Beiträge von Catalina

    Liebe Catalina,

    ich wünsche dir von ganzem Herzen, daß all deine Hoffnungen in Erfüllung gehen, wenn du ihm Obdach gewährst.

    Viel Erfolg & Grüße

    Das nennt man dann wohl paradoxe Intervention. :lol:

    "Falls", nicht "wenn". Ich habe mich nicht dafür entschieden, ihm Obdach zu gewähren. Ich wollte meine Erwägungen zur Debatte stellen und bin wirklich sehr dankbar für euren Input! Klüger bin ich zwar gefühlt noch nicht geworden ^^ , aber das liegt nicht an euch. Ich empfinde es einfach als sauschwere Situation und riesengroßes Dilemma.

    Wisst ihr, irgendjemand - ich meine, es war der liebe Hanseat - hatte hier bei mir einmal so etwas geschrieben wie, wenn jemand aus dem Teufelskreis aussteigen möchte und um Hilfe bittet, würde ich immer helfen.

    Allerdings ist die Frage natürlich, wie diese Hilfe dann konkret aussehen kann / soll und ich bin sicher nicht naiv in der Sache. Ich bin verliebt und habe die Hoffnung, dass er es schaffen kann, ja - aber naiv bin ich nicht und deshalb hab ich auch nicht freudestrahlend seinem Vorschlag zugestimmt, nur um vielleicht am Ende lachend in die Kreissäge zu laufen.

    Er braucht ja kein Obdach von mir, er hat ja die Berlin-Option. Er hatte mir eben einfach nur von sich aus vorgeschlagen, mich vor Weihnachten zu besuchen, damit wir sprechen und gemeinsam weiter überlegen können. Und mir gesagt, dass er so nicht weitermachen möchte mit seinem Leben und dass er die (bereits gestarteten) Therapien fortsetzen wird, sobald er wieder in seiner Wohnung sein kann. Dass er sich freuen würde, wenn ich ihn dabei begleiten möchte, aber es auch versteht, wenn nicht.

    Ich weiß nicht, was ich will. Ich weiß es einfach nicht. (Also eigentlich weiß ich das ja schon: Ich möchte ihn bei mir haben. ABER...)

    Ich hab die Begründungen meines Mannes geschluckt und konnte ihn so gut verstehen und mir selber ging es immer beschissener.

    Liebe Lütte, also 'schlucken' tu ich nix, das trau ich mich zu behaupten. Ich lasse mir die Dinge, die er sagt, durch den Kopf gehen und habe an so manchem durchaus meine Zweifel. Jene Dinge aber, die ich hier geschildert habe, also seine aktuelle Situation, die ja ein Ablaufdatum hat (keine Wohnung), und dass er sich aufgrund dieser Umstände aktuell nicht akut irgendwo Hilfe suchen kann (wie/wo denn auch?), sehe ich als Fakten.

    Warst Du bei all den Hürden, die du beschreibst, dabei oder sind das nur seine Berichte, denn dann wäre ich sehr vorsichtig, dem Glauben zu schenken.

    Die Dinge, die ich als Hürden beschreibe, sind ebenfalls Fakten (die Wohnungslosigkeit, der kürzliche Rauswurf aus der Therapie, die Gerichtsverhandlung, der momentane Aufenthalt im Ausland und die Gründe dafür, die finanzielle 'Not' etc.). Das sind nicht seine Erzählungen, sondern das sind die realen Umstände.

    Wir wollen helfen, suchen nach Lösungen und stehen damit dem Alkoholiker nur im Weg, denn es läuft doch alles super für ihn.

    Ich suche nicht für ihn nach Lösungen, sondern frage ihn maximal nach seinen diesbezüglichen Vorstellungen und Vorschlägen. Von mir kommt in die Richtung überhaupt gar nichts. Kein Vorschlag, keine Forderung, keine Hinweise, keine Bitten, nichts.

    Ja, es ist eine Sucht, eine Krankheit, doch lehnt er jegliche Hilfe ab, das macht er in dem er weiter trinkt,

    Liebe(r) Achelias, ich weiß nicht, ob diese Aussagen jetzt direkt auf meinen 'Fall' bezogen waren. Er jedenfalls lehnt eigentlich Hilfe nicht ab und er trinkt auch nicht weiter, sondern sein Problem sind die wiederkehrenden Exzesse, für die er sich ja eben Hilfe gesucht hatte. Aktuell ist er wieder in einer alkoholfreien Phase, die dauert dann eben in der Regel drei bis vier Monate. Die Exzesse, die dann folgen, sind allerdings sehr extrem.

    Liebe Catalina, hat er denn keine Familie zu der er zurück kann oder die immerhin seine Sprache spricht?

    Liebe Lea, er hat Familie auf einem anderen Kontinent. Da kann er nicht hin, ist aber sehr intensiv mit ihr in Kontakt, vor allem mit seiner Mutter, die ihm enorm wichtig ist, und auch mit seinen Geschwistern.

    Allerdings war ihm dies alles bewusst, bevor er in den letzten Totalabsturz hinein gerannt ist. Er hat also wissentlich eine seiner letzten Optionen von sich gestoßen oder dachte er heimlich er hätte doch noch weitere…

    Da stimme ich Dir zu, uneingeschränkt! Er hat die Entscheidung, sich in den Exzess zu stürzen, bewusst getroffen bzw. dem Suchtdruck nachgegeben und nicht in irgendeiner Form eingelenkt.

    Liebe Catalina, du verteidigt ihn so heftig.... Er wird von keinem hier angegriffen...

    Liebe Stern, ja, ich kann gut verstehen, dass das so wirkt - aber eigentlich möchte ich gar nicht ihn verteidigen, geschweige denn sein Verhalten / die Exzesse. Sondern eher geht es mir darum, alle Seiten und Perspektiven der aktuellen Situation in meine Überlegungen einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen, und da ist mir persönlich - angesichts dieser etlichen Widrigkeiten - ein "man kann sich immer Hilfe holen" einfach zu kurz gegriffen.

    Frage Dich möchtest Du ihn helfen? Oder hast Du Angst? Wovon? Um ihn? Oder um Dich? Um deine Seelenruhe, wenn ihm was passiert?

    Und hier bin ich eben unschlüssig... Es ist ein buntes Sammelsurium aus allem, was Du schreibst. Ich möchte ihm helfen, ja, und ich habe auch Angst, ja.

    Ich habe Angst, dass ihm was passiert, ich habe Angst um mein Wohlbefinden, ich habe auch Angst davor, ihn endgültig zu verlieren und gleichzeitig habe ich Angst davor, meine Zeit zu verschwenden.

    Wenn doch nur irgendjemand eine Glaskugel hätte und mir sagen könnte, ob es sich lohnt.

    Wisst ihr, ich hab hier im Forum und an anderer Stelle gelesen, dass es für Quartalstrinker schwieriger sein kann, sich ihr Problem einzugestehen, weil sie eben dazwischen ja nichts trinken und dann natürlich der Fehlschluss naheliegt, nicht abhängig zu sein.

    Speziell bei 'Diego' sind die Abstände zwischen den Exzessen ja eher größer. Das heißt, die schönen, ruhigen, liebevollen Zeiten haben bei uns immer überwogen - also was die reine Dauer angeht.

    Deshalb ist es für mich als Partnerin oder Expartnerin vielleicht auch noch mal umso schwieriger, ihn und unsere Beziehung aufzugeben? Wisst ihr, wie ich das meine? Er ist halt nicht dieses dauerbesoffene Monster, das verbal oder gar körperlich ausfällig würde, sondern er ist über lange Strecken der wunderbarste Mensch. Der sich dann aber viermal im Jahr derart wegschießt, dass sein Leben und seine Lebensqualität darunter inzwischen stark leiden.

    Ich war bei so einem Exzess übrigens noch nie dabei, habe ihn in diesem Zustand nie erlebt. Es passiert immer nur dann, wenn ich weg bin / wir örtlich getrennt waren.

    Nun wollte er jedenfalls seine Themen in dieser Therapie endlich angehen und dann wird er dort auf diese perfide Art und Weise rausgeschmissen. Verliert die Wohnung. Verliert seine finanzielle Grundlage. Steht vor Gericht.

    Ich kann die Resignation hinterher einfach nachvollziehen. Ich will sie mitnichten entschuldigen, aber ich kann sie nachvollziehen (das sage ich ihm natürlich so nicht!), es hatte ihn ohnehin genug Überwindung gekostet, sich darauf überhaupt einzulassen.

    Jetzt hofft er halt auf die Tagesklinik.

    Ach, ich weiß auch nicht... Die Hoffnung ist echt ein fieses Luder.

    Liebe Cadda,

    jetzt sitze ich vor dem Computer und kann besser schreiben. Also zunächst danke noch mal für Deine - und euer aller - Zeit und Bemühungen hier. :)

    Noch mal kurz:

    Er war ja in einer Klinik / psychiatrischen Reha, den ganzen Oktober, insgesamt wären sechs Wochen anberaumt gewesen. Dann kam die Infektion im Bauchraum, er musste ins Krankenhaus und nach zwei Tagen wurde die Reha-Maßnahme beendet und er vor vollendete Tatsachen gestellt: Du brauchst nicht wiederkommen, bring uns Deinen Schlüssel, Zimmer ist leergeräumt. Das Ganze liegt inzwischen bei Ombudsstelle und Patientenanwaltschaft, weil das Vorgehen höchst fahrlässig war.

    Sozialpsychisches und psychiatrisches Fachpersonal! hat ihn ohne Abschlussgespräch, ohne weitere Hilfsangebote, ohne Rückfragen etc. in einer psychischen Ausnahmesituation buchstäblich vor die Tür gesetzt.

    Es wirkt auf mich, als würde man jemandem den Blinddarm rausschneiden und die Person dann vom Krankenbett auf die Straße schicken, ohne zuzunähen.

    Nach dem Therapie-Abbruch kam er zu mir (einige 100 km entfernt), das war Anfang November. In dieser Zeit hatte er hier eine Gerichtsverhandlung, hat seine Wohnung vorübergehend verloren, man hat ihm das Krankengeld zunächst gestrichen und es gab einen Krebsverdacht im Dickdarm.

    Für die Befundbesprechung musste er dann gut 10 Tage später zurück in sein Bundesland.

    So, und von dort ist er dann nicht - wie vereinbart - zu mir zurück, sondern hat sich in einen sehr heftigen Exzess geflüchtet. (Seine Exzesse sind, wie gesagt, alle 3-4 Monate, dazwischen trinkt und konsumiert er nichts.)

    Er war abgängig, niemand wusste, wo er ist, und deshalb wurde er schließlich aufgrund einer (neuerlich) im Raum stehenden Eigengefährdung (Suizid-Androhung) polizeilich gesucht.

    Tage später, nachdem er wieder aufgetaucht ist, kam er am späten Abend zu mir mit dem Zug. Ich habe ihn die Nacht auf der Couch verbringen lassen und ihn am nächsten Tag verabschiedet.

    Zur gleichen Zeit wurde seine Wohnung ausgeräumt, seither hat er keine Bleibe.

    Er war dann während der Zeit bei seiner Exfrau mehrere Male ambulant in der Psychiatrie.

    Dann musste er bei der Exfrau raus (sie hat von vornherein gesagt, zwei Wochen sind ok, länger nicht). Geld für Ferienwohnung, Hotel oä. ist aktuell keines da, einen neuen Therapieplatz kriegt man auch nicht von heute auf morgen.

    Er ist bereits für eine Tagesklinik angemeldet, das war der Plan für nach der Reha. Schnupperwoche im Januar, Start im März. Ob er es durchzieht? Bleibt abzuwarten.

    Es ist nicht so, dass er keine Wege sucht bzw. nur Gründe fürs Nichtwollen. Ich sehe aber auch seine momentanen Umstände und die sind einfach mehr als besch...eiden.

    Er sagt, er möchte Hilfe und einiges davon - Tagesklinik - ist ja nun auch schon fixiert. Aber wie gesagt, dass er von Südeuropa aus oder irgendeinem anderen Ort, wo er nicht lebt und nicht zu Hause ist, ohne fixe Bleibe, ohne (Wohn-)Stabilität und einen Rückzugsort, nur mit einem Koffer ausgestattet, jetzt keine großen Sprünge machen kann, das ist doch echt verständlich?

    Und: Er war ja in stationärer Therapie!! Das lief recht gut und dann haben die ihm die Maßnahme beendet.

    Danach kam der Exzess.

    Das war seine Entscheidung, klar – aber dass es bei einem langjährigen Quartalstrinker unter all diesen Umständen dazu gekommen ist, kann ich echt nachvollziehen. Man holt sich Hilfe und wird einfach rausgekickt.

    Er hätte so gern das Abschlussgespräch mit seiner Therapeutin noch gehabt, hat mehrmals verzweifelt angerufen. Bis heute hat sich niemand mehr gemeldet bei ihm.

    Es ist ein Wahnsinn, was da gelaufen ist. Das nur am Rande.

    Liebe Cadda,

    es war die einzige Person, die ihn noch aufgenommen hat.

    Er hat kurzfristig die Wohnung verloren (massiver Wasserschaden, Estrich raus etc.), relativ zeitgleich war der Rauswurf bei mir nach dem letzten Exzess, dann konnte er zwei Wochen bei der Exfrau (Ferienwohnung) unterkommen und danach hatte er keine Optionen mehr.

    Auch, weil ich hier standhaft geblieben bin und ihn nicht mehr eingeladen habe (er hat aber auch nicht gefragt, dafür hat er sich zu sehr geschämt).

    Familie hat er hier keine, Freunde, die näher wohnen, haben keinen Platz für ihn und Geld für Hotel oä. ist momentan auch keines da.

    Nur kurz vom Handy – vielen Dank für eure Zeit und eure Beiträge.

    Ich verstehe natürlich eure Standpunkte und das, was ihr mir sagen wollt.

    Aber ich möchte euch ehrlich fragen: Wie soll er sich momentan Hilfe holen??

    Er ist spanischer Muttersprachler, für ein Forum reichen die Schriftkenntnisse nicht (wir sprechen auch Spanisch miteinander).

    Er hat keine Wohnung noch bis Mitte Januar.

    Spricht die Landessprache nicht dort, wo er sich jetzt aufhält.

    Die beiden Freundinnen, wo er sich in Südeuropa aktuell aufhält und dann evt im Norden, sind jahrzehntelange Freundinnen noch aus dem Herkunftsland.

    Es ist nicht so, dass ich ihn hier mit offenen Armen wieder empfange, ich habe nicht zugesagt, habe mit einem befreundeten Psychiater gesprochen, hole mir hier Rat – und hadere sehr.

    Aber sein aktuelles Dilemma kann ich schon verstehen. Wie soll das vor Mitte Januar gehen, es ist einfach unrealistisch. :?

    Liebe Morgenrot, danke für Deinen Beitrag.

    Das Ding ist ja, dass er eben aktuell nicht zu einer Entgiftung kann (bzw. Entgiftung bräuchte er wohl nicht mehr, der letzte Exzess ist vier Wochen her, aber therapeutische Maßnahmen natürlich).

    Er sitzt bei Freunden im Süden von Europa, weil seine Wohnung unbewohnbar ist. Es stimmt halt wirklich, dass er nichts tun kann momentan.

    Ich bin ein wenig mit der Freundin, wo er ist, in Kontakt gewesen. Es geht ihm (den Umständen entsprechend) gut, er betrinkt sich nicht.

    Aber er lebt nun einmal momentan aus dem Koffer, hat kein Geld (ist im Krankenstand noch seit der letzten Therapie, die ihm ja beendet wurde).

    Ich weiß nicht. Mit all den Umständen -- der seitens der Einrichtung zu Unrecht beendeten Therapie, dem vorübergehenden Verlust der Wohnung, der kürzlich erst überstandenen Gerichtsverhandlung etc. pp., da seh ich halt schon das Gesamtbild und versuche, es differenziert zu sehen...

    Liebe Sarah, ich habe gerade Deine Geschichte gelesen und sie hat mich sehr berührt. Sicher auch, weil ich in einer ähnlichen Situation stecke. Vielleicht liest Du das hier ja und magst irgendwann berichten, wie es Dir weiter ergangen ist?

    Bist Du tatsächlich umgezogen?

    Ich hoffe jedenfalls sehr für Dich, dass Du mit den vergangenen Wochen und Monaten zurück zu Dir finden hast können und es Dir gut geht, wo immer Du jetzt bist. :)

    Hey, liebe Gemeinde.

    Die Nacht ist für mich heute mal wieder eine schlaflose, ich habe so einige davon hinter mir. Jetzt setz ich mich also hin und schreibe ein Update, um vielleicht ein wenig Ordnung in meinem Kopf zu schaffen, der aktuell eher einem wildgewordenen Wühltisch gleicht denn einem wohlsortierten Gedankenlager.

    Gut eine Woche, nachdem ich 'Diego' rausgeworfen habe -- das ist nun etwa dreieinhalb Wochen her --, haben wir angefangen, wieder Kontakt zu haben. Zunächst sporadisch, dann regelmäßiger, das Meiste schriftlich, nur ein oder zwei Telefonate hat es gegeben.

    Er war ja vorübergehend in einem Ferienapartment seiner Exfrau untergekommen, danach ist er zu besagter befreundeter Familie nach Südeuropa gefahren. Dort kann er aber nicht -- wie ursprünglich angenommen -- bis Mitte Januar bleiben, wenn die Sanierung seiner Mietwohnung abgeschlossen ist, sondern er muss noch vor Weihnachten weg.

    Nach wie vor hat er also keine Bleibe und auch keine Freunde mehr, die ihn noch aufnehmen können oder wollen. Alle sagen ab. Einzig eine alte Freundin in Berlin, die ich ebenfalls kenne, hat ihm angeboten, er könne bis Anfang des neuen Jahres bei ihr unterkommen. Es überrascht mich -- als sie ihn mit ihren beiden Kindern im Juli für eine Woche besucht hat, hatte er einen krassen tagelangen Exzess, die Kinder haben alles mitbekommen. Vermutlich lautet auch hier die Prämisse, solange Du nüchtern bist, kannst Du bleiben.

    Ich weiß, es geht ihm nicht gut. Mir auch nicht.

    Eigentlich möchte er am liebsten Weihnachten mit mir und meiner Familie verbringen. (Ich bin selber kinderlos und jedes Jahr bei meinen Eltern inkl. Großfamilie im Heimat-Bundesland, Weihnachten ist für meine Familie besonders wichtig und immer sehr harmonisch bis wahrlich kitschig.)

    Aber er schämt sich. Naja, zurecht.

    Er sagt, er weiß, dass er ein Problem hat und Hilfe braucht, und er ist bereit dafür. Aber er benötigt Stabilität, er benötigt seine Wohnung, aktuell kann er nichts tun. Das stimmt ja tatsächlich auch -- wie soll er sich auf Therapien und Beratungen einlassen, solange er kein Zuhause hat und gezwungen ist, durch den ganzen Kontinent zu tingeln. Die Situation, wie sie gerade ist, ist selbstverschuldet, das ist ihm auch bewusst -- aber sie ist nun einmal nicht zu ändern.

    Er sagt, er wünsche sich, dass ich ihn auf diesem Weg begleite, verstehe aber auch, wenn nicht.

    Meine Familie hat ihn sehr liebgewonnen, vor allem meine Eltern haben ihn ins Herz geschlossen. Trotzdem sind sie natürlich enttäuscht von seinen ganzen Aktionen. Davon, wie er mir den Geburtstag versaut und uns alle tagelang im Ungewissen gelassen hat, wo er ist und ob er überhaupt noch lebt. Und sie machen sich Sorgen um mich und mein Wohlbefinden.

    Gleichzeitig ist es ein Horror für mich, mir vorzustellen, wie er irgendwo an Weihnachten alleine sitzt. Seine eigene Familie ist auf einem anderen Kontinent, seine Tochter lebt bei der Kindsmutter und feiert mit dem Stiefpapa, die Freunde haben selber Familien...

    Ich würde mich momentan gar nicht trauen, meine Familie zu fragen, ob er Weihnachten mit uns verbringen kann. Das hab ich ihm auch gesagt. Ich habe ihm gesagt, wenn Du das wirklich willst, dann musst Du sie selber kontaktieren. Klär das.

    Daraufhin hat er mir nun heute neuerlich -- wie schon häufiger in den letzten Wochen -- vorgeschlagen, dass er gerne zuerst für ein paar Tage zu mir kommen würde. Um persönlich zu reden, um gemeinsam zu sehen, wie es weitergehen kann. Ich habe mir etwas Bedenkzeit erbeten.

    Der kleine Funke Hoffnung in mir drin, dass alles gut werden kann, glüht noch schwach, oder wieder. Gleichzeitig hab ich Bauchschmerzen und große Zweifel. Ich bin in den letzten Wochen in eine ziemlich heftige Depression geschlittert, war nicht arbeitsfähig und berapple mich gerade wieder so, dass ich meinen Alltag einigermaßen bewältige.

    Er schreibt Dinge wie, er wolle es schaffen, er wisse, was zu tun sei, er brauche einfach nur seine Wohnung und dann würde er seine Therapien fortsetzen. Er schreibt, er liebe mich über alles und würde alles dafür tun, wieder mit mir zusammen zu sein.

    Ich weiß nicht, was ich tun soll.

    Am liebsten wär mir, ich hätte meine Wohnung und er seine, wir könnten uns alle paar Tage mal nett auf einen Kaffee treffen und ich dazwischen etwas aus der Ferne beobachten, was sich so entwickelt bei ihm. Aber das ist aufgrund der Distanz nicht möglich.

    Es funktioniert aber auch nicht, die Dinge übers Telefon zu klären.

    Ich habe ihm gesagt, dass ich in der Wohnung keine Drogen und keinen Alkohol haben möchte, und ihn gefragt, wie er mit diesem Wissen umgehen will, wenn der Suchtdruck kommt. Dass ihm dann ja nichts anderes übrig bleiben wird, als mich wieder anzulügen. Und dass mir das große Angst macht.

    Darauf meinte er, er sei bereit, seinen Teil zu leisten und er würde mit mir sprechen, wenn der Suchtdruck komme, und mich um Hilfe bitten. Er wolle nichts vor mir verstecken.

    Ich möchte ihm gerne vertrauen und an ihn glauben, aber ich spüre, vieles ist zerstört und liegt brach.

    Ich frage mich, was ihr mit eurer Erfahrung mir hier raten würdet. Ich möchte ihm vermitteln, dass ich an ihn glaube. In Wirklichkeit ist es (noch?) nicht so, aber gerade jetzt, wo sich möglicherweise Anflüge von Einsicht und ersten Schritten zeigen, möchte ich ihm nicht das Gefühl geben, ich wäre nicht für ihn da, weil ich eh nicht denken würde, dass er es schaffen kann.

    Was soll ich nur tun?

    Ich weiß, dass es ihn große Überwindung gekostet haben wird, mir diesen Vorschlag zu machen -- einfach, weil ihm bewusst ist, was er alles angerichtet hat. Und auch, dass es ihn sehr verletzen würde, wenn ich ihm nun absage. Ich weiß aber auch, dass ich jedes Recht dazu habe.

    Was ich nicht weiß, ist, was ich will. Ich glaube, ich habe mich noch nie in meinem Leben so hilflos und orientierungslos gefühlt.

    Also, geht von ihm unter Umständen Gefahr aus oder geht es dir nur darum, dass er ohne Unterkunft schneller „am Tiefpunkt“ ist damit es für euch vielleicht noch eine Chance gibt… diese Frage solltest du dir stellen und ehrlich beantworten.

    Ich wollte das übrigens nicht überlesen, ich war aber vorhin echt einfach aufgebracht.

    Also es wäre definitiv Letzteres gewesen. Von 'Diego' geht keine Gefahr gegenüber anderen Menschen aus, also keine körperliche. Die 'Gefahr' ist eher, dass er deren Hilfsbereitschaft und Hilfestellung gut auszunutzen weiß.

    In der Zeit, die ich ihn kenne, hat er noch nicht mal irgendwann die Stimme erhoben oä, er hat mich nie beschimpft, nie verantwortlich gemacht für sein Verhalten, für sein Trinken etc. Es ist eher das Gegenteil, er wehrt sich kaum und 'schluckt' buchstäblich vieles runter, bis er irgendwann explodiert und das geht dann aber gegen sich selbst. Dann folgen Exzess, Selbstmitleid, Selbstmord-Äußerungen, hinterher die Depression, das ganze Programm.

    Insofern sehe ich keinen Anlass, mich um die Sicherheit der Familie, die er dort besucht, zu sorgen.

    Abgesehen davon ist es natürlich auch einfach nicht sehr lustig, wenn Deinen Besuch vielleicht plötzlich (zB unter Alk-Einfluss) die große Depression überkommt und der dann anfängt, über Selbstmordgedanken zu sinnieren.

    Aber der aufrichtige Grund für mein "Intervenieren" wäre tatsächlich gewesen, ihn in Handlungsdruck zu bringen (Unterkunft) und daher habe ich das ja nun auch unterlassen.

    Danke Dir, Blume, für Deine wertvollen Gedanken und Fragen!

    Wer weiß, ob derjenige im Alkohol oder Koks Trip nicht plötzlich mit nem Messer in der Hand da steht, sich umbringen möchte ist womöglich das Kind noch gefährdet…?

    Vielen Dank, liebe Blume, auch Dir für Deine Zeilen und damit sprichst Du mir aus der Seele.
    Wobei ich ja auch den anderen, weniger noblen Anteil meiner Beweggründe hier thematisiert habe: dass man als 'Angehörige' sich dazu geneigt fühlt, dass ICH mich dazu geneigt fühle, irgendwie dafür zu sorgen, dass der doofe persönliche Tiefpunkt schneller erreicht ist. Es ist einfach nur Verzweiflung.

    Im Telefongespräch hat 'Diego' mir gestern erzählt - ich muss aber drauf hinweisen, dass man aufgrund der Drogen-Thematik nie recht wissen kann, ob die Dinge auch so stimmen -, dass er in der letzten Nacht auf meiner Couch eine Überdosis Tabletten genommen habe. Er wollte sich nach seinen Angaben hier bei mir das Leben nehmen und ich hätte ihn, hätte das funktioniert (wenn es nicht gelogen ist), leblos am nächsten Tag hier vorgefunden.

    Er ist immer wieder mehr oder weniger gefährdet, sich was anzutun. Das ist nicht gerade witzig und jenseits von allen persönlichen Beziehungsgeflechten hat man hier auch eine zivile Verantwortung. Ich würde immer wieder die Polizei rufen (bei entsprechenden Ankündigungen), es ist für mich das Mindeste.

    Er ist seit Wochen in einem Ausnahmezustand und ihm ist offenbar alles zuzutrauen. Er ist nicht gefährlich für andere, aber sehr eigengefährdet.

    Und ich bin über seine Zustände und Exzesse immer mit der Exfrau in Kontakt gewesen - so auch dieses Mal -, schließlich lebt dort seine Tochter und wir haben unseren Austausch irgendwann so abgesprochen. So viel zu meinen 'Aktionen'.

    Nach einem Gespräch mit einer guten Freundin hab ich mich aber dagegen entschieden, die Frau in Italien zu kontaktieren. Das geht zu weit (deshalb hab ich es ja unter anderem auch hier, bevor ich irgendwas getan habe, offen zur Diskussion gestellt) und geht mich nichts an. Sollen sie ihn rauswerfen, wenn er sich daneben benimmt.

    Hallo Solea ,

    danke für Deinen Beitrag. Ich hab erklärt, warum er von der Polizei gesucht wurde. Das waren Höllennächte, die schwierig genug waren - dafür möchte ich mich nicht auch noch rechtfertigen müssen.

    Was den Rest Deiner Zeilen angeht - Dein Eindruck von mir steht Dir frei zu haben.

    Danke für Deine Zeit und liebe Grüße.

    EDIT - Ich wünsche Dir und hoffe für Dich, dass Du nie in Deinem Leben in die Lage kommst, einen erwachsenen Menschen von der Polizei suchen lassen zu müssen.

    Vielen Dank, liebe Linde66 , für den Text. :) Ich hatte ihn bereits gelesen und habe ihn gleich noch mal durchgelesen.

    In einigem erkenne ich mich definitiv wieder, in anderen Dingen (zum Glück) nicht. Daran merke ich, dass ich doch glücklicherweise recht "gesund distanziert" immer mit dem Thema umgegangen bin und gut abgrenzen konnte, dass die ganzen Probleme SEIN Thema sind. Allerdings nur, solange die Beziehung aufrecht war. Jetzt, wo sie beendet ist, ist es viel schwerer. Warum?

    Ich war zum Beispiel - glücklicherweise - nie in der Situation, etwas vertuschen zu müssen, habe Familie und Freundinnen und Freunde, mit denen ich ganz ungeschönt und offen reden kann etc., das hilft und finde ich sehr wichtig. Und ein kleines bisschen hilft vielleicht auch der berufliche Hintergrund im Sozialbereich, dass man manche Dinge und Verhaltensweisen, auch Störungen etc. leichter enttarnen kann. Auf der anderen Seite wiederum spielt auch vor dem Beruflichen die Tendenz zum "Helfersyndrom" eine große Rolle.

    Naja, wieder mal einiges Blabla direkt vom Hirnkasten in die Tasten gehauen.

    Ich bin vorhin endlich mal ein bisschen raus (notgedrungen, Tabak war aus und das an einem Sonntag), das hat gut getan, und für morgen hat sich eine sehr gute Freundin angekündigt, die bleibt ein paar Tage. Ich hatte gestern ein paar Sekunden lang ein bisschen Angst um mich und glaube, es ist gut, die Tage jetzt nicht ganz allein zu sein.

    Einen schönen Sonntagabend allen!

    Mir fällt noch eine Sache ein, wo du vielleicht helfen kannst: Eine andere Therapie oder externe Unterstützung zu finden.

    Übrigens vielen Dank auch Dir noch mal für Deine Tipps! Leider ist der Beitrag bei mir iwie untergegangen.

    Also erstmal tu ich jetzt gar nix, worum mich niemand bittet, das ist für mich ein erster Schritt. Ich hab ihm Hilfe angeboten, sollte er in eine Klinik etc. wollen. Wenn er darauf zurückkommt, gern - wenn nicht, kann ich nichts tun.

    Auch hier mein erster Impuls: Dem Süchtigen geht es auch erstmal „besser“ wenn er seine Droge bekommt. Den Begriff hast du ja selbst rein gebracht 😉

    Ja, ich hab das mit Schrecken festgestellt und es schwirrt mir jetzt im Kopf rum und muss sich dort sortieren. Dass ich irgendwie "süchtig" geworden bin nach ihm.

    Wenn du dich schon selbst als süchtig empfindest, dann ist es recht weit hin mir dir. Bleibt dann nicht nur noch die komplette Abstinenz?

    Das ist alles sehr neu für mich, ich erlebe mich in dieser Art Ausnahmezustand erst seit ein paar Tagen. Ja, ich gebe es ganz offen zu - ich würde mir wünschen, dass wir die Beziehung hinkriegen könnten. Es ist nach wie vor mein Wunsch - nur hat er über die letzten Tage und Wochen gehörig an Realistik verloren und damit muss ich mich erst 'anfreunden' und auseinandersetzen.

    Tja… aber warum ist das überhaupt noch deine Baustelle? Weil er dann auf dich und deine Hilfe zurück greifen muss?

    Nein, das ist es eher nicht. Es ist nicht die Notwendigkeit, gebraucht zu werden - ich werde von vielen Menschen gebraucht, bin in meinem Umfeld eine gefragte Ratgeberin (Ursprungsberuf Sozialarbeiterin, aber nicht mehr dort tätig, zumindest offenbar nicht beruflich :roll:).

    Mit meinem "Hilfedrang" geht's mir tatsächlich um ihn. Dass ich ihn aber so schwer loslassen kann, dieses Thema liegt bei mir, das hab ich erkannt. Wobei halt auch erst eine Woche vergangen ist seit der Trennung. Es ist nicht meine erste Trennung - ich weiß, dass das einfach auch dauert.

    Und es ist sehr, sehr hart, jemanden aus Vernunftgründen gehen lassen oder wegschicken zu müssen, den Du von Herzen liebst.

    Hallo, liebe Lea, und vielen Dank.

    Ja, gute Frage, immerhin kann ich behaupten, dass ich mir die selbst auch stelle. Vermutlich war sie rhetorisch gemeint, aber ich möcht trotzdem gern drauf antworten!

    Ich beobachte da verschiedene Dinge auf verschiedenen Ebenen.

    Zum einen ist mit jedem "handlungsunfähigen" Tag seit der Trennung mein Zustand zusehends miserabler geworden. Seit ich nun wieder ins Handeln gekommen bin (mit dem Verpetzen), geht es mir deutlich besser. Worauf weist das hin? Vermutlich kann ich die Kontrolle nicht bis sehr schlecht abgeben. Das ist mir bewusst, auch in anderen Dingen.

    Und emotional ist es halt ein bitterer Mix aus großem Liebeskummer und irrationalen Gedanken, Angst um die Person, aber durchaus auch nicht akzeptieren zu können, dass es vorbei sein soll, dass ich "aufgeben" muss, dass ich "verloren" habe gegen sein Suchtverhalten, dass die Liebe nicht gereicht hat etc. pp. Ich vermute, das kennen bestimmt viele Angehörige so...

    Dann hab ich halt auch immer noch Hoffnung - mal größer, mal kleiner - dass er es schaffen kann. Und mir ist der Mensch so, so viel wert.

    Ja, ich weiß - er kann es nur alleine, er kann sich nur selbst helfen.

    Mit Sicherheit will ich mit meinem Vorgehen gerade ein bisschen "nachhelfen" und Brandbeschleuniger spielen. Wenn er niemanden mehr hat, der für ihn da ist (also mit Unterschlupf und so), vielleicht kommt er dann endlich ins Überlegen und ins Handeln? (Teilweise ist er da ja schon. Er sagt, er hat ein Problem und möchte sich helfen lassen. Aber wie überzeugt das wirklich ist - keine Ahnung...)

    Ich hab es eine ganze Woche ausgehalten ohne Kontakt und bin dann echt rückfällig geworden. Ja. Krass.

    Liebe Lea , kann ich Deinen Beitrag als Empfehlung interpretieren, nichts (mehr) zu unternehmen? Also eben auch nicht die Freundin, die ihn aufnehmen möchte und nix von seinem Zustand weiß, vorwarnen?