Der Prozess hat auch bei mir gedauert, dabei hatte ich mir als Jugendliche geschworen, da nicht eine Sekunde zu zögern. Aber Kinder, Ehe meine Gefühle für meinen Mann und auch das Haus (wie bei vielen hier) haben diesen Entschluss auch hinausgezögert. Letztendlich hat es bei mir 4 Jahre gebraucht, ab dem Zeitpunkt der Realisation, dass mein Mann ein Alkoholproblem hat, bis zu der Erkenntnis, dass ich mich um mich selbst und meine Kinder kümmern muss- er kann gerne mitkommen, aber er muss selbst laufen.
Ausschlaggebend war, wie bei so vielen, der berühmte letzte Tropfen der ins Fass fiel. Alkoholiker Lügen immer um sich und ihre Sucht zu schützen, und sie versuchen immer, DICH zum Problem zu machen, dass bei DIR was nicht richtig ist.
Ich war an dem Abend geschäftlich weg, er war mit den Kindern allein. Ich hatte schon die Wochen zuvor bemerkt, dass er wohl wieder mit dem Trinken begonnen hat (wie schon ein paar Mal in den vergangenen Jahren) , er hat das vehement geleugnet, so dass ich mir schon (wieder) schuldig vorkam.
Ich komme nach Hause, mein kleiner Sohn ist noch wach (obwohl weit nach seiner Schlafenszeit) und mein Mann blödelt hackedicht mit den Kindern, rennt die Treppen hoch und runter und jagt sie durchs Haus, bis mein Sohn dann hingefallen ist. Da ist es dann passiert, mit einem Mal war bei mir Ende.
Was hätte er gemacht, wenn sich die Kinder verletzen- in seinem Zustand wäre er völlig überfordert? Da war mir klar, dass ich die Kinder vor ihm schützen muss, sofort.
Als er am nächsten Morgen nüchtern war und natürlich schuldbewusst usw (was Alkoholiker dann hält so auffahren, um sich zu rechtfertigen) habe ich ihm gesagt dass es jetzt aufhört und ich ihn hier nicht mehr haben will, also ist er erst mal in ein Hotel. Er kam allerdings nach ein paar Tagen zurück, bei ihm war das Ganze dann auch der Wendepunkt (bisher, wie gesagt, er warnt mich selbst immer, die Sucht zu unterschätzen) und er hat dann die Therapie aufgenommen. Wenn ich hier die Gedanken und Erfahrungen der trockenen Alkoholiker lese, spiegelt das genau das wieder, was er mir über die Sucht sagt, er ist da mittlerweile sehr klar und beschönigt nichts. Das zeigt mir auch deutlich, dass sich WIRKLICH etwas bei ihm geändert hat.
Er war übrigens auch immer ein liebevoller, toller Vater und auch Ehemann, der mich wirklich sehr liebt, auch alkoholisiert war er nie aggressiv sondern eher "anschmiegsam"- der Alkohol war jahrelang dennoch seine größte Liebe, für die er WIRKLICH alles getan hat.
Und das darf so nicht sein, Kinder und Ehepartner müssen an erster Stelle sein.
Wenn dem nicht so ist, dann muss man einen Strich ziehen mMn- denn zumindest ich möchte bei dem Menschen, der bei mir an erster Stelle steht auch an erster Stelle stehen.