Wie geht ihr mit dem Schamgefühl um??

  • hallo allerseits,

    mir geht irgendwie den ganzen abend das thema "schamgefühl" nicht aus dem kopf...


    ich schäme mich für meine 2 rückfälle so dermaßen und überhaupt schäme ich mich auch irgendwie für diese "krankheit"....
    ich kann damit nicht so richtig umgehen, wie andere über mich denken könnten, also ob sie jetzt schlecht über mich denken usw...

    viele können das gar nicht verstehen und behandeln einen mit missachtung. für viele ist es so eine willensfrage und wenn man einen rückfall hatte, wird man mit nichtachtung gestraft....


    wie geht ihr damit um??? welche erfahrungen habt ihr gemacht??

    gruss

  • Hallo,

    meiner Meinung nach ist es vollkommen egal, was andere Menschen denken.

    Es sei denn die Familie, und wenn diese einen trockenen Alkoholiker mit Missachtung straft, dann ist auch egal, was die Familie denkt, denn eine Familie sollte einen nicht mit Missachtung strafen.
    Richtige Freunde im Übrigen auch nicht.

    Ansonsten hört man bei dir raus, dass du sehr von der Meinung anderer Menschen abhängig zu sein scheinst bzw. dir intensiv Gedanken machst, was andere Menschen denken könnten.
    Wichtig ist doch aber, was du über dich denkst.
    Ob andere Menschen deine Krankheit verstehen, was Nicht-Alkoholiker auch niemals können, kann dir doch am Ar... vorbeigehen, oder?

    Auch schämen solltest du dich nicht, sondern stolz sein, dass du deine Krankheit, im Gegensatz zu vielen anderen nassen Alkis, erkannt hast und diese bekämpfen möchtest.

    Immer wieder ein Schamgefühl aufgrund von Rückfällen zu entwickeln, führt schnell dazu, den nächsten Rückfall zu haben.

    Beste Grüße

  • Mhhh...früher, wenn ich mal einige Zeit aufgehört hatte zu trinken, hab ich es immer so hingestellt, als ob ich "nie mehr" trinke. Wenn ich dann wieder angefangen hatte, hieß es nur lapidar:"Na, hab ich dir ja gleich gesagt"
    Da wars mir dann auch egal, wenn ich wieder anfing zu trinken.
    Allerdings habe ich es nie als Krankheit gesehen.

    Heute habe ich bewusst diesen Schritt zum Arzt gemacht und mir die Krańkheit attestieren lassen. Meine Lebensgefährtin und ganz direkte Freunde sowie Chef wissen auch Bescheid. Zuerst dachte ich noch "Oh Mann, wenn die das erfahren!" Man hat mir aber nirgendwo das Gefühl gegeben, etwas schlechtes zu sein, ich hatte keinen Grund, mich zu schämen.

    Wo ich mich zum Schluß geschämt habe?
    - im Supermarkt an der Kasse, wenn wieder 6 Bier und 3 Whisky-Cola auf dem Band lagen (Gefühl, alle wissen es)
    - vor mir selber, wenn ich im dusseligen Kopf und mit nachlassender Feinmotorik Sachen runtergworfen hab
    - davor, mit einer Fahne ins Bett zu gehen und meiner Partnerin zuzumuten, das zu riechen..

    Mein Leitsatz seit meiner Klinikaufnahme 3.7.14:
    "Ich bitte um Hilfe bei meiner Krankheit - alleine schaffe ich es nicht!"

  • Zitat von hoppegarten


    Ansonsten hört man bei dir raus, dass du sehr von der Meinung anderer Menschen abhängig zu sein scheinst bzw. dir intensiv Gedanken machst, was andere Menschen denken könnten.
    Wichtig ist doch aber, was du über dich denkst.
    Ob andere Menschen deine Krankheit verstehen, was Nicht-Alkoholiker auch niemals können, kann dir doch am Ar... vorbeigehen, oder?

    hallo hoppegarten,

    ja, da hast du wohl recht - ich mache mir viele gedanken, was alle anderen über mich denken. mir tut es einfach leid, dass es erst alles soweit kommen musste, bis ich diese krankheit richtig verstehe.... bis vor kurzem habe ich nicht einmal das wesen der sucht verstanden....:-/


    Zitat von hoppegarten


    Auch schämen solltest du dich nicht, sondern stolz sein, dass du deine Krankheit, im Gegensatz zu vielen anderen nassen Alkis, erkannt hast und diese bekämpfen möchtest.

    na ja, ich denke, das wird noch ein wenig zeit brauchen, bis ich wieder stolz auf mich sein kann.....leider...

    ich gehe jetzt zumindestens den richtigen weg, dass lässt mich sehr zuversichtlich sein,aber stolz bin ich leider noch lange nicht.


    Zitat von hoppegarten


    Immer wieder ein Schamgefühl aufgrund von Rückfällen zu entwickeln, führt schnell dazu, den nächsten Rückfall zu haben.

    damit scheinst du allerdings mehr als recht zu haben.... denn das war mit ein grund für meinen 2.rückfall...

    das schlimme ist, das ich mich ja nicht von heut auf morgen ändern kann und mein schamgefühl abstellen kann.

    ich komme nicht so richtig vorwärts bei diesem problem....

  • Zitat von joschi018

    Mhhh...früher, wenn ich mal einige Zeit aufgehört hatte zu trinken, hab ich es immer so hingestellt, als ob ich "nie mehr" trinke. Wenn ich dann wieder angefangen hatte, hieß es nur lapidar:"Na, hab ich dir ja gleich gesagt"
    Da wars mir dann auch egal, wenn ich wieder anfing zu trinken.
    Allerdings habe ich es nie als Krankheit gesehen.


    hallo joschi018,
    ging mir ganz genauso......oooojjjjjeeeee....wenn ich getrunken habe, dann hat mein schamgefühl ganz schön nachgelassen, das war unter anderem auch ein grund warum ich auf feierlichkeiten gerne getrunken habe....ich konnte locker, offen und unbeschwert sein.....im gegensatz zu meinem nüchternen leben, wo ich eher der zurückhaltende, schüchterne und verschlossene mensch bin........

    als krankheit habe ich das ganze auch erst im mai gesehen und damals habe ich das alles auch noch gar nicht richtig verstanden....ich glaube das ist bei mir erst in den letzten monaten herangereift und nach meinen 2 rückfällen noch bewusster geworden.

    Zitat von joschi018


    Heute habe ich bewusst diesen Schritt zum Arzt gemacht und mir die Krańkheit attestieren lassen. Meine Lebensgefährtin und ganz direkte Freunde sowie Chef wissen auch Bescheid. Zuerst dachte ich noch "Oh Mann, wenn die das erfahren!" Man hat mir aber nirgendwo das Gefühl gegeben, etwas schlechtes zu sein, ich hatte keinen Grund, mich zu schämen.


    ich habe das auch so ungefähr gemacht...allerdings habe ich bei meinem nebenjob von alleine gekündigt, weil die kollegen das mitbekommen haben und dumme bemerkungen gemacht haben. ausserdem kam ich nicht damit klar, wie sie mich manchmal angesehen haben (mag auch einbildung gewesen sein) .... also trat ich den rückzug an....typisches alkoholikeranzeichen, oder?

    lg

  • Was ich vergessen hatte (hoppegarten hats ja schon erwähnt): Ich lebe nicht, um anderen zu gefallen oder mir darum Gedanken zu machen, was sie von mir denken.
    Entweder nimmt man mich so, wie ich bin oder eben nicht. Deshalb u.a. funktioniert meine Beziehung jetzt immer noch..

    Die Familie: nun, wenn die sich dagegen stellt, dann muss ich mich fragen, was ist wichtiger: meine Trockenheit oder die Familie. Hört sich hart an, aber dieses Thema habe ich schon durch mit meiner Adoption (werde ich demnächst in meinem Tagebuch erzählen).
    Freunde: Dazu zähle ich momentan nur 2 Personen, die aber zu 1000%. Er trinkt zwar selber Alkohol, hat damit aber kein Problem. Ich auch nicht. Wir ahben uns schon darüber unterhalten und es ist kein Thema welches die Freundschaft ernsthaft gefährden könnte.

    Alle anderen "Bekannten", die meinen, mich jetzt runterziehen zu müssen, können mir gestohlen bleiben.

    Mein Leitsatz seit meiner Klinikaufnahme 3.7.14:
    "Ich bitte um Hilfe bei meiner Krankheit - alleine schaffe ich es nicht!"

  • Zitat von joschi018

    Was ich vergessen hatte (hoppegarten hats ja schon erwähnt): Ich lebe nicht, um anderen zu gefallen oder mir darum Gedanken zu machen, was sie von mir denken.
    Entweder nimmt man mich so, wie ich bin oder eben nicht. Deshalb u.a. funktioniert meine Beziehung jetzt immer noch..

    hey joschi018,

    das macht ja auch sinn, aber trotzdem bin ich sehr anfällig für sachen die andere leute über mich denken bzw. sagen könnten....
    ich weiß, dass es mir eigentlich egal sein sollte, aber irgendwie kränkt es mich doch sehr doll (sofern man etwas schlechtes über mich denkt)....

    ich sehe schon, ich muss noch hart an mir arbeiten.....oh man!!!

  • Guten Abend Purzelbaum!

    Denke bitte nicht an die Vergangenheit und an die Menschen, die denken könten.. Bitte nicht!

    Denke an DICH und nur DU bist,momentan der Stern der leuchtet!

    Ich weiß aus eigener Erfahrung, das es schwer fällt, diese Scham zu überwinden, doch ich bin mir sicher, dass DU es schaffst!
    Heute sind es die leute die früher, hinter vorgehaltener Hand über mich geredet habe, die gaaaaanz besondrs nett und freundlich sind...

    Mir ist es sooo egal...guten Tag, guten Weg!!

    ICH bin ICH !!!!

    Lieben Gruß und immer den Kopf ganz hoch !

    Lieben Gruß
    Eure
    Preha

  • Hallo Purzelbaum,
    es ist egal was andere über Dich Denken. Du mußt mit Dir selbst klar kommen. Es wird keiner von sich sagen können, ich baue nie einen Rückfall.
    Du mußt Dich bestimmt nicht schämen für einen Rückfall, sondern lerne daraus warum er passiert ist. So kannst Du den nächsten verhindern.
    Ich bin jetzt 3 Jahre trocken und möchte es am liebsten bis zu meinen Tod bleiben. Ich weis aber nicht ob nicht doch irgendwann einer kommt.
    So wird es den meisten ergehen, also schäme Dich nicht.

    Liebe Grüße,
    Wolfgang

  • Hallo Pruzelbaum,
    die Anderen vor mir haben es ja schon geschrieben. Das Schamgefühl ist in den Anfängen immer ziemlich schlimm. Aber du kannst nichts mehr an der Vergangenheit ändern. Mach dir das immer bewußt. Ich frage mich auch heute nach fast 3 Jahren Abstinenz, was ich so alles getan oder gesagt habe in meinem Suff. Aber ich sage mir dann immer wieder, du kannst es nicht mehr rückgängig machen, du kannst nur daran arbeiten das dir das nie wieder passiert. (So Gott und ich wollen :) )
    Aber ich will dir mal erzählen was mir gestern passiert ist. Natürlich habe ich mir als Frau auch immer gesagt das es für uns viel schwerer ist uns zu outen als für die Männer. Eine Frau tut ja so was nicht. Zumindest nicht in unserer Gesellschaft. Dieses Klischee habe ich mittlerweile abgelegt.
    Also, ich habe vor ein paar Wochen einen sehr netten Mann kennen gelernt. Wir werden sicher kein Paar werden, aber das tut ja auch nichts zur Sache. Im Laufe des Abends meinte er dann das ich eine ganz Nette sei und hat mich ein bischen umschmeichelt. Darauf meinte ich, wie kannst du das sagen, du kennst mich doch gar nicht. Er darauf: Warst du im Knast oder vertreibst du Drogen? Sicher nicht, oder? Und ich dann wie aus der Pistole geschossen, nein das nicht aber ich bin Alkoholikerin und seit fast drei Jahren trocken.
    Er schaute mich nur an und sagte: Ja das kenn ich, ich hatte auch mal ein Problem damit, wäre fast gestorben, die Bauchspeicheldrüse hat nicht mehr mitgemacht. Aber das ist schon 13 Jahre her. Seitdem trinke ich keinen Tropfen mehr.

    Ich schreibe dir das weil du mit der Zeit immer mehr trockene Alkoholiker kennen lernen wirst. Ich hab immer das Gefühl, wir ziehen uns irgendwie magisch an, haben wir erst einmal unsere Krankheit akzeptiert. Ich gehe nicht damit hausieren, aber gestern habe ich intuitiv darüber geredet. Und wenn ein neuer Mensch in mein Leben kommt und ich das Gefühl habe er sollte es wissen, dann sage ich es ganz offen. Schließlich wird niemand für eine andere Krankheit wie Krebs oder Diabetes verurteilt. Du wirst sehen, es gibt mehr Menschen die für dich Verständnis aufbringen als du denkst.

    Ich wünsch dir noch einen schönen Restsonntag.

    LG Chaosimleben

    Es war ein Donnerstag und ich habe entschieden: Mein Leben muss sich ändern!

  • Also bei mir ist es so, dass ich die Scham nur mir selbst gegenüber wirklich empfinde, bzw empfunden habe. Bin es, glaube ich, jetzt los.

    Mir ist in dem ganzen Jahr mit anderen Menschen nichts und niemand begegnet, was mich dazu gebracht hätte, mich über Vergangenes zu schämen.
    Die meisten näheren Freunde oder Verwandte sagten ( was ich nicht für ganz ehrlich halte, weil man es mir durch Röte und Aufgedunsenheit definitiv angesehen hat ) : O je, wusste nicht, dass es schon so schlimm war. Aber toll, wie Du jetzt damit umgehst. Auch mein Optiker, Akustiker, die ja viel mit dem Gehirn zu tun haben, alle Ärzte ( vor denen ich immer so viel Angst hatte ) : Nur Anerkennung und Mut Machen.

    In Ergänzung zu dem, was Chaosimleben schreibt : viele Menschen sagten zu mir : "Boahh, super, Respekt. Ich trink eigentlich (!!) auch viel zu viel, hab nur nie den Schneid gehabt, es anzugehen. wie hast du das geschafft ?????"
    Auch wenn man früher Mist gelabert hat ( oder Schlimmeres ) : gar nicht so wenige Menschen sehen Gott sei Dank, das, was Du heute bist oder tust.

    Mein Fazit :
    Selbstbewusstsein und Stolz ( nicht Überheblichkeit! ) sind angebracht. Jetzt kommt bestimmt jemand und sagt : Demut - ist auch richtig !

    Gute Nacht
    Bettina

    P.S. Mir ist es übrigens nicht egal, was andere Menschen sagen, finde es sogar sehr interessant, denn es sagt sehr viel über diese selbst aus.

    Ganz liebe Grüße
    Spes

  • Si, das mit der Demut kommt jetzt von mir :D

    Sollten wir nicht ALLE, wem auch immer dankbar sein? Hätten wir es denn ohne diese Hilfe geschafft?

    Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr euch darüber auch einmal ein paar Gedanken macht..

    Nein, soll jetzt kein religiöser Thread werden..Es ist halt mein Denken !


    Euch noch einen schönen, trockenen Tag!
    Eure
    Preha

  • Gten Morgen Preha,

    Stolz und Selbstbewusstsein bezieht sich auf die Haltung gegenüber (näherem und weiterem ) menschlichen Umfeld, Demut und Dankbarkeit gegenüber "wem auch immer", im weitesten Sinne dem Leben selbst und seiner Kraft und Stärke empfinde ich auch.

    Bettina

    Ganz liebe Grüße
    Spes

  • Hallo allerseits,

    ich wundere mich hier ziemlich oft über allgemeine Thesen, die immer wieder mal so in den Raum geworfen und als gegeben hingestellt werden, obwohl sie wohl jeder Grundlage entbehren.

    Zitat von hoppegarten

    Ob andere Menschen deine Krankheit verstehen, was Nicht-Alkoholiker auch niemals können, kann dir doch am Ar... vorbeigehen, oder?


    Sicher ist es sinnvoll, seine Sache zu machen, ohne jemandem etwas recht machen zu wollen.
    Nur, wer sagt, dass Nichtalkoholiker die Alk-Krankheit niemals verstehen können?
    Da könnte ich dann ja mal pauschal behaupten, dass Alkoholiker sie verstehen. :?
    Dem steht dann schon der folgende Satz konträr gegenüber:

    Zitat von hoppegarten

    Auch schämen solltest du dich nicht, sondern stolz sein, dass du deine Krankheit, im Gegensatz zu vielen anderen nassen Alkis, erkannt hast und diese bekämpfen möchtest.


    Diesen Kampf hab ich jahrelang geführt und immer wieder verloren. Solange ich diesen Kampf für mich als Lösung meines Suchtproblems sah, hatte ich noch gar nichts von meiner Alkoholkrankheit verstanden.
    Erst als ich hier so langsam kapierte, was Kapitulation bedeutet, ergaben sich für mich Wege aus der Abhängigkeit, die mein Leben lebenswert machen können. Natürlich nur, wenn ich mich reflektiere und bei mir bleibe. Da bin ich noch ziemlich am Anfang.
    Daraus ergibt sich für mich dann, dass Schamgefühl zwar da, meine Aufgabe heute aber eine ganz andere ist, als die, in der Vergangenheit zu wühlen und Dinge zu wichtig zu nehmen, die ich heute nicht mehr ändern kann.

    LG Penta

  • Zitat von Penta

    ich wundere mich hier ziemlich oft über allgemeine Thesen, die immer wieder mal so in den Raum geworfen und als gegeben hingestellt werden, obwohl sie wohl jeder Grundlage entbehren.

    Sicher ist es sinnvoll, seine Sache zu machen, ohne jemandem etwas recht machen zu wollen.
    Nur, wer sagt, dass Nichtalkoholiker die Alk-Krankheit niemals verstehen können?
    Da könnte ich dann ja mal pauschal behaupten, dass Alkoholiker sie verstehen. :?

    Erst als ich hier so langsam kapierte, was Kapitulation bedeutet, ergaben sich für mich Wege aus der Abhängigkeit, die mein Leben lebenswert machen können.

    Sei gegrüßt,

    ich bin der Meinung, dass nicht süchtige Menschen die Gefühle und Gedanken eines süchtigen Menschen nicht verstehen können, ganz richtig.
    Es ist meiner Meinung nach nicht möglich, einem Menschen, der nicht alkoholkrank ist, zu erklären, was Saufdruck ist, was Alkohol-induzierte Despressionen sind und wie schwer es sein kann, einfach nicht mehr zu trinken.
    Es ist vergleichbar mit der Situation, einem von Geburt an blinden Menschen zu erklären, wie sehende Menschen Farben sehen.

    Daraus resultierend entstehen ja immer wieder die Aussagen von Nicht-Alkoholikern wie: "Stell dich mal nicht so an, trink einfach weniger", oder "Jetzt übertreibst du ja, mit einem normalen Kater kommt doch jeder klar", oder "Dann trink doch Bier und keinen Schnaps mehr."

    Die andere Kritik von deiner Seite verweist auf das Wort "Kampf" bzw. "Bekämpfen" und ist wieder eine reine Frage der Formulierung.
    Du liegst damit richtig, dass ein permanentes Kämpfen kontraproduktiv ist, das Annehmen der Krankheit und eine damit einhergehende Kapitulation sind für ein dauerhaftes Trockensein unbedingt nötig.
    Für einige trockene Alkoholiker, auch für mich, ist eine gewisse Kampfdefinition aber zusätzlich hilfreich, ein Kampf dahingegehnd zu verstehen, sich immer wieder erneut zu motivieren und am Ball zu bleiben, sozusagen ein lebenlanger Kampf, eine lebenslange Herausforderung.

    Daher sollte deine Kritik an meinen angeblichen Pauschalaussagen, die deiner Meinung nach jeglicher Grundlage entbehren, wohl etwas anders aufgefasst werden.

    Meiner Meinung nach sind andere Aussagen von ganz speziellen Usern dieses Forums sehr viel gefährlicher, die Alkohol im Haus als problemlos darstellen, Alkohol weiterhin kaufen, Alkohol verschenken, auf dem Weihnachtsmarkt ihren Kakao neben alkoholisierten Glühwein-Genießern zu sich nehmen und die Sucht als nebensächliches Problemchen darstellen, das mal so schnell nebenbei geregelt werden kann.

    Gruß

  • Hallo hoppegarten,

    meine Meinung ist vollkommen unwichtig, wenn es um deine Sucht geht.
    Genauso ist deine Meinung unwichtig, wenn es um meine Kapitulation geht.
    Wie wir hier etwas hindrehen, ist für mich vollkommen unerheblich.
    Fakt ist, dass ich diese Kampfdefinition nicht brauche und auch nicht will. Das ist mir zu anstrengend.
    Wenn ich mich für etwas schäme, will ich es im Nachhinein ändern, was ja nicht geht. Loslassen ist für mich eine Form der Kapitulation.

    Mir ist es wurscht, ob andere Posts hier "gefährlicher" sind. Hier ging es mir jetzt um dieses Thema: Schamgefühl.

    LG Penta

  • hallo silberkralle,

    hmm, ich weiß nicht ich versuche es ständig mit diesem "ablegen" oder aber verdrängen und doch überkommt mich immer wieder das große gefühl der traurigkeit und der wut auf mich selber, warum ich so DÄMLICH sein konnte.....
    mich ärgert es einfach, dass ich soviel scherben hinterlassen habe, die ich nicht mehr zusammenfügen muss....

    muss einfach für mich lernen, das ganze chaos zu akzeptieren und das fällt mir so schwer....ich würd's so gerne ungeschehen machen, aber ich weiß es wird irgendwann besser....

    lg

  • Zitat von hoppegarten

    Hallo, meiner Meinung nach ist es vollkommen egal, was andere Menschen denken.

    Ein Satz der mir von meiner Mutter hundertmal erzählt wurde, wenn ich mich als Kind mal wieder schlecht fühlte, weil ich von anderen Kindern nicht so angenommen wurde wie ich das gern gehabt hätte.

    Ich habe versucht daran zu glauben, aber das schlechte Gefühl ging davon nicht weg.

    Ich sage deshalb heute: der Satz ist falsch!

    Es gibt Meinungen anderer Leute, die sind ohne Substanz. Die sind nur dann egal, wenn die Menschen nicht bereit sind sich auch andere Meinungen anzuhören.

    Es gibt Meinungen von Menschen, die nur geäußert werden, um etwas zu erreichen. Auch die sind nicht egal. Man muß sie sich anhören um dhinterzukommen, was si womöglich wirklich wollen.

    Es gibt auch sehr fundierte Meiungen, die mich zum Denken anregen.

    Würde ich immer noch denken: Es ist grundsätzlich egal was andere Menschen denken, wäre ich auch nicht hier!

    Und ich mach mir auch heute noch Gedanken darüber, was andere Menschen über mich denken.

    Heute lerne ich aber langsam nicht nur darüber nachzudenken, sondern sie auch wirklich nach Ihrer Meinung zu fragen. Nur dann kann ich nämlich beurteilen, ob ich darüber nachdenken muss oder nicht.

  • Zitat von MB1972


    Heute lerne ich aber langsam nicht nur darüber nachzudenken, sondern sie auch wirklich nach Ihrer Meinung zu fragen. Nur dann kann ich nämlich beurteilen, ob ich darüber nachdenken muss oder nicht.

    guten morgen mb1972,

    das stimmt soweit und menschen mit denen ich aktiv zu tun habe, frage ich auch nach ihrer meinung...

    ...aber dann gibts da noch die menschend, die mir eigentlich auch wichtig sind, wo ich aber lieber den totalen rückzug angetreten habe und mich in eine stecke stelle. ich schaffe es einfach nicht, auf diese menschen zuzugehen und den ersten schritt offensiv zu wagen. ich bringe es einfach nicht fertig - zu groß ist die scham....
    ....und das nervt mich so dermaßen....ich stelle mich nach wie vor einfach nicht diese art von konflikten....

    was tun???

    lg

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