Schubs in die richtige Richtung

  • Hall Ihr,

    Zitat von girasole

    Applaus, Applaus für deine Worte, Ahoi!
    Deine Beiträge flashen mich richtig, was du schreibst ist so treffend, ist rund und hat Hand und Fuß, Wahnsinn.


    Ich schließe mich an! Ich weiß gar nicht was ich sagen soll, Ahoi hat eine Art sich auszudrücken, die mich direkt mitten ins Herz trifft. So bildhaft und trotzdem so klar und verständlich. :wink:

    Zitat von Ahoi

    Es gab da kein erkenntnispsychologisches Fazit :)


    So ein Mist aber auch! :D

    Zitat von Ahoi

    Was tut er, um trocken zu werden konkret?


    Okay. Ich versuche mal ein bisschen konkreter zu werden, auch wenn ich es sehr ernstnehme, im www nicht über jemanden anderen zu schreiben. Das, was er tut, sind viele kleine, manchmal auch nur ganz winzige Schritte. Zum Beispiel das, was ich einige Posts weiter oben beschrieben habe: Er sagt eine Party ab, die für ihn früher ein sehr willkommener Anlass gewesen wäre. Heute geht er den alten Kumpanen, die er dort getroffen hätte, lieber aus dem Weg. Und: Er hat, dadurch dass er sich mit dem Geburtstagskind nun irgendwann einfach mal so treffen will, aus dem Verzicht auf etwas (die Party und den Alkohol) auch noch einen Mehrwert gemacht (ein entspanntes Treffen mit einer lieben Bekannten). Sowas sind zwar nur Mini-Schritte, aber im Vergleich zu dem Verhalten, was er früher an den Tag gelegt hat, ein himmelweiter Unterschied. In den ersten Monaten, als wir zusammengekommen sind, hat er fast täglich getrunken. Und gerade als ich angefangen hatte zu denken, das will ich nicht, so geht das nicht, das muss aufhören, er muss aufhören, kam ziemlich schnell sowas wie der Tiefpunkt. Er verlor seinen Job. Wegen des Alkohols. Da war mir schlagartig klar: Das sind nicht einfach nur seltsame Trinkgewohnheiten. Niemand geht "freiwillig" besoffen zur Arbeit, da steckt ein Zwang dahinter. Eine Sucht. Danach hat er sich mir komplett anvertraut, erzählt, dass er Jahre zuvor schon einmal eine Therapie gemeistert hat und ein Jahr trockengeblieben war. Er weiß also ganz genau, was los ist. Und wie es geht.
    An diesem Punkt also hat er sich vorgenommen, einen neuen Versuch in ein trockenes Leben zu wagen. Seitdem bemüht er sich, große und kleine Probleme nicht mehr runterzuschlucken (oder vielmehr zu spülen), sondern er redet endlich darüber, er geht die Dinge an und setzt sich damit auseinander. Er versucht immer mehr wahrzunehmen, was ihm gut tut und was ihm nicht gut tut. Ich glaube ihm auch, dass er sich nüchtern wohler fühlt, dass er sich inzwischen etwas erarbeitet hat, auch in seinem neuen Job, das er eigentlich nicht wieder gefährden will. Eigentlich. Denn: Es fehlt, so empfinde ich es zumindest, die letzte Konsequenz. Also das bedingungslose Azeptieren, dass es nie wieder ein kontrolliertes Trinken geben kann. Das weiß er zwar ganz genau, aber ich glaube, tief in seinem Inneren steckt da noch ein Fünkchen Hoffnung, dass das vielleicht doch irgendwann wieder möglich wäre. Und so gibt er der Sucht in unregelmäßigen Abständen von mehreren Wochen und Monaten doch wieder mal einen Abend lang nach.

    Weshalb Du, Ahoi, hiermit wohl nicht ganz unrecht hast:

    Zitat von Ahoi


    Zwischenzeitlich hoffst du, freust dich, es werden ein paar gute, nüchterne Wochen kommen. Und dann gibts vielleicht wieder einen Rückfall. Aber den meistert ihr doch - oder? Mit all eurer Liebe und überhaupt, die letzten zwei Monate liefen doch BOMBIG!
    Und dann fangt ihr euch. Neue Therapie. neue Gruppe, neues Hobby. Bissi Sport vielleicht ... du kümmerst dich wieder verstärkt um deine Interessen, ein Zweifel bleibt, aber hey - ihr seid ein Paar! Ihr könnte Krisen gemeinsam überstehen. Gerade dadurch ist die Nähe doch gewachsen. Oder nicht?


    Ja, darin erkenn ich uns schon wieder.

    Zitat von Ahoi


    Falle: Bekommst du wirklich mit, wenn es aufhört dir gutzugehen?


    Ich merke definitiv, wenn es mir nicht gut geht. Aber: Ob ich den Übergang dazu mitbekomme, also wann es aufhört mir gutzugehen, das weiß ich tatsächlich nicht. Puh...

    Zitat von Ahoi


    Dein letzter Absatz ist interessant: Was genau bereitet dir dein leises Unbehagen? An welchen Stellen spürst du es? Wann keimt es auf? Was tust du bereits, was dir nicht wirklich behagt?


    Schwierig zu beantworten. Darüber muss ich länger nachdenken. Was ich aber, glaube ich, schon sagen kann: Unbehagen bereiten mir die Zweifel, ob ich in dieser Partnerschaft - wenn es bei der momentanen Situation bleibt-, wirklich gesund bleiben kann. Ich glaube, mein Sicherheitsbedürfnis ist sehr stark ausgeprägt. Und das wird durch diese Zweifel und die Ungewissheit schon ziemlich beeinträchtigt.

    girasole

    Zitat von girasole

    und wieviele Fäden hier enden abrupt, wo dann wahrscheinlich das ganze Leben draufging...


    Damit stachelst Du mich jetzt ganz schön an, hier noch weiterzumachen. :wink: Auch wenn ich gerade so überhaupt gar nicht weiß, wo mich das alles hinführt.

    So, jetzt muss ich für heute aber auch noch was arbeiten.

    LG Kalliopi

  • Tausend Dank ihr beiden! Ich freue mich sehr, dass ich verstanden werde und dass Girasole, die den Weg ja schon so viel länger gemeistert hat, mich auch nachempfinden kann! Danke an dieser Stelle, ich habe dein Tagebuch gelesen und in so vielen Punkten gedacht - gruselig! Das ist ja wie bei mir!! Lach, aber es hat mir damals sehr weitergeholfen, mir auf die Schliche zu kommen.

    Andererseits ist mein Labertalent auch ein Fluch. Ich schaffe es, mich damit so derartig selbst zu belügen und mir das dann auch noch zu glauben ... sagenhaft.

    Eigentlich ist es schade, dass die meisten hier aufschlagen, wenn die Beziehung schon schwer am Kippen ist, denn dadurch wirkt alles so viel dramatischer, als es anfangs oft ist.

    Ich knöpf mir deshalb mal den Abschnitt über deinen Ex vor, Kalliope. Bitte bedenke: Ich schreibe subjektiv geprägt, setze meine Erfahrung und Gedanken ein, aber weiß, dass du ganz andere Motive und Gefühle haben kannst. Ich mache es, weil ich die von dir beschriebene Situation so gut zu kennen meine. Bei mir war ja auch nicht immer alles rabenschwarz. Also nicht übel nehmen, wenn du dich nicht richtig getroffen fühlst. Alles was ich schreibe ist von meinem persönlichen Bild geprägt. Und manches scheint sich dennoch auch in anderen Suchtbeziehungen wiederzufinden.

    Ein paar Dinge, die mir als schleichender Beginn in deinem Co-Denken auffallen. (Ohne Gewähr - nur als Denkanstoss, ob da was dran sein könnte)

    Zitat von Kalliopi


    Okay. Ich versuche mal ein bisschen konkreter zu werden, auch wenn ich es sehr ernstnehme, im www nicht über jemanden anderen zu schreiben. Das, was er tut, sind viele kleine, manchmal auch nur ganz winzige Schritte. Zum Beispiel das, was ich einige Posts weiter oben beschrieben habe: Er sagt eine Party ab, die für ihn früher ein sehr willkommener Anlass gewesen wäre. Heute geht er den alten Kumpanen, die er dort getroffen hätte, lieber aus dem Weg. Und: Er hat, dadurch dass er sich mit dem Geburtstagskind nun irgendwann einfach mal so treffen will, aus dem Verzicht auf etwas (die Party und den Alkohol) auch noch einen Mehrwert gemacht (ein entspanntes Treffen mit einer lieben Bekannten).
    Sowas sind zwar nur Mini-Schritte, aber im Vergleich zu dem Verhalten, was er früher an den Tag gelegt hat, ein himmelweiter Unterschied.

    Was mir auffällt: Du stilisierst seine Partyabsage zu einer kleinen Heldentat ... im Rahmen einer Therapie wäre es das vielleicht auch. Aber so beseteht ebenfalls die Möglichkeit, dass er eh keine Lust hatte und es zu einem Akt des Verzichts erklärt. Das mag sein, muss aber nicht. Ist auch nicht wichtig. Es geht um die Selbsttäuschungsfallen des Partners.

    Es ist ist auffällig, wie stolz du darauf bist, wie viel Hoffnung dir diese Tat macht und was du in sie interpretierst: Er hat nicht nur verzichtet, nein er hat sich auch was Gutes getan! das ist doch ein gutes zeichen!

    Bedenke, er ist nicht in professionellen Händen. Entzug und Trockenbleiben auf eigene Faust, bewährt sich leider, leider nur sehr, sehr selten und ist selbst von Profis begleitet, harte, konsequente, andauernde Arbeit an sich.

    Du möchtest aber gerne, dass seine Strategien aufgehen, das beeinflusst deine Interpretation und führt leicht in eine selektive Wahrnehmung. Rückfälle können dadurch verzerrter wahrgenommen werden, denn der arme Schlupp hat sich ja so eine Mühe gegeben, das hat man ja live und in Farbe miterlebt ... Und die Sucht ist so stark. das muss man doch verzeihen! Nur ein Unmensch würde gehen, wenn der Geliebte am Boden ist.

    Zitat von Kalliopi

    Er verlor seinen Job. Wegen des Alkohols. Da war mir schlagartig klar: Das sind nicht einfach nur seltsame Trinkgewohnheiten. Niemand geht "freiwillig" besoffen zur Arbeit, da steckt ein Zwang dahinter. Eine Sucht. Danach hat er sich mir komplett anvertraut, erzählt, dass er Jahre zuvor schon einmal eine Therapie gemeistert hat und ein Jahr trockengeblieben war. Er weiß also ganz genau, was los ist. Und wie es geht.

    So wie du alles theoretisch über Co-Abhängigkeit weißt ... :P

    Sucht hat nichts mit Wissen zu tun. Sucht in den Griff zu bekommen bedarf einer Sache nicht: Halbherzigkeit.
    Wenn du krank bist, gehst du zum Arzt. Zur Therapie. In den Entzug. Fünf Monate, wenns sein muss. Genausowenig, wie man ein ausgerissenes Auge auf eigene Faust sinnvoll kuriert, kann man die Alkoholkrankheit mit einem Strauß guter Vorsätze kurieren. Es ist keine Willenschwäche! Es ist eine Krankheit!

    Ob er das sieht ist seine Sache. Mich interessiert eigentlich nur, ob du es erkennen kannst. In deinem eigenen Interesse. Ihn kannst du im Zweifel ohnehin nicht retten.

    Aber du bist jetzt seine Vertraute, wie du schreibst ... das nimmt dich in die Pflicht, seine autodidaktischen Hampeleien mit Lob und mildem Tadel oder wütendem Geschrei zu unterstützen. Oder du spaltest dich ab, weils sonst unerträglich wird. Flüchtest dich Selbstbetrug und Hobbies. Geht doch! Und wieder sind sechs Monate verstrichen.

    Als Vertraute ist man ein besonderer Mensch, ein Mittelpunkt für denjenigen, der sich schwertut, zu vertrauen. Mit Geheimnissen geht man achtsam um, und das Vertrauen verletzt man nicht durch Abgrenzung. Wenn du jemandem vertraust und er dir, dann kannst du dich nicht mehr abgrenzen. Denn dann glaubst du, ohne zu wissen. Das heißt Vertrauen nämlich.
    ... Und bewährt sich leider nicht so gut in Beziehung zu einem Süchtigen. Es verändert den Filter, durch den du siehst und kann ein Schritt in Richtung Co-Verhalten sein. Co fängt nämlich im Kopf an.

    Zitat von Kalliopi

    An diesem Punkt also hat er sich vorgenommen, einen neuen Versuch in ein trockenes Leben zu wagen. Seitdem bemüht er sich, große und kleine Probleme nicht mehr runterzuschlucken (oder vielmehr zu spülen), sondern er redet endlich darüber, er geht die Dinge an und setzt sich damit auseinander. Er versucht immer mehr wahrzunehmen, was ihm gut tut und was ihm nicht gut tut. Ich glaube ihm auch, dass er sich nüchtern wohler fühlt, dass er sich inzwischen etwas erarbeitet hat, auch in seinem neuen Job, das er eigentlich nicht wieder gefährden will.

    Kein Süchtiger will seine Existenz willentlich gefährden. Und solange sie können, führen Alkoholiker oft ein funktionierendes Leben. Die wenigsten sind obdach- und zahnlos.

    An einem Alkoholiker zerren auch zwei Bedürfnisse, zwischen denen er wählen muss. Und Ethanol ist ein verdammt starker Löwe. Oft stärker als Liebe, Job, Kind und Auto.

    Siehst du es? Er redet endlich! Und das vermutlich bevorzugt mit seiner Vertrauten. Das ist ein so großer Fortschritt und kostet ihn so viel Mühe. Und du rückst in den Mittelpunkt. Allerdings kostet ihn das Reden über die Unbilden des Lebens nicht ganz so viel, wie den unbequemen Weg einer Therapie und ärztlicher Begleitung zu gehen. Er hat bestimmt viel gelitten. Seine Probleme, seine Vergangenheit zu kennen - verändert das deinen Blick? Oder kannst du noch ungetrübt das Suchtschema erkennen, das uns alle gleich macht, ob schlimme oder gute Kindheit? Das, was er tut und nicht, was er redet?

    Wir sind verführbar, wenn wir verliebt sind. Wir fühlen mit. Wir werden hereingesaugt. Wir erzählen uns die Geschichte über uns zwei, die wir gerne hören wollen. Tatsache ist: Ein bisschen mit nicht-Abhängigen über die Gefühle aus der schweren Kindheit zu reden, heilt nicht vom Alkoholismus.

    Hier bei den trockenen Alkoholikern, vor denen ich einen Riesenrespekt habe, kannst du lesen, welche Maßnahmen wirklich Erfolg haben. Vergiss das nicht, egal wie sehr er dich hypnotisiert.

    Wenn du nach statistischen Werten gehst und dein Freund vermutlich nicht in Eigenregie seine Krankheit stoppen wird - ändert das etwas an deinem Bild von eurer Zukunft? Bist du bereit einen Weg mit ihm zu gehen, der zu einem guten Prozentsatz nichts bringen wird? Bist du bereit dich darüber nicht zu belügen?

    Ich spreche aus Erfahrung und bin wahrlich kein Vorbild :( ich bin so lange mitgegangen, war Coach und Mülleimer, auf-Händen-Getragene und chronisch Belogene. Ich nehme es nicht persönlich. Er wollte mir nicht schaden, aber noch weniger wollte er seiner Sucht schaden. Denn im Leben eines Abhängigen steht der Stoff an allererster Stelle. Das ist das Wesen der Sucht. Kommst du mit Platz zwei klar?

    Zitat von Kalliopi

    Eigentlich. Denn: Es fehlt, so empfinde ich es zumindest, die letzte Konsequenz. Also das bedingungslose Azeptieren, dass es nie wieder ein kontrolliertes Trinken geben kann. Das weiß er zwar ganz genau, aber ich glaube, tief in seinem Inneren steckt da noch ein Fünkchen Hoffnung, dass das vielleicht doch irgendwann wieder möglich wäre. Und so gibt er der Sucht in unregelmäßigen Abständen von mehreren Wochen und Monaten doch wieder mal einen Abend lang nach.

    Richtig. Und solange diese Konsequenz fehlt, sind seine Versuche nicht Abstinenz, sondern Trinkpausen.

    Ein Krebskranker würde vermutlich drei Monate in ein Erdloch gehen und sich von Bienen ernähren, während ein Irrer guatemaltekischer Gefangener ihn durchkitzelt, wenn er dadurch gesund würde. Dem Tod durch den Tumor entginge.

    Die Bereitschaft alles dafür zu tun, die Krankheit aufzuhalten, muss da sein. Ich habe einige trockene Alkoholiker in der SHG kennenlernen dürfen - bei denen spürst du das. Die verteilen auch selten mehr die Schuld (böse Eltern, böse Exfrau, böse Welt. Darauf kam ich durch dein "endlich". Er hatte es wohl schwer und hat dich in seine Probleme, die erklären und Mitgefühl wecken eingeweiht. Macht die innere Abgrenzung nicht leichter.)

    Ich glaube, die Verstrickung ist schon da. Vermutlich per se durch das Wesen der Partnerschaft gegeben.

    Warum schreibe ich das Alles? Ich möchte gar nicht an dir rumzerren und tu es doch. Aber du scheinst so aufmerksam zu sein, dass du hierher kommst, obwohl deine Liebe noch relativ frisch und die Wunden noch gar nicht so groß und das Denken noch gar nicht jahrelang so eingefahren sind. Du hast ein gutes Gespür für Unstimmigkeit und dich. Mach was draus! Ich finde es schön, ein bisschen daran teilzuhaben.

    Ich habe oft überlegt was ich der zwanzigjährigen Ahoi sagen würde, wenn ich sie heute träfe. Vermutlich das, was ich dir schreibe. ich würde ihr sagen: "Wenn es sich ungut anfühlt, ist es das auch. Glaub deinem Gefühl und deinem Körper und nicht deiner verpeilten eigenen Laberbirne! Und egal was er dir wie überzeugend erzählt, schreibs dir hinter die grünen Matrosinnen-Ohren: Ohne Therapie geht es nicht!"

    Pass auf dich auf!

    Ahoi

  • Hallo Kalliopi,

    Du schriebst:

    Zitat

    Das, was er tut, sind viele kleine, manchmal auch nur ganz winzige Schritte. Zum Beispiel das, was ich einige Posts weiter oben beschrieben habe: Er sagt eine Party ab, die für ihn früher ein sehr willkommener Anlass gewesen wäre. Heute geht er den alten Kumpanen, die er dort getroffen hätte, lieber aus dem Weg. Und: Er hat, dadurch dass er sich mit dem Geburtstagskind nun irgendwann einfach mal so treffen will, aus dem Verzicht auf etwas (die Party und den Alkohol) auch noch einen Mehrwert gemacht (ein entspanntes Treffen mit einer lieben Bekannten).
    Sowas sind zwar nur Mini-Schritte, aber im Vergleich zu dem Verhalten, was er früher an den Tag gelegt hat, ein himmelweiter Unterschied.

    Du machst Dir hier selbst was vor, weil Du es so möchtest.
    Du willst hier Schritte sehen in Richtung Trockenheit, aber es sind keine.
    Du begehst gerade Augenwischerei an Dir selbst.

    Was Du da beschreibst, hätte ich nass auch alles tun können.
    Wo ist das Problem? Wo ist da denn eine Schwierigkeit?
    Wenn ich kein Bock auf ne Party gehabt habe, oder auf ein Treffen mit irgend jemanden, dann habe ich auch einfach abgesagt.
    Hätte aber kein Stück damit zu tun gehabt, das ich das Saufen aufhören wollte.

    Bei der Alkoholkrankheit gehört man ganz einfach in ärztliche Behandung, allein schon, um erstmal einen sicheren und professionellen
    Entzug machen zu können.
    Damit macht man einen Schritt vorwärts, alles andere ist nur Rumeierei, kannste mir glauben.

    Kalliopi, Dir scheint nicht ganz klar zu sein, wie manipulierend wir als nasse Alkies sein können.
    Wir können alles so drehen, das der Partner immer wieder denkt, nun geschieht etwas in Richtung Trockenheit.
    Wir können machen, das er immer wieder hofft.
    Wir wissen, was wir dafür tun müssen, glaubs mir.

    Zitat

    An diesem Punkt also hat er sich vorgenommen, einen neuen Versuch in ein trockenes Leben zu wagen. Seitdem bemüht er sich, große und kleine Probleme nicht mehr runterzuschlucken (oder vielmehr zu spülen), sondern er redet endlich darüber, er geht die Dinge an und setzt sich damit auseinander. Er versucht immer mehr wahrzunehmen, was ihm gut tut und was ihm nicht gut tut. Ich glaube ihm auch, dass er sich nüchtern wohler fühlt, dass er sich inzwischen etwas erarbeitet hat, auch in seinem neuen Job, das er eigentlich nicht wieder gefährden will.

    Kalliopi, wenn er wirklich einen neuen Versuch starten wollte, wäre er längst beim Arzt.
    Er kennt die Wege, die zielführend sind/sein können !!

    Ich habe auch viel gelabert, als ich noch gesoffen habe.
    Über meine Probleme und Belastungen und blablabla...
    Oder halt die Bäder in Selbstmitleid, an denen ich sehr gern andere teilhaben ließ.
    Ich habe auch manchmal gesagt, das ich nicht mehr oder weniger trinken will.
    Weil das Leben ohne Alk schöner ist, weil ich bewußter leben will.
    Ich machte Sport, ernährte mich mal wieder ne zeitlang gesünder und pipapo...
    Ich versuchte zu ergründen, warum ich den Alk brauchte... und schwupps, versank ich wieder gleich mal schön in Selbstmitleid.
    UND: ich soff weiter !!

    Das alles macht so absolut keinen Sinn, zuallererst muss das Dreckzeug
    aus den Körper.
    Danach kann man schauen, wie der Weg weiter gehen kann.
    So aber ist das alles noch nix, sorry.
    Denn, wie Ahoi es schon so treffend schreibt:

    Zitat

    Und Ethanol ist ein verdammt starker Löwe.


    Genau so ist das.
    Und der lässt Dich nicht einfach so sacht aus den Fängen gleiten.
    Man kann sich nicht aus der Sucht ausschleichen, das funzt einfach nicht.
    Wird zwar trotzdem immer gern wieder versucht, auch hier im Forum kann man das immer mal wieder lesen.
    Weil es ein bequemerer Weg zu sein scheint.
    Endet aber immer wieder unweigerlich im nächsten Vollrausch.
    Ist nur ne Frage der Zeit.
    Warts mal ab...

    Ich kann Dir nur einen Tipp geben, der hier auch immer wieder nachzulesen ist:
    Schau auf das, was er tut, nicht auf das, was er sagt.
    Und vor allem, schau auf Dich.
    Das geht erstmal allem voran.

    Solange Dein XY nicht zum Arzt geht, solange er keine Hilfe von außen annimmt, solange wird er weiter in der Sucht hängen.
    Ich hätte es ohne diese Hilfe niemals geschafft, trocken zu werden.
    Ich musste auch erst lernen, Hilfe anzunehmen, und ab dann bekam ich eine Chance.
    Und damit es nochmal klar ist, ein Angehöriger KANN diese Hilfe nicht leisten.
    Weil er einfach viel zu involviert ist.

    Zitat

    Die Bereitschaft alles dafür zu tun, die Krankheit aufzuhalten, muss da sein. Ich habe einige trockene Alkoholiker in der SHG kennenlernen dürfen - bei denen spürst du das.

    Genau so ist das.
    Und vorher wirds auch nix.
    Halbherzige Versuche führen einfach nicht zum Ziel, zufrieden trocken leben zu können.
    Ich hätte auch sonstwas getan, um nicht wieder zu saufen.
    Ich habe auch alles das getan, was mir die Ärzte sagten.
    Denn ich wußte doch gar nicht, wie denn wirklich ein Weg aus der Sucht aussehen kann.
    Meine Wege waren doch komplett alle gescheitert!
    Von daher hörte ich lieber auf die Leute, die die Wege kennen.

    LG Sunshine

  • Hallo Kalliopi,

    die Schritte, die ja auch nur mini sind, zählen gar nichts- denn er trinkt ja immer mal wieder.
    Das erwähnst du so mit einem kleinen Nebensatz, mitten in einem seremon über seine Schritte, mini- Schritte.
    Da hab ich ihn mehrfach überlesen. .. aber irgendwie war er in meinem Hirn unbewusst angekommen. Und so las ich den Beitrag mehrfach und suchte- was stimmt hier nicht. Und fand ihn lange nicht. Diesen kleinen Nebensatz.
    Der alles anders aussehen lässt.

    LG girasole

  • Hallo Ihr,

    ich bin total überwältigt und gerührt, wie intensiv Ihr Euch mit mir auseinandersetzt. Wahnsinn! Danke! :wink:

    Ich hab heute nicht so viel Zeit, um auf alles richtig einzugehen (ein langer Arbeitstag ruft). Aber ich glaube, ich brauche jetzt sowieso etwas Muße, um das alles sacken zu lassen, Ihr gebt mir schon echt ein paar Hammer mit auf den Weg. War vielleicht doch ganz gut, dass ich auch mal was über meinen Partner geschrieben habe...

    Ich will auch nochmal "back to the roots" gehen und mir unter neuen Vorzeichen nochmal die Co-Grundbausteine angucken.

    Bis dann, habt einen schönen Tag!

    LG Kalliopi

  • Hallo Kalliopi,

    oh ja, diese "minischritte", wie ich sie kenne. Immer nur soviel, dass ich als CO die Hoffnung nicht verlor, und weiter funktionierte.
    Ich war über die Jahre mit so wenig zufrieden zu stellen, dass es mir ähnlich erging wie dir.
    Es brauchte nicht viel und ich war wieder voller Hoffnung, dafür war ich dann hinterher umso enttäuschter und das trug dann wieder dazu bei, das ich mich immer wertloser fühlte.
    Ich dachte, noch nicht mal das bin ich ihm wert, das er versucht nichts mehr zu trinken.
    Dann habe ich mich noch mehr angestrengt, das war ein richtiger Teufelskreis.
    Ich wünsche dir einen nicht so anstrengenden Arbeitstag.

    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo liebes Forum, guten Morgen!

    Eure Beiträge werde ich noch mehrmals lesen müssen, um alle Denkanstöße wirklich aufnehmen zu können. Das ist so viel dabei, was ich mir alles einzeln angucken und für mich hinterfragen muss. Dennoch erstmal ein kleines Resümee mit dem Versuch einer neuen Standortbestimmung.

    Angemeldet habe ich mich hier tatsächlich in dem Glauben, dass mein Partner irgendwie auf dem Weg ist. Wenn auch kein konsequenter Weg, dann wenigstens ein Weg in Mini-Schritten aus der Sucht. Was ich gerade total spannend finde (auch wenn's nicht das ist, was ich mir erhofft habe): Wie das, was ich über meinen Partner schreibe, was ja meine subjektive Wahrnehmung der Situation ist, wiederum bei Euch ankommt. Wenn Girasole den Eindruck hat, dass das aus ihrer Sicht Wichtigste nur in einem Nebensatz versteckt ist, dann gibt mir das schon zu denken. Beim Beschreiben der Situation hatte ich diesen Eindruck, dass ich was verstecken will, überhaupt nicht. Ihr sprecht von Augenwischerei, davon, dass ich seine Mini-Schritte zu Heldentaten stilisiere. Puh, das ist ganz schön hart. Und ich brauche noch etwas Zeit, mich diesbezüglich zu hinterfragen. Auch um zu hinterfragen, was Sunshine angesprochen hat: ob das Versuche sind, mich zu manipulieren. Das kann ich nicht glauben. Wenn, dann noch eher, dass er sich mit den Mini-Schritten selbst betrügt. Aber, Sunshine, ich nehme Deine Hinweise zur Manipulation sehr ernst – schließlich bist Du die Expertin, und ich kann mich wirklich nur ansatzweise in die Suchtgedanken eines Alkoholikers hineinversetzen.

    Angemeldet habe ich mich auch mit meiner Vorstellung von den drei Alkoholiker-Varianten: Zusammenleben mit einem uneinsichtigen nassen Alkoholiker schließe ich aus, mit einem trockenen Alkoholiker kann ich mir das gut vorstellen, und mit einem Alkoholiker, der trocken werden möchte, kann ich es versuchen. Dieses Varianten-Modell habt Ihr ganz schön zum Wanken gebracht. Zwar gibt es mit meinem Partner so viele wunderbare trockene Wochen und Monate. Aber in einem Punkt unterscheidet sich die Beziehung ganz deutlich von der mit einem trockenen Alkoholiker: Sie bereitet mir Unbehagen, Zweifel, Ungewissheit, Angst davor, dass alles kippen könnte – und das sind tatsächlich ein und dieselben Gefühle, die ich ganz zu Anfang der Beziehung hatte. Im Moment räume ich den schönen trockenen Wochen und Monaten eine große Bedeutung ein. Diese Erkenntnis muss ich jetzt erstmal so stehen lassen. Aber ich werde die Gedanken weiterdenken.

    Und: Angemeldet habe ich mich auch mit der Vorstellung, hier im Forum Tipps zu bekommen, wie ich die innere Abgrenzung vorantreiben kann, besser gesagt, wie ich Angst und Unbehagen in mir selbst ausknipsen kann. Fragt mich nicht, wie ich auf so eine abstruse Vorstellung gekommen bin. Was ich jetzt schon kapiert habe: Ich war gerade dabei, meine Gefühle, also meine Warnsignale, auszuschalten, mit eigenen Hobbies etc. zu überdecken. Ich muss wohl wieder viel, viel mehr Gefühle zulassen, auch wenn es keine schönen sind...

    So, weiter, als für mich mal dieses kleine Resümee zu ziehen, zusammenzufassen, was zuletzt auf mich eingeprasselt ist, und wie mich das beschäftigt, bin ich noch nicht gekommen. Dass mein kleines (Welt-) Bild wankt, muss ich erstmal verdauen. Ich wollte mir ja auch unbedingt nochmal die Co-Bausteine vornehmen, ob ich jetzt für mich daraus was anderes mitnehmen kann, als noch vor ein paar Wochen. Ahoi, Du hast mir in Deinem Beitrag auch noch ein paar weitere Fragen gestellt - die beschäftigen mich gerade noch.

    Noch was anderes: Im Alkoholiker-Bereich gibt es einen Notfallkoffer-Faden. Das finde ich super, ich hätte auch gerne sowas. Ich will mal versuchen, all die Sätze und Passagen von Euch zu sammeln, die mich am meisten zum Nachdenken anregen, um daraus für mich so eine Art Notfallkoffer zu basteln. Vielleicht lege ich auch noch ein schönes Foto von mir dazu, auf dem ich mich selber ganz gut leiden kann. Oder Gedichte, die mich zum Nachdenken bringen. Hat jemand noch eine Idee, was da hinein könnte?

    Zitat von Ahoi

    Ich möchte gar nicht an dir rumzerren und tu es doch. Aber du scheinst so aufmerksam zu sein, dass du hierher kommst, obwohl deine Liebe noch relativ frisch und die Wunden noch gar nicht so groß und das Denken noch gar nicht jahrelang so eingefahren sind. Du hast ein gutes Gespür für Unstimmigkeit und dich. Mach was draus! Ich finde es schön, ein bisschen daran teilzuhaben.


    Ihr dürft schon an mir herumzerren. Aber nur, wenn Ihr mir auch zugesteht, dass ich vielleicht irgendwann auch mal ein bisschen widerwillig reagieren könnte. Ganz ausschließen kann ich das nämlich nicht... :wink:

    Zitat von Ahoi


    Ein Krebskranker würde vermutlich drei Monate in ein Erdloch gehen und sich von Bienen ernähren, während ein Irrer guatemaltekischer Gefangener ihn durchkitzelt, wenn er dadurch gesund würde.


    Ahoi, ich liebe Deine Vergleiche! :D Und: Von diesem Punkt ist mein Partner wohl tatsächlich noch ganz weit entfernt. Aber ich, muss ich zugeben, ich auch...

    So, nun geht's auf in meinen arbeitsfreien Samstag! Ein schönes Wochenende wünsche ich Euch allen! 8)

    LG Kalliopi

  • Ach so, eins noch:

    Ich hab gestern einem Kollegen davon erzählt. Wir sind wegen der Fastenzeit darauf gekommen, wir haben uns über einen anderen Kollegen unterhalten, der bis Ostern auf Alkohol verzichtet. Ich habe dann erzählt, dass ich schon das ganze letzte Jahr nix getrunken habe. Dann wollte er wissen, warum. Ich bin dann ganz schön rumgeeiert, der Satz "Mein Partner ist Alkoholiker, deshalb bin ich auf dieses Gift nicht sonderlich gut zu sprechen" wollte mir einfach nicht über die Lippen kommen. Ich glaube, mein Kollege hat mich trotzdem verstanden. Nichtsdestotrotz: Das war ein ganz schönes Co-Gefasel, was ich da vom Stapel gelassen habe, mein lieber Mann... :o

  • Hallo Kalliopi,

    wichtig ist, denke ich, dass ein Co-Abhängiger mit Vertrauten über die belastende Alkoholkrankheit des Partners sprechen kann, schon aus dem Grund, dass er sich dann nicht weiterhin alles schönreden kann. Für besonders wichtig halte ich es aber auch, dass dem Alkoholiker selbst überlassen bleibt, wie er mit seiner Krankheit umgeht und wem gegenüber er sich öffnet. Die Clubs der Anonymen Alkoholiker existieren ja nicht ohne Grund.
    Als Alkoholikerin und ehemalige Co-Abhängige würde ich persönlich niemals einen Alkoholiker „outen“ – weder bei Freunden noch innerhalb der Verwandtschaft - denn damit würde ich seine Privatsphäre verletzen.

    Dies gilt für mich aber nicht nur für Suchtkrankheiten. Ich hatte in der Vergangenheit eine besonders redselige Bekannte, die intime Details aus ihrer Partnerschaft wahllos unter das Volk schleuderte. Da saßen wir dann mit einem Dutzend Leuten an einem Grillfeuer und jeder Einzelne wusste über die Probleme ihres Partners Bescheid, nur der arme Kerl ahnte nicht einmal ansatzweise, dass sie mit allem hausieren ging. Ich habe mich so unwohl gefühlt mit diesem Wissen, dass ich mich dort distanzieren musste.

    Jeder trockene Alkoholiker hat seine eigene Entscheidung getroffen, indem er nicht mehr trinkt. Anderen gegenüber muss er diese Entscheidung nur für sich selbst vertreten und sich überlegen, ob er sich nun herausreden will, zu seiner Krankheit steht oder es bei einem einfachen: „Ich trinke keinen Alkohol“ belässt.
    Ich würde mir wünschen, dass Co´s ebenfalls zu der von ihnen getroffenen Entscheidung stehen könnten, ohne nun den alkoholkranken Partner als Grund anzuführen. Ohne Gefasel dieses Statement abzuliefern, ist wohl für beide Seiten gleich schwierig, aber man kann auch das lernen, indem man kräftig übt ;-).

    Viele Grüße
    Katha

  • Hi Kalliopi,

    warum fragt eigentlich niemand einen Nichtraucher, warum er nicht raucht? :)
    Mein Tipp ist, frag doch einfach zurück: "Warum sollte ich?" Dann ist der andere gezwungen zu erklären, nicht du.

    Ich finds toll, dass du gemerkt hast, dass es nicht gut ist, das innere Warnsystem ruhig stellen zu wollen. Ja! Achte darauf. Behalte dich im Auge, schreibe weiter hier. In deinem Denken passiert was und das ist immer gut.

    Dass du deinen Partner aufgrund unserer Posts nicht verlassen wirst, ist klar und absolut nachvollziehbar.

    Dass der Partner lügt und manipuliert ist eine ziemlich harte Nuss. Ich finde Sunshine33 hier wirklich eine wertvolle Augenöffnerin und ihre offenen Worte zeugen von einer schonungslosen und mutigen Selbstbetrachtung. Außerdem stimmt's einfach, so unschön das auch klingt.

    Das Lügen liegt im Wesen der Sucht und nicht an einem verdorbenen Charakter! Der Abhängige tut einfach alles, um seine Sucht zu schützen. So wie ich für mein Kind lügen, betrügen, manipulieren und stehlen würde ...

    Mach dich nicht nur schlau über die Co-Abhängigkeit, sondern auch über den Alkoholismus, seine Therapiemöglichkeiten und die Zwangsläufigkeiten von Suchterkrankungen. Das schärft den Blick für dich und ihn. Außerdem kannst du plus inneres Abspeichern unserer Erfahrungen vielleicht schneller erkennen, was in deiner Beziehung abläuft und gegebenenfalls den Absprung schaffen.

    Ich wünsche dir einen sonnigen Samstag.

    Lass dich nicht unterkriegen.

    Ahoi

  • Hallo Kalliopi,
    Du schriebst:

    Zitat


    Ihr dürft schon an mir herumzerren. Aber nur, wenn Ihr mir auch zugesteht, dass ich vielleicht irgendwann auch mal ein bisschen widerwillig reagieren könnte. Ganz ausschließen kann ich das nämlich nicht... :wink:

    Selbstverständlich darfst Du hier auch widerwillig reagieren !
    Ich bitte sogar darum :D
    So wie Du Dich eben gerade fühlst, was raus muss, muss dann auch raus.
    Ich weiß, das ich manchmal hart schreibe, darum gestehe ich auch jedem zu,
    sauer zu werden über das, was ich schreibe.
    Und dann auch entsprechend zu reagieren.
    Das halte ich aus. :wink:

    Zu den Manipulationen später noch was, die geschehen ja nicht immer vorsätzlich und bösartig und geplant.
    Nur "lernt" eben auch ein nasser Alkie, wie man den Partner/den CO/den Angehörigen am besten dahin bekommt, wo man ihn haben will.
    Der andere spielt da ja auch seinen Part mit.
    Nicht jeder Alkie ist immer auch ein vorsätzlich brutalst manipulierendes Ungeheuer.

    Bin grade auf dem Sprung, ich schreibe später nochmal ausführlicher, wie ich das genau meine.

    LG und Ohren steif halten :wink:
    Sunshine

  • Hallo ihr,

    ich würde sogar sagen, dass das nicht nur mit Alkoholikern so ist, dass diese merken, was sie mit dem Co machen können.
    das ist doch generell so. Ob auf der Arbeit oder im Bekanntenkreis zb.
    Ich weiß noch genau, wie mein Thera meinte, ich könne doch auf völlig unverschämte oder überzogene Ansprüche von Kollegen auch mal unfreundlich reagieren. Damit derjenige sich das beim nächsten mal vorher überlegt, ob er mich überfällt oder in die enge treibt oder ähnliches.
    Mensch, ein total neuer Gedanke!
    Ausprobiert und funktioniert, seither Versuch, das beizubehalten. Ich falle zwar immer noch oft in meine alte Schiene "ich bin stets freundlich und entgegenkommend, egal wie dreist und frech mein gegenüber ist" - aber nunja, ich lerne....

    LG girasole

  • Hallo Ihr!

    Katha
    Vielen Dank für den Einwurf! Dass ich meinen Partner wahllos "oute", das ist bei mir, denke ich, keine Gefahr. Ganz im Gegenteil, ich habe eher das Gefühl, dass ich mich vertrauten Menschen gegenüber mehr öffnen solllte. Prima für den Alltag (und für Grillfeuer-Situationen :D ) finde ich aber Deinen Vorschlag hier:

    Zitat von Katharsis


    Ich würde mir wünschen, dass Co´s ebenfalls zu der von ihnen getroffenen Entscheidung stehen könnten, ohne nun den alkoholkranken Partner als Grund anzuführen.


    Ja, da ist was dran. Zwar war mein alkoholkranker Partner der Auslöser dafür, selbst nichts mehr trinken zu wollen, aber mittlerweile finde ich das so gut, dass ich es tatsächlich auch ganz allein für mich mache.


    Zitat von Ahoi


    warum fragt eigentlich niemand einen Nichtraucher, warum er nicht raucht? :)


    Naja, ein Raucher, der aufgehört hat, wird schon danach gefragt - nur so ungläubig angeguckt wird er nicht...

    Zitat von Ahoi


    Mein Tipp ist, frag doch einfach zurück: "Warum sollte ich?" Dann ist der andere gezwungen zu erklären, nicht du.


    Das ist auch super, das probiere ich mal aus, mal sehen, was dann alles für nette Erklärungen kommen. :D

    Zitat von Ahoi


    Dass du deinen Partner aufgrund unserer Posts nicht verlassen wirst, ist klar und absolut nachvollziehbar.


    Nein, nicht heute und wohl auch nicht morgen. Aber wer weiß, was übermorgen ist. Ich wollte einen Schubs in die richtige Richtung, und Eure Posts sind schon jetzt unendlich wertvoll für mich. Wenn ich durch meinen Austausch hier viel früher erkenne, dass der Zeitpunkt des Absprungs gekommen ist, lange, lange bevor der Kalliopi-Frosch im immer wärmer werdenden Wasser Schnappatmung bekommt, dann ist für mich schon unendlich viel gewonnen.

    Ich habe jetzt aber auch gemerkt, dass ich daran noch kräftig arbeiten muss. Um beim Frosch zu bleiben: Im Moment liegt die Wassertemperatur knapp über meiner optimalen Wohlfühltemperatur, so, dass es gerade noch angenehm ist. Vielleicht komme ich mit der momentanen Temperatur auch noch lange zurecht, vielleicht empfinde ich aber ein und dieselbe Temperatur in einem Jahr doch als zu warm. Oder die Temperatur steigt. Vielleicht schüttet mein Partner auch immer mal wieder kaltes Wasser nach, damit ich den Anstieg nicht so merke - aber die Temperaturwechsel würden dem Kalliopi-Frosch bestimmt viel Energie rauben. Das heißt für mich jetzt: Regelmäßig Temperatur messen, auch auf kleine Schwankungen achten und wie sie sich auf mein Wohlbefinden auswirken. Und unbedingt lernen, mich selbst für so wichtig nehmen, dass ich mir selbst vertrauen kann, dass ich mich nicht leiden lasse. Das wäre schön.

    Jetzt bin ich auch noch gespannt, was Sunshine zu Manipulationen erklärt.

    Bis dann, einen schönen Start in die Woche wünsche ich Euch!

    LG Kalliopi

  • Nachtrag:

    Und schon bin ich wieder in die Falle getappt...

    Zitat von Kalliopi

    Um beim Frosch zu bleiben: Im Moment liegt die Wassertemperatur knapp über meiner optimalen Wohlfühltemperatur, so, dass es gerade noch angenehm ist. Vielleicht komme ich mit der momentanen Temperatur auch noch lange zurecht, vielleicht empfinde ich aber ein und dieselbe Temperatur in einem Jahr doch als zu warm. Oder die Temperatur steigt. Vielleicht schüttet mein Partner auch immer mal wieder kaltes Wasser nach, damit ich den Anstieg nicht so merke - aber die Temperaturwechsel würden dem Kalliopi-Frosch bestimmt viel Energie rauben.


    Die Temperaturschwankungen gibt's ja schon - sie sind nur so selten geworden, dass sie sich schön verdrängen lassen...

  • Hallo Kalliopi,

    Mensch und Tier haben sich im Laufe der Evolution immer wieder ganz
    erstaunlich an widrige Umstände anpassen können. :wink:

    Und dann wäre da auch noch der "Gewöhnungseffekt".
    Kippt Dir jemand immer wieder kaltes Wasser nach, dann wird
    der irgendwann einsetzen und als "gar nicht mehr so schlimm" angesehen.
    Irgendwann nimmst Du es gar nicht mehr so richtig wahr und
    am Ende brauchst Du es sogar ?? :shock:
    Weil sonst das "Froschleben" nicht mehr wie gewohnt verläuft ?

    Liebe Kalliopi, das dumme an der Sucht ist ja, Du merkst nicht, das Du immer tiefer rein rutscht.
    Die Abhängigkeit kommt im Grunde übergangslos, es gibt ja nicht "den Tag", ab dem man abhängig war.
    Da die CO-Abhängigkeit auch eine ganz starke, nichtstoffliche Sucht ist, gilt das dafür ebenso, denke ich.
    Das ist meine Meinung, einige meinen ja, das die CO-Abhängigkeit keine Sucht/keine Krankheit ist.
    Ich frage mich dann, warum verhält sich dann ein CO zutiefst süchtig und will von seinem Suchtmittel partout nicht ablassen?
    Warum reagiert er immer wieder extrem harmoniesüchtig?
    Warum hat er solche Angst, loszulassen?
    Warum will er die Augen immer weiter zukneifen, während alle ringsherum längst sehen, was los ist?
    Warum leidet er endlos unter Entzugserscheinungen, wenn er doch loslassen will, weil es einfach nicht mehr geht oder weil er einfach
    ausgetauscht, weil lästig, wurde ?
    Et. pp.
    "Gesund" finde ICH so ein Verhalten jedenfalls nicht.

    Zu den Manipulationen kommt gleich noch was :wink:

    LG Sunshine

  • So, nochmal zu den erwähnten Manipulationen von Alkoholikern...
    "Erklären" kann ich es nicht und das will ich auch gar nicht.
    Ich kann nur von mir erzählen, wie das für andere war, kann ich ja nicht sagen.

    Ich hasse Manipulationen jeglicher Art, schon immer, und auch schon vor meiner Alkoholkrankheit.
    Und mein Partner war/ist auch kein CO.
    Trotzdem bekam ich ihn dazu, mich nicht rauszuschmeissen und am Ende besorgte er mir sogar Schnaps.
    Gelogen hat er nie für mich, mein Verhalten auch nicht vor anderen gedeckt oder ähnliches.
    Und als besonders harmoniesüchtig würde ich ihn auch nicht einstufen, dazu streiten wir uns zu oft über irgend nen Mist. Und vertragen uns auch wieder. :lol:
    Trotzdem manipulierte ich ihn.
    Er wußte, das es Ärger gibt, wenn ich am WE nix zu saufen hatte und das ich dann meinen Frust und meine Wut an ihm auslassen würde.
    Ihm stand dann einfach ein extrem fieser Tag bevor und das "lernte" er mit der Zeit natürlich.
    Und er wußte auch, das ich mir auf jeden Falle irgendwie was zu Saufen besorgen werden, was machte also schon noch den Unterschied?
    Indem er gleich was mit brachte, ging er jeglichen Ärger aus dem Weg.

    Das bestätigt auch, was girasole hier schrieb:

    Zitat

    ich würde sogar sagen, dass das nicht nur mit Alkoholikern so ist, dass diese merken, was sie mit dem Co machen können.
    das ist doch generell so. Ob auf der Arbeit oder im Bekanntenkreis zb.

    Ja, so sehe ich das auch. Manipulationen finden überall jeden Tag statt, dazu muss man nicht unbedingt ein nasser Alkie sein oder ein CO.
    Wir alle manipulieren auch irgendwo und werden manipuliert.

    Ich glaube aber, in einer Alkoholiker/CO-Beziehung nimmt es doch oft böse, krankhafte Ausmaße, denn der Alkoholiker benutzt ja den CO extrem,
    um seine Sauferei aufrecht erhalten zu können.
    Aber es geschieht nicht immer vorsätzlich aus purer Boshaftigkeit.
    Die Sucht verändert einen so extrem, der ganze Ethanol in der Birne macht alle Gedanken immer schräger.
    Ich habe außerdem unendlich in der Sucht gelitten.
    Ich hatte Panikanfälle, schwere Entzugseerscheinungen, wenn ich keinen Stoff hatte, die bis hin zu Todesängsten gingen.
    Ich zitterte, schwitzte am ganzen Körper, schlief kaum noch, es war einfach furchtbar und angsteinflössend.
    Und aus Angst vor diesem Symptomen manipulierte ich oftmals, es geschah eher aus einer inneren Not heraus,
    ich tat es nicht, um jemanden vorsätzlich zu schaden oder zu verletzen.
    Kurzum, die Sucht hat mich menschlich sehr negativ verändert, immer mehr und mehr.
    Das alles kam ja nicht von heute auf morgen.
    Und die ganzen Manipulationen kamen bei mir/uns auch nicht von heute auf morgen, die sind mit meiner fortschreitenden Alk-Sucht in der Beziehung
    immer mehr "gewachsen", kann es grad nicht besser beschreiben.
    So kann man also auch Menschen manipulieren, die nicht mal CO sind.

    Mit einem CO wird die Sache nochmal viel extremer, denke ich. Denn ein CO wird alles daran setzen, den Alkie zu halten, zu heilen, zu helfen...
    und ist beinah bereit, sich dafür selbst aufzugeben. So erscheint mir das zumindest oftmals.
    Und das merkt ein nasser Alkie eben auch schnell und die Manipulationen sind in so einer Beziehung
    noch viel einfacher und unaufwändiger, schätze ich mal.
    Da der CO immer wieder hofft und hofft bei dem kleinsten vermeintlichen Anzeichen einer angestrebten Trockenheit.
    Man muss einem CO ja nur immer wieder kleine Brocken hinwerfen, damit er am Ball bleibt.

    Ich sehe übrigens bei der ganzen Sache kein Täter-Opfer-Geschichte, sondern nur eine Opfer-Opfer-Geschichte, wenn man mal bei diesem Wort bleiben will.
    Der alkoholkranke Mensch leidet ja selbst sehr in seiner Sucht, wenn die richtig akut geworden ist und den Tag komplett bestimmt.
    Das können wir hier ganz oft im Alkoholikerbereich nachlesen, das ging ja nicht nur mir so.
    Wir sind also ebenso Opfer geworden... Opfer einer chemischen Droge.
    Wir haben das ja auch nicht so gewollt oder geplant.
    Sondern sind aufgrund verschiedener Umstände da hineingerutscht.
    Ich möchte das nur noch mal so betonen, denn ich habe hier oftmals da Gefühl, der nasse Alkoholiker wird als böser Täter gesehen
    und der CO ist das reinweißeste Opfer-Schäfchen, was ja "nur das Beste" wollte.
    Nönö... auch der CO handelt immer im ureigensten Interesse, so meine Meinung dazu.

    Von daher... beide "Mitwirkenden" brauchen hier Hilfe.
    Der CO ebenso wie der Alkoholiker, um mit dem selbstschädigenden Verhalten aufhören zu können.
    Denn eins is mal ziemlich sicher:
    Wird der Alkoholiker trocken, will der üblicherweise keinen anhänglichen CO mehr an seiner Seite, sondern einen Partner auf Augenhöhe.
    Er wird sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen, wird wieder handlungsfähig und will sich nicht mehr bei jedem pipapo helfen lassen wollen.
    Das nervt dann nämlich nur noch und man empfindet das nicht mehr als "Erleichterung" sondern als das komplette Gegenteil.
    Und gängeln lassen tut sich auch kaum ein trockener Alkoholiker.
    Kann der CO sein Verhalten also nicht ändern, wird so eine Beziehung wahrscheinlich über kürzer oder länger in die Brüche gehen.
    Nun könnte man sagen... ja nu, dann ist da eben so. Beziehungen scheitern nun eben auch mal.
    Ja.
    Nur ist es ja auch so, wenn der CO sein Verhalten (mit Hilfe) nicht ändern kann, wird er sich ja wahrscheinlich den nächsten "Hilfsbedürftigen" suchen
    und bleibt somit in einer Endlosschleife des Leidens.
    Und das wäre wirklich schade... sowas ist für mich immer wie ein "weggeworfenes Leben". Wir alle haben eins geschenkt bekommen,
    und ich finde, da sollte man auch das Schönste draus für sich selbt machen.
    Und an der Seite eines nassen Alkies wird das nicht gelingen.
    Abgrenzung hin-oder her.
    Und ich persönlich sehe auch absolut Null Sinn in einer Beziehung, in der man sich (über das "gesunde Maß" hinaus) abgrenzen muss.
    Wünschen wir uns alle nicht im Grunde das komplette Gegenteil davon ?

    LG Sunshine

  • Hallo Sunshine,

    mit diesem Kommentar sprichst Du mir aus der Seele.
    Dieses ewige Täter-Opfer-Lamento hing mir schon oft zum Hals heraus.
    Der Alkoholiker, der als Feigling lügt, manipuliert, „Spielchen spielt“, betrügt und hintergeht und auf der anderen Seite das arme Co-Lämmchen, das soviel zu ertragen hat.
    Vom Alkoholiker wird erwartet und verlangt, dass er sofort jeden Konsum einstellt und bei Rückfällen gibt es vom bunten Teller, während der/die/das Co sich 20 Jahre zugesteht für die notwendigen Veränderungen an der eigenen Person.
    Ich schreibe das jetzt mal so hart, weil ich mir beide Schuhe anziehen konnte und beides Quatsch ist.
    Wenn ich als nasser Alkoholiker endlich (weil mir der Stoff die Birne aufgeweicht hat) sehen kann, dass ich ein fettes Problem habe, kann ich meinen Mors bewegen und mir Hilfe holen. Der Weg in ein abstinentes Leben ist wahrlich kein Zuckerschlecken, aber machbar.
    Wenn ich als Partner/in eine Heidenangst davor habe, meine/n nasse/n Partner/in auf das Problem überhaupt nur anzusprechen und alles ertrage, nur weil ich Angst vor dem Alleinsein oder finanziellen Verlusten habe, sollten bei mir alle Alarmglocken anspringen und ich kann mir ebenfalls Hilfe holen.
    Ist mein Helfersyndrom so dermaßen ausgeprägt, dass ich fast draufgehe bei dem Versuch, dem Anderen zu helfen, weil der ja soviel wichtiger ist als ich – ich also eine echte Co-Abhängigkeit entwickelt habe (ich bin ja nicht zwangsläufig co-abhängig, nur weil mein Partner zufällig säuft) – dann sollte ich rennen, um mir Unterstützung zu holen.
    Mir wird manchmal mulmig bei dem Gedanken an die scheinbar zunehmende Beziehungsabhängigkeit überall und ich glaube fast, wir fallen in unserer Entwicklung zurück.
    Generell denke ich auch, es wird langsam Zeit, dass völlig gängige menschliche Verhaltensweisen nicht länger der einen oder anderen (Sucht-)Krankheit zugeschrieben werden.
    Eine gegenseitige Unterstützung wird jedenfalls nur möglich sein, wenn die Voreingenommenheit über Bord geschmissen werden kann.

    Viele Grüße
    Katha

  • Hallo Kalliopi,

    Deine Reaktion auf meinen Kommentar hat mich übrigens sehr gefreut. Du hast es nicht als persönlichen Angriff gesehen und so war es auch keinesfalls gemeint.
    Manchmal finde ich es einfach nur wichtig, auch auf eine andere Sichtweise aufmerksam zu machen, von der ich vermute, dass sie Nicht-Betroffenen gar nicht in den Sinn kommen kann, weil sie in einem anderen Paar Stiefel stecken.

    Viele Grüße
    Katha

  • Tja, das mit der Opferrolle ist ja so ein Ding. Ich sehe meine Co-Abhängigkeit definitiv als Sucht, auch wenn ich ein Helfersyndrom bei mir eher ausschließe. Das war nicht meine Motivation.

    In diesem Rahmen bin immer wieder verblüfft, wie ähnlich mein Exmann und ich uns in den Suchtstrukturen sind. Und nicht nur das: Die gleichen Gründe, die ein Alkoholiker anführt, warum er jetzt gerade nicht aufhören kann, bringt der Co genauso. Erst muss das Haus abbezahlt sein, erst die perfekte Ergeschossaltbauwohnung gefunden, erst der berufliche Stress abgeklungen sein, Weihnachten vorüber, die Kinder groß, der Fußpilz abgeheilt ...

    Beide rutschen nach und nach in das Unheil. Beide verteidigen ihre Sucht vor sich und anderen, offen und versteckt, und bei beiden muss oft viel Wasser den Rhein hinabfließen, bevor sie handeln - auch wenn sie sehenden Augens in die Scheiße laufen. Ich habe für meinen Exmann auch gelogen und manipuliert. Ich war so geschickt, dass niemand auch nur den Hauch einer Ahnung hatte, was sich in meinen vier Wänden abspielte und ich musste täglichen, extrem hohen Konsum vertuschen, was ein ziemliches Maß an Manipulationstalent meinerseits forderte.
    Ist dasselbe in Grün. Er hat mich belogen, ich habe den Rest der Welt belogen. Wir haben unsere Mittel den Befehlen unserer Süchte angepasst. Rühmlich ist das nicht für mich, aber es ist nun einmal so gewesen. Und auch ich brauchte, wie so viele Süchtige, einen Tiefpunkt, um endlich aufzuhören, mich zu zerstören.

    Ich finde, in diesem Forum wird den Cos selten lange das Bad im Selbstmitleid zugestanden. Was ja auch gut ist. Aber beim Klagelied des Cos erkenne ich häufig dasselbe Schema des jammernden nassen Alkies, der zwar irgendwie will, dass es besser wird und sieht, dass er ein fettes Problem hat, allerdings ohne auf Alkohol verzichten zu müssen. Genauso wollen Cos oft, dass der Partner sich ändert, damit sie glücklich werden, damit sie nicht gehen und die Hoheit über ihr Leben wieder übernehmen. Denn das ist auch oft unbequem, zunächst. Ebenso unbequem wie die Therapienummer, die einem Trinker auf dem Weg in die Trockenheit bevorsteht.

    Und du kannst einem Co der "trinken" will nicht zum Aufhören hinquasseln. Genausowenig wie du einen Alkoholiker trocken faselst.
    In diesem Vergleichszusammenhang würde ich zum Beispiel Kalliopis Beziehungsverhalten mit "riskantem Trinkverhalten" gleichsetzen. Noch ist es keine Sucht oder Missbrauch, aber die Grenzen sind fließend ...

    So viele Parallelen ... nur dass die öffentliche Beratung von Cos eindeutig schlechter organisiert ist, als die von Alkoholikern und deshalb das Bewusstsein für Co-Abhängigkeit lange nicht so groß ist.

    Wahrscheinlich werde ich auch mein Leben lang darauf achten müssen, nicht mehr in solche Strukturen zu fallen. Selbst in einer Bezeihung mit einem Nicht-Süchtigen ...

  • Als Alkoholikerin sehe ich schon einen Unterschied zwischen Alkoholsucht und Co-Abhängigkeit, aber wichtig finde ich vor allem, dass wir so hinsehen können wie Du es tust, auch bei unseren eigenen Anteilen. Auch sind wir nicht alle gleich, wir haben nur jeweils einen gemeinsamen Nenner und so kann ich z.B. das, was ich nicht kenne, nicht einfach ablegen unter: „Existiert nicht“.
    Mir ist doch völlig klar, was wir uns hinbiegen müssen, um weiterhin zur Eigenliebe befähigt zu sein oder um das Gefühl des Versagens und der Wertlosigkeit nicht aufkommen zu lassen.
    Der alkoholkranke Partner entscheidet sich z.B. für den Rückzug, damit er in Ruhe weiter saufen kann. Er lässt auch Niemanden mehr an sich heran. Bei manchem Co wird dies dann verdreht zu: „Ich habe ihn verlassen, weil er sich nicht helfen lassen konnte“.

    Ich kann diese Reaktion total nachvollziehen und will ganz sicher Niemanden verletzen. Ich bin aber davon überzeugt, dass man in seiner Schiene kleben bleiben wird, wenn man sich dieses „Verlassenwerden“ nicht eingesteht. Erst wenn ich meine eigene Entscheidung getroffen habe, mit allen damit verbundenen Schmerzen, und mich für eine Trennung entschieden habe, damit es mir besser geht, wird eine Veränderung in meinem eigenen Verhalten überhaupt erst möglich sein. Anderenfalls wird mir etwas übergestülpt, eine Entscheidung abgenommen und ich muss damit klarkommen. Nicht umsonst greifen ja diese Muster und viele Menschen fragen sich nach Jahrzehnten, warum sie eigentlich immer in dieselben Pötte greifen.
    Ich bin heute davon überzeugt, dass ich nie wieder in eine co-abhängige Beziehung geraten werde, obwohl ich sonst niemals „nie“ sage ;-).
    Wenn ich grade mal völlig sachlich unterwegs bin, halte ich mich an das spanische Sprichwort, das da besagt: „Nimm´Dir, was Dir gefällt und zahle dafür, sagt Gott“.
    Dann nehme ich und klingle nicht deswegen.

    Im Übrigen bin ich heilfroh, dass die Beratung für alle Beteiligten zumindest soviel besser geworden ist als zu der Zeit, in der ich mich auf den Weg machte. Ich musste Tagelang telefonieren, um einen Platz in der Suchtklinik und auch in einer SHG zu finden.

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