Seiltaenzerin - Ich bleib am Ball, nicht an der Flasche

  • Hallo. Ein kurzes Update von mir: seit ich wieder arbeite bin ich oft sehr, sehr müde. Das ist so arg, daß ich das Gefühl hatte, während des Trinkens war es bei Weitem nicht so schlimm, das hat mich irritiert. Nun hat es aber "Klick" gemacht und ich hab festgestellt, wie trügerisch dieses Gefühl ist. Weil während des Trinkens hab ich ja nichts anderes gemacht, im Gegensatz zu jetzt. Während des Trinkens hab ich getrunken, gearbeitet und mit viel Müh und Not eine halbwegs funktionierende Fassade aufrechterhalten. Jetzt trinke ich nicht, arbeite, bin hier, denke nach, habe Kontakt mit lieben Menschen, beschäftige mich mit meinem Hobby und geh meine Probleme an - das ist die Müdigkeit auf jeden Fall wert! Und sie ist ja nicht dauerhaft, wechselt sich ab mir Phasen in denen ich Energie habe, z.B. jetzt während des Schreibens fühle ich mich zunehmend besser.

    Hab auch das erste Mal seit ich wieder nüchtern bin von Alkohol geträumt. Das ist nicht schön, aber ich kenne es. Glaube daß diese Träume zum Verarbeitungsprozess dazu gehören. Kennt ihr das auch, träumen von Alkohol, und falls ja, wie kommt ihr damit klar und wie schätzt ihr das ein?

    Liebe Grüße,

    ST

  • Deine Analyse finde ich gut.
    Am Anfang der Abstinenz hat der Körper einige Anpassungen zu leisten und er wird bei zusätzlichen Belastungen, geistig oder körperlich, schneller müde.
    Konzentration über eine längere Zeit hat mich am Anfang schnell ermüdet.

    Alkoholträume hatte ich ein paar, zwei davon waren richtig heftig und ich war froh, dass es nur ein Traum war. Nicht jeder hat sie, aber wenn sie da sind, gehören sie für mich zum Prozess dazu.
    Ich bin auch durch diese Träume nicht beunruhigt. Es ist ein Traum und er zeigt mit, dass die Psyche am arbeiten ist.
    Ich habe in den Träumen sowohl wieder getrunken, als auch dem widerstanden. Eine Deutung ist daher für mich sinnlos.

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          - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Hallo Nayouk: so ist es bei mir auch. In dem aktuellen Traum hab ich widerstanden, von früher kenne ich auch die Rückfallträume. Auch mich beunruhigen sie nicht, bin / war zwar nach dem Aufwachen oft kurz sehr verstört, aber wie gesagt: gehört dazu. Und sind nur Träume. Vielleicht auch eine Warnung, eine Erinnerung an das was war und nicht mehr sein soll.

  • Kennt ihr das auch, träumen von Alkohol, und falls ja, wie kommt ihr damit klar und wie schätzt ihr das ein?

    Ja klar. Ich träume sehr viel und alles Mögliche. Auf mein Leben hat sich da noch nie etwas ausgewirkt.

    Gestern habe ich geträumt, dass ich um 18:45 sterben muss. Hatte mir im Traum z. B. überlegt, ob ich noch was essen soll. Weil das ja eigentlich sinnlos ist.

    Ha. Da fallen mir jetzt zwei Dinge dazu ein. Erstens, ich leben noch. :S Aber zweitens, ich habe überlegt, ob ich noch was essen soll. Tatsächlich nicht, ob ich was saufen sollte. Das ist doch irgendwie schön. Es zeigt mir, dass Alkohol kein Problemlöser für mich ist.

    Aber auch wenn ich jetzt im Traum getrunken hätte, würde mein Leben heute weiter gehen wie sonst auch.

    Meine Einschätzung. Ein Traum ist ein Traum. Sonst nichts.

  • Hi ST,

    dass Du jetzt abstinent bist, ist offensichtlich für Dein Bewusstsein und Unterbewusstsein ein ganz schöner Brocken zu verarbeiten. Das ist und war bei uns allen so. Und weil dem so ist, wird ein Teil der Verarbeitung eben auch in die Träume verlegt. Ich hatte und habe auch immer mal wieder Alkoholträume. Zum Teil wirr, zum Teil real. Bedeuten tun sie nicht mehr als dass ich sie hatte.;)

    Liebe Grüße Kazik

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    abstinent seit 10.12.2024 / Heute trinke ich nicht.

  • An meine Träume erinnere ich mich nur sehr selten, aber an den Traum in der Nacht auf den Tag, an dem ich beschloss, nüchtern zu werden, schon, und zwar noch immer (selbst heute!):

    Ich schwamm im Meer, man könnte auch sagen: Auf hoher See. Weit draußen und kein Land in Sicht. Ringsum nur Wasser. Und es war bewölkt und düster. Das Meer war allerdings nicht wie sonst blau, sondern eine verschmutzte, ölig-schmierige, dunkelbraune bis pechschwarze "Suppe". Hinter mir in der Ferne sah ich einen Tanker, riesig, der mich langsam aber sicher einzuholen und zu überfahren drohte. Ich schwamm schneller, doch er kam näher und ich realisierte, dass ich nicht davon kommen werde, wenn ich weiter schwimme. Als dieses "Riesending" (das bereits den Himmel verdunkelte) nur noch ein paar Meter hinter mir war, kam die Panik und ich entschloss mich zu tauchen, tief hinunter, um dem Ungetüm zu entkommen. Was ich auch tat. Während ich mich abwärts bewegte und merkte, dass der Tanker über mir über mich hinweg fuhr, dachte ich mir: "Hoffentlich überlebe ich das!".

    Als mir im Traum die Luft zum Atmen auszugehen drohte und ich mich fragte, ob ich dies alles lebend überstehen würde, wachte ich auf. Da war es mitten in der Nacht. Schweißgebadet weckte ich meine Frau neben mir auf und erzählte ihr von diesem Traum. Nach einem längeren Gespräch wusste ich, dass ich etwas ändern musste: Jetzt.

    Und so war es dann auch: Seitdem habe ich die Finger vom Alkohol gelassen.

    Für mich war dieser Traum der letzte "Fingerzeig", dass die Trinkerei enden muss. Aus meiner Sicht hat mir hier das Unbewusste (der Traum) den entscheidenden Schupps gegeben, mein Leben zu ändern. Das hat mehr gewirkt als viele gut gemeinte Ratschläge von Familie, Freunden, Bekannten.

    So war es zumindest bei mir. Wobei ich mich noch immer über mich wundere, dass ich als Realist letztlich nicht aufgrund von Argumenten, Ratschlägen und dergleichen, sondern aufgrund eines für mich einschneidenden Traumerlebnisses den Absprung gemacht habe... Bzw. dieser Traum wohl der letzte entscheidende "Knopfdruck" war.

    Auch das Unterbewusste kann somit seinen Beitrag zur Abstinenz leisten. Bei mir zumindest war das der Fall.

  • Auch das Unterbewusste kann somit seinen Beitrag zur Abstinenz leisten.

    Absolut. Im Guten wie im Schlechten - und nicht nur auf die Abstinenz bezogen.
    Ich achte genau auf meine Träume. Ja, es sind Träume, aber öfter mal enthielten sie für mich wertvolle Richtungsweisungen. Nur meine persönliche Sicht.

  • Hallo Alex_aufdemweg , Kazik , stef2303 und Oskar , vielen Dank für eure Beiträge! Finde das Thema interessant und spannend, ich träume seit Kindertagen sehr intensiv, oft schräg, und erinnere mich meistens gut an die Träume. Ich denke, daß sie Hinweise geben können, was sich im Unterbewusstem abspielt, also nicht "nur" Träume sind. Damit meine ich nicht irgendwelche Symboliken, die man in Traumbüchern "gedeutet" bekommen kann, sondern die Träume bezogen auf mein Leben, auf meine Situation.

    Liebe Grüße,

    ST

  • In Träumen wird das Erlebte vom Tag verarbeitet.

    Ich habe auch schon von Alkohol geträumt und war heil froh, das es nur ein Traum war! Wenn ich das aber realisiert habe, ist mir das dann wieder egal. Denn ich achte ich ja gut auf mich und gebe mir keinerlei Spielraum.

    Seit ich trocken bin, kann ich hervorragend einschlafen, durchschlafen und meine Smartwatch zeigt sehr gute Schlafwerte an. Ich gehe recht früh in der Woche schlafen, sehe zu, das ich gegen 21:00 Uhr im Bett liege. Um 5:45 Uhr klingelt der Wecker. Ich brauche den Schlaf, damit ich tagsüber leistungsfähig und wach bin. Mir geht es dann einfach besser.

    Früher wollte ich noch gerne den Film bis 21:45 Uhr zuende sehen. Nun nehme ich ihn einfach auf und schaue ihn am Tag drauf ab 18:30 Uhr.

    Wenn ich im Bett liege, denke ich oft an das Gelesene hier und mache mir Gedanken darüber, was ich so als nächstes schreiben könnte oder antworten könne und ☆ZACK☆ klingelt plötzlich der Wecker ^^

    Früher musste ich immer bis mindestens 23:00 Uhr trinken damit der Pegel bis zum nächsten Morgen reicht. Das hat ja zum Schluss auch nicht mehr geklappt.

    Nüchtern rockt, es ist wirklich alles besser! :)

  • Schichtarbeit ist für einen Alkoholiker gefährlich. Darauf ist damals der Doc vom Gesundheitsamt bei mir sehr drauf eingegangen. Hätte ich Schicht gearbeitet und wäre damit nicht mehr klar gekommen, hätte er mir ein Attest gegeben, damit ich das nicht mehr muss.

    Meine Trockenheit steht für mich an erster Stelle. Damit steht und fällt bei mir alles im Leben.

    Kommst Du denn mit der Schichtarbeit klar? Wurdest Du dahingehend nach der Entgiftung beraten?

    So etwas ist für einen Alkoholiker ein wichtiges Thema.

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