Ich wuensche mir, wieder frei zu sein.

  • Hey.

    Er sagte das, nachdem er mir erklärt hatte, dass er auch schon einmal so angstbesetzte Gefühle bezüglich mir hatte. Wir waren einmal gemeinsam weg abends und er erzählte mir dann dass er als er mich mal fünf Minuten alleine gelassen hatte an dem Abend, mit Angst zurück kam, dass er mich evtl trinkend vorfinden könnte.

    Und daraufhin sagte er eben gestern, dass er glaubt, dass wir uns gegenseitig unterschätzen.

    Also ich habe das so verstanden, dass eben jeder vom Anderen denkt, er könnte das, was er sagt, was er lebe, nicht wirklich so meinen, bzw. sich eben in verschiedenen Situationen dann vl doch nicht genügend um sich selbst kümmern. Oder so..

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.

  • Rhein, weißt du noch in welchem Thread das war?

    Ich würde es gerne lesen.

    Danke

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.

  • Hallo Miriel,

    könnte das nicht stellvertretend stehen für die grundlegende Angst, wieder in das alte System zu geraten?
    Gerade weil du ja auch noch betonst "das will ich nie wieder"? Vielleicht hast du Schuldgefühle, ihn "abzustempeln, wenn du dir diese Befürchtung bewusst eingestehen würdest.
    Ich finde das eigentlich natürlich, dass Menschen mit unserer Vergangenheit nicht mehr unbelastet und unvoreingenommen eine Beziehung mit einem AA eingehen können.
    Gestehst du dir diese Gefühle, Beklemmung, Ängste usw zu?

    Ich für meinen Teil bin ehrlich zu mir selbst und weiß, dass ich das einfach nicht kann. Damit diskreditiere ich nicht den anderen, denn es liegt ganz allein an mir!


    LG girasole

  • Hallo Miriel,

    vielleicht bin ich seltsam unterwegs heute, aber ich verstehe Dich nicht.
    Jedem Alki wird hier mittels der Grundbausteine aufs Auge gedrückt, dass er ein Alkoholgeschwängertes Umfeld zu vermeiden hat.
    Kann ich mich dann als Co hinstellen und sagen, der Rest der Welt hat sich gefälligst auf meine negativen Erfahrungen einzustellen und dementsprechend zu agieren?
    Gelten nicht dieselben Gesetze für uns?
    Arbeitet ein(e) Co so überhaupt nicht an sich?
    Fremde Menschen sind doch nicht verantwortlich für Deine Gefühle!
    Sry, aber diese Opferhaltung geht mir echt auf den Keks.
    Du bist noch sehr jung und ich will Dich wirklich nicht verletzen, aber überlege doch vielleicht einmal, was Dich aus dieser Negativ-Haltung heraushieven könnte.
    Du bestimmst, was Leben ist!

    Liebe Grüße
    Katja

  • hallo TIAH,

    siehe
    edit, Aurora, bitte keine links zum geschützten Bereich
    seite 158, 3. Eintrag von oben; allerdings geschlossener Bereich.

    und zu
    "gegenseitig unterschätzt" mit "dass er als er mich mal fünf Minuten alleine gelassen hatte an dem Abend, mit Angst zurück kam, dass er mich evtl trinkend vorfinden könnte. "

    ok: ich dachte zunächst, dass er an Dir glaubte Co Abhängigenmerkmale festgestellt zu haben und dass er sich dann jedoch eines besseren überzeugen konnte.

    Dass Du selber, so deute ich das, eine Alkoholabhängigkeitsvergangenheit hast, wußte ich nicht. Oder liege ich da jetzt daneben?

    ja. und ich könnte meinem nächsten Partner auch sagen, ich will nicht mehr co abhängig agieren und doch, es könnte wieder passieren.

    Dem, was girsasole schreibt, kann ich nur zustimmen. Ich gestehe mir das auch zu. Ob ich dem anderen damit gerecht werde oder ncith ist dahingestellt. Aber die Erfahrungen mit xy hat doch nicht wenige von uns irgendwie traumatisiert. da bleibt was hängen und warum sollte das nicht anerkannt werden? Das ist dann eben "mein Köfferchen" (äh, eines meiner....).

    Und daher habe ich echt Verständnis für
    "Gestern Abend war ich auf einem Konzert und dort stand direkt vor uns in der Reihe ein alkoholisierter Mann, dessen Duft uns so gestört hat, dass wir uns irgendwann woanders hingestellt haben. Dieser Geruch von "altem" Alkohol, die dazugehörige Bewegungsart, die Gestik, alles. Es war nich auszuhalten und ich hatte meine Emotionen in der Situation überhaupt nicht unter Kontrolle. Von Aggression bis hin zur großen Trauer war alles dabei, Projektion auf XY und Wut auf ihn schoß in mich, große Traurigkeit, aber das Gefühl, für das ich mich schlecht fühlte danach, war eigentlich das Gefühl des Verurteilens, des Herabschauens auf diesen Mann, und den Groll, den ich verspürt habe.... Ich hatte es ganz klar vor Augen: DAS will ich nicht! NIE wieder riechen, nie wieder fühlen, nie wieder zittern... "

    Du nimmst Deine Umwelt war und setzt Dich zu ihr in Beziehung. Hierzu ziehst Du Deine eigenen Werte und Normen heran. Diese sind geprägt durch Erfahrungen, welche unangenehm waren. Solches willst du künftig vermeiden. Ist doch ok, finde ich. Oder nicht?

    Gruß
    Rhein

  • Meine Güte, Rhein, natürlich verstehe ich sämtliche Fehler auf der Festplatte, meine eigenen oder die Anderer, aber ich kann die Welt nicht komplett aus den Angeln heben.
    Selbstverständlich meide ich alles, was mir nicht gut tut, aber ich mache nicht alles und jeden für das verantwortlich, was mir passiert ist.
    Ich denke halt, Jeder sollte sich um seine eigenen Flickfehler kümmern und es nicht projizieren auf total Ahnungslose.
    Glaub mir einfach, wenn ich sage, dass ich weiß, wie schwer Gepäck wiegen kann...

  • Ju, Rhein. Sein Leben, seine Entscheidung!
    Unabhängig von allem. Es zählt nur sein Ich.
    Bin ich darauf nicht vorbereitet, darf ich nicht einmal aus der Haustür fallen.
    Ich sollte meine Entscheidungen für mich selbst treffen.
    Nicht einfach, das gestehe ich zu.
    Es war IHR Problem, nicht seines! Er ahnt nicht einmal etwas davon.

    Liebe Grüße, ob Du die magst oder nicht,
    Katha

  • Hallo Katharsis,

    TIAH wollte diesen Mann mit seinem Alkoholgeruch nicht riechen, weil es schlechte Erinnerungen wachgerufen hat. Da hat sie Abstand genommen. Für mich nachvollziehbar.

    Man kann als "reflektierter Co" diesem Menschen so oder so gegenüber reagieren. Was dabei im Kopf vom Co stattfindet ist seine Sache. Der Typ an der Bühne wird dadurch weder verletzt noch beleidigt.

    Du schreibst:

    "Ich spüre oft noch soviel Bitterkeit, Verachtung und teilweise auch Hass bei manchen Co´s, dass ich mir für sie wünschen würde, sie könnten tatsächlich verstehen, dass es sich um eine Krankheit handelt."

    Co s im geschlossenen Bereich sind sich dessen .- so vermute ich - mehr oder weniger alle im klaren, dass es eine Krankheit ist und der Co sich aus einer evtl. Opferhaltung befreien sollte.

    Doch auch bei dieser Einstellung - was ist gegen etwas Bitterkeit einzuwänden? Ich kann nicht behaupten, mich zu freuen über die Alkoholbedinten Erfahrungen, die ihc mit xy gemacht habe.

    " Es liegt nie daran, dass sie nicht liebenswert sind, menschlich nicht wertvoll, zu dick, zu dünn, zu hässlich, zu fordernd, zu egoistisch oder zu sehr bemüht, nur be- und ausgenutzt werden sollten, etc."

    Meinst Du, dass Alkoholismus genetisch bedingt ist? von Geburt an vorbestimmt ist? oder meinst Du, dass Alkohoabhängigkeit durch die eigene Persöönlichkeitsentwicklung (zB durch Erziehung) mit begünstigt wird.

    Tschö
    Rhein

  • Hallo Rhein,

    vielleicht habe ich mich unverständlich ausgedrückt. Nachvollziehen kann ich das Verhalten sehr wohl, nur reduziere ich mich manchmal auf reine Logik.
    Ich kann – ein Vergleich, der mir spontan in den Kopf schoss – doch z.B. als Burka-Trägerin nicht jederzeit in einem Hallenbad in Bielefeld einfallen und mich dann darüber aufregen, dass ich dort auf Männer nur in Badehosen treffe. Zum Schwimmen wähle ich doch dann den Tag, an dem nur Einlass ist für Frauen. Macht jedenfalls für mich Sinn.
    Wenn ich ein Konzert besuche, muss ich damit rechnen, auf alkoholisierte Leute zu treffen, ich nehme es quasi billigend in Kauf. Bin ich noch nicht soweit, dass ich damit umgehen kann, verzichte ich darauf, überlege aber doch dabei, was ich für mich tun kann, um an mir zu arbeiten oder ich beschließe, generell z.B. Konzerte zu meiden.
    Im Gegensatz zu Dir glaube ich, dass ich Menschen verletzen oder beleidigen kann durch Blicke oder dadurch, dass ich schweigend auf Abstand gehe. Vermutlich hat es den alkoholisierten Konzertbesucher auch gar nicht gejuckt, aber ich würde ihm nicht seinen Darfschein absprechen, sich nach seiner Fasson zu amüsieren. Es ist seins.

    Offensichtlich ist heute der zweite Tag hintereinander, um sich ordentlich in die Nesseln zu setzen, aber nun: Wenn die rein technische Frage nach eventuellen Entzugserscheinungen eines Partners – die sowieso nur ein Arzt feststellen kann – beantwortet wird damit, dass Alkis grundsätzlich alle lügen und ver@rschen, dann denke ich zunächst, dass die Antwort am Thema vorbei gegangen ist und natürlich frage ich mich dann nach dem Grund dafür.
    Das ist für mich nur ein Beispiel dafür, dass ich nicht wirklich glauben kann, dass Alkoholismus als Krankheit in allen Köpfen angekommen ist. Dies ist rein sachlich gemeint und nicht als Beleidigung oder Verletzung.

    Wir alle machen zwangsweise gute und schlechte Erfahrungen. Wie bereits erwähnt, gehöre ich nicht zu der Fraktion, die meint, alles wäre für irgendetwas gut.
    Wenn ich aber diese Erfahrungen nun sowieso schon machen musste, dann kann ich sie auch für mich nutzen. Ohne diese ganzen schlechten Erfahrungen hätte ich mich wohl viel weniger mit mir selbst beschäftigt und nach Mustern und Lösungen gesucht, womit ich nicht sagen will, dass es total super ist, dass ich nun Alkoholikerin bin, weil ich deshalb so irrsinnig viel Stoff zum Nachdenken bekam, aber ich versuche, immer mit dem zu arbeiten, was ist.
    Ich mag Bitterkeit nicht, weil sie ein schwarzer Fleck in meiner Seele ist und sich ausschließlich gegen mich selbst richtet, mich vielleicht auch vergiftet, immer wieder aufs Neue verletzt, mich misstrauisch, voreingenommen und zögerlich sein lässt. Ich treffe damit immer nur mich selbst und denke doch, ich habe bereits genügend hinter mir, ohne sie auch noch mitschleppen zu müssen.

    Über Deine letzte Frage habe ich schon sehr oft nachgedacht. Gelesen habe ich, dass Alkoholismus nicht genetisch bedingt ist. Nun habe ich bei mir selbst und bei vielen anderen Alkoholikern festgestellt, dass der Alkoholismus sehr oft in der gesamten Familie verbreitet war.
    Ich weiß darauf einfach keine Antwort. Für mich persönlich konnte ich – mittlerweile komplett ohne Vorwürfe – feststellen, dass in meiner Kindheit sehr vieles im Argen lag. Ich nenne es „Handwerkszeug“, das mir nicht ausreichend mitgegeben wurde. Kinder, die stets um Liebe und Anerkennung betteln müssen, geraten genau aus diesem Grund später oft in Beziehungen, in denen sie ebenfalls schlecht behandelt werden. Das kann natürlich allen Menschen passieren, aber ein Mensch mit „normaler“ Selbstachtung fasst sich an den Kopf und trennt sich, während ich geblieben bin. Erkennt man dieses Muster nicht, kann man es auch nicht aufbrechen. Laufen mehrere Beziehungen so ab, fühlt man sich nach einer Zeit wertlos und denkt vielleicht auch, man hätte die schlechte Behandlung tatsächlich verdient. Das geht so weit, dass Dich Jemand schlagen kann und Du ihm auf die lapidarste Entschuldigung hin stets verzeihst, das Hamsterrad dreht sich weiter. Verzweiflung, innere Leere, gefühlte Ohnmacht und Aussichtslosigkeit haben mich dazu gebracht, mir einen Fluchtweg zu suchen.
    Betrunken war mir alles gleichgültig, es war die reine Erholung für mich, endlich zur Ruhe kommen, alles aushalten zu können, nichts mehr fühlen zu müssen, beim Schlafen die Augen schließen zu können, abzutauchen in meine eigene Welt.
    Ich erinnere mich noch gut an meine bewusste Auswahl damals: Natürlich wollte ich niemals zur Alkoholikerin werden, aber ich bin die Möglichkeiten tatsächlich durchgegangen. Medikamente kamen für mich nie in Frage, weil ich bereits als Jugendliche in Krankenhäusern zu viele Abhängige gesehen hatte. Vor harten Drogen hatte ich immer zuviel Angst und weiche Drogen habe ich gemieden, weil ich die Wirkung nicht „kontrollieren“ konnte. Sagt die heutige Koma-Trinkerin und es wäre zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre.
    Mein Verhalten heute überträgt sich auf alle Bereiche meines Lebens. Ich habe bereits erwähnt, dass ich mich von meinem letzten regionalen Sozialkontakt trennen musste. „Was er mit den Händen aufbaute, schmiss er mit dem Mors wieder um“. Das trifft es am besten.
    Ich verzichte damit auf Fürsorge und sehr viele Annehmlichkeiten, aber ich schaffe mir ein Dauerfeuer von ungerechtfertigter Kritik, kleinen Verletzungen und Sticheleien vom Hals, muss mich nicht mehr ständig erklären oder rechtfertigen und für – in meinen Augen - selbstverständliche Dinge wieder und wieder bedanken. Das ist es, was ich meine: Wir können nicht alles haben, den Foifliber und das Weggli, wir müssen Entscheidungen treffen und das bedeutet eben auch oft Verzicht. Es tut noch weh, aber ich weiß auch, dass ich nur so wirklich innerlich zur Ruhe kommen kann.

    Wie denkst Du denn über Deine letzte Frage?

    Viele Grüße
    Katha

  • HAllo ihr Lieben,

    hitzig hitzig ist es hier. :)

    Danke für eure Beiträge.

    Das mit der Opferrolle versteh ich schon, also ich versteh wie du das meinst.

    Ich gehe viel und gerne auf Konzerte und umgebe mich dort immer wieder mit Menschen, die Alkohol konsumieren. Ist für mich auch kein Problem mehr.

    Und auch der Konsum dieses Mannes war für mich an sich kein Problem. Ich hatte auch als ich hinter im Stand einen gesunden Abstand zu ihm, nur ist eben sein - ich benenne es jetzt mal ein wenig treffender - Gestank für die Menschen, die im Umkreis von ca. 1 Meter um ihn herumstanden, irgendwann unerträglich geworden. Deshalb war ich auch nicht die einzige, die irgendwann das Weite gesucht hat.

    Anders als aber wahrscheinlich bei den anderen Flüchtlingen, kam bei mir - eben auf Grund meiner Vorgeschichte - eben noch die emotionale Komponente hinzu, die ich so intensiv auch wirklich nicht erwartet hatte. Gerade weil ich mich eigentlich inzwischen sehr sicher mit mir selbst in der Öffentlichkeit - und auch in der trinkenden Öffentlichkeit - fühle und mich da immer auf meine Werkzeuge, die ich mir angeeignet habe verlassen kann.

    Dem war nun in dieser Situation irgendwie nicht so, was mich selbst auch eher überrascht hat.

    Abgesehen aber von all dem Wissen, dass es sich um eine Krankheit handelt (was in mir ja auch die Gefühle der Traurigkeit, des Verständnisses und des Mitgefühl begründet, welche ich eben neben Gefühlen wie Wut, Hass und Disrespekt eben durchaus auch in diesen ca. 30 Minuten der Gefühlsirrfahrt empfunden habe) - muss ich dennoch sagen:

    Krankheit hin oder her - Verständnis hin oder her. Sein Gestank betrifft sein Umfeld in dem Moment, was man durchaus als egoistisch seinerseits einstufen und worüber man sich denke ich auch ärgern darf.
    Ich habe mich nicht selten auch schon in der Bahn ganz bewusst von einer Person entfernt, die sich alkoholisiert und riechend neben mich setzte. Das darf ich! Nein - das soll ich sogar tun! Denn es überschreitet eine Grenze bei mir!

    Und das Gleiche tue ich auch, wenn sich ein Raucher neben mich stellt oder sitzt an der Haltestelle und seine Zigarette neben mir anzündet - das darf er gern und überall tun - aber ICH darf auch gern und überall für mich entscheiden, dass ich mich dem Einfluss dieser Person und der Auswirkung nicht aussetzen muss.
    Und sollte das dann wiederum die Person verletzen, dass ich mich von ihr entferne, ist das wiederum nicht mein Problem.

    Wo käme ich hin, wenn ich aus dem Grund heraus, dem anderen keine schlechten Gefühle bereiten zu wollen, in der situation verweile, in der ich mich absolut unwohl fühle?

    Stimmt - dann käme ich genau wieder da hin, wo ich jahrelang mit XY war - in das Co-Abhängigkeits-Karussell.

    Da will ich nicht hin. Deshalb setze ich Grenzen. Immer und überall. Und versuche genau das - für MICH zu entscheiden und mich selbst zu hinterfragen und zu reflektieren. Deshalb habe ich mich nicht auch weniger schlecht gefühlt, dass ich auf den Mann auch zwischendrin herabgeschaut hab. Alle Gefühle waren vertreten. Ich hab es mir angeschaut. In dem Moment und auch im Nachhinein. Und ich habe versucht, neben all dem Verständnis für meine Umwelt und auch für die reale Gesellschaft, eben auch Verständnis für mich selbst zu haben. Denn das kommt ja doch am Ende meistens zu kurz.

    Rhein,

    zu deiner Frage bezüglich meines Alkoholkonsums. Ja, auch ich habe mich für komplette Abstinenz entschieden vor nun fast drei Jahren. Ausgelöst wurde das zuerst durch die Erfahrung mit XY und auch dadurch dass ich in der "Hochphase" noch stärker mit ihm mitgetrunken hab. Aber sehr schnell wurde mir dann klar, dass es sehr viel besser für mich ist und im Nachhinein weiß ich, dass ich vielleicht noch sehr sehr rechtzeitig die Notbremse gezogen habe, wenngleich das damals garnicht so bewusst auf mich selbst bezogen passierte. Heute weiß ich, dass es gut und besser ist, wenn ich die Finger vom Alkohol lasse, weil ich missbräuchlich und mit regelmäßigem Kontrollverlust getrunken habe.

    Und der trockene AA - Freund weiß von dieser Vorgeschichte, weil wir uns auch darüber ausgetauscht haben. Und ich denke, wenn ich mal versuche seine Perspektive einzunehmen, eines seiner größeren Schwierigkeiten ist es, dass es schwierig ist in seinem Alter Menschen (und vor allem auch Männer im Studentenkreis) zu finden, die eben NICHT trinken.

    Mich dann zu treffen als Nichttrinkende ist ja erstmal angenehm. Gleichzeitig aber eben auch ungewohnt und verwunderlich und vielleicht eben auch ein wenig zu schön, als das es wirklich wahr sein könnte, dass man gemeinsam einen ganzen Abend/Nacht draußen verbringen kann, ohne dass vielleicht nicht doch einer sich dem Äußeren Zwang hingibt. Und daher kam dann vielleicht auch seine Angst.

    Und ja - diese grundlegende Angst, jeder von uns könnte in seine alten Muster zurückverfallen. Die ist da. Und die hat er auch nochmal gestern am Telefon angesprochen. Dass wir ja eben beide um unsere Krankheit wissen, dass dieses Wissen ja zum Einen eine gute gemeinsame Basis sein kann, aber im gleichen Moment eben auch Angst schüren kann, dass eben bei jedem jederzeit auch diese "kleine" Krankheit mit all ihren Sympromen wieder ausbrechen kann.

    Aber da hilft so oder so nur eine einzige Sache: Vertrauen - und zwar allem voran in sich selbst und in seine eigenen Kompetenzen, in jeder Situation, die kommt, die beste Entscheidung für sich selbst treffen zu können.

    Ich bin jung. Und nein, verletzt bin ich nicht wegen Beiträgen. Im Gegenteil, ich bin dankbar dafür. Jedes Wort gibt mir die Möglichkeit, etwas noch einmal zu überdenken, besser zu verstehen oder auch klarer zu sehen.

    Schwierig ist es für mich am meisten, die Balance zu finden, eben diese Ambivalenz in der Welt auszuhalten, damit umzugehen und nicht einer Haltung (ob positiv oder negativ) voll und ganz zu "verfallen".

    Das zu schaffen, in jedem Moment neu abzuwägen und wie du, Rhein, auch sagst, mit seinen eigenen Vorerfahrungen, Prägungen und Verletzungen gesund zu verknüpfen, das ist meiner Meinung nach eine Kunst, die es sich lohnt, zu lernen.
    Wahrscheinlich ist es einfach die Kunst des Lebens.


    Herzlich

    Miriel

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.

  • Hallo Miriel,

    als hitzig habe ich persönlich es hier überhaupt nicht empfunden :-). Ich freue mich gerade total, dass Du nachvollziehen konntest, was ich mit der Opferrolle gemeint habe.
    Ich denke auch, dass wir auf keinen Fall alles aushalten sollten, das wäre ja fatal.
    Wenn der Zeitgenosse so einen Gestank verbreitete, sollte man ihn umgehen – das ist auch meine Meinung. Muss er sich nicht wundern. Ich hatte Deinen Post allein auf den Alkoholgeruch bezogen und war da wohl Betriebsblind, was mir leid tut. Danke für Deine Erläuterungen diesbezüglich. Es klingt, als würdest Du sehr achtsam mit Dir umgehen und wärst auf Deinem Weg ein gutes Stück vorangekommen. Das freut mich auch für Dich.

    Dir noch einen schönen Restsonntag.

    Herzliche Grüße
    Katha

  • Und mich freut, das hier gerade keiner beleidigt von dannen gezogen ist und es auch nicht eskaliert ist. :)
    Sondern das ihr Euch gegenseitig aufmerksam gelesen und unklares erklärt habt.

    Ich lese Euch beide sehr gern, Katha und Time is a Healer. :)
    Und kann mir von Dir, liebe Katha, immer sehr viel mitnehmen.
    Ich denke, auch Time geht es so, weil ich sie mittlerweile als SEHR reflektiert empfinde.

    Ich wünsche Euch auch noch einen schönen 3.ten Advent :)

    LG Sunshine

  • Zitat von Katharsis

    Gelesen habe ich, dass Alkoholismus nicht genetisch bedingt ist. Nun habe ich bei mir selbst und bei vielen anderen Alkoholikern festgestellt, dass der Alkoholismus sehr oft in der gesamten Familie verbreitet war.

    Hey Katha,

    wo hast du das denn gelesen?
    Ich habe für mich die "Antwort" gefunden, dass Alkoholismus sehr wohl genetisch ist. Es gibt Studien darüber, dass bei Alkoholikern oft der Dopaminspiegel im Gehirn sehr niedrig ist. Der Dopaminspiegel sorgt dafür, dass Menschen sich glücklich fühlen. Alkohol dockt an die Repeptoren des Gehirns an, die auch für das Dopamin zuständig sind- es kommt zu einem ähnlichen Effekt, Alkohol kann so den Mangel ausgleichen.
    Der Mensch merkt dies, verbindet es mit dem Alkgenuss und trinkt mehr und weiter.

    Der Dopaminmangel ist auch erblich- das würde die hohe Quote in manchen Familien erklären.

    Wenn ich mich genauer beobachte, merke ich, dass ich dieses "nicht stoppen können" bei Süßkram zeige. Wenn ich eine Tafel Schokolade begonnen habe, kann ich nicht mehr aufhören.
    Ich denke, dass wir unterschiedliche Strategien finden können, wie wir mit diesem "Mangel" umgehen- betäuben wir uns mit Alkohol? Beginnen wir zu essen? Lassen wir Essen weg? Finden wir andere ungute Wege oder gehen wir unsere Probleme konstruktiv an, sodass wir glücklich werden?
    Mein Gewicht ist nicht zu hoch, aber ich merke, sobald ich stressige Zeiten habe, nehme ich 2 kg zu, die danach wieder runter müssen.

    Die Art der Strategie, die wir wählen, liegt in der Prägung durch die Kindheit: Wie haben uns die Eltern vorgelebt, mit Problemen umzugehen? Welches Fazit, was eine wirksame Strategie ist, habe ich selbst gezogen?

    Ich glaube nicht, dass immer nur ein Faktor die Alkoholsucht auslöst. Es spielen mehrere zusammen.

    Viele Grüße,
    Zimttee

  • Hallo Zimttee,

    manchmal nehme ich mich ja gern selbst mal hoch oder auch auseinander, tue dies aber ausführlich nur sehr ungern in anderen Threads, da der Andere vermutlich sein eigenes Vorankommen reflektieren möchte und weniger Interesse hat an meinen eigenen Ein- und Ausfällen :-). Ich antworte Dir also lieber in meinem Postfach, da kommt jetzt ein Karton ;-).

    Viele Grüße
    Katha

  • Hallo Miriel,

    ich bin hier auf Deine Beiträge gestossen und ich war total sprachlos, weil Dein Beitrag auch von mir hätte sein können. Es kam mir alles so bekannt vor. Gerade Deine "alten Beiträge" vom Anfang 2012.

    Ich bin auch gerade erst seit einem Jahr mit jemanden zusammen und habe schnell feststellen müssen, das da irgendwas nicht stimmt und dann leider die Erkenntnis das er abhängig sein muss (vielleicht schaust Du Dir meinen Beitrag an dort steht alles).

    Wie ist denn der aktuelle Stand bei Dir wie geht es Dir? Ich kann mir nur zu gut vorstellen wie es in Dir aussieht. Es ist so erschreckend, das die Verhaltensweisen von Alkoholabhängigen oft so ähnlich sind, das launisch sein, schwer einschätzbar ob er gut drauf ist oder gleich wieder etwas passiert, Unzuverlässigkeit, Versprechungen die nicht gehalten werden oder Lügen zum Alkoholkonsum. Es ist eine ewige Berg und Talfahrt der Gefühle. Ich merke rückblickend (leider) auch, das mein eines Jahr wo ich mit Ihm zusammen bin eher schwerer wurde und beladener als es vorher war.

    Und auch bei mir ist es so, das ich zwar viele Selbsterkenntnise habe und versuche (!) an mich zu denken leider oft fehlschlagen und meine Gedanken nur um ihn kreisen. Ich selber fühle mich leer, müde und ausgelaugt und dennoch fällt es mir auch so schwer mich zu distanzieren.

    Es ist so frustrierend in alle Richtungen. Zum einen das man sich selber so schadet und nicht konsequent ist und zum Anderen einen Partner vor sich zu haben, der glücklich sein könnte mit dem eine schöne Beziehung laufen könnte und er sieht das alles nicht sondern macht sich mit dem Alkohol kaputt. Ach ja.

    Ich würde mich freuen von Dir zu lesen. Liebe Grüße Sunflower

  • Hallo ihr alle.

    Ich bin nach langer Zeit wieder hier.

    Mir geht es heute nicht gut. Vermutlich der Grund, warum ich das Forum wieder suche?

    Aber es ist sicherlich nicht der erste Tag seit einem halben Jahr, dass es mir mal weniger gut geht.

    Generell geht es mir in Ordnung.

    Mal mehr mal weniger.

    Alltagspflichten machen mir zu schaffen.

    Mit XY würde ich sagen rede ich ca. alle 6-8 Wochen einmal am Telefon. Wie geht es dir, wie mir, bla, und fertig. Nichts über uns oder unsere Beziehung. Danach kann ich es wieder gehen lassen und weitermachen mit dem Tagesgeschehen. Dennoch bleibt der Kontakt fraglich, wenn nicht sogar sinnlos.

    Ansonsten kann es auch sein, dass ich hier aufschlage, weil ich mich sozusagen gerade aktiv aus der Freundschaft mit einem trockenen AA Freund begonnen habe zu lösen. Dies habe ich demjenigen auch diese Woche kommuniziert.

    Weil ich gemerkt habe, wie ich doch immer und immer wieder auf ihn projeziert habe und Bedürfnisse wieder hinten angestellt habe.

    Ich glaube er war irgendwann zu meinem neuen Anker geworden.

    Scheiße ! - Dachte ich mir nur, als ich das erst einmal realisiert habe so langsam aber sicher und immer mehr.

    Ich wünsche euch einen schönen Freitag Abend.

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.

  • Hallo ihr Lieben,

    auch wenn keine Rückmeldung kam zu meinem Beitrag (klar denke ich, es ist, weil es keinen interessiert und ich auch schon seit Jahren ein HickHack zu haben scheine) Dennoch tut es mir gut, das jetzt zu teilen.

    mir geht es nun wieder besser als vor einer Woche.

    Ich hatte nun fast 1 Jahr lang eine intensive Freundschaft mit einem trockenen AA Freund.

    Diese habe ich nun ca. vor 3 Wochen angefangen zurückzufahren bishin zur jetzigen kompletten Funkstille.

    Durch den Kontaktabbruch glaube ich bin ich nun wieder sehr mit mir konfrontiert und habe mir natürlich auch des Öfteren die Frage gestellt "Wie konnte das schon wieder passieren?"

    Es war schon so eine Art Ablöse des XY - so glaube ich. Selbst wenn zwischen dem trockenen AA-Freund und mir keinerlei sexueller Kontakt stattfand war es dennoch eine Art partnerschaftliches Verhältnis ,wenn auch ohne die "typischen" Liebesbeziehungs-Komponenten.

    Ich frage mich, wie um alles in der Welt ich so "blöd" sein konnte, mich emotional wieder auf einen Alkoholiker (wenn auch trocken) einzulassen, muss aber feststellen, dass ich selbst hier glaube ich einen großen Anteil habe, daran, dass es am Ende einfach jetzt nicht mehr ging.

    Er hatte ja vermeintlich kein Problem mit unserem Verhältnis, sondern ich.

    Letztendlich geht es mir emotional seit der Funkstille viel viel besser, wenngleich ich auch traurig bin, da wirklich viel wegfällt, dadurch dass ich ihn nicht mehr spreche oder sehe. Wir haben uns stets viel ausgetauscht, über Alltag, Probleme und eben auch über die klassischen AA-Co-Abhänigen-Thematik. Das war oft ein sehr konstruktiver, produktiver und hilfreicher Kontakt. Leider aber letztendlich dann doch meinerseits ein abhängiger Kontakt.

    Wie das bei ihm aussieht weiß ich nicht. Weiß nur, dass ich wieder in eine Bedürftigkeit/Abhängigkeit gerutscht war, die mir am Ende nicht mehr gut tat.

    Diese vollkommene "Trockenheit" gelingt mir nicht.
    Und ich sehe die Ursache inzwischen weniger in der Co-Abhängigen-Problematik als in einer Männerproblematik (Bestätigungssucht, Projektion,...) allgemein.

    Und dennoch habe ich den Entschluss gefasst, es wieder zu versuchen.

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.

  • Hey Miriel,

    wie geht es dir denn sonst? Was macht dein Studium bzw das Ref?

    Ich horche momentan in mich rein, um zu schauen, was bei mir alles so nicht stimmt.
    Ich denke auch, dass die Co-Problematik häufig nicht das einzige "Problem" ist, sondern eine Männerproblematik noch dazu kommt. In Kombination ist es erst richtig fies.
    Sonst könnte man ja auch zu trinkenden Männern "tschüss" sagen oder so erst gar nicht darauf einlassen.

    Freut mich auf jeden Fall, wieder von dir zu hören :)

    Liebe Grüße
    Zimttee

  • Hallo liebe Zimttee,

    danke für deine Antwort.

    Mir geht es sonst - ich kann es dir nicht sagen. Es sind ziemliche Auf und Abs.

    Zwischendurch war ich nochmal ein paar Wochen im Ausland und habe dort an einer Schule gearbeitet, das war sehr anstrengend, bereichernd aber allem voran sehr erkenntnisreich, was meine eigene Persönlichkeit angeht. Auch dort bin ich nach kürzester Zeit an meine persönlichen Grenzen gestoßen und habe vielleicht unter Anderem auch wegen dieses Aufenthaltes einige Sachen für mich eher realisieren können als wenn ich vielleicht nicht so rausgerissen gewesen wäre. Denn erst im Anschluss daran, habe ich hier zu hause einige Dinge wieder klarer sehen können und auch Konsequenzen daraus gezogen.

    Der erste Teil des Refs nähert sich dem Ende. Ab September werde ich dann in den eigenständigen Unterricht gehen.

    Es war auch das Ref seit Beginn bis jetzt immer ein Auf und Ab. Mal war ich völlig entspannt, dann wiederum extrem gestresst, aber ich denke, das kennst du.


    Gespräche mit dem A-Freund haben mich hier und da oft entspannt bzw. das ganze sehr relativiert. Und das vermisse ich nun schon.

    vielleicht ist es sogar so, dass man sagen könnte, dass ICH in dem Kontakt zu ihm eben "nass" war und er eben nicht.... !?

    Ich weiß es nicht.

    Ich freue mich auch, dich zu lesen und hoffe es geht dir gut!

    Herzlich,

    Miriel

    Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann und die Weisheit, das eine von dem anderen zu unterscheiden.

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