Krampfanfall und Herzinfarkt erstrebenswert?

  • Ich habe am 27.06.2007 ein neues Mitglied in meiner Realen SHG aufgenommen. Rainer ist noch nass und ist am 2.7.97 zu seinem Hausarzt, weil er nicht in einer Stationären Einrichtung entgiften möchte.
    Nach der Untersuchung durch seinen Hausarzt wurde Rainer dann noch am gleichen Tag in das Bezirkskrankenhaus XYZ eingewiesen – dem Arzt war eine ambulanten Entgiftung nicht geheuer.
    Ich wollte Rainer heute früh besuchen und ein paar Sachen bringen.

    In der Klinik teilte man mir jedoch mit dass Rainer letzte Nacht auf die Intensivstation verlegt werden musste, da er durch den Entzug einen Krampfanfall erlitt in dessen Folge es zu einem Herzinfarkt kam. Er ist nicht ansprechbar. Ob er überlebt ist zur Stunde ungewiss.


    Wäre er nicht unter direkter Beobachtung in der Klinik gewesen und sofort ärztlich versorgt worden, hätte er keinesfalls überlebt

    Für alle, die es immer noch nicht wahrhaben wollen: Ein derartiger Zusammenbruch kann jeden treffen, und er kommt ohne jede Vorwarnung!

    So viel zum Thema "kalter Entzug".

    LG
    Spedi

  • Hi Spedi,

    ja, dass ist verdammt traurig, man sieht es erst, wenn es zu spät ist.

    Wie sagte meine Frau: ich hatte gar keine Entzugserscheinungen und die Ärzte meinen sie brauchen das Bett, aber ich blamiere mich hier und habe keinen Wohnungsschlüssel. Richtig, habe ich gesagt, du bleibst bis zum Schluss. Sah diese schöne Frau ohne Entzugserscheinungen an diesem Tag beschissen aus und ich bin froh, dass sie keinen Schlüssel hatte.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Spedi,

    es ist traurig so etwas zu lesen. Ich hoffe, Rainer schafft es und er bekommt noch mal die Chance auf ein Leben. Wenn nur einer Dank dieser Geschichte zum Arzt geht, der vor hatte kalt zu entziehen, hat sie ihren Zweck schon erfüllt. Allerdings glaube ich nicht, dass es viele sein werden, dass diese Geschichte die Unbelehrbaren auf den richtigen Weg bringen wird. Es bleibt ja noch die Chance, dass einen selber nicht trifft.

    Warum das unnötige Risiko eingehen, dass jemand mitbekommt das man Alkoholiker ist. Als wenn es nicht ohnehin schon das ganze Umfeld wüsste. Wenn man tot ist bekommt man wenigstens nicht mehr mit, wer alles weiß warum und woran man gestorben ist. Kann auch ein Trost sein......

    Wenn es hieße: „Geh zum Arzt und Du wirst reich.“ Dann könntest Du die Leute quer stapeln im Wartezimmer. Wenn es aber heißt: „Geh zum Arzt und Du rettest Dein Leben“. Dann findet man mit viel Glück ein einsames Menschlein dort, das den Mut aufbringt für sein Leben zu kämpfen. Was nutzt aller Besitz, wenn man kein Leben mehr hat?

    Meine Mutter hatte mehr als einen Krampfanfall und behauptet immer noch steif und fest sie hatte noch nie einen. Lieber es zu Hause versuchen und das Risiko eingehen dabei drauf zu gehen, als in die Klinik und damit offen zugeben, dass man es nicht geschafft hat trocken zu bleiben. Oder wie sie es immer ausdrückt, versagt zu haben.
    Sie hatte bisher immer mehr Glück als Verstand, dass Klino kam immer rechtzeitig. Doch ich frage mich oft, wie lange noch, wann ist das Glück aufgebraucht....... Sie würde so eine Geschichte einfach ignorieren, sie passt nicht für Sie. So "einfach" wäre das.......

    Gruß
    Skye

  • hallo skye

    wiiiie recht du leider hast. besoffen auf der straße rumkugeln ist ja lange nicht so peinlich wie zum arzt zu gehen. tztz. bei manchen ist aber scheinbar das gehirn tatsächlich schon so geschädigt das da wirklich nichts mehr ankommt. leider

    doro

    Alkohol ist ein prima lösungsmittel es löst familien arbeitsverhältnisse freundeskreise und hirnzellen auf.
    trocken seit 18.10.2001

  • So, ich war gerade mal wieder bei Rainer, durfte ihn auch kurz sehen, aber nicht mit ihm sprechen. Wenn er weiter stabil bleibt, kann ich ihn vielleicht am Montag oder Dienstag kurz sprechen.
    Viel konnte ich nicht herausfinden, außer das es wohl ziemlich knapp war und er zu allem Übel wohl die nächste Zeit teilweise Lähmungserscheinungen zu verkraften hat, von denen nicht klar ist, ob sie sich jemals wieder legen.

    Nach Aussage der Schwester alles Folgen des langjährigen Alkoholmissbrauchs, die jetzt durch den Entzug ausgelöst wurden. Dazu hat er wohl bei der Aufnahme auch nicht wahrheitsgemäß alles angegeben, was er so konsumiert hat.

    Skye, Doro: ja, ich glaube auch nicht, dass sich auch nur einer deswegen vom kalten Entzug abhalten lassen wird. Wir lesen's doch gerade wieder im Vorstellungsbereich, z.B. beim Fischkopp, dass so mancher gar kein Interesse daran hat sich geradlinig in den Entzug zu begeben und Hilfe anzunehmen.

    Hergon: ja, richtig. Aber mir war die Gefahr des Alkohols durchaus bekannt, ich habe sie aber nie auf mich bezogen - bis ich mir eingestand, dass ich Alkoholiker bin...

    LG
    Spedi

  • Hallo Spedi,

    die Leute die der Meinnung sind ein kalter Entzug sei harmlos vergleichen ihn oft mit Nikotinentzug.

    Wie oft haben wir denn hier schon gelesen:

    "vor x Jahren habe ich mit dem Rauchen ganz alleine aufgehört, das ging auch von heute auf morgen".

    Wenn ich nicht im Kh enzogen hätte würde ich hier nicht mehr sitzen.

    Ich hatte das volle Programm an Komplikationen, von A bis Z.

    LG Maddin

  • So, ich war gestern Abend noch mal bei Rainer. Er wird heute in eine andere Klinik verlegt, da ihm zwei Bypässe (?) gelegt werden müssen.
    Sollten keine weiteren Komplikationen auftreten, wird er danach in eine Rehaklinik verlegt, in welcher sein leichter (???) Hirnschlag bzw. die Folgen davon behandelt werden sollen.

    Seine Schwester ist ziemlich mit den Neven runter, sie war sich der Tragweite "des Problems" bei ihrem Bruder nicht bewust und macht sich jetzt Vorwürfe. Ich hoffe es gelang mir sie davon zu überzeugen, dass dies Unsinn ist und sie sich lieber selbst Hilfe suchen soll (SHG, Forum etc.) um das Geschehene zu verarbeiten.

    So wie es momentan aussieht, wird Rainer mit teilweisen Lähmungserscheinungen weiterleben müssen - sicher nicht angenehm, aber die "Alternative" wäre definitiv der Tod zu Hause gewesen.
    Zum Thema Alkoholentzug & Therapie brauche ich kein Gespräch mit ihm zu führen - das Thema ist jetzt auch erst mal nachrangig, wichtig ist, dass er überlebt und möglichst weit wieder "hergestellt" wird.

    Ich hoffe mal, dass Rainer so viel Glück wie Elfriede Lustig's Mann hat!

    LG
    Spedi

  • Hallo Spedi!

    Hab hier längst mitgelesen, wenn er zweifelt, erzähl ihm von uns :wink: .

    Ich werde nie das Endgespräch mit der (unsympathischen) Ärztin vergessen, wie ich Hoffnung hegte, das die Gerinnung eines Tages steigt usw.
    Sie machte alles nieder, nur als ich ihr von dem mir bekannten Fall (alter Sandkastenkumpel meines Mannes) erzählte, der auch nur zum Sterben nach Hause kam und mit Hilfe seiner unermüdlichen Schwester sich wieder bekrabbelte, von meiner Hoffnung, das mein Mann doch auch so ein medizinischer "Ausreißer" sein könne, da taute sie auf und meinte, das es sein könne, sie würden tagtäglich solche Fälle erleben.

    Fälle, die als sicher galten, wo der Patient plötzlich verstirbt und halt solche Ausreißer...

    Ich hoffe, das der Rainer auch so ein Kandidat ist, drück ihm die Daumen.

    Liebe Grüße von
    Elfriede
    _______________________________________

    Wir können die Uhr nicht zurückdrehen, aber wir können sie neu aufziehen!

  • Servus Elfriede,

    lieb von dir, dass Du nachfragst.

    Rainer ist inzwischen auf Reha. Nachdem ihm die Bypässe (?) gelegt wurden, kam ein teilweises Nierenversagen hinzu. Er war fast zwei Wochen auf Intensiv, danach "normale" Station und direkt von dort zur Reha. In der Reha geht es aber vorrangig um seinen Hirschlag, bzw die Folgen davon (Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen etc.).
    Er wird wohl bis ca. November dort bleiben.

    Inzwischen stellt sich auch eine leichte Demenz ein - sagt seine Schwester (ich habe ihn leider seither nicht mehr besuchen können). Die Ärzte sehen das aber mehr auf die Hirnerkrankung zurückzuführen, als auf "direkte" Alkoholfolgen.

    Wobei ganz klar ist, dass sowohl der Herzinfarkt als auch der Hirnschlag auf den jahrelangen Alkoholmissbrauch zuückzuführen sind.

    Wenn alles klappt, werde ich ihn aber am 8. September besuchen. Bis dahin hilft wie immer nur beten.

    LG
    Spedi

  • Zitat

    Bis dahin hilft wie immer nur beten.

    Ja, Spedi und in manchen Fällen ist das durchaus erfolgreich.
    Bis November, na, da hat er was auszukurieren :?

    Liebe Grüße von
    Elfriede
    _______________________________________

    Wir können die Uhr nicht zurückdrehen, aber wir können sie neu aufziehen!

  • So, dann will ich mal kurz berichten, nachdem ich es am Samstag doch geschafft habe, Rainer zu besuchen.

    Das Schöne war: er trinkt nicht mehr.
    Das Negative: wie soll er auch, in seinem Zustand?

    Die Hirnschädigung ist wohl irreparabel und (momentan) weiter fortschreitend, was aber noch nicht als Fakt gilt. Die Ärzte sind sich da wohl selbst nicht so sicher.

    Tatsache ist, dass die anfänglich geringfügige Lähmung (linksseitig) inzwischen nicht nur den Arm betrifft, sondern auch die linke Gesichtshälfte und das linke Bein gelähmt ist. Seine Aussprache ist sehr schlecht geworden, ich hatte große Mühe ihn zu verstehen. Auch kam mir Rainer sehr abgemagert vor, was mir später durch seine Schwester bestätigt wurde.
    Kurz, Rainer sitzt im Rollstuhl, wenn er nicht im Bett liegt. Beim Essen oder Trinken braucht er Hilfe, das funktioniert nicht alleine.

    In spätestens einer Woche soll er für zwei Operationen wieder in eine andere Klinik verlegt werden. Die Ärzte haben die Hoffnung, dort mit einer OP bestimmte Bereiche des Gehirns, die wohl (so habe ich das von seiner Schwester verstanden) "unter Druck" stehen, entlasten zu können. Das sollte auch die Lähmung und das Sprachzentrum positiv beeinflussen.

    Seine Schwester sorgt sich sehr, ob er eventuell ein Pflegefall bleibt, wenn die OP nicht den gewünschten Erfolg bringt. Sie ist jedes Wochenende bei ihm und versucht, für ihren Bruder die bestmögliche Versorgung zu bekommen.

    Eine Alkoholtherapie ist jedenfalls in weite Ferne gerückt, da haben für Rainer jetzt einfach andere Dinge Priorität.

    Elfriede: ich fand das erschütternd. Wenn ich mir vorstelle, es würde sich bei Rainer um einen Familienangehörigen handeln, dann kann ich nachvollziehen, warum Du und wie Du um die Gesundheit Deines Mannes gekämpft hast!

    LG
    Spedi

  • Hallo Spedi!

    Ja, life erlebt, ist so was unglaublich, hab da immer noch ordentlich dran zu knabbern.
    War am Sonntag im KH, im letzten, wo mein Mann lag und mußte ein Schriftstück für einen unserer Patienten dort abgeben, ich wollte eigentlich mal kurz ins Zimmer schauen, er stand wohl auf der Kipppe...ich hab nach der Abgabe nur noch die Beine in die Hand genommen und bin raus, ich dachte, ich ersticke darin :shock: .

    Noch zwei OP´s, naja, wenn die Ärzte da nicht eine begründete Hoffnung sehen würden, das es ihm besser gehen könnte, würden die das nicht machen, abwarten.

    Zur Hinschädigung und langem Krankenhausaufenthalt:
    Das Sinnvollste nach so langem KH Aufenthalt ist das Zuhause mit vertrauten Menschen, nie hätte ich für möglich gehalten, das mein Mann damals in den ersten Tagen solche Fortschritte machte, dann der wurde kirre dort.

    Das Gehirn brauchte "Futter", keine weißen Wände etc. und Ansprache, das können auch die vielen Besuche nicht wettmachen.

    Kriegt er dort keine Astronautenkost, die päppelt ganz schön.


    Aber nun muß er erstmal in ein anderes KH, ich bin gespannt, wie es weitergeht, noch ist nicht aller Tage abend :wink: , was seine Schwester nun mitmacht, wünsche ich dem ärgsten Feind nicht.

    Liebe Grüße von
    Elfriede
    _______________________________________

    Wir können die Uhr nicht zurückdrehen, aber wir können sie neu aufziehen!

  • Ich muss Trauriges berichten. Rainer ist gestern Abend verstorben. Über die Ursachen weiß ich noch nichts, seine Schwester wusste es selbst noch nicht. Es kam ziemlich überraschend und sehr unerwartet für mich.

    Möge Gott seiner Seele gnädig sein und das ewige Licht leuchte ihm!

    Spedi

  • Hallo Spedi,
    wie unhöflich von mir, war etwas geschockt.

    Möchte dir auch mein Beileid aussprechen. Ich weiß zwar nicht genau, wie nahe du ihm standest, aber so etwas trifft einen in's Mark. Ich stelle es mir auch für seine Schwester sehr schlimm vor. Ging ja auch alles recht schnell.

    Ich hoffe, daß diejenigen, die immer noch an den GEfahren des kalten Entzugs zweifeln, sich das zu Herzen nehmen. Auch wenn es Rainer nicht mehr hilft, vieleicht rettet er im Nachhinein ein paar Leben.

    alles liebe
    lydia

  • Hallo Spedi,

    ich möchte dir mein herzliches Beileid aussprechen..
    Es tut mir sehr leid..
    Lieben Gruß
    Kiki

    mein Rückfall zeigte mir,wie kostbar ein Leben ohne Alkohol ist!

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