe ich auch verstanden. Auch das war normal, wenn ich mir auch schwor, daß ich die ich nenns mal normalität des unerträglichen nicht haben will in meinem zuhause.

    Statistiken, WHO, o.ä. bringt mich persönlich nicht weiter. Noch vor ein paar jahren hiess es eine kleine menge alkohol sei gesund. Mein körper signalisierte mir aber sehr oft durch unwohlsein, daß alkohol sehr wohl schädlich ist. Hier kann ich mich als nicht süchtige also auf meinen kontakt mit mir selbst verlassen. Fühlt sich nicht gut an, also mach ichs nicht. Mein körpersinn (gibts das?) Ich meine diese mal leisere mal lautere stimme in mir, die mich über die vorgänge im eigenen system auf dem laufenden hält. Bps. Mir ist übel, durchfall, kopfscmerzen, schlafstörungen). Wenns was zu verarbeiten gibt, ist mein körper mehr im stress, einbisschen in alarmbereitschaft. Begegne ich betrunkenen in der bahn, auf der strasse springt meine innere alarmanlage an. Ich wechsel die strassenseite, bring mich in sicherheit. Selbst wenns offenkundig keine bedrohnung gab, geht mein selbstschutzmodus an. Ich hab ein vermehrtes bedürfnis über das erlebte zu sprechen, mein umfeld kann aber nur bedingt nachempfinden, wovon ich rede. -du bist ja ganz schön traumatisiert, hör ich dann, es klingt bedauernd, mitleidig). Ich registriere nicht mehr alkoholkonsum bei anderen, aber ich registriere bei mir eine höhere sensibilität. Ich brauche also eine andere selbstfürsorge als noch vor einem jahr.

    Zu wirr? Ich schicks mal ab. Wir sind ja im austausch. Gedanken teilen.

  • Fühlt sich nicht gut an, also mach ichs nicht.

    Das sind zwei Dinge die nicht immer leicht sind. Fühlen was sich gut anfühlt und dann entsprechend handeln.

    Hier geht es um handeln für sich selbst- die Straßenseite wechseln weil betrunkene unangenehme Gefühle hervorrufen ist was anderes als sie zu bitten nicht so betrunken zu sein.

    Auch in der Partnerschaft ist das eigene handeln immer ein handeln für sich selbst. Klar kann man mal sagen, dass es blöd ist wenn einer alles stehen und liegen lässt oder laut singt wenn man schlafen will, aber bei Eigenschaften oder Lebensgewohnheiten- und seien sie tatsächlich krank (machend), kann man nur sagen was man wahrnimmt und unterstützen wenn der Partner von sich aus (!) positive Veränderungen vornimmt.

    Oder eben Grenzen setzen und Abstand nehmen.

    Wenn ich einen Partner kennenlerne, der Alkohol trinkt (egal wie viel), kann ich nicht die Beziehung beginnen mit der Prämisse es ihm abzugewöhnen. Genauso wäre es, wenn man eine stark adipöse Person heiratet um sie dann auf Diät setzen zu wollen- das ist für beide Partner nicht zielführend.
    Anders ist es wenn der Wunsch zur Änderung vom Partner selber kommt- da kann ein Partner viel Halt bieten.

    Erziehungsversuche bei Partnern funktionieren nicht und sorgen für Konflikte. Zumindest ist das meine Beobachtung.

  • Irgendjemand schrieb mal in deinem faden, wars whitewolf, daß es für sie zum guten leben dazugehört, das trinken. Ich hoffe ich paraphrasiere nicht falsch. Und wenn das so wäre, dann wäre es a ihr gutes recht und b vielleicht auch übergriffig zu erwarten, daß sie etwas ändern soll, was für sie dazugehört. Wir schnitzen uns ja unsere partner nicht.

    Weiss deine partnerin um deine ängste?

  • 100% der Frauen in Europa trinken im Durchschnitt ca. 3 Gläser Wein (à 200 ml) pro Woche.

    - Ca. 15% der Frauen trinken im Durchschnitt 10 Gläser Wein pro Woche. Das sind die "Vieltrinkerinnen", die wir uns jetzt mal nicht zum Maßstab nehmen wollen. Also nehme ich die raus.

    - Die restlichen ca. 85% der Frauen, an die ich mich jetzt halte, trinken im Durchschnitt 2 Gläser Wein pro Woche.

    Was bezweckst Du damit? Abgesehen davon, dass ich die Zahlen anzweifel: Dich stört, dass Deine Partnerin trinkt. Deine Partnerin trinkt aber - und das ist ihr gutes Recht. Unabhängig von fragwürdigen Statistiken und den Trinkgewohnheiten anderer Menschen. Da passt etwas einfach etwas nicht!

  • Sorry, jetzt erstmal nur kurz:

    Ja, natürlich ist das ihr gutes Recht. Es geht doch nicht darum, sie zu ändern, sondern darum, wie ich mit ihr, wie sie ist, klarkomme oder eben nicht. Deshalb habe ich sie doch nie auch nur mit einem Wort gebeten, geschweige denn aufgefordert, weniger zu trinken. Das habe ich doch schon öfter geschrieben, und das käme doch überhaupt nicht in Frage. Zum einen ist das doch unter anständigen Menschen einfach ausgeschlossen, außerdem, weil ich will, dass sie glücklich ist, und schließlich: Es hätte doch sowieso keinen Zweck. Ich habe ihr bisher nur 2-3 mal zu sagen versucht, dass ich möchte, dass sie versteht und sich nicht wundert, wenn ich mich eventuell in Situationen, in denen es mir zu viel Alkohol wird, zurückziehe, weil ich mich nicht wohlfühle.

    Ob ich wissen will, ob ihr der Alkohol wichtiger ist als ich: Ich habe das noch nie so für mich formuliert, aber ich denke, dass will doch wahrscheinlich jeder Angehörige irgendwie wissen, der sich Gedanken über die Rolle des Alkohols beim Partner macht?

    Wir sind alle anders gestrickt und in anderen Situationen. Ich habe schlicht und ergreifend keinen blassen Schimmer: Wie ticken die Leute so allgemein eigentlich, was Alkohol angeht? Mir persönlich hilft dabei Statistik, einem anderen ist sie völlig egal oder abwegig, vollkommen d'accord. Für mich ist es: "Aha, das ist, was ich bei den meisten Leuten ungefähr erwarten kann. OK, stimmt auch mit meinem Bauchgefühl so ziemlich überein. Ich bin in gewisser Weise ein Exot, aber sie offenbar nicht."

  • Ob ich wissen will, ob ihr der Alkohol wichtiger ist als ich: Ich habe das noch nie so für mich formuliert, aber ich denke, dass will doch wahrscheinlich jeder Angehörige irgendwie wissen, der sich Gedanken über die Rolle des Alkohols beim Partner macht?

    Die Frage bringt Dich/ Angehörige allgemein aber nicht weiter.

    Du (Angehörige allgemein) musst dich fragen, ist dir die Beziehung so wichtig, dass Du sie trotz des Alkohols (und den damit ggfs. zusammenhängenden Problemen) so führen willst. Du bist das Maß in Deinem Leben - nicht andere, Statistik oder sie! Deine Werte sind entscheidend. Und wenn Du ein Exot wärest, dann wär das halt so. Dann passt eine Frau, die gern trinkt, trotzdem nicht in dein Leben.

  • Wir sind alle anders gestrickt und in anderen Situationen. Ich habe schlicht und ergreifend keinen blassen Schimmer: Wie ticken die Leute so allgemein eigentlich, was Alkohol angeht?

    Keiner weiß besser über deine situation bescheid als du selbst. Setz doch bei dir an. Das was als normal angesehen wird, kann sich ja verändern. Statistiken ändern sich. Zumal es wahrscheinlich unzählige gibt. Deine besagt ja njur was zur konsummenge, nichts darüber wie es -den leuten- damit geht Eine befreundete ärztin sagte mir, jeder ddr mi d. Drei mal in der woche alkohol konsumiert, gilt als süchtig. Eine andere perspektivr.

  • Ich habe ihr bisher nur 2-3 mal zu sagen versucht, dass ich möchte, dass sie versteht und sich nicht wundert, wenn ich mich eventuell in Situationen, in denen es mir zu viel Alkohol wird, zurückziehe, weil ich mich nicht wohlfühle.

    .. und das halte ich für Deine ganz eigene und geschickte Art eines Erziehungsversuches. Warum ziehst du dich nicht einfach zurück und bleibst bei dir?

    Ja ich halte Statistiken auch für essentiell- Grundlage einer jeden Aussage menschlichen Verhaltens, aber wenn wir in den Bereich psychischer Erkrankungen kommen werden die Kriterien immer individuell angesetzt.

    Krank ist jemand, dessen ungewöhnliche Verhaltensweisen oder Gefühle ihn oder andere belasten.

    Unabhängig von der Dosis die wir Alkoholiker in nassen Zeiten zu uns genommen haben- und da ist die Spannweite ganz sicher immens- vereint uns, dass wir und/oder unsere Angehörigen unter den Folgen unseres Konsums gelitten haben.

    Da reden wir nicht gleich von Arbeitsplatzverlust, Gewalt oder Leberzirrhose sondern es geht auch schon ‚kleiner‘ - aber bis auf die von dir akribisch registrierte Menge sehe ich da nichts.

    Du betonst wie toll alles ist, wie zugewandt sie ist- niemals ausfällig oder betrunken, zuverlässig und präsent.

    Wie gesagt- ich glaube das Problem hier ist nicht der Alkohol.

  • Warum ziehst du dich nicht einfach zurück und bleibst bei dir?

    Das habe ich einmal gemacht, mit einer Ausrede. Sie wollte danach eine Erklärung. Ich konnte sie nicht anlügen. Ich habe (nur) gesagt, dass ich mich nicht wohlgefühlt habe, weil mir das zu oft Alkohol war in dem Urlaub war. Ich habe dabei nicht einmal sie erwähnt, sondern das ganz allgemein formuliert. "Bitte sei nicht böse, aber mir waren das in diesem Urlaub zu viele Abend mit Alkohol, ich habe mich einfach nicht wohlgefühlt." Ihre Reaktion hat mich gelehrt, dass das gar nicht gut war.

    Aber soll ich ihr denn verschweigen, warum mich solche Abende quälen? Wäre das nicht Co-Verhalten par excellence? Nicht mal ansprechen, womit man sich nicht wohlfühlt? Oder einfach gehen, wenn man sich dazu entschieden hat, ohne es vorher angesprochen zu haben, weil das ja nur ein subtiler Erziehungsversuch gewesen wäre?

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