Hallo Zusammen,
bin noch recht neu hier und baff, wieviel mir so ähnlich oder bekannt vorkommt und richtig froh, dieses Forum gefunden zu haben.
Stelle mich jetzt hier noch mal vor. Bin 44, habe meinen Mann mit 20 Jahren kennen und lieben gelernt.
Erst viel zu spät habe ich gemerkt, daß er abhängig ist und schon in sehr jungen Jahren abhängig wurde. Von zu Haus war Alkohol normal und während unserer Zeit begann es schleichend, regelmäßiges Feierabendbier ... Schnäpschen, Bettschwere ohne ihm das wirklich anzumerken beim Sprechen etc. In unserer allerersten gemeinsamen Wohnung habe ich damals gedacht, wie kommt das denn, das die Bacardiflasche im Barfach leer ist, habe mir aber überhaupt keine Gedanken darüber gemacht und es unter Schusseligkeit abgehakt. So ähnliches wiederholte sich dann im Laufe der Jahre und immer wieder fand ich Flaschen und die Anzahl häufte sich. Dann 2 x Krankenhaus Notaufnahme Sonntag wegen Sturz etc, was aber nicht aufgrund Alk zur Sprache kam. Ab da kam dann zu meinem Unverständnis und Vorhaltungen die ständige Angst, was als nächstes passiert. Seit Herbst 2008 dann exzessiv, ganz extrem WE, Ende 2008 mein Ultimatum. Entweder etwas dagegen zu tun oder Trennung. Bin dann ausgezogen, weil sich jahrelang mit Taten nichts änderte, nur mit Worten und zahlreichen Versprechungen. Am zweiten Tage meines Auszuges dann die Einsicht, Termin beim Hausarzt und endlich tat sich etwas. Ich war sowas von happy und bin wieder eingezogen, hatte aber mein kleines App. für alle Fälle 3 Monate in der Rückhand gehalten.
Nach Therapiezusage, einer terminlichen Verschiebung der beginnenden Entgiftung und Therapie dann endlich im Sommer 2009 die stationäre Entgiftung. Die drei Wochen zuvor waren die Hölle, er ließ sich krankschreiben und trank ab da rund um die Uhr. War kaum ansprechbar, lag nur noch im Bett, lallte jetzt richtig, konnte kaum aufrecht gehen, ließ sich total gehen. Erschreckend und ich betete den Tag der Entgiftung herbei. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich Alkohohl für ihn gekauft. 2 Flaschen Schnaps, weil sein Vorrat zu Ende ging und er mich darum bat. Bat ist kein Ausdruck, er flehte mich förmlich an, saß zitternd auf der Bettkante, sei doch nur ein Tag bis zum Entgiftungsbeginn und er selbst traute sich nicht mal mehr zu, das Haus zu verlassen, Auto zu fahren etc.; Autofahren wäre auch ein Unding gewesen. Und über kalten Entzug hatte ich mit Grausen schon gelesen, was da passieren kann und ich dachte nur, auf den Tag kommt es jetzt auch nicht mehr an. Morgen ändert sich ja alles. Heute sehe ich das ganz anders. Was war ich doch naiv. Ich habe echt gedacht, Entgiftung, 16 Wochen und dann knüpfen wir da an, wo wir in glücklichen Zeiten aufgehört haben. Aber nix. Am Morgen der Krankenhausaufnahme zur Entgiftung fiel mir abends der sprichtwörtliche Stein in Größe eines Felsbrockens vom Herzen und ich habe am Abend, als ich wieder zu Hause war, nach langer Zeit nur noch geheult. Es kam alles aus mir raus. Mein Mann zitterte an dem Morgen wie Espenlaub am ganzen Körper und weckte mich morgens um 5 mit den Worten, ich bin soweit, ich will ins Krankenhaus. Von bin soweit aber war nicht die Rede, daß er geduscht und angezogen war, nein, er saß naß geschwitzt im Bademantel auf dem Bettenrand und zitterte und wollte nur noch ins Krankenhaus. Den Rest aus der Flasche am Abend zuvor trank er mit den Worten "das ist mein letzter Alkohol für den Rest meines Lebens" in einem Zug aus.
Nach der 5-tägigen Entgiftung fuhr ich ihn in direkt in die 16-wöchige Therapie, 150 km von uns entfernt. Ab der 4. Woche durfte ich ihn dann besuchen und ich bin WE immer hingefahren. Es war eine nicht einfache Zeit für mich aber das hat niemanden interessiert. Sandy schafft das schon alles mit Haus, Hof, Garten, Vollzeitjob von Montag bis Freitag, etc. Im Nachhinein denke ich manchmal, warum ich jedes WE hingedüst bin, hatte mir ein Zimmer angemietet, für zu Hause unsere Tierverpflegung Hilfe gesucht, nur um da zu sein und ihm zu zeigen, du und wir schaffen das schon, du bist nicht alleine. Eigentlich habe ich wieder nur funktioniert. Und jetzt das, fühle mich richtig verletzt.
Es lief während der Therapie eigentlich alles recht gut. Ich selbst fühlte mich total befreit aber auch "ausgeschlossen", weil er mir am Telefon erzählte, daß sie abends gemeinsam Tee trinken, Karten spielte etc etc, all das, was ich abends schon seit geraumer Zeit nicht mehr erleben durfte. Schade, daß ich das dieses Forum noch nicht kannte.
Ich merkte, daß er irgendwie unruhig war und an seinen Fingernägeln kaut und rauchte bzw. noch raucht wie Kette. Dann ließ er sich kurzfristig 14 Tage vorzeitig entlassen, d.h. in 5 Tagen könne er nach Hause. Irgendwie freute ich mich aber im Inneren war ich unruhig. Geplant war, daß ich ab Entlassungstag meinen Resturlaub nehme. Das war natürlich wegen der kurzfristigen Entlassung so nicht möglich und ich mußte drei Tage arbeiten. Drei Tage klingt nicht viel, ich dachte auch, das wird ja wohl nicht so schlimm sein, es war aber wohl zuviel, direkt nach der Therapie so ganz alleine und ohne Aufgabe im Haus zu sein. Seine Arbeitsstelle wurde ihm in der Therapiezeit gekündigt. Am zweiten Abend, als ich abends nach Feierabend nach Hause kam, dachte ich, nein, du unterstellst ihm etwas, das kann ja garnicht, weil er auch abstritt, Alkohol getrunken zu haben, aber er danach roch. Ich hatte ein schlechtes Gewissen ihm gegenüber.
Am dritten Abend dto. - da dachte ich, ich falle in ein großes Loch und eine Riesenenttäuschung machte sich breit. Ich rief im Krankenhaus an, die sagten, sofort herkommen aber er wollte nicht, ich solle kein Drama draus machen, habe alles im Griff. Ich rief seine Eltern an, ich mußte den Tag drauf, war Samstag weg und sie kamen vorbei, damit er nicht komplett absackt. Schlüssel lag unter der Matte. War aber schon zu spät. Ich bin morgens um 7.00 gefahren, um 11.00 waren sie da. Sie zogen nach 1/4 Stunde wieder von dannen, weil er sie im Bett liegend und pöbelnd "hinauskomplimentiert" hat. Seitdem ist der Kontakt zwischen den beiden abgebrochen. Wieder einer weniger.
Den Freitag vor diesem Samstag holte ich noch ein Medikament vom Hausarzt, was den "Saufdruck lindern soll". Genommen hat er sie bis heute nicht so richtig wegen Angst vor Nebenwirkung. Es fehlen ganze 8 Stück, nehmen soll man 6 Stck. am Tag. Er hat wieder einen neue Arbeitsstelle, erst mal für halbe Tage und es könnte alles so schön sein. Sein neuer Job ist nicht so hundertprozentig das, was er sich vorstellt aber ich denke, hauptsache, erst mal was Neues und nicht zu Hause herumhängen, die Zeit absitzen etc, was er "eigentlich" auch so sieht. Er wollte in Ruhe dann nach einem neuen, ihm vorstellbaren Job suchen. Aber mittlerweile sind wir auf dem Stand wie vorher. Er trinkt abends, der Konsum steigerte sich unaufhörlich, ich finde wieder Flaschen, die ersten Flaschen hatte er im Auto versteckt und in der Garage zu sich genommen, hat morgens eine Fahne und WE verbringt er mit viel Promille im Bett und auf der Couch schlafend. Einfach nur ätzend. Nach meiner ersten durchheulten Nacht und Kofferpacken dann kurze Einsicht und ich ließ mich wieder einlullen - er schüttete alles weg. Termin bei einem neuen Arzt, der Facharzt in einer Suchtklinik war. Ambulante Entgiftung war angedacht für vergangenen Montag. Verschoben von meinem Mann eigenmächtig auf morgen, was aber heißt, eigentlich WE, also gestern, denn die Medikamente, die er einnehmen soll, wollte/sollte er so einnehmen, daß er, falls Magen-Darm etc. auftreten sollte, dies am WE und nicht am Arbeitstag und man dann dafür reagieren kann. ABER.
Anstelle Medis gab er nochmal richtig Gas, auch nachts und tagsüber. Ich fasse es einfach nicht und bin mit meinen Nerven am Ende. Eigentlich bin ich ein ruhiger Typ aber er bringt mich derart in Rage mit dieser ignoranten Art, daß ich platzen könnte vor Wut und Enttäuschung. Ich freue mich auf das gemeinsame WE, endlich frei und Zeit für sich zu haben und dann verhält er sich derart beschissen.
Nachdem meine Tränenflut mittlerweile versiegt ist, ich niemanden habe, mit dem ich wirklich drüber reden, auch noch keine richtig klaren Gedanken fassen kann, wie es jetzt weitergeht außer daß sich was ändern muß und ich dies machen muß. Ich habe heute die Wohnungsanzeigen studiert und ihm gesagt, daß ich ausziehen werde. Er antwortet mir vorhin, daß ich mich richtig erschreckt habe, daß er sich am besten umbringe, dann habe ICH alle Sorgen los. Ich könnte schon wieder heulen. ICH, als wenn es um mich ginge, die was ändern muß. So etwas hat er noch nie gesagt. Er selbst ist auch fix und fertig, hat geweint, als er Montag vom Arzt gekommen ist mit den Medis und dieser Arzt gesagt habe, diese 14-wöchige Therapie habe bei ihm nichts, aber auch garnichts gebracht, er niemanden hinter seinen Vorhang schauen ließe, er noch garnicht so weit sei im Kopf und was er denn von seinem Leben erwarte, doch nicht suizidgefährdet sei oder. Und dann heute dieser Spruch. Ich bin total verunsichert und weiß jetzt garnicht, was ich machen soll. Oder was ich nicht machen soll. Er fleht mich an, daß er, wenn ich ausziehe, total absacke und dies sein Tod bedeute und er das in den Griff bekommen will, dies aber nur mit mir schaffe. Aber in seinem Kopf würde was sein. Es klang wirklich verzweifelt, nicht so nach den bisherigen Ausreden und im Inneren hab ich Angst und frage mich jetzt, ob dieser Arzt, der auch Psychotherapeut ist, irgendetwas negatives in Gang gesetzt hat.
In der Diakonie war er 1 x alleine und letzte Woche hatten wir Paargespräch, ohne Effizienz. In seiner Gruppe seien nur Rentner, wir wohnen recht ländlich und so richtig wohl fühlt er sich da nicht. Auf der einen Seite weiß ich nicht, ob das wieder Ausflüchte sind, denn mit der Klinik hatte er vom Rententräger eine ortsnahe Klinik zugesagt bekommen, nach Internetrecherche hat er aber dann eine andere "nicht so knastige" ausgewählt und auch genehmigt bekommen, deswegen auch die Verzögerung. In der Diakonie hat er sich nicht über seinen Rückfall geäußert, daß kam dann erst in der Paartherapie auf den Tisch. Mir verspricht er, daß er aufhören will und wir das schaffen. Wenn er nicht schon die erste Entgiftung und die LZT hinter sich gebracht hätte, würde ich sagen, ja ja, quak quak, jetzt reicht es mir endgültig aber nachdem wir diese Zeit, die ich (vielleicht liegt hier der Haken, ICH habe scheinbar nur "erpreßt", er hat mitgemacht ohne es wirklich zu wollen, aber kann ich auch nicht glauben, denn an dem Morgen, als ich ihn ins Krankenhaus gefahren habe, dachte ich, ich kriege ihn garnicht heil dort hin. Im Rollstuhl habe ich ihn reingefahren und im Auto sitzend .... der ganze Körper hat gezittert). Dann im KH im Bett liegend, kurzes Aufsetzen ging garnicht, sofort Kreislauf. An diesen Morgen denke ich wirklich mit Angst und Schrecken und möchte es nie wieder erleben). Aber er sagt selbst, er kann nicht mehr, er mache seinen Körper kaputt, er verstehe sich und seinen Kopf selbst nicht und auf meine Frage, was er denn denkt, wenn er die Flasche aus dem Regal nimmt, sie an der Kasse bezahlt und irgendwann an den Mund setzt, kommt nur Achselzucken. Meine Logik, wenn ich das doch nicht will, lass ich das doch, greift nicht. Während der LZT war er mit Einkaufen betraut und hat mir ganz stolz berichtet, daß er ohne mit der Wimper zu zucken an den Alk-Regalen vorbeigehen könne.
Ichhatte mir schon ausgemalt, in Zukunft alle Einkäufe allein zu tätigen und war echt erleichtert, das zu hören und es klang so einfach und ich dachte da, mensch, warum haben wir das nicht schon viel eher in Angriff genommen. Die vielen schönen Jahre. Mein erster Gedanke nach dem Rückfall war "hier zu Hause oder ich persönlich muß ja wirklich so was von schlimm und unausstehlich sein, daß er nach 4 Monaten in Therapie ohne Alkohol wieder zur Flasche greift etc.". Er hat mir dann gesagt, daß habe überhaupt nichts mit mir zu tun, er könne es nicht erklären und verstehe es selbst nicht.
Ich weiß überhaupt nichts mehr. Mir kreisen die Gedanken und ich kann überhaupt nicht abschalten.
Oh wei, es ist es ein Roman geworden und ich hoffe, ich nerve nicht. Aber ich merke, es tut ungemein gut, sich alles von der Seele zu schreiben, auch wenn ich jetzt noch keinen Schritt weiter bin und mit Schrecken an morgen bzw. nachher denke, was ich denn dann mache.
Viele Grüße
Sandy