Das Gefühl der Sicherheit

  • Hallo Zusammen,

    Ich wollte hier mal ausserhalb der Reihe ein Thema anschneiden, über das ich in letzter Zeit öfters nachdenke.

    Nun sehe ich mich mit meinen fast 9 Monaten zwar immer noch in der frühen Phase des Trocken Bleibens, fühle mich aber dennoch schon seit den ersten Monaten ziemlich gefestigt und zufrieden mit meinem trockenen Leben, so das ich mich gerade in den letzten Wochen ein paar mal leichtsinnigerweise gefragt habe: "War's das schon?"

    Für mich persönlich ist dieses Gefühl der Sicherheit selbstredend immer noch ein ziemlich doppelschneidiges Schwert. Zum einen natürlich toll, zu "wissen", dass man nie wieder in seinem Leben den Griff zur Flasche tätigen wird, zum anderen löst gerade dieses Gefühl eine leichte Beunruhigung aus, weil diese Art der törichten Selbsteinschätzung der erste Schritt nach hinten bedeuten könnte.

    Lässt ihr es auch hin und wieder bei euch zu, dieses Gefühl der Sicherheit? Wenn ja, wie geht ihr damit um? Oder ist dieses Gefühl eher tabu?

    Mich würde auch interessieren, wie langjährig Trockene mit ihrem Wissen von heute ihre Gefühle ihres ersten Jahres rückwirkend betrachten.

    Gruß, Bruce

  • Servus Bruce,

    Zitat

    Mich würde auch interessieren, wie langjährig Trockene mit ihrem Wissen von heute ihre Gefühle ihres ersten Jahres rückwirkend betrachten.

    Ich habe im ersten Jahr meiner Trockenheit meinen gesamten Gefühlen nicht vertraut, weil ich zu oft erlebt hatte, dass ich mich selbst belogen und mir in nassen Zeiten etwas vorgemacht habe.

    Das Einzige, was ich zu nassen Zeiten dauerhaft "geschafft" habe, war zu saufen. Keiner "meiner Versuche" hatte mich dem Ziel der Trockenheit näher gebracht, sie waren alle untauglich. Heute, mit dem Abstand einiger Jahre, sehe ich das als meine eigentliche Kapitulation an. Ich habe mir eingestanden, dass ich meinen Gefühlen nicht trauen konnte. Wie auch, nach etlichen Jahren, in denen Gefühle durch Alkohol immer gedeckelt, vernebelt, unterdrückt und verfälscht wurden.
    Auch heute bin ich vorsichtig, ob meine Gefühle "Bestand" haben, ehrlich sind. Das artet nicht in "Dauerzweifel" aus, aber ich hinterfrage für mich sehr viel, ob das Gefühl das echte Gefühl ist, oder ob ich dabei bin, mir eine Sache "schön zu denken". Für mich wäre das bereits ein deutliches Kriterium, meine Bedürfnisse nciht ernst genug zu nehmen.

    Das Gefühl der "Sicherheit", nun, das gibt es bei mir abgestuft: in manchen Dingen bin ich mir heute in meinen Entscheidungen und in meinem Handeln sehr sicher, weil ich wieder weiß, was ich möchte und wie ich es möchte. Das gilt nicht nur für Sachthemen, sondern auch für sehr emotionale Themen.

    Eine Sicherheit, es "geschafft zu haben" in Bezug auf den Alkholismus kann es für mich nicht geben - ich weiß aus eigener leidvoller Erfahrung, dass die Sucht nur gestoppt wurde, und es an mir liegt, durch lebenslange Achtsamkeit diesen Zustand zu erhalten. Sollte sich also wieder Erwarten dieses Gefühl jemals einschleichen, so weiß ich, dass etwas in meiner Risikominimierung absolut falsch gelaufen wäre.

    Von daher bin ich heute sehr froh, dass ich damals am Anfang meiner Trockenheit meinen eigenen Gefühlen misstraut habe und somit auch zugelassen habe, mich in ein neues Leben mit neuen Handlungen langsam "einzuleben" und daran zu gewöhnen.

    Irgend ein schlauer Kopf hat mal behauptet, es würde mindestens so lange dauern trocken zu werden, wie die Trinkzeit gewesen sei. Ich halte diese Aussage heute bei mir nicht mehr für grundsätzlich falsch. Sucht ist verschlagen und tückisch...

    LG
    Spedi

  • Hallo Bruce,


    Zitat

    Lässt ihr es auch hin und wieder bei euch zu, dieses Gefühl der Sicherheit? Wenn ja, wie geht ihr damit um? Oder ist dieses Gefühl eher tabu?

    Ich kenne dieses Gefühl gar nicht. Zu sicher oder zu unsicher. So ist meine Denke nicht aufgebaut, ich habe keine Angst vor Alkohol - ich kann nur damit nicht umgehen, er tut mir nicht gut, könnte mich sogar töten - deshalb ist Alkohol für mich tabu - wie auch sonst jegliche bewußtseinsverändernde Droge. Für mich logisch denkbar und somit auch emotional handelbar.


    Gruß

    BC

  • Hallo Bruce
    Was wäre denn die absolute Sicherheit? Sicherheitsverwahrung, selbstgewählte Einzelhaft – und damit verbundene Lebensangst!
    Für mich ist das Wort <STABILITÄT> weit wertvoller. Es ist gegenwartsbezogen. Für eine dauerhafte Unnachgiebigkeit der Abstinenz werde ich auch die Stützen dafür gelegentlich begutachten.
    Während meiner ersten Schritte in die „Alkoholunabhängigkeit“ sind die Wegbegleiter in kontinuierlicher Gleichmäßigkeit neben mir umgefallen, abgestürzt, liegengeblieben und einige auch wieder aufgestanden. Ich habe daher lange nicht daran geglaubt, dass so etwas wie Sicherheit überhaupt möglich ist. In meiner Vorstellung, lauerte hinter jeder Ecke eine Gefahr oder einer, welcher mich gefährden könnte. Ich habe an vielen Beispielen erleben und erlernen können, wie es nicht geht und habe diese Erfahrungen nicht in Frage gestellt. Ich habe eineinhalb Jahre gebraucht, um Vertrauen in mich und mein handeln zu erlangen. Heute fühle ich mich stabil, auch wenn es mir nicht immer gut geht (wem obliegt schon dieses Privileg).
    Meine Persönlichkeit umfasst so viel mehr, als lediglich den Alkoholiker. So wie sich die anderen Anteile wieder eine Berechtigung erarbeitet haben, desto kleiner werden die Verhaltensweisen des letzteren. Diese unterstehen aber einer gesonderten Aufmerksamkeit.
    Gruß - Uwe

  • hallo bruce,

    sicherheit ist denk ich mir für jeden etwas was er sucht. mit sicherheit verbinde ich das gefühl von stabilität und beständigkeit. bin ich mir sicher dann kann mir auch nichts passieren. dazu gehören aber eben auch noch viele andere faktoren dazu um diese innere sicherheit zu haben. selbstwahrnehmung, selbstachtung und ein auge auf sich haben, selbstvertrauen. achtsamkeit gehört für mich da genauso dazu. ich achte auf mich und das gibt mir sicherheit.

    eine absolute sicherheit gibt es nicht für mich. denn nichts ist hundertprozent sicher, weil ich mensch bin. weil das leben eben nie so stabil sein kann. es bewegt sich alles, ich mich und das um mich herum auch. ich bin dabei immer wieder in der situation mich auf neues einzulassen und neues bedeutet für mich unsicherheit und vielleicht auch angst dafor. das darf auch sein, find ich.

    denn dadurch werd ich achtsam auf mich, bedacht auf mich kann mich weiter entwickeln. somit ist sicherheit ein zweischneidiges schwert für mich. wenn es darum geht das ich die sicherheit habe fange ich an nicht mehr auf mich acht zu geben, dann schleichen sich dinge in mein leben ein die vielleicht wieder ungesund sind.stillstand ist nicht gut für mich.

    manchmal steht was still dann tut ne pause ganz gut aber dann gehts weiter. sicherheit habe ich für mich das ich weiss das ich mensch bin mit all dem was mich zum menschen macht. ich reagiere menschlich und bleibe mensch dabei. auch wenn es hin und wieder unsicherheiten gibt, sicher ist das ich auf mich aufpassen werde.

    gruß
    melanie

  • Hallo Zusammen,

    Vielen Dank an allen, die hier geantwortet haben.

    Ich halte diese Zeit momentan für mich persönlich für sehr wichtig, denn es läuft fast schon "zu gut". Das Glück findet sich an wiederentdeckten Orten in einem Selbst wieder, private Krisen werden ausgestanden, analysiert, oder gar gelöst, und der Tag an sich hat eine neue Bedeutung gefunden, und bietet wieder jede Menge Potential. Dann blicke ich zurück, und stelle auch noch zufrieden fest, dass überhaupt kein "Kampf" stattgefunden hat.

    Wenn ich jetzt total bescheuert wäre, wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt, mir einzureden, dass mein Problem nicht so groß ist, wie ich anfangs dachte, und dass ich zum Trocken Bleiben nicht sonderlich viel mehr tun muss. Einfach abschalten, und Happy End geniessen.

    Zum Glück gehen meine Gedanken nicht wirklich in diese Richtung, und ich könnte das auch gar nicht, aber ich ertappe mich halt hin und wieder dabei, von der Selbsthilfe etwas mehr Abstand nehmen zu wollen. Aber ich denke, daraus wird nichts.

    Gruß, Bruce

  • glück auf bruce

    Zitat von Bruce

    ... denn es läuft fast schon "zu gut".

    da du dich doch ziemlich intensiv mit diesem themenkomplex auseinandersetzt, glaub ich, dass es dir nich zu gut geht.

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Bruce ,

    würdest Du in einem Raubtierkäfig den Raubkatzen den Rücken zudrehen, weil Du sie bereits 10 Jahre kennst?
    Ich nicht.

    LG Jürgen
    ------------------------------------------------
    Meine Meinung. Keine Suchtberatung.

  • Hi Bruce!

    Zitat

    Wenn ich jetzt total bescheuert wäre, wäre jetzt der geeignete Zeitpunkt, mir einzureden, dass mein Problem nicht so groß ist, wie ich anfangs dachte, und dass ich zum Trocken Bleiben nicht sonderlich viel mehr tun muss. Einfach abschalten, und Happy End geniessen.

    Ich finde hier schreibst Du das Wesentliche, diesen Faktor nicht zu vergessen ist die Kunst.....
    Denn ich denke die Krankheit ist es die ein trügerisches Gefühl der Sicherheit projiziert, wobei ich mir kein Kopf mache ob nun trügerisch oder nicht, meine Handlungen bleiben konsequente Risikominimierung......

    Grüße Sven.....

  • Hallo Bruce,

    mich beschäftigt das gleiche Thema wie dich. Ich danke dir, dass du diese Frage gestellt hast - habe ich aus den Antworten auch für mich einiges wertvolles entnehmen können.

    Zitat

    Zum Glück gehen meine Gedanken nicht wirklich in diese Richtung, und ich könnte das auch gar nicht, aber ich ertappe mich halt hin und wieder dabei, von der Selbsthilfe etwas mehr Abstand nehmen zu wollen.

    Auch hier finde ich mich wieder - aber wüsste gar nicht wie das überhaupt aussehen könnte bzw. ob das nicht der 1. Schritt in die falsche Richtung ist.
    Spontan denke ich - wenn ich von der Selbsthilfe Abstand nehme - wende ich mich irgendwie doch anderem zu, oder?

    Liebe Grüße
    Maria

  • Moin Bruce !
    Einen Satz von Dir fand ich sehr bedenklich und auch gefährlich

    Zitat

    natürlich toll, zu "wissen", dass man nie wieder in seinem Leben den Griff zur Flasche tätigen wird,

    . Das kleine Wörtchen mit den 3 3 Buchstaben " nie". woher weißt Du das denn? Das ist sicherlich Dein Wunsch, der ist ja auch super und überlebenswichtig. Nur halte ich es z. B . so, das ich solche Wörter wie " nie ". , "niemals" weglasse. Das mache ich , damit der Druck durch diese Sätze nicht plötzlich zu hoch wird. Denn ich kann ja saufen, soviel ich will, wenn ich will.
    Ich bin erst 2,5 Jahre trocken , hab also ein wenig Erfahrung aber auch noch nicht ganz so lange. Es gibt häufig so Tage, da bin ich so froh, nicht mehr trinken zu müssen. Es steigt dann eine große Dankbarkeit in mir auf. Ich bin nicht gläubich, aber ich empfinde in diesen Momenten Demut, und das ist ein sehr schönes, warmes, den Körper ausfüllendes Gefühl. Wenn ich dann z. B. ein Eis essen gehe, weil es mir so gut geht und ich mich freue, und dann vergesse, nach zu fragen, ob da Alkohol drin ist und einen großen Löffel nehme und versehentlich Alkohol zu mir nehme, denke ich, so schnell kann's passieren, die Unachtsamkeit.
    Ich hoffe, Du verstehst, was ich hier mit meinem langen Text meine. Sich einfach niemals zu sicher sein! Das ist jedenfalls mein Motto und bis jetzt schützt es mich ganz gut!
    Schönen Gruß
    Drybabe

    never give up

  • hallo zusammen

    ja ich bin auch sehr vorsichtig mit diesem wort "nie". meine erfahrung mit zum beispiel zigaretten war auch so. ich sagte ich würde nie wieder anfangen zu rauchen. nach neun jahren habe ich doch wieder angefangen damit. damit war nie wieder anfangen zu rauchen dann auch wieder hinfällig.

    gruß
    melanie

  • Hallo,

    Das ist natürlich alles vollkommen richtig, was ihr da sagt. Ich hatte allerdings absichtlich schon das Wort "wissen" in Anführungszeichen gesetzt, um hervorzuheben, dass es kein 100 %iges Wissen über die Zukunft im Bezug auf das eigene Suchtverhalten gibt.

    Ich glaube momentan bin ich so gestrickt, dass das Potential zwar durchaus vorhanden ist, mich dem trügerischen Gefühl der Sicherheit hinzugeben, aber der sofortige Abwehrmechanismus, z. B. eben die Distanz zu dem Wort "wissen" zu schaffen, es nicht zulässt.

    Was wohl das Ziel und Resultat der regelmäßigen Auseinandersetzung mit der Krankheit ist, wie s.z. schon andeutete.

    Danke für die Anregungen, und viel Spaß beim Eis, das Wetter wird es wohl weiterhin zulassen :)

    Gruß, Bruce

  • Hallo Bruce,

    natürlich bin ich sicher, dass ich nicht mehr trinken werde, heute traue ich mir das einfach zu, ich traue mich. Ich laufe doch nicht durch die Gegend und denke fortwährend an einen Rückfall. Wenn ich rückfällig werden sollte oder in ein cocolores Loch falle, dann hat das sicher einen Grund. Der interessiert mich aber heute nicht, denn ich bin hier und im Heute. Ich habe dieses Anhängsel der Sucht und- das bekomme ich nicht mehr los, hängt es halt da irgendwo rum, fertig.

    Ich wundere mich, dass einige der Ansicht sind, dass durch ein Sicherheitsgefühl nichts mehr in sich rein zu kippen scheinbar etwas Neues, Unbekanntes ausgelöst werden soll, dass zurück an die Flasche führt. Es gibt immer zwei Seiten, also kann ich immer rückfällig werden, aber hier und jetzt nicht, da bin ich mir ganz sicher und das gibt mir Power.

    Hier steht ja nun schon einiges. Warum soll mich „sicher“ fühlen zu einem Rückfall führen? Mir das jetzt anzudichten oder mich wieder zu verrücken, weil, ich könnte ja und überhaupt, lasse ich da vorsorglich. Durch ein Wort in meinem Sprachgebrauch oder einen Satz auf meine Gesamtsituation zu schließen, halte ich für mich für überflüssig. Mein Verstand stellt mir nur wenige Prozent von dem zur Verfügung, was in meiner Birne abläuft. Von dem wenigen sind noch weniger Worte. Mir reicht es da zu einem bewussten Nein gekommen zu sein. Heute ist das so, das war auch schon anders, die Mühlen mahlen eben langsam.

    Das Suchtgefühl ist nicht mehr in meinem Bewusstsein, das ist irgendwo im Unterbewusstsein. Im Bewusstsein sind Gedanken, die dahinter stehen, die eine ganze Maschinerie in Gang setzen können. Die Zahnrädchen dieser Maschinerie gut zu schmieren, das ist mein Job. Ich schließe einfach aus, dass ich mir nochmals Gift in die Birne kippe.

    Solange ich die Naturgesetze beachte, schließe ich vieles aus. Gründe zu suchen, um mir genüsslich im Falle des Falles einen zu verpassen oder mich selbst unentwegt für unmündig zu erklären, gibt es genug. Ich brauche keine Sucht, um mich unentwegt in meiner Selbstbeschränkung zu suhlen.

    Rückfälle liegen immer in der Vergangenheit und im Außen und da hat mein Sicherheitsgefühl keinen Auslöseanteil dran.

    Zitat

    „Mich würde auch interessieren, wie langjährig Trockene mit ihrem Wissen von heute ihre Gefühle ihres ersten Jahres rückwirkend betrachten.“


    Ich verstehe nicht mehr was ich damals gemacht habe, das ist mir fremd geworden. Der ganze Rattenschwanz ist nicht mehr mit mir verwachsen. Vielleicht hängt er und stinkt noch da rum, da habe ich nichts mehr mit am Hut, fertig.

    Heute ist mir unvorstellbar, dass es damals nicht ging, dieses einfache Lassen.

    Zitat von Karsten

    Wenn ich hier lese, sehe ich viele Forenteilnehmer, die sich in einer Sicherheit wiegen, nach ein paar Wochen oder Monaten alles wissen zu glauben, sich als stabil bezeichnen und so weiter.


    Der Rest ist ein Job fürs Leben, das begann an dem Tag als ich aufhörte zu trinken und was sind da ein paar Worte.

    Zitat

    „War's das schon?"


    Das war es schon, um anzufangen mit dem Ändern.

    LG Kaltblut

    Sie standen dar und fragten sich warum und nur einer meinte: warum nicht.

  • Hallo Kaltblut,

    Danke auch für deinen Beitrag.

    Zitat

    Ich wundere mich, dass einige der Ansicht sind, dass durch ein Sicherheitsgefühl nichts mehr in sich rein zu kippen scheinbar etwas Neues, Unbekanntes ausgelöst werden soll, dass zurück an die Flasche führt. Es gibt immer zwei Seiten, also kann ich immer rückfällig werden, aber hier und jetzt nicht, da bin ich mir ganz sicher und das gibt mir Power.

    Gut, dass Du dies ansprichst. Ich will Dir nichts unterjubeln, aber ich könnte mir gut vorstellen, dass diese Verwunderung, die Du hier beschreibst, auch erst mit den Jahren entstanden ist.

    Von etwas Neuen, Unbekannten, ist bei mir persönlich jedenfalls nicht die Rede, denn wenn ich das gelegentlich eintretende Gefühl der Sicherheit für bedenklich halte, berufe ich mich dabei auf die eigenen Erfahrungen aus den Zeiten meiner Trinkpausen, die immer damit endeten, dass ich mich sicher fühlte, und die alkoholfreie Zeit als Beweis dafür sah, mit Alkohol fortan besser umgehen zu können. Ich vergesse das manchmal, aber dann kann ich mich doch wieder ganz gut an die Momente erinnern, an denen ich mir das Trinken wieder erlaubte.

    Vielleicht kann ich mich in Zukunft ein wenig mehr damit beruhigen, dass die Zeit mir helfen wird, irgendwann auch mit diesem Gefühl besser umgehen zu können.

    Gruß, Bruce

  • Gut gebrüllt, Löwe Karl
    Als sicher kann womöglich gelten, dass eine Sucht Schrammen hinterlässt, welche NIE wieder richtig gekittet werden können. Selbst wenn ich für mich behaupte, einiges überwunden zu haben. Daraus aber zu schließen, mir das Wort „NIE“ untersagen zu müssen, mir ein Gefühl von Genugtuung über erreichtes zu versagen, weil es ja: „ach so gefährlich ist“ im Weiterleben, führt mich immer zurück auf „Los“. Jede Entwicklung mit Argwohn zu betrachten scheint mir Lebensfremd und unangemessen.
    Das ist aber eine Betrachtungsweise, welche sich mit der Zeit eingestellt hat. Sie hätte vermutlich zu Beginn des Weges zu kaum verwertbaren Resultaten geführt. Mir hat zu jenem Zeitpunkt einfach eine Vielzahl der heutigen Informationen über mich selbst gefehlt.
    Wenn ich heute sage: „Ich werde dauerhaft ohne Alkoholkonsum leben“, ist das eine Bewertung aus meinem Momentanen empfinden heraus. Daher auch völlig legitim.
    Das was du, Bruce beschreibst, erinnert mich mehr an „Hintertürchen“ freilassen. So etwas kann durchaus dazu führen, dass der Nachhaltigkeit ein Knüppel zwischen die Beine gerät. Das ist meine ich kein „Sicherheitsgefühl“, was mich einholt – sondern gelebte Unsicherheit über eine Entscheidung, die eben bestenfalls den Rest des Lebens Gültigkeit haben soll. Diese fragwürdige Sicherheit, die nach Beschönigungen sucht, kann ich für mich beantworten, wenn ich hinschaue und frage: „Was ist anders als noch vor einigen Tagen/Wochen? Wo steck ich in verlassen geglaubten Pfaden fest?“ Ich persönlich stolpere dabei immer mal wieder über gewisse Eitelkeiten, denen ich gerne Ade sagen möchte. Es ist meiner Meinung nach weniger ein Gefühl, sondern eine Frage meiner persönlichen Akzeptanz –oder in diesen Fall besser - der Nichtakzeptanz.
    Sichere Grüße Uwe.

  • ich persönlich war das 1.Jahr (trocken) todessicher NIE WIEDER Alkohol zu trinken.
    Jetzt nach fast 2 Jahren bin ich mir sicher dass es keine Sicherheit gibt.

  • Moin,

    ich bin jetzt im 6. Jahr trocken.

    Ich empfand am Anfang des 1. Jahres eine starke Euphorie,
    endlich runter vom Alk zu sein.
    Dazu kam dann auch bald das Gefühl sicher nie wieder etwas
    anzurühren.

    Nach 4 Jahren hatte mich mein Suchtgedächtnis dann aus
    diesem Gefühl schlagartig wieder herausgeholt.

    Inzwischen sehe ich, dass mein Weg mich gedanklich und
    emotional weiter vom Alk wegführt, Schritt für Schritt und
    langsam.

    Das Gefühl der Sicherheit gibt's bei mir aber auch nicht mehr,
    aber das der Wachsamkeit sich selbst gegenüber.

    Gruß
    Ralf

  • ja, und dass man sich in einem Zustand der Euphorie befindet, bemerkt man ja nicht.
    Aber natürlich sei sie jedem gegönnt !
    So wie du schreibst " die Wachsamkeit sich selbst gegenüber", die hört möglicherweise NIE auf und anstrengend ist sie auch, für mich zumindest
    momentan

    Grüße

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