Hallo ihr Lieben,
Ich melde mich mal wieder, vielen Dank für eure Antworten. Die ersten 3 Wochen ging es mir körperlich und mental sehr gut. Ich hatte sogar das Gefühl von meiner Depression "geheilt" zu sein. Ich hatte eine richtig gute Zeit. Ich bin sehr froh darüber. Der Ausblick auf Frühling und der Gedanke daran mit meinem Hund und meinem kleinen Kräuterbuch durch Wald und Wiese zu streifen macht meine Zeit aktuell auch erträglich. Dennoch ist es schwierig grade.
Ich war Donnerstag auf einer Tagung. Der Tag startete schon chaotisch und ich kam zu spät. Der Raum war sehr voll und in der Mittagspause hatte ich eine kleine Angstattacke, die ich halbwegs regulieren konnte. Auf dem nach Hause Weg in der überfüllten Bahn hats mich dann wieder gepackt. Ich musste aussteigen und bin den Rest zu Fuß gelaufen. Für Freitag habe ich entschieden zu Hause zu bleiben. Samstag wollte ich eigentlich in die Sauna, da ich aber mittags im Supermarkt an der Kasse von 0 auf 100 in eine komplette Panikattacke katapultiert wurde, die mit sehr unangenehmen sozial auffälligen Aussetzern endete, habe ich mich entschieden auch Samstag zu hause zu bleiben. Gestern war ich immernoch ziemlich fertig von dieser - mMn unnötigen - Panikattacke und habe nur rumgelegen. Die Fequenz und Heftigkeit solcher Anfälle war bisher noch nie so stark, das macht mir etwas Sorgen. Das Gute daran ist, dass mein Suchtgedächtnis aktuell quasi keine Chance hat anzusetzen. Es geht mir einfach zu schlecht und mein Kopf ist mental zu ausgelastet.
Wie Evelin schreibt: Das Gleichgewicht zu finden ist wahnsinnig schwer. Ich komme von einem Punkt in meinem Leben der aus Einsamkeit, Langeweile, Trostlosigkeit und Armut besteht. Dass ich keinen Weitsprung auf die andere Seite dieser Attribute machen kann, ist mir irgendwo klar. Dafür fehlt mir die "Kondition" und ist außerdem ziemlich viel verlangt. Dennoch will ich das hinter mit lassen und dazu muss ich mich meiner Umwelt aussetzen und mich mit mir selbst auseinander setzen. Ich finde es schwer zu beurteilen wie viel von was und zu welchem Zeitpunkt. Es fühlt sich so chaotisch an aktuell. Und damit auch unsicher. Ich finde daran schließt sich auch das hier an:
du mißtraust deinen eigenen entscheidungen. warum? hast du dich das mal gefragt?
Das habe ich mich schon öfters gefragt. Auf das Warum habe ich auch eine Antwort, aber wie ich mir gefühltes Selbstvertrauen aneigne, daran arbeite ich.
Dieses Zurückziehen ist sehr eng mit dem Saufen verbunden, natürlich. Der Alkohol hat Angst, Depression, soziale Isolation und negative Gefühle erträglicher gemacht bzw. war Hilfsmittel das alles zu verdrängen. Später hat er das alles verstärkt und ausgelöst, sodass beides zu meinem Teufelskreis zusammengewachsen ist. Daher bin ich grade so unzufrieden mit meinen Entscheidungen. Ich handle aus mentaler Erschöpfung und nicht aus dem Bedürfnis heraus mich aktiv zurückzuziehen und quality time mit mir zu verbringen. Ich hoffe ihr versteht welchen Unterschied ich meine. Ich schaue, dass ich nur private Aktivitäten, die ein außer Haus gehen erfordern cancel. Zu meinen Terminen für meine Suchtarbeit gehe ich hin, egal wie und egal in welchem Zustand.
Ich schreibe viel auf. Und ich lese auch häufig in meinen Notizen und lache welche wilden Loopings meine Gefühlsachterbahn fährt und trotzdem komme ich voran. Das gibt mir viel Hoffnung und Kraft. Ich kaufe mir schöne Kleinigkeiten, die ich entdecke beim Bummeln. Schokolade und Kaffee sind auch ganz hoch im Kurs. Das Abstinenz-Pflänzchen- ich habe mich für eine Hoya entschieden- habe ich bei meinem Händler des Vertrauens bestellt und freue mich schon, dass es bald kommt. Ich rede viel mit meinen Freunden und habe das Gefühl jetzt schon eine intensivere Beziehung zu ihnen zu haben. Ich bin trotz aller Hürden unendlich dankbar, dass ich die letzten 35 Tage keinen Alkohol getrunken habe und es heute auch nicht tun werde.
Ich wünsche euch einen schönen Montag und eine angemessen aufregende Woche!