Rückfall gehört zu uns - ist das nicht ein Alibi?

  • Als ich 1994 meine erste Entgiftung hatte – freiwillig - war mir klar – ich bin nur gefährdet, wenn ich aufpasse, dann geht schon wieder alles in Ordnung. Ich fühlte mich auch als Exot.

    Wie es weitergeht brauche ich nicht erzählen, weiß ja jeder selbst.

    Als ich am 11.11.1997 sagte, dass gestern war dein letzter Alkohol – ich brauchte fast noch ein halbes Jahr um zu wissen, ich bin kein Exot, ich darf keinen Alkohol mehr trinken, für mich gibt es keinen Rückfall. Ich werde alles dafür tun – nie wieder Alkohol zu trinken, ich will mich nie wieder vor mir selbst ekeln!

    Und nun lese ich immer wieder, er, der Rückfall gehört zu unserer Krankheit. Einige entschuldigen auch den Rückfall………………………..
    Ich darf mir also einen nach dem anderen Rückfall erlauben – es ist halt so?
    Ich habe die vergangen Jahre mich und meine Umwelt kaputt gemacht, aber es ist halt so, Rückfälle gehören dazu?
    Ich habe Vertrauen missbraucht, ich missbrauche es wieder - aber es ist alt so?
    Warum erwarte ich immer wieder Verständnis? Es ist halt so?
    Geben wir uns da nicht ein Alibi?

    Ich möchte keinen zu nahe treten, ……………

    kawi

  • Hallo kawi,

    ich kann deine Gedanken gut verstehen. Wie man einem Neuling sagen kann, dass Rückfälle dazu gehören, kann ich auch nicht verstehen. Denn ich glaube, es ist genau so, wie Du sagst: Das kann sehr schön als Alibi herhalten.

    Baut aber jemand einen Rückfall und schreibt darüber hier in unserer Selbsthilfegruppe, verdient das höchsten Respekt und Lob. Das kriegt nämlich nicht jeder hin und zeigt, dass der Betreffende weiterhin Interesse hat, trocken zu werden. Entsprechend tröstend fallen dann manche Antworten hier aus.

    Eric

  • Hallo zusammen.

    für mich gehört Rückfall zu unsere Krankheit dazu.
    Warum ist denn die Rückfallquote so hoch?
    Genau wie der tödliche Verlauf ,wenn ich meine Krankheit nicht stoppe.

    Wenn sich da ein Neuling dadurch ein "Alibi herauszieht und ein Türchen offen lässt, um wieder saufen zu können,befindet er sich in einer Trinkpause/Denkpause/Überlegungsphase und hat noch nicht ganz kapituliert. Es ist auch eine Ansichtssache , wie ich diesen Satz deute oder damit umgehe.

    Eric

    Zitat

    Baut aber jemand einen Rückfall und schreibt darüber hier in unserer Selbsthilfegruppe, verdient das höchsten Respekt und Lob.Das kriegt nämlich nicht jeder hin und zeigt, dass der Betreffende weiterhin Interesse hat, trocken zu werden

    da stimme ich vollends zu und ich denke ,daraus können auch viele lernen ,seine eigene Risikominimierung zu betreiben.

    das sind mal meine Gedanken , aus heutiger Sicht dazu.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo zusammen

    Für mich persönlich war jeder Rückfall kein Alibi,sondern vielmehr lehrreich um auf den stand und Erfahrung zu sein wie eben. Ich habe mich niemals aufgegeb,und habe es auch nicht vor.
    Darüber hierher zurückzukehren und darüber zu berichten hat mir immer geholfen. Vor einem Rückfall ist ausnahmslos keiner befreit von uns allen!!!
    Sicherlich sehen es so manche als Alibi für eine Trinkpause.......doch solange man weiter an sich arbeitet und aus den Antworten,der Erfahrungen der anderen hier für sich etwas herauszieht und umsetzt,ist man einen Schritt weiter.

    Ich mache mir keine Gedanken eben über einen Rückfall,sonder darum wie ich ihn umgehen kann und ich mich glücklich mit meiner JETZIGEN Lebenssituation fühle.

    Das sind so meine Gedanken dazu

    LG Roberto

  • Hallo,

    hierbei kommt es meines Erachtens darauf an, aus welcher Sicht und wie jemand diese Aussage darstellt.

    Wenn ich also von 2% Erfolgsquote ausgehe, dass Alkoholiker lebenslang einen trockenen Weg schaffen zu gehen, bedeutet das gleichzeitig, dass 98 von 100 Menschen einen Rückfall erleiden ... und Rückfälle dann natürlich bei Alkoholkranken oder dieser Krankheit eben, recht dominierend sind.
    Die Rückfallquote liegt aber m.E. u.a. an fehlender Konsequenz, Nichteinhaltung bestimmter Lebensveränderungen und letztendlich einer nicht verinnerlichten/inneren Trockenheit.

    Wenn ich aber persönlich mit der Einstellung, Rückfälle würden zur Alkoholkrankheit gehören, meine Trockenheit bestreite und gedanklich auch so lebe, würde ich mir immer ein Hintertürchen offen lassen.

    Und das hat sicherlich auch mit einem fehlenden, persönlichen Tiefpunkt zu tun, ... so meine Meinung und Erfahrung.

    Gruß, Freund.

  • Hallo Kawi

    wie ich herauslese, bist Du 11 Jahre trocken ?
    Darf ich mal fragen, ob Du eine reale Gruppe bisher besuchtest ?
    Wenn doch, dürfte Dir eingentlich klar sein, das Rückfälle passieren können, auch verschiedenen Gründen.
    Und für jeden ist es ein persönlicher Super-GAU gewesen, der beinah alles in Frage stellte.

    Auch hier im Forum kann man sehr oft nachlesen, wie es dazu kam.

    Alibi ?
    Nein, seh ich keinesfalls so.

    Ich hoffe nur immer für denjenigen, das er so schnell wie möglich wieder aufstehen kann. Und zwar, ohne Vorwürfe von anderen zu hören zu bekommen. Lieber zupacken und demjenigen beim Wiederaufstehen helfen, so meine Meinung dazu. Und ihm dabei helfen, zu analysieren, was schief gelaufen ist.

    LG
    Lilly

  • Hallo Kawi,

    für mich persönlich gehört ein Rückfall nicht zu der Krankheit, niemand kann mir verbitten zu trinken und wenn ich jetzt trinken würde dann weil ich es so will, aus welchem Grund auch immer. Gründe kann ich immer finden, alles meine eigene Entscheidung.
    Niemand wird vom Alkohol überfallen, ich persönlich nehme das erste Glas in die Hand und wenn ich dann noch auf Verständnis warte von den Menschen die ich schon genug verletzt, enttäuscht habe, von dem Kind, das seine Kindheit verloren hat dann ist mir meine Nüchternheit nicht wichtig genug, dann nehme ich diese Krankheit auch nicht ernst genug, dann sind schließlich auch die Menschen um mich herum nicht wichtig genug.
    Vielleicht trifft man aber unter Alkoholikern auf mehr Verständnis und zwar um sich selber die Türchen offen zu lassen, um zu sagen mir kann ein Rückfall ja auch passieren?
    Jeder weiß selber tief in Innerem warum der/die getrunken hat, die Ehrlichkeit zu sich selber zählt um mein Gewissen wieder zu beruhigen suche ich vielleicht nach Alibis für mein Verhalten.
    Ich weis genau dass ich in dem Moment mich und mein Umfeld belügen würde.

    So meine Gedanken.

    LG Maria

  • Hallo Kawi,

    ich fahre kein Motorrad um das Teil zu schrotten, aber wenn es passiert, dann ist es passiert. Dann passe ich bei einer ähnlichen Situation vielleicht besser auf. Ist zwar doof, weil ich genauso die Löffel abgeben kann, wie wenn ich nicht aufhöre zu trinken oder in einen Co-Schieflage komme, aber wenn es passiert, dann habe ich irgendwas aus irgendwelchen Gründen nicht beachtet.

    Ein Unfallfreifahrschein meiner Versicherung würde mir nicht helfen, also denke ich nicht daran, sondern nur wie ich besser und sicherer fahren kann.

    LG kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo alle zusammen,
    hallo Lilly12,

    nein ich bin noch keine 11 Jahre trocken. 10 Jahre 8 Monate und 10 Tage.

    Nein ich besuche keine reale Gruppe mehr, u.a. weil ich die Verniedlichungen nicht akzeptieren kann und will.

    Aber ich erzähle es jedem der es hören will oder auch nicht.
    Mir ist egal was meine Umwelt damit macht, für mich ist wichtig wie ich mich dabei fühle.


    Was ist eigentlich ein Rückfall? Das erste Glas? Die Zeit wo ich vergesse dass ich süchtig bin? Meine Einstellung zu meinem Leben?

    Warum kann es denn zu einem Rückfall kommen, aus verschiedenen Gründen? Welche Gründe rechtfertigen einen Rückfall?

    Unsere Krankheit ist tödlich!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
    Aber entscheide ich nicht selbst welchen Weg ich gehe? Wir selbst sind diejenigen die den Schritt gehen, es macht kein anderer für uns.

    Warum muss ich getröstet werden, wenn ich einen Rückfall habe? Ich bin die Alkoholikerin, wenn ich trinke - trinke ich und kein anderer!


    Lilly 12, ich denke - beim Aufstehen kannst Du nicht helfen – helfen kannst Du doch nur, wenn Du Deine ehrliche Meinung sagst und dein Gegenüber bereit ist, darüber nachzudenken und das Beste für sich raus zuziehen.

    Roberto, ich hatte keinen Rückfall!!!!!!!!
    Bis heute – auch nicht zukünftig, weil ich etwas für mich tue. Ich werde es nicht zulassen, dass diese Sucht mein Leben zerstört, weiterhin zerstört – leider habe ich erst mit 26 begriffen, was diese Sucht mit mir anstellt.


    LG kawi

  • Hallo kawi,

    ich muss schon zugeben, ich finde deine Überzeugung, dass du in Zukunft keinen Rückfall haben wirst, schon recht scharf.
    Insbesondere, wenn ich an jene Leute, die ich kennenlernen durfte, denke, die nach 9 oder 10 Jahren einen Rückfall hatten.

    Ich persönlich bin der Überzeugung, dass diese Krankheit sich Rückfallerkrankung schimpfen darf, schon mindestens deshalb, weil es "erlaubt", wieder aufzustehen.
    Abgesehen davon: Wenn ich mir überlege, ich würde behaupten, dass dies eine Ausrede ist, dann würde ich verdammt vielen Menschen unterstellen, dass sie nicht wollen oder dergleichen.
    Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand freiwillig so fertig machen möchte. Oder seine Familie.

    Liebe Grüße
    Clare

  • Hi

    Ich für meinen Teil finde die Einstellung von kawi für mich richtig.

    Bei meinem Rückfall wollte ich das Bier selbst trinken, es hat mich keiner dazu gezwungen.

    Allerdings muss ich auch sagen, dass dieser Rückfall und die Gedanken die ich mir hinterher darüber gemacht habe, mir deutlich gezeigt haben, dass ich Alkoholiker bin und immer sein werde. Ich schaffe es nicht, werde es nicht, will es auch gar nicht mehr schaffen, kontrolliert zu trinken. Denn dann würde ich immer noch gegen meinen Feind Alkohol kämpfen müssen und ganau das will ich nicht mehr.

    Mich persönlich hat diese Erfahrung gefestigt.

    Wenn ich aufhören will zu trinken, so ist das immer ein Weg den ich gehen muss. Wer kennt nicht die vorhergehenden Versuche mit Trinkpausen und was weiss ich. Und wenn jemand nen Rückfall braucht, damit er es kapiert sei er ihm gegönnt, insofern er dann auch die Konsequenzen draus zieht.

    Wenn ich allerdings die Rückfallgefahr als Vorwand zum weitersaufen nehme, dann hab ich wohl noch nichts aber auch gar nichts kapiert.

    Just my two Cents.

    Gruss
    Michael

  • Guten Morgen Clare,

    ich muss schon zugeben, ich finde deine Überzeugung, dass du in Zukunft keinen Rückfall haben wirst, schon recht scharf.
    Was ist daran scharf?
    Ich habe für mich so entschieden und ich versuche alles Mögliche um danach zu leben.

    Auch ich haben Angst, Angst davor zu vergessen, was dieses Zeug aus mir gemacht hat, Angst zu vergessen wem ich alles wehgetan habe. Angst zu vergessen in welche Richtung diese Sucht geht – gerade nach den Jahren meiner Trockenheit.

    Vielleicht höre ich mich ein wenig radikal an, ok. Aber welche Aklternative habe ich denn?

    Ich weiß wie schwierig der Anfang für mich war, wie schwer ist es zu akzeptieren, sein restliches Leben anders zu leben, als alle anderen. Aber was ist daran anders?

    Ja ich lebe heute bewusster, ich nehme meine Umwelt war. Nein – ich bin nicht perfekt – ich habe einen Makel in dieser Gesellschaft.
    Na und – ich lebe in dieser Gesellschaft, aber deswegen muss ich doch nicht alles tolerieren.

    Ich habe gezweifelt an mir, ich wollte es meiner Familie, in meinen Job, bei meinen Freunden - allen wollte ich es Recht machen, ich wollte perfekt sein, damit mich meine Umgebung wohlwollend aufnimmt. Ich habe funktioniert.
    Heute lebe ich mein Leben.
    Heute will ich nicht mehr perfekt sein – für mich ist das Selbstaufgabe.


    Ich persönlich bin der Überzeugung, dass diese Krankheit sich Rückfallerkrankung schimpfen darf, schon mindestens deshalb, weil es "erlaubt", wieder aufzustehen.
    Erlaubt- oder ein MUSS? Welche Alternative hast Du?


    Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand freiwillig so fertig machen möchte. Oder seine Familie.
    Wer denn dann? Nur ich trinke das Glas, es kann mich keiner dazu zwingen.


    Ich möchte nicht behaupten dass es ein einfacher Weg ist- für mich, aber ein schöner.


    Liebe Grüsse kawi

  • Servus kawi,

    ich teile Deine Radikalität, da auch ich mich ganz klar für ein Leben in Abstinenz bewusst entschieden habe. Ich möchte suchtmittelfrei leben, und niemand kann mir den Konsum irgendwelcher Suchtmittel aufzwingen - außer ich mir selbst. Also lebe ich suchtmittelfrei*.

    Somit gäbe es auch für mich keinen Rückfall, sondern wenn es zum Konsum käme, dann einen bewussten, gewollten Konsum. Und der ist für mich zum Glück derzeit nicht vorstellbar, da ich mich mit meinem abstinenten Leben sehr wohl fühle.

    Ich kann aber auch die Aussage verstehen, wonach der Rückfall zur Krankheit gehört.
    Schließlich ist unsere Krankheit nicht heilbar, sie ist nur zum Stillstand zu bringen. Und eine/jede vorhandene Krankheit birgt das Risiko eines Rückfalls in sich, sei es Erkältung, Asthma, Gicht oder eben auch Alkoholismus.

    Der einzige Unterschied (zu anderen Krankheiten) ist das eigene Zutun, der im Fall von Alkoholismus durch uns selbst gesteuert wird. Der Alkohol springt mich nicht an, ich führe das Glas schon selbst zum Mund - weil ich es so will, wenn es so ist.

    LG
    Spedi

    *Suchtmittelfrei mit einer Ausnahme: ich gestatte mir den Konsum von weissem, raffinierten Zucker. Es gibt eine bestimmte SHG, da zählt diese Substanz als Suchtmittel. In deren Augen lebe ich also nicht 100% "frei".

  • Hallo kawi,

    ich denke, es gibt zu der Thematik unterschiedliche Einstellungen und Haltungen, und für mich sind sie alle in Ordnung, so lange ein jeder von uns dadurch trocken bleiben kann.

    Ich für mich halte es als Krankheitsbild. Ich habe ein krankes Seelenleben und ich trinke. Niemand kann etwas dafür - kein Außenstehender, ich aber auch nicht.
    Es ist eine gemeine und zerstörende Krankheit.

    Zu behaupten, es sei keine Rückfallerkrankung, empfinde ich als Angriff. Es unterstellt - ja was eigentlich? Nicht genug Willen? Emotionslosigkeit meiner Umwelt gegenüber und mir, die ich zerstöre?
    Was den Willen angeht, so glaube ich, wie schon erwähnt, nicht, dass wir uns und anderen all das antun WOLLEN.

    Und jeder, der es schafft, diesen Teufelskreis zu unterbrechen, sollte froh drum sein, dass er nicht zu denen gehört, die es nicht packen.
    Ich würde niemandem unterstellen, dass er ein Alibi bentüzt. Die meisten bauen Rückfälle, weil es zu dieser Krankheit dazugehört, und ich meine fast zu behaupten, es gehört zum Prozess dazu. Manche brauchen es, landen 5 - 10 - 15 mal in der Entgiftung, bevor sie es kapieren.
    Wer diesen Weg nicht gehen muss, sollte sich glücklich schätzen.

    Liebe Grüße
    Clare

  • Hallo Clare,


    ich hatte/ habe bzgl. der Sucht ein krankes Seelenleben. Ich kam mit mir selbst nicht klar und versuchte es mit dem „Freundchen“ zu regeln. Ich konnte vergessen. Ich konnte, ich konnte… - ich habe viel geträumt.
    Meine Familie ist daran schuld das ich getrunken habe (laaaannnnggeee Geschichte) , meine Umgebung ist Schuld dass ich getrunken habe – keiner sieht was mit mir los ist.
    Keiner kann mir helfen.


    Es stimmt es konnte mir keiner helfen – nur ich allein – als dann der Knoten geplatzt war.
    Ich habe um Hilfe gebeten, mir wurde Hilfe gewährt, ich habe mir für mich das Beste davon mitgenommen.
    Eine virtuelle SHG - eine reale SHG, alles was für mich gut ist nehme ich mit.


    Weiß Du es gibt für mich keine Schuldfrage mehr – ich habe heute soviel Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen in mich, das das andere nicht mehr wichtig ist.

    Ich habe gelernt, mich selbst zu verstehen – meine Bedürfnisse, meine Wünsche.
    Ich habe gelernt - dieses auch umzusetzen. Ich habe gelernt um Hilfe zu bitten und diese Hilfe auch anzunehmen.
    Ich weiß heute was ich will.

    Ja die Sucht ist eine Krankheit – eine fiese und zerstörende – eine psychosomatische Krankheit. Rückfälle müssen nicht dazugehören.

    Du schreibst
    Manche brauchen es, landen 5 - 10 - 15 mal in der Entgiftung, bevor sie es kapieren.

    Was machst Du bis dahin? Wer sind manche?

    Ich habe mich einwenig bei Dir gelesen - du bist noch am Anfang, das ist gut so. Du hast einen Anfang gemacht, warum hast Du ihn gemacht?


    Zu behaupten, es sei keine Rückfallerkrankung, empfinde ich als Angriff. Es unterstellt - ja was eigentlich? Nicht genug Willen? Emotionslosigkeit meiner Umwelt gegenüber und mir, die ich zerstöre?

    Ok - ein Angriff - Tu etwas bevor Du einen Rückfall hast!!!


    Was den Willen angeht, so glaube ich, wie schon erwähnt, nicht, dass wir uns und anderen all das antun WOLLEN.

    Was willst DU? Lass mal die anderen aus dem Spiel, was willst Du?

    Und jeder, der es schafft, diesen Teufelskreis zu unterbrechen, sollte froh drum sein, dass er nicht zu denen gehört, die es nicht packen.
    Das ist meine Entschlossenheit zu meinem Leben – stimmt da kann ich wirklich froh sein.

    Ich würde niemandem unterstellen, dass er ein Alibi bentüzt.

    Wie lautet Dein Alibi?


    So meine Gedanken zu Deinen Gedanken.

    Liebe Grüsse kawi

  • Naja, der Gedanke den Rückfall eines anderen
    als "Alibi" heranzuziehen um sich selber dem
    Alk. hinzugeben, das glaube ich, ist bestimmt ein Thema.
    Deswegen ist u.a. ja auch der private
    Kontakt zweier Alkoholiker so problematisch.

    Der Rückfall selbst muß ja nicht unbedingt zur
    Alk.-Krankheit dazugehören, er tritt aber (leider)
    immer wieder auf. Wenn nun jemand einem
    Rückfälligen schreibt "Der Rückfall gehört dazu"
    ist das sicher als Aufmunterung desjenigen
    zu sehen, seinen trockenen Weg weiter zu gehen.
    Gut gemeint, aber nicht gut formuliert.

    Paolo

    Als ich auf einer Kaufhaus-Kundentoilette in meiner eigenen Kotze aufwachte, hätte ich aufhören müssen zu saufen.
    Da war ich gerade mal 20 Jahre alt.
    Es sollten aber noch 30 Jahre vergehen!

  • Hallo kawi,

    ich muss gestehen, ich war etwas verwirrt ob Deiner Zeilen:

    Zitat

    Als ich 1994 meine erste Entgiftung hatte …

    Als ich am 11.11.1997 sagte, dass gestern war dein letzter Alkohol …

    … ich hatte keinen Rückfall!!!!!!!!


    Was will die Gute mir damit sagen? 3 Jahre rückfallfrei weitergesoffen?

    OK, die Worte von Spedi und Karsten haben dann doch ein wenig mehr Licht in mein Dunkel gebracht und auf dieser Basis kann ich mich damit auch ein wenig beschäftigen.

    Grundsätzlich teile ich die Ansicht, dass jemand, der nach einer Trinkpause wieder zum Alkohol greift, dies aus freien Stücken tut. In meiner von Goblins befreiten Welt gibt es keinen bösen Dämon namens Alkohol, der mich auf hinterhältige Weise zum Trinken animiert, sondern nur mich und meine Entscheidungen. Vor diesem Hintergrund ist ein jeder Rückfall Ausdruck einer eigenen Entscheidung und somit natürlich eine substantielle Negation des Wunsches nach einem alkoholfreien Leben. Anders gesagt: Er oder sie will gar nicht alkoholfrei leben!

    So ein wenig problematisch wird diese Sicht für mich deshalb jedoch, weil sie das Wort Rückfall per se ad absurdum führt. Es gibt dann nämlich gar keine Rückfälle, es hat sie noch nie gegeben, und auch in Zukunft werden keine geschehen. Denn jeder Griff zur Flasche ist ja ein Ausdruck mangelnder Trockenheit und kein Rückfall.

    Hmmm … jetzt muss ich gestehen, dass ich kein sonderlicher Freund einer speziellen Alkoholiker-Semantik bin, also nicht unbedingt Freude daran habe, Worte oder Begriffe im Inhalt so zu verbiegen, dass ein Nichtbetroffener sie nicht mehr verstehen kann. Für einen Außenstehenden erleidet ein Alkoholiker, der z.B. nach 3 Jahren wieder zur Flasche greift, einen Rückfall. Ganz allgemein gesagt: Jeder, der sich seiner Alkoholproblematik bewusst wird und den Versuch unternimmt, etwas dagegen zu unternehmen, erleidet einen Rückfall, sobald er wieder mit dem Trinken beginnt. Die Gründe spielen dabei keine Rolle!

    Aber jetzt mal zu Deiner Anfangsfrage: Der Rückfall gehört zu uns – Ist das nicht ein Alibi?

    Ein jeder braucht seine Zeit, um sich für ein Leben ohne Alkohol zu entscheiden. Während dieser Zeit trinkt man, oder man versucht sich zu beweisen und lebt einige Zeit abstinent – bis man wieder trinkt. Mal mehr, mal weniger, hier ein Versuch, da eine Aufgabe, hin und her. Das ist es wohl, was ich darunter verstehe, wenn ich höre ‚Der Rückfall gehört zu uns’. Und irgendetwas Ähnliches hast Du doch auch in der Zeit zwischen 94 und 97 getrieben :wink:.

    Wer jedoch trinken will, der findet auch Gründe um sich zu rechtfertigen. Dieser kleine Spruch ist aber sicher nicht schuld.

    Just my two cents.

    Liebe Grüße

    J.

    Was ist, ist - was nicht ist, ist möglich! ///// 17.07.07

  • Hallo,


    Für mich ist es keine Alibi-Funktion zum Hintertürchen offen lassen, sondern wichtig zu wissen das ein Rückfall nun mal zum Krankheitsbild „gehört“ !
    Würde ich das völlig ausblenden wäre ich blind und taub, denn die hohen Rückfallqoten sprechen nun mal für sich !

    Ich habe aber meine Überheblichkeit und Arroganz abgelegt zu Allem, ein NIE wieder folgen zu lassen, bin ich Hellseher.....

    Alkohol soll nicht noch einmal mein Leben bestimmen, soviel ist klar..... und die Verantwortung dafür, liegt ganz alleine bei mir !

    Ich übe keinen Verzicht, das ist für mich schon mal ganz wichtig und eine Grundvoraussetzung zum weiteren Trocken bleiben.
    Mit mir im Gespräch bleiben und auf meine Bedürfnisse zu achten, eine weitere wichtige !

    Ein Rückfall kann „passieren“, einige habe ich aus zweiter Hand“ miterlebt, teils war in der „Trockenarbeit“ geschludert worden, teils gab es menschliche Schicksalsschläge.....wer bin ich, darüber "richten" zu wollen....

    Es gibt nichts anderes als sich jeden Tag auf`s Neue seiner Alkoholerkrankung bewusst zu sein und daran zu arbeiten, egal ob 30 Min., oder wie auch immer, in der realen- oder in der online-SHG,.....nur nicht vergessen !

    In diesem Sinne immer trockene 24h.....

    Liebe Grüße, Rose

  • Hallo kawi,

    ich habe hier angefangen zu schreiben und dadurch deine Fragen provoziert, und zumindest erscheint es mir als unhöflich, darauf überhaupt nicht zu antworten.
    Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht so genau, warum es mich so gepiesackt hat, aber ich glaube, es liegt mal daran, dass ich diese Sucht jetzt erst wirklich als KRANKHEIT begreife und da wohl etwas sensibel reagiere, wenn du dann mit Alibi anfängst. Aber es soll mir egal sein, jedem seine Sichtweise, es führen einige Wege nach Rom. Sorry also für mein Statement.

    Nichtsdestotrotz, auf die Fragen möchte und werde ich nicht eingehen. Meine Aufgabe ist im Moment, "schön blöd" trocken zu bleiben. Das reicht und ist genug. Ich mute mir so viel zu, wie ich kann, aber nicht mehr und alles andere zu seiner Zeit.

    Liebe Grüße
    Clare

  • Servus kawi!

    Für mich haben Rückfälle so lange zum Krankheitsbild gehört bis ich meinen persönlchen Tiefpunkt erreicht hatte. Ab diesem Zeitpunkt durfte und konnte ich kapitulieren und mir ein trockenes und zufriedenes Leben aufbauen. Und ich bin dankbar, dass ich alle Rückfälle überlebt habe, denn das ist nicht immer so. Jeder Rückfall kann der letzte sein, dass sollte man sich immer vor Augen halten.
    Wenn jemand seinen Rückfall als Alibi benutzt hat er seine Krankheit noch nicht verinnerlicht und seinen persönlichen Tiefpunkt eventuell noch nicht erreicht.
    Wichtig erscheint mir auch sowohl in den realen SHG als auch hier im Forum Rückfälle aufzuarbeiten und zu hinterfragen um anderen Alkoholikern die Gelegenheit zu geben, daraus Schlüsse für sich selbst zu ziehen und Gefahrenmomente für die Trockenheit zu erkennen und entsprechend zu reagieren.

    Wir Alkoholiker sind alle und das zu jeder Zeit immer nur eine Armlänge vom ersten Glas entfernt!

    LG
    Andreas

    carpe diem

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!