Lässt sich Co - Abhängigkeit ablegen?

  • In den letzten Tagen habe ich oft Nachdenken können und stelle mir nun die folgenden Fragen:

    - Lässt sich Co - Abhängigkeit langfristig ablegen (z.B. durch Aufbau von Selbstbewusstsein)?
    - Ist die Gefahr höher das diese wiederkommt, wenn man mit einen Partner zusammen ist, der Süchtig war?
    - Sind auch bei dieser Erkrankung* Rückfälle vorprogrammiert?

    *Für mich ist Co - Abhängigkeit eine Psychische Erkrankung mit unterschiedlichen Abstufungen (z.B. Beziehungssucht).

    - Wie findet ihr nach einen eventuellen Rückfall in alte Verhaltensmuster wieder in eure Mitte?

    Mag sein das diese Fragen blöd sind ... dennoch gehen mir diese durch den Kopf ...betrachtet das dann einfach mal als eine Art Brainstorming

    LG
    S.

  • Liebe sarawen,
    dann brainstorme ich mal :lol:

    Zitat

    - Lässt sich Co - Abhängigkeit langfristig ablegen (z.B. durch Aufbau von Selbstbewusstsein)?

    Da es sich bei der CO-Abhängigkeit um eine Suchterkrankung handelt, wird man sie wahrscheinlich nicht völlig ablegen können, ebenso wenig wie die Alkoholsucht ablegbar oder gar heilbar ist.
    Süchte gleichen sich fatal, auch wenn es spezifische Besonderheiten gibt.
    Ich war beispielsweise lange Zeit in einem Abnehmforum, wo auch immer wieder von Anorexie und Bulimie Betroffenen schrieben, die entweder noch akut in ihrer Sucht steckten oder sie schon stoppen konnten.
    Auch diese Betroffenen mußten immer wieder an sich arbeiten, um nicht zurück in ihre Sucht zu rutschen.
    Und ich erkannte mich auch in ihrem Verhalten oftmals wieder, was die Lügen und Verschleierungstaktiken anging.
    Sie ähnelten ganz stark meiner Alkoholsucht.
    Sucht ist eben Sucht... es gibt zwar Unterschiede, beispielsweise stoffliche-und nichtstoffliche Süchte, aber im Endeffekt gleicht sich das Verhalten bei Suchterkrankten doch. So meine persönliche Meinung, die auf meinen persönlichen Errfahrungen beruht.

    Von daher wäre meine Antwort: Auch CO-Abhängigkeit lässt sich nicht komplett ablegen. Aber stoppen. Und wahrscheinlich ist es auch ein lebenslanges Arbeiten an sich selbst, um nicht zurück zu rutschen. Vielleicht nicht grad rosige Aussichten :? , aber so denke ich persönlich darüber, ganz ohne rosarote Brille. Trotz allen kann man mit gestoppten Süchten sehr gut leben, das ist zumindest meine eigene Erfahrung.
    Der Aufbau eines gesunden Selbstbewußtseins ist aber ganz sicher förderlich! Und dauert ganz sicher auch eine gewisse Zeit, sowas geht nicht von heut auf morgen.

    Zitat


    - Ist die Gefahr höher das diese wiederkommt, wenn man mit einen Partner zusammen ist, der Süchtig war

    Das kommt auf die betroffenen Menschen selbst an. Ein ehemals süchtiger Partner kann komplett sein Leben geändert haben und nur noch an Beziehungen auf Augenhöhe interessiert sein. Da haben dann "nasse"CO-Abhängige kaum Chancen, überhaupt als Beziehungspartner in Betracht zu kommen.
    Es gibt aber auch durchaus Süchtige (wenn nun auch nicht mehr nass) die ansonsten nix geändert haben und immer noch Menschen zu ihren Gunsten manipulieren und ausnutzen.
    Gerät ein CO-abhängiger Mensch an so einen ehemals nassen Suchterkrankten, wird evtl. auch die gestoppte CO-Abhängigkeit wieder voll ausbrechen. Denn es werden ja wieder die alten CO-Knöpfe extrem gedrückt und irgendwann bricht man ein, weil man nicht mehr die Kraft hat, seine Krankheit gestoppt zu halten?

    Zitat

    - Sind auch bei dieser Erkrankung* Rückfälle vorprogrammiert?

    Ja, wenn man es nicht schafft, sich von seinem Suchtmittel fern zu halten. Das kann man hier an vielen Stellen des Forums im CO-Bereich ja immer wieder nachlesen und mit erleben.

    Einen abstinent lebenden Alkoholiker wird auch sicher nicht geraten, weiterhin in Kneipen zu gehen, auch wenn es den Vorsatz gibt, dort nur Brause zu trinken. Das ist zu unverantwortlich und erhöht sicher die Rückfälligkeits-Gefahr.

    Ebenso ist es bei CO-Abhängigen. "Nur" ist die Droge hier ein Mensch. Wird sich von diesem speziellen Menschen nicht fern gehalten, passieren immer wieder Rückfälle.
    Ich bin selbst nicht CO-Abhängig, sondern Alkoholikerin. Ich kann also vieles im CO-Bereich eh nicht nachvollziehen. Aber ich kann lesen, was bei den CO-Abhängigen passiert, wenn sie sich nicht konsequent von ihrem Suchtmittel fern halten. :wink:

    Eine Frage stellt sich allerdings bei mir an die CO-Abhängigen...
    Ich lese hier oft, das Betroffene in pflegenden Berufen tätig sind. Und sich beruflich von den pflegebedürftigen/kranken Menschen distanziert werden kann. Im Privatleben aber nicht...
    Warum ist das so?
    Warum verliert man diese Fähigkeit dann komplett?
    Denn vorhanden ist sie doch offensichtlich?
    Klar ist angebliche "Liebe" mit im Spiel (was hier leicht mit gegenseitiger Abhängigkeit verwechselt wird, da wird dann lieber das Deckmäntelchen "Liebe" drüber gelegt und "bei uns ist eh alles ganz anders" :wink: )
    Aber ist das die einzige Antwort?

    LG Sunshine

  • @ Sunshine_33:
    Vielen Dank für dein Brainstorming. :)
    Damit finde ich mich größtenteils wieder. Ich bin stellenweise sehr mit der Aussage angeeckt das es ohne absolute Trennung zum Suchtmittel nicht geht. Auch für mich habe ich festgestellt das eine Partnerschaft zum Suchtmittel nicht geht ohne das beide an sich arbeiten. Oft scheitern nach der Entgiftung bzw. Therapie die Beziehungen und das wollen viele nicht sehen / wahrhaben.
    Ich empfinde die Aussicht darauf das ich mein Leben lang an meinen falsch Programmierten "ich" arbeiten muß wahrhaftig als grausame Aussicht. Wie oft begegnen wir manipulativ veranlagten Menschen!? Jede Partnerentscheidung muß unter dieser Vorraussetzung genaustens abgewogen werden.
    Die Abgrenzung zu Menschen denen man emotional nicht so nahe steht fällt sicherlich leichter.
    Mittlerweile hinterfrage ich meine gesamten Gefühle gerade Hinsichtlich Partnerschaften...

    LG
    S.

  • Lässt sich Co - Abhängigkeit langfristig ablegen (z.B. durch Aufbau von Selbstbewusstsein)?
    - Ist die Gefahr höher das diese wiederkommt, wenn man mit einen Partner zusammen ist, der Süchtig war?
    - Sind auch bei dieser Erkrankung* Rückfälle vorprogrammiert?

    Liebe sarawen,
    ich kann von nur mir berichten,Coabhängigkeit geht durch die ganze Gesellschaft,mehr oder weniger ausgeprägt.Sie lässt sich nicht vollständig ablegen,es bedeutet immer wieder Arbeit,seiner eigenen Wahrnehmung zu vertrauen,sich selbst ,ohne Anerkennung von aussen, zu lieben,sich bewusst zu sein ,das es eine Verantwortung für sich selber gibt,das den Mangel den ich empfinde bei mir selber gesunden muss..Wie sollte die Arbeit aussehen?Für mich,arbeiten am Selbstbewusstsein,mich selber aushalten,mich mögen und zu lernen, das es mir gut gehen darf und sollte.Auch wenn es anderen schlechter geht.
    Ich hatte eine Beziehung zu einem trockenen Alkoholiker,sehr kurz.Und ja,ich richtete mich wieder nach ihm.Obwohl ich Alkohol trinken kann,wurde ich zum totalen Gegner von Alkohol.konnte kaum akzeptieren das andere tranken.Der böse Alkohol war permanent in meinen Gedanken,obwohl er nicht mein Problem ist.
    Meine Frage,ist es beim Co so,das er ob mit einem Alkoholiker zusammen oder mit einem Trockenen,immer wieder eine Aufgabe findet die von einem selber ablenkt?
    Klar kann es zu Rückfällen kommen,drückt jemand die Coknöpfe, muss sehr darauf geachtet werden nicht blitzschnell in die Helferrolle zu schlüpfen."man wird ja so gebraucht und ist der Einzige der sich einfühlen kann und helfen...."
    Und ich bin der Meinung das es keinen Unterschied gibt zwischen Coabhängigen im Helferberuf oder zu Hause.Wer sich nicht abgrenzen kann, schafft es auf Arbeit auch nicht.Das Gefühl vermittelt einem vielleicht das es "anders"wäre.Für mich bleibt es gleich,nämlich Coabhängig!
    Ich arbeite an mir und das täglich und falle bei Unachtsamkeitimmer wieder in alte Muster,da ich es noch nicht unterscheiden kann, welche Unterstützung ist gesund und wo fängt es an das ich meinen Selbswert daraus ziehe und meine eigenen bedürfnisse nicht mehr achte!
    Gruss seekrank

  • Hallo Sarawen,

    nat. kann auch ich nur für mich sprechen...
    Ich war zb magersüchtig und konnte es komplett hinter mir lassen. Ich habe damals gelesen, dass viele dann ewig rumeiern so gerade eben am Nicht-Untergewicht, und das wollte ich nicht.
    Ich habe für mich einiges "begriffen" und das wars dann. Kurz gesagt, insgesamt habe ich schon einige Jährchen daran gearbeitet. Aber es dann eben auch hinter mir gelassen.
    Heute habe ich Frühwarnsignale, die ich kenne und bei denen ich aufhorche und in mich hineinhöre, was da so los ist. Und da ist dann meist was los, was ich dann eben kläre. Aber das passiert auch nur selten, alle paar Jahre ein Mal.

    Ja, also da muss ich nicht lebenslänglich ständig hart arbeiten.
    VOn daher kann ich mir vorstellen, dass man das auch beim Co-Sein kann, wenn man eben seine persönlichen Punkte "knackt".
    Für mich sind eigene Wünsche und Grenzen spüren, äußern, setzen und durchsetzen eng damit verbunden.
    Ebenso wie mich selbst lieben, mir selbst die nächste sein, mir selbst ein Zuhause sein, meinem inneren Kind Sicherheit und Geborgenheit geben.
    Das sind, glaube ich, meine Knackpunkte beim Co-sein.
    Und ich bin sehr gespannt, und auch an-gespannt diesbzgl., wie man auch gerade heute in meinem Faden lesen kann:
    Werde ich das alles in einer neuen Beziehung können, woran merke ich, wenns nicht klappt usw.
    Ich fühle mich wie ein Teenie, der das alles gerade erst lernt.
    Was ich ja auch irgendwie tue, wenn auch mit fast 40.
    Ich hoffe, dass ich dann irgendwann auch Frühwarnzeichen für mich kenne.

    Mit Verhaltensänderungen kann man ja viel bewirken, und zumindest diese werden im Laufe der Zeit immer selbstverständlicher, und was mal harte Arbeit war, hat man irgendwann "einfach drauf".

    Liebe Grüße
    Girasole

  • Hallo,

    auch ich bin der Meinung, man kann das komplett hinter sich lassen, so daß es letzten Endes keine wirkliche Rolle mehr spielt. Ich behaupte dies nicht nur von der Co-Abhängigkeit sondern auch von der Alkholsucht. Oder jeder beliebigen anderen Sucht.

    Jedoch gehört dabei mehr dazu als eine Krankheitseinsicht. Denn diese wird irgendwann zur selbsterfüllenden Prophezeiung, zu einem Dogma. Und wenn ich mir selbst, zum Beispiel Verhaltensmuster als unabänderlich brandmarke, dann ist die logische Folge, daß ich diese niemals hinter mir lassen kann.

    Sowhl was co-abhängiges Verhalten als auch meine Alkoholsucht anging, war für mich der einzige Weg mich vollumfänglich anzunehmen. Ohne mir selbst eine Krankheit anzudichten. Das erst lies für mich zu all das hinter mir lassen zu können und letzten Endes ich zu sein. Ohne Dogmen, ohne Vorschriften, ohne Brandzeichen und Do's und Don'ts. Das erst lies zu, daß ich mich erleben wollte, bewusst erleben. Und erst das schliesst Suchtverhalten aus. Denn jede Form von Sucht verhindert, daß ich mich überhaupt bewusst erleben kann.
    Selbstverständlich erlebe ich heute immer wieder Verhaltensmuster an mir, die ich als co-abhängig einstufen könnte.

    Der Punkt ist - und das ist das einzige was für mich eine Bedeutung hat, wenn ich ein Verhaltensmuster an mir wahrnehme, was ich als co einstufe - geht's mir scheisse.

    Wenn ich die Schultern zucke und drüber lache ist es nach 2 Minuten vergessen und ich leb mein Leben weiter.

    Ich leg mir selber keine Minenfelder mehr.

  • kaleu schrieb:

    Zitat

    auch ich bin der Meinung, man kann das komplett hinter sich lassen, so daß es letzten Endes keine wirkliche Rolle mehr spielt. Ich behaupte dies nicht nur von der Co-Abhängigkeit sondern auch von der Alkholsucht. Oder jeder beliebigen anderen Sucht.

    Deine Meinung und Deine Behauptungen bleiben Dir ja unbelassen. :wink:
    Nur spricht die Realität wohl eine bisschen andere Sprache.
    So einige Alkoholiker meinten schon, das sie sich nicht mehr weiter um ihre Erkrankung kümmern mußten und wandelten ab dann auf sehr dünnen Eis. Oder diese Denke führte sogar zu einem Rückfall.
    Auch hier im Forum gab es immer wieder Menschen, die etwas exotische Meinungen hatten bezüglich Wege in die Trockenheit. Komischerweise waren viele, wenn nicht sogar die meissten, irgendwann wieder verschwunden. Und ich ahne, warum... manchmal kamen sie auch wieder, weil sie auf ihren selbst zusammen gestrickten Weg gescheitert sind.

    Ich bin nun mittlerweile 11 Jahre trocken und ich habe im Grunde immer an meiner Trockenheit gearbeitet. Das ist nicht immer tagtäglich harte Arbeit gewesen, sondern vieles verselbständigt sich ja auch mit der Zeit.
    Ich halte es mal lieber weiterhin so, denn ich hab keinen Bock, auf allzu dünnen Eis einzubrechen.
    Bisher bin ich jedenfalls ganz gut damit gefahren, meine Krankheit ernst zu nehmen. Und so bleibt das auch.
    Ich habe mir auch nie eine Krankheit "angedichtet", Alkoholismus ist schon lange als Krankheit anerkannt.
    Dieses zu verdrängen halte ich einfach für gefährlich.
    Aber jeder so, wie er meint... :wink:

    LG Sunshine

  • War klar, daß der Hammer wieder kommt. Deswgen vermeide ich es meine Meinung darüber noch irgendwo kund zu tun. Für mich jedenfalls war "alles richtig machen" der Kern der Co-Abhängigkeit was bei mir dann zur Sucht führte.

    Muss deswegen längst nicht allgemeingültig sein. Den mir immer wieder prophezeiten Rückfall weil ich nicht mit den Wölfen heule, mag ich mir aber doch noch 'n bisschen aufheben ;)

  • Kaleu
    Ich finde deine Sicht schlüssig,wer bei sich angekommen ist und Wege und Lösungen für sich und das Leben findet ,braucht kein Suchtmittel mehr.

    Sunshine33 hat doch jede Freiheit der Welt es anders zu machen ,nur läßt sie diese uns anderen nicht,massiv muß sie ihre Sicht unter die Leute bringen und wirklich krass versuchen andere zu zwingen es genauso zu sehen.

    LG R..

  • Hallöchen!

    Meine Meinung dazu: Co-Abhängigkeit lässt sich ablegen aber nicht heilen. Ich betrachte Co-Abhängigkeit als Verhaltensstörung der Auslöser ähnelt sich sehr oft.

    Viele berichten dass sie in der Kindheit emotional sehr vernachlässigt wurden und ihr Leben lang nach Liebe und Geborgenheit suchen und meinen dass sie etwas dafür tun müssten.

    Oft kommt ja ein geringes Selbstwertgefühl dazu und so wird man schnell zum Opfer und merkt es nicht. Ich habe immer gedacht dass ich alles regeln müsste und schwer arbeiten um geschätzt zu werden. Ich konnte nicht nein sagen und wusste genau dass ich mich falsch verhalte - kam aber nicht dagegen an.

    Bei mir war es auch so dass ich beruflich mich sehr gut abgrenzen konnte - ich bin auch Krankenschwester - mich aber für die Menschen die ich liebe vollkommen aufgerieben habe.

    Da raus zu kommen empfand ich sehr schwierig ich habe 10 Jahre dafür gebraucht. Ich habe immer wieder geübt, Situationen im Geiste durchgespielt und nach und nach real umgesetzt. Vieles hat sich auch in der Zwischenzeit automatisiert und ich habe feinere Antennen bekommen wenn Gefahr im Anmarsch ist.


    Ich finde nicht dass Co-Abhängigkeit mit körperlichen Süchten vergleichbar ist. Ich habe noch Kontakt zu meinem Ex-Partner aber ich würde nie und nimmer in Versuchung geraten mich nochmals auf ihn einzulassen.

    Das liegt an meiner Verhaltensänderung - er ist mittlerweilen als Partner indiskutabel für mich, selbst wenn ich wüsste er wäre für den Rest des Lebens trocken.

    Ob ich mich nochmals auf einen Partner einlasse vermag ich momentan nicht zu sagen, ich geniesse meine Freiheit und kann auch sehr gut alleine sein.

    Ich bin trotzdem ein offener lustiger Mensch und lebe im Hier und Heute und bin geduldig mit mir wenns mal nicht so gut läuft, nobody is perfect.

    Liebe Grüsse
    Speranza

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

  • Guten Morgen

    vielen Dank für die doch recht unterschiedlichen Meinungen dazu.
    Oft sehe ich es auch als Verhaltensstörung.
    Meiner Meinung nach ist diese unterschiedlich stark ausgeprägt. Das hat meines erachtens auch mit dem Zeitraum zu tun ... je länger man den kranken System ausgesetzt war desto mehr hat man denke ich langfristig auch mit den Folgen zu tun.
    Für mich ist Co - Abhängigkeit eine dauerhafte Erkrankung, Natürlich kann man damit auch leben aber man sollte sehr genau hinschauen was man tut und ob sich dieses gut anfühlt.
    Wie oft bin ich in Partnerschaften geblieben und hatte innerlich schon längst ein Nein gesagt. Viele Jahre habe ich dann damit zugebracht mich zu lösen. Gequält teilweise durch mein eigenes schlechtes Gewissen (ich darf nicht gehen ... er braucht mich doch... etc.).

    LG
    S

  • Liebe sarawen,

    ich finde deine Fragen überhaupt nicht blöde!

    Ich sehe Coabhängigkeit als Verhaltensstörung, nicht als Krankheit. Aber da gehen die Meinungen auseinander. Und im Endeffekt ist es ja für mich wichtig, was ich nun daraus mache.

    Ich werde meine Verhaltensstörung wohl nie ganz los werden. Ich bin so geprägt worden und meine Art ist eben auch eher so. Ich bin eine Frau, die gerne fürsorglich ist, die es harmonisch liebt. Die kein "Haudrauf" ist. Die sich sorgt.

    Aus meiner mitgebrachten und anerzogenen Persönlichkeit mache ich nun aber etwas, damit ich nicht wieder in diese selbstzerstörerischen Beziehungen komme. Ich stärke mein Selbstbewusstsein, lerne, mir selbst zu vertrauen und meine Wahrnehmungen ernst zu nehmen. Ich lerne, Grenzen zu sehen, die ich habe und diese auch zu setzen und wahr zu nehmen.

    Das gelingt mir mal besser, mal schlechter. Durch diesen unaussprechlichen Schicksalsschlag letztes Jahr bin ich sehr stark wieder in altes Verhalten zurück gefallen. Mein Therapeut hat mir das auch erklärt. Diese alten Strukturen, Muster, sind ja im Gehirn als Neuronenbahn gut eingefahren. Ich handel da automatisch, einfach, weil es eben immer so war. Das Gehirn lässt in Situationen Impulse eben langrasen im Kopf, die einfach und schnell greifbar sind, weil eben gewohnt. Die neuen Strukturen und Muster, die ich schon habe, müssen noch viel bewusster gemacht werden, wahr genommen werden. Um funktionieren zu können. Im Falle von außergewöhnlich starken Belastungen ist es also für das Gehirn einfach einfacher, die gewohnten Bahnen zu bedienen, einfach, weil die neuen noch nicht so gut manifestiert sind. So weit, so schlecht... :?

    Gut ist aber, dass ich sofort merke, wenn etwas eben nach alten Dingen läuft. Ich fühle mich nicht gut damit, merke es, dass es nicht stimmig ist. Ich kann nicht immer gleich was dagegen machen, aber nach einiger Zeit dann doch. Ich bin in der Lage, hinzusehen und wieder zu verändern nach neuen Richtlinien, sozusagen. Ich muss nicht mehr nach alten Strukturen leben, wenn ich das nicht will, denn ich weiß, ich kann das auch anders! Und ich lerne, es mir nicht übel zu nehmen, wenn ich eben nach alten Dingen erstmal handele, sondern ich bin stolz auf mich, weil ich es eben sehen kann und dann wieder ändern kann, auch wenn es nicht immer einfach ist.

    Ich habe einen Ehemann, der nicht mein XY von damals ist. Aber Dante, also mein Mann, ist auch Alkoholiker, trocken seit 7 Jahren nunmehr. Seine Geschichte steht ja hier auch ein Stück weit im offenen Bereich.

    Das tut aber nichts mit meiner Coabhängigkeit, weil er selbst auch keine coabhängige Frau haben möchte. Er grenzt sich also schon auch ab bzw. gibt mir Rückmeldungen, wenn ich anfange, so zu ticken. Er ist sehr klar und sich seiner eigenen Krankheit sehr bewusst. Wobei - es reizt mich da bei ihm nix, denn ich kenne ihn nur trocken. Na klar, manchmal kommen alte Ängste hoch. Die durch irgendwelche Dinge ausgelöst werden, die Dante macht. Und die eben Dingen meines Ex ähneln. Oder Situationen, die mich erinnern. Ich habe da schon manches aufgeschrieben hier in meinem Fädchen. Dann reden wir darüber! Ich verschweige da nix mehr!

    Hm, ich denke also, coabhängiges Verhalten ist auch eine Sache, die lebenslänglich in mir ist. Die ich aber nicht als schicksalhaft hinnehmen muss, sondern die ich bewusst in mein Leben integriere, so dass ich lebenswert und glücklich leben kann. Und bewusst eben leben kann. Denn bewusst leben, dass muss ich schon mit meiner Persönlichkeit. Aber ganz ehrlich, ich finde das nicht als Belastung. Im Gegenteil, es geht mir damit um Meilen besser, als jemals zuvor. Weil es sich schön anfühlt, dass ich Sorge für mich trage und Verantwortung für mein Leben.

    So, Ende des Vortrages :wink::) .

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Aurora,

    ist der Übergang von einer vorübergehenden Verhaltensstörung in eine ernsthafte Erkrankung nicht vielleicht sogar fliessend?
    Es soll Fälle geben in denen sich die Co - Abhängigen sogar umgebracht haben....

    LG
    S.

  • glück auf s.

    sehr interessante fragen - und auch die bisherigen antworten find ich gut.


    nur hier sträubt sich mir s nackenhaar

    Zitat von sarawen

    Rückfälle vorprogrammiert?

    rückfälle passiern bzw. werden gemacht - aber vorprogrammiert :roll: nönönönönönönönö!

    schöne zeit

    :D
    matthias

    trocken seit 25.4.1987 - glücklich liiert - 7 Kinder - 17 Enkel

  • Danke für Deinen "Vortrag, liebe Aurora :)

    Zitat

    Hm, ich denke also, coabhängiges Verhalten ist auch eine Sache, die lebenslänglich in mir ist. Die ich aber nicht als schicksalhaft hinnehmen muss, sondern die ich bewusst in mein Leben integriere, so dass ich lebenswert und glücklich leben kann. Und bewusst eben leben kann. Denn bewusst leben, dass muss ich schon mit meiner Persönlichkeit. Aber ganz ehrlich, ich finde das nicht als Belastung. Im Gegenteil, es geht mir damit um Meilen besser, als jemals zuvor. Weil es sich schön anfühlt, dass ich Sorge für mich trage und Verantwortung für mein Leben.

    Darin erkenne ich mich bezüglich meiner Alkoholkrankheit zu 100% wieder. Und die Trockenheitsarbeit ist doch längst keine Belastung mehr für mich, sondern schon lange etwas schönes geworden. Ich passe eben auch gut auf mich auf und sorge für mich.

    Nur kann ich doch nicht einfach so tun, als sei ich nun wieder komplett gesund. An meine Krankheit werde ich doch tagtäglich erinnert, allein schon bei jedem Einkauf. Natürlich weiss ich bei vielen Produkten, ob sie Alk enthalten, aber kaufe ich ein neues Lebensmittel, was ich noch nie hatte, schaue ich ja automatisch auf die Zutatenliste. Das ist für mich keine Belastung und es belastet mich auch nicht, in diesem Moment an meine Krankheit erinnert zu werden.
    Es gehört aber bei mir eben auch zur Trockenheitsarbeit, diesbezüglich auf mich aufzupassen.

    Vielen Dank für Deine Worte, Du hast es sehr gut beschrieben, finde ich.
    So, nun will ich nicht weiter am eigentlichen Thema vorbeischrammen, es ging ja schließlich um die CO-Abhängigkeit. :wink:

    LG Sunshine

  • Zitat

    So, nun will ich nicht weiter am eigentlichen Thema vorbeischrammen, es ging ja schließlich um die CO-Abhängigkeit.

    Richtig! Um nichts Anderes ging's mir auch. Denn zumindest bei mir war die Ursache des Alkoholismus die Co-Abhängigkeit - oder besser gesagt, das als co-abhängig klassifizierte Verhalten. Ich hab's nicht mehr so mit Schubladendenken.

    Und für mich selbst war und ist nichts mehr Co möglichst regelkonformes Verhalten, Schubaldendenken und vor allem - das festklammern an Süchten. Auch an der Eigenen.

    Die Eingangesfrage war, ob man dieses verhalten hinter sich lassen kann, grundsätzlich. Und ich meine Ja. Allerdings eben nur wenn man aufhört sich irgendwie daran zu klammern.

    Das einzige was mir wirklich geholfen hat, war radikale Selbstakzeptanz. Und mir einzugestehen, daß ich Fehler machen werde. Immer. Mein Leben lang. Und das das verdammt gut und richtig ist.

    Ich hab mich mein Leben lang nach irgendwelchen vermeintlichen gesellschaftlichen Richtlinien gerichtet, was letzten Endes die Ursache von allem war - Selbstverleugnung um dazuzugehören. Irgendwie passend zu sein.

    Erst als ich radikal damit aufgehört habe, konnte ich auch die Co-Abhängigkeit hinter mir lassen.

    Mich erinnert's Einkaufen heute jedenfalls nicht mehr an's Saufen. Dafür bin ich viel zu beschäftigt mit Dingen die mir gut tun um ängstlich am Bierregal vorbeizuschleichen.

    Prima wenn man 'ne anerkannte Krankheit hat. Da hat man doch gleich schonmal Anerkennung. Nach DSM V hab ich ja heute auch 'ne anerkannte Depression wenn ich länger als 2 Wochen nach dem Tod eines Familienmitglieds noch traurig bin. Auch schick. Krankheitsgewinn ist immer ein pima Versteck. Ich bin dann lieber doch einfach nur traurig. Ist zwar nicht anerkannt, dafür ehrlich.

    Moin Matthias übrigens. Freut mich Dich zu lesen. :)

  • Ach, ich drück mich nimmer hier rum. Dieses dauernd anhaltende Suhlen in der Vergangenheit um alles noch ein bisschen richtiger zu machen ist nicht mehr so meins. Ich schau alle paar Jahre mal aus Nostalgiegründen rein und der Thread hat mich mal angesprochen.

    Ich freu mich aber immer wieder, daß Du als Foreninventar nicht verloren gehst und auch, daß es Dir offensichtlich Bestens geht. Wenn ich mir da bei Jemandem keine Gedanken mache, dann bei Dir. Ich hab mir bei Dir damals mehr mitnehmen können als bei irgendwem sonst und bin froh, daß auch Andere diesen Vorteil geniessen dürfen.

    @Alle Anderen, sorry für's kurze Offtopic, mal 'n alten Freund herzen und knuddeln ist bestimmt mal drin :)

  • Hallo Forum,

    interessante Beiträge und echt ein interessantes Thema, Sarawen!

    "Denn bewusst leben, dass muss ich schon mit meiner Persönlichkeit. Aber ganz ehrlich, ich finde das nicht als Belastung. Im Gegenteil, es geht mir damit um Meilen besser, als jemals zuvor. Weil es sich schön anfühlt, dass ich Sorge für mich trage und Verantwortung für mein Leben. "

    Das trifft es für meinen Geschmack bzw für mich genau!


    Hallo Matthias,
    dass Rückfälle nicht "passieren", sprich vom Himmel fallen, sondern "gebaut" werden, ist auch meine Meinung.

    Liebe Grüße
    Girasole

  • Hallo sarawen!

    Zitat

    ist der Übergang von einer vorübergehenden Verhaltensstörung in eine ernsthafte Erkrankung nicht vielleicht sogar fliessend?
    Es soll Fälle geben in denen sich die Co - Abhängigen sogar umgebracht haben....

    Ich sehe Co-Abhängigkeit als Verhaltensstörung die zu ernsthaften Erkrankungen führen kann. Einige Betroffene fallen in schwere Depressionen bis hin zum Selbstmord weil sie keinen Ausweg aus ihrer Misere sehen.

    Aber auch sonst kann es zu vielen Beschwerden kommen wie Magen-Darmbeschwerden, Bluthochdruck, Schmerzen und vieles mehr, weil die Psyche total überlastet ist.

    Das Thema finde ich sehr interessant.

    Liebe Grüsse
    Speranza

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!