Zitat von sally1978Alles anzeigenHallo Natalie,
es ist echt gruselig, so viele Parallelen gibt es in unserem Leben. Grade im Bezug auf den Väterlichen Teil. Auch mein Vater kann so aggressiv und ungerecht sein. Dann sehe ich ihn wieder in seiner Unselbstständigkeit sein Leben versauen und versuche wieder die Hand hin zu reichen...
Verstehen kann mich da niemand. Weil es passiert immer das gleiche, er nimmt sie an und lässt mich dann doch hängen, nutzt aber alle Gelegenheiten um mich wieder seinem Kummerkasten zu machen und mir sowie allen anderen (die um mich herum sind) einzureden, dass ich eine ganz schlimme Tochter bin, die viel zu sehr verwöhnt worden ist. Ich will helfen zur Selbsthilfe, er will Gesellschaft und Entlastung. Etwas für sich dauerhaft ändern, das ist nicht! Will er nicht oder er kann nicht...
Ich bin mal mit Ihm zu ner Beratungsstelle. Wir – besser gesagt ich – wollten mal hören was wir mit Mama tun können, ich also nen Termin gemacht und ihn hingeschliffen. Man fragte meinen Vater dann, wie es denn um seinen Alkoholkonsum so bestellt sei.
Und... er hat doch tatsächlich abgestritten überhaupt je etwas zu trinken - doch das tat er! fast täglich! Aber da er sich nicht bis zur Besinnungslosigkeit betrinkt ist er ja auch nicht krank. Das sagt er und auch meine Tante und noch so viel mehr Leute haben diese Einstellung... wer trinkt und unauffällig bleibt hat kein Alkoholproblem... und ich (damals Anfang 20) glaubte auch, dass nur meine Ma ein Problem hat... und konnte überhaupt nicht verstehen warum er lügt...Die Erklärung: dieses Beratungsgespräch nahm recht schnell eine Richtung an, bei der meinem Dad klar wurde, dass auch er sich umstellen müsste. So dachte ich also: er lügt hier aus reiner Bequemlichkeit... damit er sich nicht belehren lassen muss... nichts ändern muss... so ein A......
Aber heute glaube ich, dass dies nur die halbe Wahrheit ist. Ich glaube, dass er Panik bekam. Er war ein Teil des Systems, da meine Ma die auffällige Trinkerin war, konnte er sich mit all seinem Daneben-Benehmen, seiner Aggressivität und auch seinem eigenen Trinkverhalten hinter dem Problem meiner Ma verstecken. Es klingt gemein aber so manches Mal hatte ich auch meine Zweifel daran ob er wirklich wollte, dass sie trocken wird. (unbewusst) Wäre sie es nämlich rechtzeitig geworden, hätte Sie Ihm sicherlich die Stirn bieten können. Natürlich wollte er ganz bestimmt nie, dass Alles soooo schlimm für sie wird... aber er wird sein Päckchen an Schuldgefühlen zu tragen haben. Und das beschützt er ganz gut und hat es ganz tief vergraben... So meine Vermutung...
Als ich Ihn dieses Jahr nochmal von einer Beratung/Unterstützung überzeugen wollte, bin ich ganz schön abgeblitzt... ja er wurde fast schon panisch und mal wieder sehr aggressiv... ich habe Ihm erklärt, dass es Ihm doch gut täte... und er ganz sicher auch jemand anderes zum reden braucht als mich... aber es war nichts zu machen...
Warum ich dir das alles schreibe: Ich stand also vor einem ähnlichen Gespräch... Ich war mir schon bewusst, dass ich mich mehr und mehr abgrenzen werde von meinen Eltern. Da führt kein Weg dran vorbei wenn ich nicht völlig wahnsinnig werden will. Trotzdem hätte ich die beiden doch so gerne gut versorgt gewusst... nicht nur für Sie – auch für mich... so dass ich mich etwas entspannter distanzieren kann, als das es jetzt der Fall ist...
Geklappt hat es nicht...
es ist ein Teil meiner Krankheit zu versuchen andere auf einen Weg bringen zu wollen, den ich als Richtig erachte. Ganz ohne diese Versuche kann ich auch (noch) nicht existieren. Auch brauche ich es (noch) gegen um gegen mein schlechtes Gewissen anzugehen.Aber doch ändern sich langsam meine Gedanken wie folgt:
vielleicht ist es für meinen Vater gar nicht der Richtige Weg... vielleicht wird er Irre wenn er sich mit Allem auseinander setzen muss. Ich merke ja schon wie es an meinen Kräften zerrt (und ich bin gegen ihn noch jung und unverbrauchtIch wünsche Dir ganz viel Kraft für das Gespräch mit deinem Dad... und falls es ähnlich daneben geht wie bei mir... vielleicht helfen dir dann meine Worte um Ihn in liebe los zulassen...
Ich bin ganz sicher: du hast auch jetzt schon genug versucht um zu helfen.
Lieben Gruß
Sally
Da fällt es mir auch wieder wie Schuppen von den Augen.
Bei meinem Vater bin ich auch noch nicht schlau geworden. Am ehesten erinnert er mich an eine Borderline-Persönlichkeit. Hab mir ein Buch dazu gekauft und es passt wie die Faust aufs Auge (Mit zerbrochenen Flügeln) . Diese Extreme, in die er fallen kann. Er kann der liebste und netteste Mensch sein, den man sich vorstellen kann. Bringt mir Essen mit, schleppt Dinge an, von denen er denkt, dass ich sie gebrauchen kann. Vom Briefbeschwerer bis zum Plastiktannenbaum mit Weihnachtskugeln, will immer, dass ich genug Geld habe.. Aber auf der anderen Seite kann er von 0 auf 100 in wenigen Minuten aggressiv werden. Wenn der schreit, fühlst du dich wie ein Keks, der in der Luft zerbröselt. Sein Geschrei nutzt er auch, um die Leute mürbe zu machen, vornehmlich die Familie. Er kann nicht mit Geld umgehen, gibt viel zu viel aus.
Auf der anderen Seite ist er auch übelst ungerecht.
Er meint, er habe soo viel für mich getan. Hat er auch, dann hat er sich besonders viel Mühe gegeben und alles sollte 100% sein. Aber er hat eben nicht so die Ahnung, was alles sein muss oder wie teuer das Leben alleine sein kann.
Für diese Mühe erwartet er dafinitiv Gegenleistungen.
Was den Alkoholkonsum betrifft, ist dies echt bedenklich. Er tendiert defitiv dazu, Probleme mit Alk zu lösen. Als ich ausgezogen war, war er sehr oft gut betrunken, viel häufiger als sonst.
Früher auch öfters. Er ging dann immer in die Kneipe. Wenn er wiederkam, fand er manchmal nach seinem Kontrollspaziergang, ob alles okay ist bei uns, nicht mehr aus unseren Kinderzimmern raus oder urinierte zwei Mal in das Kinderzimmer meines Geschwisters, weil er es mit dem Bad verwechselte.
Wie es aktuell ist, weiß ich nicht. Aber ich hab eben auch meine Befürchtung, dass er dann auch in den Alkoholismus abrutscht. Was ja wiederum nicht "mein Bier" ist.
Weißt du, ich wünsche mir einfach nur eine normale Familie. Zu einer, zu der man mit Problemen hingehen kann, die ein normales Zusammenleben hat, wo man "ankommt" und Halt erfährt. Aber nicht Probleme an allen Ecken und ein völlig verdrehtes Eltern-Kind-Verhältnis.
Mit Problemen brauche ich da erst gar nicht aufzuschlagen.
Als ich meine Prüfungen hatte, war ich an den Tagen zuvor bei den Eltern meines Freundes, die mich einigermaßen beruhigen konnten. Dass es der größte Fehler ist, vor Prüfungen zu meinen Eltern zu fahren, habe ich Ende letzten Monats gemerkt. Die Familie meines Freundes war in Urlaub. Meine Eltern haben mir zum Dank die Hölle auf Erden beschert, obwohl sie hoch und heilig versprachen, dass sie sich zusammen reißen. Da merkt man doch, wie krankhaft das Ganze schon ist.
Als ich mich jetzt zum Ref beworben habe, habe ich sämtliche Orte vorgeschlagen, bis auf den Ort, bei dem meine Eltern leben. Auch die Regierung, zu der die Familie meines Freundes gehört, habe ich ausgewählt- aber die Bezirksregierung meiner Eltern habe ich bewusst nicht angegeben.
Und das, obwohl es die "Schwiegerfamilie" ist.
Und es hat genau so angefangen, wie bei sovielen Schreibern hier, deren Partner grad erst ein paar Jahre trinken. Ich hab früher auch immer gedacht, dass es so weit schon nicht kommen wird- Pustekuchen.
Ja, ich hatte auch das Gefühl, dass mein Vater sie auch in ihrer Situation hält. Er glaubt auch nicht, dass sie ernsthaft krank ist, sondern sieht ihr Verhalten als Provokation und Absicht, um ihm was auszuwischen.
Da reagiert er dann immer mit Gewalt, um sie unter Druck zu setzen.
Er ist ein Meister der Manipulation und hat ihr die Psychiatrie und den Entzug von Anfang an schlecht geredet. Wenn sie weitertrinke, dann würde er sie einfach ins "Trockendock" schicken, dann würde sie ja sehen, was ihr Arbeitgeber und die Nachbarn von ihr denken. Die Leute werden dann über sie reden. Wenn sie dann da war, könne sie direkt bei ihrer Mutter einziehen, dann will er sie nicht mehr. Und sollte sie ausziehen, dann sollte sie schon sofort wissen, dass sie sich bei ihm nicht mehr melden braucht.
Sie kann schon alleine deswegen nicht weg, weil sie zu Hause den Haushalt schmeißen muss- er kriegts ja nicht hin. Und sie hat sich kleinreden lassen und alles mit Alk runtergeschüttet.
Also, wenn man mich fragt, hat mein Vater auch alles getan, um sie weiter abhängig zu halten. Er will am liebsten die ganze Familie um sich herum unter seine Kontrolle packen. Mein Geschwister und ich lassen uns das nicht bieten- wenn er merkt, dass wir ihm überlegen sind, werden wir verbal angegangen und niedergemacht. Mein Geschwister hat mal erwähnt, dass er in seinem Studiengang gerne promovieren würde- Antwort meines Vaters: Er würde überschnappen.
Die Beraterin meint, dass die beiden ihr System haben und sich gegenseitig bedingen. Mutter hat Angst, alleine zu sein. Sie will nicht mal alleine vorm TV sitzen.. Wir haben zwei Geräte- sie guckt lieber mit ihm Filme wie DSDS oder das Supertalent, obwohl sie den Bohlen nicht ausstehen kann, als dass sie ihre Krimis in Ruhe und alleine vor dem anderen Gerät schaut. Und Vater braucht Mutter als Haushälterin und auch, um nicht alleine zu sein. Sie erkannte ihn auch als sehr unselbständig Da haben sie wohl ihr System gefunden, mit dem man sich doch arrangieren kann.
Tja. Auf der anderen Seite bin ich meinem Vater doch dankbar, dass er mich aus Mamas Familie rausgehalten hat und den Kontakt stark gemindert hat. Die sind von Alkoholismus bis in die Haarspitzen geprägt und - das schlimmste - merken dies nicht.
Außerdem hat er uns immer etwas Normalität beschafft, uns dann doch häufig positive Rückmeldungen gegeben und uns gestärkt. Wenn er auch manchmal ganz anders reagierte. Aber ich glaube, meist überwog der freundliche, nette Teil, als wir kleiner waren.
Neulich hat er mir erzählt, wie stolz er auf mich sei, dass ich das geschafft habe, was er wohl selbst nie geschafft hätte und sich für seine Reaktion damals entschuldigt.
Tja.. Zu Beginn hab ich seine Extreme schonmal angesprochen. Die sind es, die es mir so schwierig machen. Er ist ziemlich unberechenbar.
Ich denke, ich sollte nun schlafen gehen.
Miriel, dir antworte ich morgen!
Gute Nacht!
Natalie