Hallo - ich bin Nys und schreib jetzt auch im Angehörigen-Bereich
wo ich eigentlich auch hingehöre.
Bislang habe ich im Alkoholiker-Forum geschrieben. Der Anfang steht
bei c2h5oh, der weitere Teil unter "Zufriedene Abstinenz von Alk und Co".
Den Co-Bereich habe ich zunächst vermieden, weil ich Angst hatte bei den Gesprächen mit anderen Co's immer wieder die Geschichte mit meinem XY hervorzukramen, von 1000 Seiten zu beleuchten und dabei keinen Schritt weiterzukommen.
Bei den Alkoholikern lese ich nie, daß sie über das Gefühl von Bier in der Kehle, den Geschmack eines guten Weines oder der Trauer über die nun
zu verlebende Abstinenz schreiben. Das soll jetzt kein Angriff auf die Co's sein! Ich habe bei Euch schon vor meiner Anmeldung viel gelesen und bin dadurch erst aufmerksam geworden, daß ich Co bin! Bei jeder Erzählung von Euch habe ich aber verglichen: War mein XY auch so? Könnte es sein daß er am Ende noch wie der XY von... geworden wäre. Ach ja und so hat er sich ja auch mal verhalten....
Schon war ich wieder voll bei der "Sauferei" einer Co.
Sprich dem zwanghaften Gedankenkringel um XY.
Ziel meines Aufenthalts im Forum ist meine Selbstheilung. Die Antworten die ich bislang im Alkoholiker Teil des Forums bekommen habe, waren zwar nicht immer schmeichelhaft - aber haben mich weiter gebracht, als ich je gedacht hätte.
Eigentlich wollte ich mir von den Alkoholikern Tipps holen, wie die mit ihrem rigerosen Verzicht auf den Suchtstoff umgehen und bin dabei erst mal auf mich selbst zurückgeworfen worden. Ich dachte auch, die Zeit heilt Wunden.... und ich muß nur mal loslassen.
Inzwischen weiß ich, daß die Baustelle ein ganz anderes Ausmaß hat.
Erste bittere Erkenntnis:
Ich bin eine Suchtpersönlichkeit und das hat sich bereits in frühester Kindheit entwickelt. Die CoAbhängigkeit ist eine Spielform davon. Ich habe noch nie gelernt ohne Sucht/Flucht zu leben.
Meine Geschichte:
Ich habe als Kind nie das Gefühl gehabt, wirklich ein Zuhause zu haben in dem ich sicher bin. Im Gegenteil: Ich fühlte mich und mein Leben bedroht.
Schon früh habe ich mich innerlich von meinen Eltern distanziert. Mit 4 oder 5 Jahren war ich innerlich schon ausgezogen. (Wollte immer in den Wald. Fand es dort sicherer). Dann habe ich in diesem Kindes!alter auch meine Sexualität entdeckt. Das war glaube ich meine erste Sucht. Für die ich mich aber auch schämte. Das war ja nicht normal. Heute sehe ich es als eine Art Druck-Abbau an. Der innerliche Druck war nicht auszuhalten und ich wußte nicht wohin mit mir und meiner Angst und dem Gefühl des Nicht-Angenommen-Seins. So konnte ich wenigstens für ein paar Minuten nur mich selbst spüren und war danach entspannt und erleichtert und als eigenständiger Mensch, der auch was ohne die Eltern erlebt. Seine eigene Welt und sein Geheimnis hat. Außerdem entwickelte ich eine enorm lebhafte Fantasie. Als Kind und als Teenager flüchtete ich oft in eine Parallel-Welt, die aus meinen Träumen bestand. Ich lebte regelrecht dort. - Ich war damit aber auch wieder nicht wie die anderen Kinder. Einfach anders. Das war nach außen nicht so ersichtlich aber innerlich habe ich mich dafür geschämt und kam mir wie ein Außenseiter vor. Selbst wenn andere nett zu mir waren oder ich in einer Gruppe oberflächlich mit aufgenommen wurde.
Ich habe mich auch gern in Gefahr begeben, nur um die Aufregung zu spüren. Nachts allein durch die Stadt - oder auf den Friedhof - oder in den Wald. Später dann zweifelhafte Freunde gesucht, die mir aufregender erschienen als die "Normalen". Ich war ja sowieso anders. Ich war ja eh
eine, die nie so aufgewachsen war wie die anderen. Ich dachte ich hätte keine Chance, mich jemals wie die anderen zu fühlen, die Geborgenheit und Liebe zuhause erlebt hatten. Ich war immer noch auf der Suche nach einem Ort der Sicherheit. Aber auch auf dem Weg in den Kampf. Der innere Kampf mit mir und meinem Schicksal, der mich bereits im Alter von 5 Jahren umtrieb, wurde in einen äußeren Kampf verlagert. Gleichzeitig suchte ich einen Ort der Ruhe. Ich wollte mich bei jemand zuhause fühlen und ankommen.
Klar fand ich das. Mein erster XY. ---- hätte mich fast das Leben gekostet,
als ich dann dort auch wieder unerwünscht war. Kam fünf lange Jahre nicht von ihm weg. Dachte ich werd nie wieder glücklich.
Selbstmordversuch.
Dann gings wieder aufwärts. Beziehungen ohne Liebe waren auch nicht schlecht. Beruflich bin ich durchgestartet. Disziplin hatte ich zuhause ja gelernt. Einzelkämpfer war ich ja auch schon immer und damit schien alles auf einem guten Weg. Meinen Kick habe ich mir bei nachlassender beruflicher Anspannung dann im Sport gesucht und gefunden.
Meinen Ehemann habe ich nach sehr vernünftigen Kriterien gewählt - ich meinte ja, ich hätte ja gelernt, und müßte nun alles einfach vernünftiger angehen. Aber glücklich war ich nicht. Ich dachte es liegt an ihm. Kann schwer Gefühle zeigen u.so. - Aber ein Großteil des Problems lag in meiner Persönlichkeit und der Sucht nach dem Rausch.
Den konnte er mir nicht geben.
Es brauchte erst wieder einen XY der mich so richtig auf Wolke 7 beförderte. Ja, da gabs genug Gefahr, genug Kampf, genug Träume
und S** war endlich wieder so wie es nur bei zwei Suchtpersönlichkeiten möglich ist. Irre. Eine wilde Flucht in ein gemeinsames Gefühl.
Was soll ich sagen: XY trinkt. Hat sich wie ein nasser Alkoholiker verhalten
und ich habe aus verletztem Stolz jedes Gefühl für ihn verbannt und einfach nicht mehr mit ihm geredet. Kontakt = 0
Ich litt und hatte das Gefühl mich in Nichts aufzulösen. Fühlte mich nicht mehr.
Auch dieses Mal hatte ich ein "Zwiegespräch mit dem Teufel" der mir den Selbstmord nahe legte. Ohne XY machte alles keinen Sinn mehr. Wen ich dabei verletzte (Meinen Ehemann, Freunde, meine Tiere) das war fast egal.
Da habe ich zum ersten Mal gemerkt, daß es sehr egoistisch ist, was ich immer für die große Liebe gehalten habe.
Mein Weg ins Forum:
Da XY Konflikte hatte, die bis zu meinem Bekanntenkreis vordrangen und
ich nicht verstehen konnte - warum er nicht raus will aus seiner Sucht und aus der Ehe die ihn im Trinken unterstützt. (Er wollte immer mir zuliebe aufhören) - habe ich dieses Forum gefunden. Ich konnte nicht loslassen.
Konnte auch nicht kämpfen. Ich bin fast wahnsinnig geworden vor Sehnsucht, Trauer und Fassungslosigkeit was aus ihm wurde/wird.
XY ist mir jetzt nicht egal - aber es gibt was wichtigeres:
Ich habe erkannt, daß ich krank bin. Suchtpersönlichkeit mit der Neigung zur CoAbhängigkeit und Teile des Border-Line-Syndroms. Mir ist klar, daß es jetzt kein anderes Thema gibt, außer: Endlich normal werden. Mit normalem Leben beginnen. Keine Extreme mehr. Kein Alles oder Nichts.
Nächstes Ziel:
Kleine Brötchen backen und genießen können. Kleine Schritte von der Selbsterkenntnis zur Selbstheilung. Hoffentlich auch mit Eurer Hilfe.
Danke hier an alle, - ich faß es immer noch nicht, daß mir ein normales Leben endlich so wichtig geworden ist.
Äußerlich ist ja immer die Fassade gewahrt worden.
Erfolgreich, Träume verwirklicht, gut verheiratet usw. Nur innen drin ist es ziemlich kaputt und ein großer Berg Arbeit wird es sein. Eine Arbeit der ich bis heute aus dem Weg gegangen und unter anderem in Gefahr, Kampf und in die CoAbhängigkeit geflüchtet bin. Nur um nicht darüber nachzudenken, was bei mir faul ist.
Damit ist Schluß! Nys wird normal.
Und entdeckt eine neue Art zu leben